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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 240/01
vom
25. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
25. Juli 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. Januar 2001
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen
sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung und wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen verurteilt wird,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen in
zwei Fällen, in einem Fall zusätzlich in Tateinheit mit sexueller Nötigung unter
Einbeziehung weiterer Strafen aus drei amtsgerichtlichen Urteilen zu einer Ge-
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samtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und dazu verurteilt, an
die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld von 10.000 DM zu zahlen. Der Angeklagte wendet sich mit Verfahrens- und Sachrügen gegen seine Verurteilung.
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge, mit der die
Beweiswürdigung angegriffen wird, haben zum Schuldspruch aus den Gründen
der Antragsschrift des Generalbundesanwalts überwiegend keinen Erfolg.
Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß im Fall 1 des
Urteils die Tat nicht mehr als sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen verfolgt werden kann, weil insoweit Verjährung eingetreten ist. Deshalb war der
Schuldspruch entsprechend zu ändern. Da die Einzelstrafe aus den unten genannten Gründen in diesem Fall ohnehin aufgehoben werden muß, hat der
neue Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung auch darüber zu entscheiden,
ob der Unrechtsgehalt hier wegen der teilweisen Verjährung milder zu beurteilen ist (vgl. BGHSt 41, 305, 309).
2. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs.
a) Die strafschärfende Berücksichtigung, daß der Angeklagte im ersten
Fall Gewalt angewandt und das Opfer bedroht hat, verstößt gegen § 46 Abs. 3
StGB. Denn zur Verwirklichung des Tatbestandes des von der Strafkammer in
diesem Fall der Verurteilung zugrunde gelegten § 178 Abs. 1 StGB a.F. gehören Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des
Opfers.
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b) Die Begründung, mit der der Tatrichter eine alkoholbedingte erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten verneint hat, begegnet in beiden der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen durchgreifenden
Bedenken. Bei den 1992 und 1995 stattgefundenen Taten durfte das insoweit
sachverständig beratene Landgericht nicht nur die allgemeinen Angaben des
Angeklagten über seine damaligen Trinkgewohnheiten bei Gaststättenbesuchen der Prüfung des § 21 StGB zugrunde legen. Die anhand dieser allgemeinen Angaben abstrakt berechnete mögliche Alkoholisierung des Angeklagten
besagt nichts über die wirklich vorliegende alkoholische Beeinflussung, da
nicht feststeht, ob der Angeklagte diese - üblichen - Mengen auch an den beiden Tattagen zu sich genommen hat. Außerdem mußte es erkennbar in seine
Überlegungen das vom Tatopfer geschilderte ungewöhnliche Verhalten des
Angeklagten, der auf dieses stark betrunken wirkte, mit einbeziehen. Danach
setzte sich der Angeklagte nach dem erzwungenen Oralverkehr auf das Bett
und hat dort "in Denkerpose verharrt", bis er plötzlich umgefallen und eingeschlafen ist. Am nächsten Morgen hat sich Erbrochenes vor dem Bett befunden. Dem wird die knappe, nicht nachvollziehbare Einschätzung des Tatrichters nicht gerecht, daß die Zeugin den Angeklagten zwar als stark betrunken,
als "stockbesoffen" erlebt habe, dies "aber auf eine falsche Deutung seines
ungehemmten und aggressiven Verhaltens" (UA S. 12) zurückzuführen sei.
3. Auch die Entscheidung über das der Nebenklägerin im Adhäsionsverfahren zugesprochene Schmerzensgeld war aufzuheben. Der Senat kann
nicht ausschließen, daß das neue Tatgericht beiden Taten - etwa weil es die
Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht - eine geringere Schuld des Angeklagten zugrunde legt.
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4. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe könnte auch schon
deshalb keinen Bestand haben, weil die Einbeziehung der weiteren Strafen aus
drei amtsgerichtlichen Urteilen nicht frei von Rechtsfehlern ist. So wird nicht
mitgeteilt, welche Einzelstrafen dem Urteil des Amtsgerichts Langen vom
14. August 1997 zugrunde lagen. Auch kann der Senat anhand des Urteils
nicht nachprüfen, ob nicht eine der Vorverurteilungen gemäß § 55 StGB Zäsurwirkung entfaltet mit der Folge, daß möglicherweise zwei Gesamtstrafen
hätten gebildet werden müssen.
Rissing-van Saan
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