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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 3/06
vom
21. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21. März
2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom
1. September 2005
a) im Fall II. 6. der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen besonders schwerer Vergewaltigung verurteilt wird;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
aa) soweit der Angeklagte in den Fällen II. 1. und II. 4. der
Urteilsgründe verurteilt wurde;
bb) im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, räuberischer Erpressung, Raub in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung und Kör-
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perverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung
materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Im Fall II. 6. der Urteilsgründe wurde bei der Tat eine Bratpfanne als
gefährliches Werkzeug verwendet und die Geschädigte schwer misshandelt.
Die Erfüllung der Qualifikationstatbestände gemäß § 177 Abs. 4 StGB wird im
Schuldspruch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass der Angeklagte wegen
besonders schwerer Vergewaltigung verurteilt wird (vgl. Tröndle/Fischer, StGB
53. Aufl. § 177 Rdn. 78).
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2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Raubes in den Fällen II. 1.
und 4. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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a) Hierzu hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
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Im Fall II. 1. schlug der Angeklagte den Geschädigten, der dabei sein
Mobiltelefon verlor, mit Faustschlägen zu Boden und trat ihm mehrfach mit dem
Fuß in die Rippen, weil er mit ihm "noch etwas zu klären" hatte. Unter Ausnutzung der vorausgegangenen Gewaltanwendung nahm er dann das Mobiltelefon
auf und steckte es ein, um es für sich zu behalten. Aus Angst vor weiteren
Übergriffen des Angeklagten setzte sich das Tatopfer nicht zur Wehr.
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Im Fall II. 4. wollte der Angeklagte das Tatopfer zur Rede stellen. Nachdem er und ein unbekannt gebliebener Mittäter sich Zutritt zu dessen Wohnung
verschafft hatten, schlugen sie dem Geschädigten mehrfach ins Gesicht. Dieser
verlor das Bewusstsein. Anschließend nahm der Angeklagte Wertgegenstände des Tatopfers an sich, um diese für sich zu behalten.
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b) In beiden Fällen tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen
Raubes nicht.
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Den Urteilsgründen kann nicht entnommen werden, dass der Angeklagte
die ausgeübte Gewalt oder eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib
oder Leben als Mittel eingesetzt hat, um die Wegnahme zu ermöglichen. Damit
fehlt es an der erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen einer Nötigungshandlung und der Wegnahme (vgl. BGHSt 32, 88, 92; 41, 123, 124; BGH NStZ
2003, 431; Tröndle/Fischer aaO § 249 Rdn. 6 ff., 10 ff. m. w. N.). Die Gewaltanwendung erfolgte nach den Feststellungen nicht zum Zwecke der Wegnahme. Vielmehr fasste der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme jeweils erst
nach der Gewaltanwendung. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor oder bei der Wegnahme, die eine - eventuell konkludente - Drohung mit weiterer Gewaltanwendung beinhaltet, ist nicht festgestellt. Allein der
Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt
noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines
Raubes nicht. Im Fall II. 4. scheidet ein Raub schon deshalb aus, weil das Tatopfer, als der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme fasste, bewusstlos
war und deshalb keinen Widerstand leisten konnte, der durch Zwangsmittel hätte überwunden werden müssen.
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3. In der neuen Hauptverhandlung wird der neue Tatrichter zu prüfen haben, ob der Angeklagte bereits bei der Gewaltanwendung den - zumindest bedingten - Vorsatz hatte, sich Wertgegenstände des jeweiligen Tatopfers zu- zueignen, was bei einer Gesamtschau der festgestellten Taten nicht ausgeschlossen erscheint.
Tolksdorf
Pfister
Becker
von Lienen
Hubert