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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 151/04
vom
26. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Oktober 2004 gemäß §§ 44 ff.,
349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur
Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags vom 21. Januar
2004 gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2. Die Anträge des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach Versäumung der Frist zu Einlegung der
Revision gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom
29. Januar 2003 werden verworfen.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete
Urteil wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels
und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
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Gründe:
I.
Das Landgericht Rostock hat den Angeklagten am 29. Januar 2003 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt, seine Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von 18 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Nach der in Anwesenheit des Angeklagten erfolgten Verkündung des Urteils
wurde Rechtsmittelbelehrung erteilt; Erklärungen hierzu wurden nicht abgegeben (Bd. III, Bl. 104 d.A.).
1. Mit Schriftsatz vom 7. August 2003, eingegangen beim Landgericht
am 8. August 2003, beantragte die neue Verteidigerin des Angeklagten
(Rechtsanwältin V.
) die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen das
Urteil zuzulassen und für den Fall der Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist zu gewähren. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags
führte sie aus, der Instanzverteidiger Rechtsanwalt Z.
habe dem An-
geklagten nach der Verhandlung erklärt, daß er gegen das Urteil Revision einlegen werde. Der Angeklagte sei daher davon ausgegangen, daß dies fristgerecht geschehen sei. Weil er aber von dem Verteidiger nichts mehr zum Fortgang des Rechtsmittelverfahrens gehört habe, habe er Rechtsanwalt
Z.
mit Schreiben vom 28. Juli 2003 am 5. August 2003 die Vollmacht
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zur
Vertretung
seiner
- Rechtsanwältin V.
Interessen
entzogen
und
diese
nunmehr
ihr
- erteilt.
2. Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2004, eingegangen beim Landgericht
am 22. Januar 2004, hat sich Rechtsanwalt K.
zum Verteidiger des Ange-
klagten bestellt und beantragt, dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zu Einlegung und Begründung der
Revision zu gewähren; gleichzeitig legte er Revision ein und rügte die
Verletzung materiellen Rechts. Den Wiedereinsetzungsantrag begründete er
damit, daß sowohl der Angeklagte als auch der Vater des Angeklagten den
Verteidiger Rechtsanwalt Z.
unmittelbar nach der Urteilsverkündung
mit der Revisionseinlegung beauftragt hätten und der Verteidiger daraufhin
erklärt habe, daß er die Frage des Rechtsmittels bei seinem nächsten Besuch
des Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt besprechen werde. Bei diesem
Besuch habe der Angeklagte dem Verteidiger eindeutig erklärt, daß er Revision
einlegen solle. In einem Brief an den Verteidiger habe er diesen Auftrag
wiederholt. Trotzdem habe der Verteidiger, wie der Angeklagte erst im April
2003 von Rechtsanwalt Z.
erfahren habe, keine Revision eingelegt.
Er habe dann den Verteidiger beauftragt, alle rechtlichen Schritte zu
veranlassen, um die Folgen der Fristversäumnis zu beseitigen. Rechtsanwalt
Z.
sei jedoch untätig geblieben, weshalb der Angeklagte mit
Schreiben vom 28. Juli 2003 das Mandatsverhältnis gekündigt habe und
Rechtsanwältin V.
mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt
worden sei. Diese habe das Mandat im Dezember 2003 niedergelegt. Der
Angeklagte habe sodann am 14. Januar 2004 Rechtsanwalt K.
alle
notwendigen
rechtlichen
Schritte
zur
beauftragt,
Durchführung
des
Revisionsverfahrens einzuleiten. Da der Angeklagte bis zum 14. Januar 2004
keine Kenntnis von den gesetzlichen Wiedereinsetzungserfordernissen gehabt
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einsetzungserfordernissen gehabt und sich auf seine Verteidiger verlassen
habe, beantrage er auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Wiedereinsetzungsfristen.
3. Weil der Schriftsatz vom 21. Januar 2004 infolge eines Versehens der
Anwaltskanzlei erst am 22. Januar 2004 beim Landgericht einging, hat Rechtsanwalt K.
am 22. Januar 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch
wegen Versäumung dieser Wiedereinsetzungsfrist beantragt.
4. Mit Beschluß des Landgerichts Stralsund vom 27. Januar 2004 wurde
der Wiederaufnahmeantrag vom 7. August 2003 als unzulässig verworfen. Der
Beschluß ist rechtskräftig.
5. Der zum Verfahrensgang befragte Verteidiger Rechtsanwalt Z.
hat mit Schriftsatz vom 7. Mai 2004 erklärt, daß zwischen ihm und dem Angeklagten nach der Verkündung des Urteils vereinbart worden sei, abzuwarten,
ob die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegt. Weil diese gegen das Urteil
nicht vorgegangen sei, habe er "rücksprachegemäß" auch keine Revision eingelegt, was er dem Angeklagten mit Schreiben vom 6. Februar 2003 mitgeteilt
habe. Der Angeklagte bestreitet diese Darstellung seines damaligen Verteidigers.
II.
1. Dem Angeklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags vom 21. Januar 2004, der - verspätet - erst am 22. Januar 2004
beim Landgericht Rostock einging, zu gewähren, weil ihn an der Fristversäum-
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Landgericht Rostock einging, zu gewähren, weil ihn an der Fristversäumnis
kein Verschulden trifft (§ 44 Abs. 1 Satz 1 StPO).
2. Die übrigen Anträge des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand haben dagegen keinen Erfolg.
Der Angeklagte hat nicht glaubhaft gemacht, daß er ohne Verschulden
verhindert war, die Revisionseinlegungsfrist einzuhalten (§§ 44 Satz 1, 45
Abs. 2 Satz 1 StPO). Vielmehr spricht der Akteninhalt dafür, daß der Angeklagte, wie sein Verteidiger, Rechtsanwalt Z.
, dargelegt hat, kein Rechtsmittel
einlegen wollte. In einem persönlichen Schreiben an das Landgericht Rostock
vom 4. März 2003 (Bd. III, Bl. 109 d.A.), in dem er um Zustellung des Urteils
und privater Post bat, hat der Angeklagte u.a. ausgeführt: "Da gegen das Urteil
ein Rechtsmittel nicht eingelegt worden ist, ist dieses mithin rechtskräftig". Somit ging der Angeklagte – entgegen seinem Vortrag und ohne dies damals in
Frage zu stellen - bereits im März 2003 davon aus, daß das Urteil rechtskräftig
ist. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur
Revisionseinlegung liegen daher nicht vor (vgl. Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. §
44 Rdn.5).
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3. Da die Anträge auf Wiedereinsetzung erfolglos bleiben, ist die Revision, weil verspätet, als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO).
Tepperwien
Maatz
Athing
Kuckein
Solin-Stojanovi