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BUNDESGERICHTSHOF
3 StR 95/02
BESCHLUSS
vom
14. Mai 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Mai 2002 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 8. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben
Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der auf den absoluten
Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg.
Das Landgericht hat während des Hauptverhandlungstermins vom
25. Oktober 2001 für die Dauer der Vernehmung der Zeugin Jennifer F.
ge-
mäß § 172 Nr. 4 GVG die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Protokoll vermerkt nicht, daß nach Entlassung der Zeugin die Öffentlichkeit wiederhergestellt worden wäre. Die Wiederherstellung der Öffentlichkeit gehört jedoch zu
den wesentlichen Förmlichkeiten, für die die besondere Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StGB gilt (vgl. BGHR StPO § 274 Beweiskraft 15; BGH bei
-3-
Becker NStZ-RR 2001, 264 Nr. 26 jew. m. w. N.). Das - weder lückenhafte noch
widersprüchliche - Protokoll beweist daher, daß die sich anschließende weitere
Hauptverhandlung einschließlich der Schlußvorträge und der Urteilsverkü ndung am 8. November 2001 - wie von der Revision geltend gemacht - in unzulässiger Abwesenheit der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Damit ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO erfüllt, so daß das angefochtene
Urteil aufgehoben werden muß.
Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:
Das Landgericht hat den Angeklagten entsprechend dem Anklagevorwurf und in Anwendung des Zweifelssatzes wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in (nur) drei Fällen verurteilt. In den Urteilsgründen stellt
es jedoch rechtsfehlerfrei fest, daß der Angeklagte jedes der drei Mädchen zumindest zweimal mißbraucht hat, unterläßt es aber klarzustellen, welche drei
dieser sechs Mißbrauchsfälle der Verurteilung zugrunde liegen und welche der
durch die Staatsanwaltschaft in der Abschlußverfügung vom 29. Januar 2001
(Bd. 1 Bl. 157 d.A.) vorgenommenen Verfahrensbeschränkung nach § 154
Abs. 1 Nr. 1 StPO unterfallen. Damit bleibt offen, ob das Urteil überhaupt die
angeklagten Taten erfaßt (§ 264 Abs. 1 StPO) und auf welche Fälle sich die
Rechtskraftwirkung des Urteils erstrecken würde. Dies ist insbesondere deshalb zweifelhaft, weil die Anklage dem Angeklagten nicht vorwirft, auch die Geschädigte Sandra S.
zum Oralverkehr veranlaßt zu haben, während das
Urteil, wie die Ausführungen zur rechtlichen Würdigung der Taten (UA S. 38)
belegen, bezüglich jedes der drei Mädchen einen Fall erfaßt, in dem es zum
Oralverkehr kam.
-4-
Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wird daher im
Falle einer erneuten Verurteilung des Angeklagten klarzustellen haben, von
welchen konkreten Mißbrauchsfällen sie sich überzeugt hat, welche hiervon
der Verurteilung zugrunde liegen und daß dies die von der Anklageschrift erfaßten Fälle sind. Dabei wird es zu einem besseren Verständnis des Urteils
beitragen, wenn die Sachverhaltsdarstellung in die Einzelfälle untergliedert und
die jeweilige Form des sexuellen Mißbrauchs dem jeweiligen Fall zweifelsfrei
zugeordnet wird.
Tolksdorf
Rissing-van Saan
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Becker