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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 63/18
2 AR 55/18
vom
3. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergehen gemäß §§ 186 Abs. 1, 194 Abs. 1 Satz 1 StGB, §§ 106
Abs. 1, 109 UrHG, § 25 Abs. 2 StGB
Vertreten durch: Rechtsanwalt
Az.: 3 Cs 140 Js 23469/16 Amtsgericht Wiesloch
ECLI:DE:BGH:2018:030518B2ARS63.18.0
-2-
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Antragstellerin am 3. Mai 2018 beschlossen:
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Gründe:
I.
1
Das Amtsgericht – Strafrichter – Wiesloch (Aktenzeichen 3 Cs 140 Js
23469/16) hat gegen die Angeklagte am 28. Dezember 2015 durch Strafbefehl
eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100,-- Euro verhängt. Auf die Rüge
fehlender örtlicher Zuständigkeit des Amtsgerichts Wiesloch und den Antrag
vom 6. Oktober 2016, das Verfahren an das für den „Tatort“ zuständige Amtsgericht Halle, zu verweisen, hat das Amtsgericht Wiesloch mit Urteil vom
21. November 2017 den Einspruch der zum Hauptverhandlungstermin nicht
erschienenen Angeklagten gegen den Strafbefehl verworfen. Mit Schreiben
vom 20. Dezember 2017 hat der Verteidiger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und Berufung gegen das Urteil vom
21. November 2017 eingelegt. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand hat das Amtsgericht Wiesloch mit Beschluss vom 8. Februar 2018 verworfen.
2
Mit Schreiben vom 19. Februar 2018 beantragt der Verteidiger der Angeklagten beim Bundesgerichtshof die Bestimmung des Landgerichts Bielefeld
– Wirtschaftskammer für Urheberrechtssachen – als zuständiges Gericht für
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das beim Amtsgericht Wiesloch (Aktenzeichen 3 Cs 140 Js 23469/16) anhängige Strafverfahren.
II.
3
Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:
„1. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist nicht veranlasst. Der
Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist unstatthaft. Die
Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch den
Bundesgerichtshof nach § 13a StPO oder als gemeinschaftliches
oberes Gericht nach § 14 StPO sowie einer Übertragung der Zuständigkeit nach § 12 Abs. 2 StPO liegen nicht vor.
a) An einem zuständigen Gericht im Sinne des § 13a StPO fehlt es,
wenn die Anwendung der §§ 7-11a, 13 StPO oder sonstiger gesetzlicher Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit unter
keinem Gesichtspunkt zur Begründung eines Gerichtsstands führt.
Der Weg für die Anwendung von § 13a StPO ist dabei erst dann
eröffnet, wenn die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts auch nicht
anhand teleologischer Erwägungen durch die erweiterte Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung begründet werden kann (vgl.
Löwe-Rosenberg/Erb, StPO, 27. Auflage, 2016, § 13a Rn. 4). Hier
wäre bereits nach dem Vorbringen des Antragstellers jedenfalls
eine Zuständigkeit am Wohnort der Angeklagten begründet (§ 8
Abs. 1 StPO).
-4-
b) Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof als gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne des § 14 StPO ist nicht veranlasst, da kein Streit über die Zuständigkeit der beteiligten Gerichte vorliegt. Das Amtsgericht – Strafrichter – Wiesloch ist beim
Erlass des Strafbefehls erkennbar von seiner Zuständigkeit ausgegangen (§ 408 Abs. 3 Satz 1 StPO) und kein anderes Gericht
an dem Verfahren beteiligt worden.
c) Auch eine Übertragung der Untersuchung und Entscheidung auf
ein anderes zuständiges Gericht im Sinne des § 12 Abs. 2 StPO
scheidet aus, da dieser nur bis zum Erlass des Urteils, also nicht
im Rechtsmittelverfahren anwendbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom
9. Januar 1985 – 2 ARs 412/84 –, BGHSt 33, 111 ff.).
2. Der Bundesgerichtshof ist auch nicht zur Überprüfung der örtlichen
Zuständigkeit des Amtsgerichts Wiesloch berufen. Zwar können
Rechtsmittelgerichte die Sache nach § 328 Abs. 2 StPO und § 355
StPO an das zuständige Gericht verweisen, wenn das angefochtene
Urteil von einem örtlich unzuständigen Gericht erlassen worden war.
Der Bundesgerichtshof ist jedoch kein Rechtsmittelgericht im Instanzenzug gegen ein Urteil des Strafrichters.
3. Dahinstehen kann, dass die Abgabe oder Verweisung an ein örtlich
zuständiges Gericht im ersten Rechtszug ausgeschlossen ist (vgl.
BGH, Beschluss vom 23. Juli 1969 – 2 ARs 201/69 –, BGHSt 23,
79 ff.) und eine Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt, da das Landgericht
im vorliegenden Verfahren weder nach § 74 Abs. 1 GVG als Gericht
des ersten Rechtszugs noch nach § 74 Abs. 3 GVG für die Verhand-
-5-
lung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen ein
Urteil des Schöffengerichts zuständig wäre (§ 74c Abs. 1 GVG).“
4
Dem schließt sich der Senat an.
Schäfer
Appl
Bartel
Krehl
Grube