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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 109/05
vom
20. Mai 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
-2-
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20. Mai 2005 gemäß § 206 a,
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P.
gegen das Urteil des
Landgerichts Fulda vom 12. November 2004 wird das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte P.
wegen versuchter
räuberischer Erpressung und der Angeklagte F.
wegen ver-
suchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub verurteilt wurden.
Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und
die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Das genannte Urteil wird im Schuld- und Strafausspruch wie
folgt neu gefaßt:
Die Angeklagten P.
und F.
sind der gefährlichen Körper-
verletzung schuldig. Der Angeklagte P.
wird zu der Frei-
heitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, der Angeklagte
F.
zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten
verurteilt. Bei dem Angeklagten F.
wird die Vollstreckung
der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten P.
wegen versuchter räuberi-
scher Erpressung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung und den Mitangeklagten F.
wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
erpresserischem Menschenraub sowie wegen gefährlicher Körperverletzung
jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Bei dem Angeklagten F.
wurde die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte P.
rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen
Rechts und beanstandet insbesondere die Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung. Der Mitangeklagte F.
Die Revision des Angeklagten P.
hat kein Rechtsmittel eingelegt.
führt zu der aus der Beschlußformel er-
sichtlichen teilweisen Einstellung des Verfahrens und zur Änderung des
Schuld- und Strafausspruchs für beide Angeklagte. Im übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Verurteilung des Angeklagten P.
wegen versuchter räuberischer
Erpressung zum Nachteil Marco R. und Anna E. hat keinen Bestand, weil diese
Tat nicht angeklagt ist. Es fehlt daher an einer notwendigen Verfahrensvoraussetzung.
Die Staatsanwaltschaft Fu.
ihrer an das Amtsgericht B.
legt den Angeklagten P.
und F.
in
gerichteten Anklage vom 19. Dezember
2003 eine am 15. August 2003 gegen 1.35 Uhr vor dem Anwesen Ustraße 33 in B.
begangene gemeinschaftlich und mit einem Gürtel
mit Metallschnalle begangene gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des
Pascal R. zur Last. In ihrer Abschlußverfügung hat die Staatsanwaltschaft die
Anklage gemäß § 154 Abs. 1 StPO auf diesen Tatvorwurf beschränkt. In der
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Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht B.
stellte der Strafrichter
fest, daß die Angeklagten vor der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil
Pascal R. bereits vor dem Anwesen V
graben 2 versucht hatten,
von dessen Bruder Marco R., der seine Freundin Anna E. nach Hause begleitete, die Herausgabe einer 50-Cent-Münze zu erreichen. Das Amtsgericht hat
dies als versuchte räuberische Erpressung, bei dem Mitangeklagten F.
in
Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub zum Nachteil Anna E., gewertet
und die Sache deshalb gemäß § 270 StPO an das Landgericht Fulda verwiesen. Dieser Verweisungsbeschluß hat zwar die Wirkung eines das Hauptverfahren eröffnenden Beschlusses (§ 270 Abs. 3 Satz 1 StPO), er kann jedoch
die notwendige Anklage nicht ersetzen. Hieran fehlt es, weil der Anklagevorwurf der gefährlichen Körperletzung zum Nachteil Pascal R. trotz der örtlichen
und zeitlichen Nähe der beiden Vorfälle verfahrensrechtlich nicht dieselbe Tat
ist wie die versuchte räuberische Erpressung und der erpresserische Menschenraub zum Nachteil Marco R. und Anna E. Sie bilden nach natürlicher Auffassung keinen einheitlichen Lebensvorgang. Die beiden Vorgänge sind innerlich nicht derart miteinander verknüpft, daß der Unrechts- und Schuldgehalt der
gefährlichen Körperverletzung nicht ohne die Umstände richtig gewürdigt werden kann, die zu den Handlungen geführt haben, die das Landgericht als versuchte räuberische Erpressung und erpresserischen Menschenraub gewertet
hat. Ihre Aburteilung in verschiedenen Verfahren spaltet daher nicht einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich auf (st. Rspr. vgl. u.a. BGHSt 45, 211,
213; 47, 68, 82). Von dem tätlichen Angriff der beiden Angeklagten gegen Pascal R. waren die Tatopfer der versuchten räuberischen Erpressung bzw. des
erpresserischen Menschenraubs nicht betroffen, auch haben die Angeklagten
das anfangs verfolgte Ziel, eine 50-Cent-Münze zu erlangen, gegenüber Pascal R. nicht mehr weiterverfolgt.
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Da es hinsichtlich des Schuldspruchs gegen den Angeklagten P.
we-
gen versuchter räuberischer Erpressung an der Verfahrensvoraussetzung einer
Anklage fehlt, ist das Verfahren insoweit einzustellen (§ 206 a StPO). Bei dem
Mitangeklagten F.
fehlt diese Verfahrensvoraussetzung ebenfalls. Die Re-
vision ist deshalb gemäß § 357 StPO auf diesen Angeklagten zu erstrecken
(vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 357 Rdn. 9 f. m.w.N.), soweit er wegen
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub
verurteilt wurde.
Die teilweise Einstellung des Verfahrens hat zur Folge, daß die Einzelfreiheitsstrafen für die hiervon erfaßten Taten von einem Jahr für den Angeklagten P.
sowie einem Jahr und drei Monaten für den Angeklagten F.
und die jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafen entfallen. Es verbleibt deshalb bei
den Einzelfreiheitsstrafen für die gefährliche Körperverletzung von einem Jahr
und sechs Monaten für den Angeklagten P.
sowie einem Jahr und drei Mo-
naten für den Angeklagten F. . Die Versagung von Strafaussetzung zur Bewährung für den Angeklagten P.
hat ebenfalls Bestand, weil sich die Be-
schränkung des Schuldspruchs auf den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung auf die vom Landgericht rechtsfehlerfrei begründete ungünstige Sozialprognose nicht zugunsten des Angeklagten P.
auswirkt. Die Freiheitsstrafe
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des Angeklagten F.
bleibt zur Bewährung ausgesetzt, allerdings wird der
Tatrichter zu prüfen haben, ob es bei dem bisherigen Bewährungsbeschluß
sein Bewenden haben kann.
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