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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 172/11
vom
21. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. September 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Saarbrücken vom 9. September 2010 im
Ausspruch über den Verfall aufgehoben und festgestellt,
dass
a)
der Anordnung des Verfalls Ansprüche Verletzter
entgegenstehen,
b)
der am 27. Juli 2007 sichergestellte Geldbetrag in
Höhe von 122.000 Euro aus der Tat erlangt ist,
c)
dem Wert des darüber hinaus Erlangten ein Geldbetrag von 9.493,28 Euro entspricht.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vereitelns der Zwangsvollstreckung und falscher Versicherung an Eides Statt in zwei Fällen, davon in
einem Fall in Tateinheit mit Betrug, unter Freisprechung im Übrigen zu einer zur
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Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass der Anordnung des Verfalls von
Wertersatz Ansprüche Verletzter entgegenstehen und der Wert des Erlangten
einem Geldbetrag von 150.475,54 Euro entspricht. Die hiergegen gerichtete
Revision des Angeklagten hat im Ausspruch über den Verfall den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Ausspruch über den Verfall kann keinen Bestand haben.
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a) Grundsätzlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen,
dass der Angeklagte aus der Vereitelung der Zwangsvollstreckung nach § 288
Abs. 1 StGB ein dem Verfall im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB unterliegendes
„etwas“ erlangt hat und eine entsprechende Anordnung nur deshalb nicht in
Betracht kommt, weil den Verletzten aus der Tat jeweils ein Anspruch erwachsen ist (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Wirtschaftlich erlangt ist ein Gegenstand oder
Wert im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB, sobald er unmittelbar aus der Tat in die
Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist (BGH, Urteile vom 16. Mai
2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05,
BGHSt 50, 299, 309; Nack, GA 2003, 879, 880). Schafft der Täter – wie hier der
Angeklagte – der Zwangsvollstreckung unterliegendes Bargeld unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 StGB beiseite, indem er es an einem dem drohenden Gläubigerzugriff nicht zugänglichen Ort versteckt, so erlangt er dadurch
über dieses Geld die weitere und nicht mehr durch die Gefahr einer Pfändung
belastete unbeschränkte tatsächliche Verfügungsmacht. Darin liegt ein unmittelbar aus der Tat erwachsener Vermögensvorteil. Soweit verstecktes Vermögen für Lottoeinsätze und Taxifahrten verbraucht wurde, hat sich der Angeklagte diese Tatvorteile gesichert.
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4
b) Allerdings hat das Landgericht bei seiner Entscheidung nach § 111i
Abs. 2 StPO die differenzierende Regelung von § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO einerseits und Satz 3 andererseits nicht beachtet. Hinsichtlich der am 27. Juli
2007 bei dem Angeklagten sichergestellten 122.000 Euro sind die Voraussetzungen des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB gegeben. Da seine Anordnung allein an entgegenstehenden Ansprüchen der Verletzten scheitert (§ 73
Abs. 1 Satz 2 StPO), war deshalb eine Bezeichnung dieses Bargeldbestandes
nach § 111i Abs. 2 Satz 2 StGB vorzunehmen. Eine Einberechnung in den darüber hinaus nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO festzustellenden Geldbetrag kam
nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 – 3 StR 460/08,
wistra 2009, 241, 242).
5
c) Bei der Berechnung des nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO zu bestimmenden Geldbetrages war weiter zu berücksichtigen, dass diese durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung
bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffene und am
1. Januar 2007 in Kraft getretene Vorschrift nach § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB
nur auf Taten Anwendung findet, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet
waren (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009,
56). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Tat vom 11. Juli 2003 (falsche Versicherung an Eides Statt in Tateinheit mit Betrug) nicht gegeben. Der
gemäß § 111i Abs. 2 Satz 3 StGB dem Wert des Erlangten entsprechende
Geldbetrag war danach auf 9.493,28 Euro zu bestimmen.
6
d) Der Senat schließt unter den hier gegebenen Umständen aus, dass
das Landgericht von der Härtefallregelung des § 73c StGB (vgl. BGH, Urteil
vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 14f.) Gebrauch ge-
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macht hätte und entscheidet daher in der Sache selbst (vgl. BGH, Beschluss
vom 22. Juni 2011 – 5 StR 109/11, Rn. 2).
7
e) Wegen des lediglich geringfügigen Erfolges ist es nicht unbillig, den
Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten
(§ 473 Abs. 4 StPO).
Ernemann
Cierniak
Bender
Franke
Quentin