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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 591/08
vom
28. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. April 2009 gemäß
§§ 154 Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte im
Fall D 26. Fallakte 03 Einzelfall 09 der Gründe des Urteils
des Landgerichts Siegen vom 27. Februar 2008 verurteilt
worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des
Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
des Betruges in 526 Fällen, davon in acht Fällen in Form
des Versuchs, schuldig ist.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
4. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 527 Fällen, davon in acht Fällen in Form des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihm die Ausübung seines Berufes
als Rechtsanwalt für die Dauer von drei Jahren untersagt. Mit seiner Revision
beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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2
Der Senat hat das Verfahren im Fall D Ziffer 26. Fallakte 03 Einzelfall 09
der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts eingestellt. Dies führt
zu der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Der
mit der Teileinstellung verbundene Wegfall einer Einzelstrafe von elf Monaten
Freiheitsstrafe lässt die verhängte Gesamtstrafe unberührt. Der Senat kann angesichts der Einsatzstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten sowie der Anzahl
und Höhe der weiteren verbleibenden Einzelstrafen ausschließen, dass das
Landgericht ohne die entfallene Einzelstrafe auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
3
Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349
Abs. 2 StPO).
4
Das Landgericht hat die Voraussetzungen der fakultativen Strafrahmenverschiebung nach §§ 49 Abs. 1, 46a Nr. 2 StGB zutreffend verneint und die
Schadensersatzleistungen des Angeklagten gegenüber den geschädigten
Rechtsschutzversicherern rechtsfehlerfrei allein im Rahmen des § 46 StGB
strafmildernd berücksichtigt. Dass es den Milderungsgrund des § 46a Nr. 1
StGB nicht in Erwägung gezogen hat, begegnet nach den getroffenen Feststellungen jedenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar ist die
Anwendung dieser Vorschrift bei Vermögensdelikten nicht schon von vorneherein ausgeschlossen (BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 1). Sie setzt jedoch,
wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz "Täter-Opfer-Ausgleich" ergibt,
einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen
umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten
Folgen gerichtet sein muss (BGH wistra 2002, 21; BGH NStZ 2006, 275, 276
m.w.N.) und in dessen Verlauf der Angeklagte die Übernahme der Verantwor-
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tung für seine Taten zum Ausdruck bringt (BGHSt 48, 134, 141). Daran fehlt es
hier. Der Angeklagte leistete zwar zügig und umfangreich Schadensersatz. Zunächst aber dienten seine Leistungen allein dem Zweck, seine Taten zu verschleiern. So zahlte er betrügerisch erlangte Vorschüsse Anfang September
2003 in Höhe von über 50.000 Euro an die Ö.
Rechtsschutz Versicherungs-
AG zurück, nachdem er zur Abrechnung bzw. Sachstandsmitteilung in über 100
Fällen aufgefordert worden war. Dabei bekannte er sich jedoch nicht zu seinen
Taten, sondern machte vielmehr angebliche Computerprobleme für fehlende
ordnungsgemäße Abrechnungen verantwortlich. Als die Ö.
sodann die
Rückzahlung weiterer Vorschusszahlungen in Höhe von über 150.000 Euro verlangte, kam er dem zwar umgehend nach, setzte aber anschließend seine Betrugsserie gegenüber anderen Rechtsschutzversicherern unbeeindruckt fort.
Auch die späteren Verhandlungen des Angeklagten mit den jeweils geschädigten Rechtsschutzversicherern beschränkten sich erkennbar darauf, über die
Höhe der materiellen Schadensersatzansprüche Einigung zu erzielen und die
Art und Weise ihrer Erfüllung zu regeln. Ein umfassender Ausgleich der Folgen
seiner Straftaten war damit nicht verbunden. Vielmehr hatte der Angeklagte
durch seine Taten das Vertrauen der Rechtsschutzversicherer in ihn als Organ
der Rechtspflege nachhaltig und dauerhaft erschüttert. Die von ihm vorgenommenen Rückzahlungen der unberechtigt beanspruchten Vorschüsse waren
auch aus Sicht der Geschädigten nicht geeignet, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Nach den Feststellungen des Landgerichts arbeiten die Versicherer
zwar weiter mit dem Angeklagten zusammen. Sie haben jedoch für alle von ihm
gestellten Deckungsanfragen jeweils Spezialzuständigkeiten gebildet.
-5-
5
Die Anwendung der Strafabschlagslösung anstelle der Vollstreckungslösung beschwert den Angeklagten nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen des
Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 4. Dezember 2008 nimmt
der Senat Bezug.
Tepperwien
Athing
Ernemann
Solin-Stojanović
Franke