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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 497/16
vom
10. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100117B3STR497.16.0
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
10. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. August 2016 im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit
Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen
Rechts rügt, hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg;
im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Während der
Schuldspruch und die Bemessung der gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen keinen diesen benachteiligenden Rechtsfehler erkennen lassen,
kann der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben.
-3-
3
Der Angeklagte hatte zwei der abgeurteilten Taten am 4. August 2014
und damit zeitlich vor dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Hannover
vom 1. Dezember 2014 begangen, durch welches er zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden war, die noch nicht erledigt ist. Damit
kommt in Betracht, dass mit dieser Freiheitsstrafe und den im angefochtenen
Urteil verhängten Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 gemäß § 55
Abs. 1 Satz 1 StGB nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden, während die für
die Tat vom 18. März 2016 festgesetzte Einzelstrafe wegen einer möglichen
Zäsurwirkung des Urteils vom 1. Dezember 2014 gesondert auszusprechen
war. Dem steht nicht notwendig entgegen, dass durch das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 1. Dezember 2014 eine Tat des Angeklagten geahndet
worden war, die dieser vor dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 23. Juni
2014 begangen hatte. Denn dieses Urteil würde nur dann seinerseits eine
Zäsur begründen und damit eine Gesamtstrafenbildung zwischen der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 1. Dezember 2014 und
den Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 ausschließen, wenn die
dort verhängte Geldstrafe von 50 Tagessätzen noch nicht erledigt ist (s. etwa
BGH, Urteil vom 18. März 1982 - 4 StR 636/81, NJW 1982, 2080 f.; Beschluss
vom 7. Dezember 1983 - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; Urteile vom
10. Juli 1985 - 3 StR 124/85, juris Rn. 6; vom 6. März 1987 - 2 StR 37/87,
BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 2; vom 30. Juni 1987 - 1 StR
222/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 3; Beschlüsse vom
18. Dezember 1987 - 5 StR 644/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 5; vom 26. Oktober 1988 - 4 StR 472/88, GA 1989, 132, 133; seine
gegenteiligen, nicht tragenden Erwägungen im Urteil vom 13. November 1985
- 3 StR 311/85, BGHSt 33, 367, 369 verfolgt der Senat nicht weiter; s. bereits
Senat, Beschluss vom 7. September 1988 - 3 StR 338/88, NStZ 1988, 552). Ob
dies der Fall ist, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen, da die-
-4-
ses den Vollstreckungsstand des Urteils des Amtsgerichts Hannover vom
23. Juni 2014 nicht mitteilt.
4
Durch die möglicherweise rechtsfehlerhaft gebildete Gesamtstrafe ist der
Angeklagte beschwert. Da das Amtsgericht Hannover die Vollstreckung der von
ihm verhängten Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung ausgesetzt
hatte, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass das Landgericht auch die
Vollstreckung einer aus dieser Freiheitsstrafe und den beiden Einzelstrafen für
die Taten vom 4. August 2014 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung
ausgesetzt hätte.
5
Über die Gesamtstrafe ist daher nochmals zu befinden. Dabei wird die
nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer zu beachten haben, dass
insoweit der Vollstreckungsstand der gegen den Angeklagten ergangenen
früheren Urteile im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils
(25. August 2016) maßgeblich (s. nur BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR
188/11, juris Rn. 5) und im Falle vom Ersturteil abweichender Gesamtstrafen-
-5-
bildung auch Augenmerk auf das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2
Satz 1 StPO zu richten ist (zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016
- 4 StR 73/16, NStZ-RR 2016, 275, 276).
Becker
Schäfer
Tiemann
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Hoch