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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 434/10
vom
7. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 3.: gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a.
zu 2.:
Betruges u.a.
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 7. Dezember 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten S.
, K.
und Ku.
wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 24. Februar 2010
mit den Feststellungen aufgehoben, soweit diese Angeklagten
verurteilt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K.
wegen Betruges in Tatein-
heit mit Urkundenfälschung in 51 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren verurteilt. Die Angeklagten S.
und Ku. hat es des gewerbs- und
bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 35 Fällen schuldig gesprochen und gegen sie Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren (S.
) bzw. zwei Jahren und neun Monaten
(Ku. ) verhängt. Von weiteren Tatvorwürfen hat es die Angeklagten S.
und Ku.
freigesprochen. Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklag-
ten mit ihren Revisionen, mit denen sie das Verfahren beanstanden und die
Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge
Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.
-3-
1. Nach den Feststellungen beschloss der gesondert abgeurteilte frühere
2
Mitangeklagte
De.
, sich durch Betrugstaten zu Lasten von Mobil-
funknetzbetreibern eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte K.
, der dies wusste, gewährte De.
für den Betrieb eines Geschäfts zum Vertrieb von Mobiltelefonen ein rückzahlbares Darlehen in Höhe von 5.000 - 6.000 € als Gegenleistung für dessen Versprechen, ihn gleichberechtigt an den Gewinnen aus den Betrugstaten zu beteiligen. Auch er wollte sich damit eine Einnahmequelle von einiger Dauer und
einigem Umfang verschaffen. De.
mietete unter Verwendung eines fal-
schen Namens ein Ladenlokal an, stellte einen Geschäftsführer ein, nahm die
Gewerbeanmeldung vor und eröffnete ein Geschäftskonto. Außerdem stellte er
einem "D.
" aus den Niederlanden seinen türkischen Pass zur Verfügung,
der nach diesem Muster auf einem Computer Dateien türkischer Ausweispapiere und Debitkarten nicht existenter Personen erstellte.
Ab Anfang Dezember 2008 füllte De.
3
zusammen mit einer Ange-
stellten in dem Geschäft Anträge auf Einrichtung von Mobiltelefonanschlüssen
aus, wobei sie die Personalien erfundener Personen verwendeten. Für die erforderliche Vorlage einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Antragstellers sowie dessen Debitkarte gebrauchten sie Ausdrucke der von
"D.
" erstellten Dateien. Die Anträge und Kopien der gefälschten Dokumente
übersandten sie an die Mobilfunknetzbetreiber, um Provisionszahlungen zu erhalten und in den Besitz subventionierter Mobiltelefone sowie freigeschalteter
SIM-Karten zu gelangen. Die Mobiltelefone und die SIM-Karten wurden an dritte
Personen weiterverkauft. Mehrere Erwerber von SIM-Karten verursachten
durch die Anwahl so genannter "Mehrwertnummern", die sie vorher angemietet
hatten, hohe uneinbringliche Telefongebühren und verschafften sich auf diese
-4-
Weise vermeintliche Vergütungsansprüche gegen die Mobilfunknetzbetreiber in
beträchtlicher Höhe.
4
Als der Angeklagte K.
bald bemerkte, dass die Betrugstaten nicht den
erwarteten Gewinn abwarfen, gewann er den Angeklagten S.
als Ab-
nehmer für einen Teil der durch Täuschung erlangten Mobiltelefone. Der Angeklagte S.
und der Angeklagte Ku.
vereinbarten mit De.
, diesen
bei dessen Straftaten zu unterstützen, um sich ebenfalls eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen. Spätestens vom 7. bis 23. Januar 2009 wirkten
die Angeklagten S.
und Ku. anstelle der Angestellten an den Strafta-
ten mit. Die Ausdrucke der Ausweise und Debitkarten der nicht existenten Personen erstellten in der Folgezeit insbesondere der Angeklagte Ku.
weise auch der Angeklagte S.
. Der Angeklagte Ku.
abgeurteilte frühere Mitangeklagte De.
und teil-
und der gesondert
nahmen von den Mobilfunknetz-
betreibern - auch gegen Nachnahme - gelieferte Mobiltelefone entgegen. Der
Angeklagte S.
veräußerte betrügerisch erlangte Mobiltelefone u.a. an
einen nicht identifizierten türkischen Staatsangehörigen aus M.
freigeschalteten SIM-Karten wurden von De.
ten an den anderweitig verfolgten "Se.
5
. Die
mit Kenntnis der Angeklag-
" verkauft.
Das Landgericht hat mehrere am selben Tag bei demselben Mobilfunknetzbetreiber gestellte Anträge als eine rechtlich selbständige Tat behandelt.
Als täuschungsbedingten Vermögensschaden hat es den jeweiligen Vergütungsanspruch der Mobilfunknetzbetreiber auf der Grundlage des vereinbarten
und verkehrsüblichen Gebührentarifs angesehen; diesen hat es seiner Schadensberechnung "anteilig" zugrunde gelegt. Außerdem hat es als "reine Telefonie" bezeichnete Schadensbeträge in Ansatz gebracht. Hierbei handelt es sich
-5-
um Vergütungen vermeintlicher Ansprüche aus der Benutzung von "Mehrwertnummern" durch Erwerber der freigeschalteten SIM-Karten.
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2. Die Schuldsprüche können keinen Bestand haben; denn die Annahme
des Landgerichts, der Angeklagte K.
habe 51, die Angeklagten S.
und Ku. hätten 35 tatmehrheitlich zusammentreffende Betrugstaten in Tateinheit mit Urkundenfälschung begangen, hält auf der Grundlage der getroffenen
Feststellungen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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a) Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare
Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten
tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden; maßgeblich ist dabei der Umfang seines
Tatbeitrags oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder
einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person
oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur
je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche
Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein
die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer
Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Erbringt er dagegen im
Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind
ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen
zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen
Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss
-6-
vom 10. Mai 2001 - 3 StR 52/01, wistra 2001, 336; BGH, Urteil vom 17. Juni
2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840).
b) Gemessen an diesen Maßstäben belegen die Feststellungen keine
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zueinander in Tatmehrheit stehenden 51 (Angeklagter K.
te S.
und Ku.
) bzw. 35 (Angeklag-
) Straftaten des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfäl-
schung. Ein jeweils individueller konkreter Tatbeitrag der Angeklagten zu jeder
einzelnen der Taten, wegen der sie verurteilt worden sind, lässt sich ihnen nicht
sicher entnehmen. Danach arbeitete der Angeklagte K.
im Handyladen ü-
berhaupt nicht mit. Hinsichtlich der Angeklagten S.
und Ku.
ist nicht
festgestellt, dass sie in allen 35 Fällen jeweils die gefälschten Anträge oder Kopien der Ausweispapiere bzw. der Debitkarten erstellten, diese den Mobilfunknetzbetreibern zuschickten, Mobiltelefone entgegennahmen oder diese weiterveräußerten. Die Tatbeiträge der Angeklagten S.
und Ku. sind in den
Urteilsgründen nur pauschal in der Weise umschrieben, dass ab 7. Januar 2009
insbesondere der Angeklagte Ku. , aber auch der Angeklagte S.
- neben De.
- die gefälschten Anträge und Dokumente erstellten, der An-
geklagte Ku. zum Teil gelieferte Mobiltelefone entgegennahm und der Angeklagte S.
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solche weiterveräußerte.
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind. Zwar lässt sich den
Feststellungen entnehmen, dass der Angeklagte K.
mit der Hingabe des
Darlehens zum Aufbau und zum allgemeinen Betrieb des Handyladens einen
mittäterschaftlichen Tatbeitrag leistete, der zur Verwirklichung jedes der abgeurteilten Einzeldelikte beitrug. Auch ergeben sie ab 7. Januar 2009 wesentliche
Beiträge der Angeklagten S.
und Ku. zum Betrieb des auf Betrug an-
gelegten Geschäfts. Dennoch kann der Senat den Schuldspruch nicht dahin
-7-
ändern, dass die Angeklagten des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
nebst gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 51 (Angeklagter
K.
) bzw. in 35 (Angeklagte S.
und Ku. ) tateinheitlichen Fällen
schuldig sind, und die ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafen als Einzelstrafen für die jeweils einheitliche Tat bestehen lassen. Denn ein solches Vorgehen
setzt voraus, dass das Tatgericht den Unrechts- und Schuldgehalt des Tatgeschehens rechtsfehlerfrei festgestellt hat und dieser durch die zutreffende Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt wird. Schon an der erstgenannten Voraussetzung fehlt es hier, da das Landgericht den entstandenen Betrugsschaden sowie den Gegenstand der vom Angeklagten erstrebten rechtswidrigen Bereicherung in zweifacher Weise unzutreffend bestimmt hat. Im Einzelnen:
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a) Der vollendete Betrug setzt voraus, dass beim Geschädigten eine Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinne eingetreten ist, die unmittelbare
Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung sein muss. Außerdem
muss auch der vom Täter erstrebte rechtswidrige Vermögensvorteil unmittelbare Folge der vom Opfer aufgrund seines Irrtums vorgenommenen Vermögensverfügung sein und der dadurch bedingten Vermögenseinbuße des Opfers
spiegelbildlich entsprechen (sog. Stoffgleichheit). Der Vermögensschaden ist
durch einen Vergleich der Vermögenslage des Geschädigten vor und unmittelbar nach der Verfügung festzustellen (Cramer/Perron in Schönke/Schröder,
StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 99; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 263 Rn. 110). Beim
Betrug durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den
Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind demnach die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGH, Urteil vom 13. November 2007 - 3 StR 462/06, BGHR StGB
§ 263 Abs. 1 Vermögensschaden 70; Fischer, aaO Rn. 176). Dieser zunächst
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durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der
gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich
mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt, bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche
vom Täter erbracht wird. An dem Erfordernis, dass der Vermögensschaden
unmittelbare Folge der Vermögensverfügung und der erstrebte rechtswidrige
Vermögensvorteil wiederum unmittelbare Folge des Vermögensschadens sein
muss, fehlt es etwa, wenn der Getäuschte dem Täter - entsprechend dessen
Absicht - lediglich die tatsächliche Möglichkeit gibt, den Vermögensschaden
durch weitere selbständige deliktische Handlungen herbeizuführen.
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b) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht den Betrugsschaden
sowie den Inhalt der Bereicherungsabsicht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Mit
Annahme des gefälschten Antrags auf Abschluss eines Mobilfunkvertrages verpflichtete sich der jeweilige Mobilfunknetzbetreiber in zweifacher Hinsicht. Zum
einen versprach er dem angeblichen Neukunden die Lieferung eines kostenlosen oder preisreduzierten Mobiltelefons nebst freigeschalteter SIM-Karte sowie
die Möglichkeit des Telefonierens in und aus dem entsprechenden Mobilfunknetz für die Dauer der Vertragslaufzeit. Zum anderen sagte er dem "Inhaber des
Handyladens" die Zahlung einer Provision für die Vermittlung des Mobilfunkvertrages sowie die Übersendung des Mobiltelefons nebst freigeschalteter SIMKarte zu, damit dieses dem vermeintlichen neuen Kunden ausgehändigt werden konnte. Dem standen folgende Gegenansprüche gegenüber: Der angebliche Neukunde verpflichtete sich im Falle der Lieferung eines verbilligten Mobiltelefons zur Zahlung des reduzierten Kaufpreises; außerdem sagte er die künftige Begleichung der vereinbarten Telefongebühren während der Vertragslauf-
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zeit zu. Der "Inhaber des Handyladens" versprach die Übergabe des Mobiltelefons nebst SIM-Karte an den Neukunden sowie eine Zahlung auf das Mobiltelefon, wenn hierauf bei dessen Auslieferung im Wege der Nachnahme Vorkasse
zu leisten war. Diese Gegenansprüche waren wegen fehlender Erfüllungsbereitschaft der (angeblichen) Schuldner weitgehend wertlos; eine Ausnahme galt
nur hinsichtlich der bei Nachnahmelieferung des Mobiltelefons zu leistenden
Vorkasse, da die Angeklagten und ihr Mittäter zu deren Zahlung bereit waren,
um in Besitz des Mobiltelefons und der SIM-Karte zu gelangen. Der Eingehungsschaden des Mobilfunknetzbetreibers könnte daher im Grundsatz nach
dem vollen wirtschaftlichen Wert der von ihm eingegangenen Verpflichtungen
bestimmt werden, allenfalls abzüglich der Höhe des werthaltigen Anspruchs auf
Vorkasse.
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Indes ist zu beachten, dass für die Tatbestandsverwirklichung nur die
Vermögenseinbußen relevant sind, auf die spiegelbildlich die Absicht des Täters
gerichtet ist, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen; weitergehende Vermögensnachteile, die der Geschädigte aufgrund der irrtumsbedingten Vermögensverfügung erleidet, sind allenfalls verschuldete Tatauswirkungen im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB. Hieraus folgt, dass der Wert der von
dem jeweiligen Mobilfunkbetreiber eingegangenen Verpflichtung, dem angeblichen Neukunden während der Vertragslaufzeit das Telefonieren in und aus seinem Mobilfunknetz zu gestatten, hier bei der Berechnung des tatbestandlichen
Schadens unberücksichtigt zu bleiben hat; denn den Angeklagten und ihrem
Mittäter kam es gerade nicht darauf an, selbst entsprechende Telefongespräche zu führen, ohne hierfür ein Entgelt zu bezahlen. Aus diesem Grund kann
auch dahinstehen, ob eine entsprechende Schadensposition - wie das Landgericht meint - nach den für die Vertragslaufzeit vereinbarten Grundgebühren oder
gegebenenfalls nach einem Anteil hiervon berechnet werden kann.
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Der von den Angeklagten und ihrem Mittäter erstrebte Vermögensvorteil
bestand tatsächlich in der Auszahlung der Provision sowie der Lieferung der
kostenlosen oder verbilligten Mobiltelefone nebst freigeschalteter SIM-Karte, die
gewinnbringend veräußert werden sollten. Der entsprechende Eingehungsschaden des jeweiligen Mobilfunknetzbetreibers bemisst sich daher allein nach
dem Wert der von ihm insoweit eingegangenen Verpflichtungen, im Einzelfall
unter Abzug des Werts des Anspruchs auf Entrichtung der Vorkasse, für die
Erfüllungsbereitschaft bestand. Zu den insoweit in Ansatz zu bringenden Beträgen verhält sich das angefochtene Urteil indessen nicht. Demgemäß enthält es
weder eine nachvollziehbare Berechnung des mit Vertragsschluss eingetretenen Eingehungsschadens noch legt es den mit der Auszahlung der Provision
und der Auslieferung von Mobiltelefonen und SIM-Karten entstandenen Erfüllungsschaden dar.
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Auch soweit das Landgericht die "reinen Telefoniekosten" als tatbestandliche Schadensbeträge in Ansatz gebracht hat, sind seine Ausführungen von
Rechtsirrtum beeinflusst. Diesbezüglich hat es verkannt, dass die Herbeiführung der entsprechenden Vermögensnachteile zwar durch die Übersendung der
freigeschalteten SIM-Karten ermöglicht wurde, aber erst durch den betrügerischen Abschluss von Verträgen über die Nutzung von "Mehrwertnummern" und
deren Anwahl über die durch Betrug erlangten SIM-Karten, also durch ein selbständiges deliktisches Verhalten, die vermeintlichen Vergütungsansprüche begründet und teilweise Zahlungen ausgelöst wurden. Es fehlt daher an der erforderlichen Unmittelbarkeit zwischen täuschungsbedingter Vermögensverfügung
und eingetretenem Vermögensschaden (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - 4
StR 559/04, BGHSt 50, 174, 178). Hinzu kommt, dass sich die Bereicherungsabsicht der Angeklagten und ihres Mittäters auch nicht auf die Erlöse aus dem
betrügerischen Ausnutzen von "Mehrwertnummern" erstreckte. Denn die ent-
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sprechenden Verträge wurden allein von Dritten abgeschlossen, die SIM-Karten
von den Angeklagten und ihrem Mittäter erworben hatten, ohne dass diese an
den erschwindelten Gebühren beteiligt werden sollten. In Betracht kommt daher
insoweit lediglich, dass sich die Angeklagten und ihr Mittäter durch den Verkauf
der SIM-Karten in dem Wissen um die von den Erwerbern beabsichtigte missbräuchliche Verwendung an deren Straftaten als Gehilfen beteiligt haben. Ansonsten
handelt
es
sich
bei
dem
Gebührenschaden
ebenfalls nur um eine verschuldete Tatfolge im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB.
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4. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der
Senat sieht im Übrigen Anlass zu folgendem Hinweis:
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Bei einer Serie von Straftaten mehrerer Angeklagter ist sorgfältig auf eine
geordnete und übersichtliche Darstellung der einzelnen Taten zu achten, um
Fehler zu vermeiden. Dem wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht
gerecht. Gegen die Angeklagten S.
und Ku.
hat das Landgericht 51
Einzelstrafen verhängt, obwohl es sie nur wegen 35 Taten schuldig gesprochen
hat. Den Angeklagten K.
hat es wegen des nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
StPO eingestellten Falles 1 der Urteilsgründe (Fall 186 der Anklageschrift) verurteilt. Hinzu kommt, dass dieser Angeklagte in der Urteilsformel zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und nach den Urteilsgründen zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist. Fall 211 der Anklage wurde in den Urteilsgründen als Fall 14 und nochmals als Fall 16
- allerdings mit unterschiedlichen Anmeldedaten und nicht identischen Schadenshöhen - abgeurteilt. Die Fälle 183 und 206 der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage, wurden - soweit ersichtlich - weder nach
§ 154 Abs. 2 StPO eingestellt noch sind sie Gegenstand der Urteilsgründe. Sie
sind also beim Landgericht anhängig geblieben.
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Die Zusammenfassung mehrerer Straftaten zur rechtlichen Handlungseinheit in der Person des Angeklagten schließt die Annahme gewerbs- und
bandenmäßiger Begehungsweise nicht aus (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004
- 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2842 f.).
Becker
Pfister
Hubert
von Lienen
Schäfer