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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 273/15
vom
1. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:011215B1STR273.15.0
-2-
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 16. Januar 2015 im Strafausspruch mit
den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in vier
Fällen jeweils in Tateinheit mit zwei weiteren Fällen der Steuerhinterziehung
sowie wegen Steuerhinterziehung in vier weiteren Fällen und wegen versuchter
Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
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Seine auf Verfahrensbeanstandungen und die ausgeführte Sachrüge
gestützte Revision erzielt lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen
Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2 StPO.
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1. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
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Soweit die Revision ein solches auf die Erwägung stützen wollte, das Urteil beziehe sich auch auf Betriebsausgaben im Zusammenhang mit einem von
dem Angeklagten genutzten Pkw Rolls Royce Ghost, obwohl der betreffende
Sachverhalt nicht Gegenstand von Anklage und Eröffnungsbeschluss gewesen
sei, dringt dies nicht durch. Die mit dem Fahrzeug zusammenhängenden Kosten waren in den Körperschaft-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen
der E.
E.
GmbH (nachfolgend: E.
GmbH) für
den Veranlagungszeitraum 2011 enthalten. Damit sind die den Pkw Rolls Royce für diesen Veranlagungszeitraum betreffenden tatsächlichen Umstände Gegenstand der entsprechenden prozessualen Tat (§ 264 StPO) und mithin Verfahrensgegenstand. Denn Tat in diesem Sinne ist der vom Eröffnungsbeschluss betroffene geschichtliche Lebensvorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden oder darauf bezogenen Vorkommnisse und tatsächlichen
Umstände, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen
(st.
Rspr.;
siehe
nur
BGH,
Urteil
vom
11. September
2007
– 5 StR 213/07, NStZ 2008, 411, 412; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2015
– 1 StR 256/15 Rn. 23). Dazu gehören die fraglichen, als Betriebsausgaben
geltend gemachten Aufwendungen für das Leasing des Fahrzeugs sowie dessen Reparatur.
5
Aus einer Verfahrensstoffbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO folgt
kein Verfahrenshindernis. Von der Verfolgung ausgenommene Tatteile oder
Gesetzesverletzungen einschließlich des zugehörigen Tatsachenstoffs bleiben
Verfahrensgegenstand (BGH, Urteil vom 12. August 1980 – 1 StR 422/80,
BGHSt 29, 315, 316; Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 154a Rn. 34 mwN).
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2. Die Verfahrensbeanstandungen haben aus den Gründen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
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3. Sämtliche Schuldsprüche, sowohl hinsichtlich der die Hinterziehung
von Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer zugunsten der E.
GmbH als
auch der die (teils lediglich versuchte) Hinterziehung von Einkommensteuer
zugunsten des Angeklagten betreffenden Taten, werden durch die insoweit
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen.
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a) Die Angriffe der Revision auf die den Schuldsprüchen zugrunde liegende Beweiswürdigung erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbeachtlichen Unterfangen, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene, teils
zudem auf urteilsfremdes Vorbringen gestützte Würdigung zu ersetzen.
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b) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen begegnet es im
rechtlichen Ausgangspunkt keinen Bedenken, dass das Landgericht die in den
verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen angefallenen Aufwendungen (Leasing-, Reparatur- und teils sonstige Unterhaltskosten) für die dem
Angeklagten überlassenen Kraftfahrzeuge als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet hat. Dementsprechend hat es im Ansatz ohne Rechtsfehler auf
der Ebene der E.
winn der E.
GmbH die ermittelten Brutto-Fahrzeugkosten als den Ge-
GmbH erhöhend (nachfolgend aa) und auf der Ebene des Ange-
klagten als Gesellschafter die tatsächlich von der Gesellschaft getragenen Aufwendungen für die Fahrzeuge als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG) bewertet (nachfolgend bb).
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aa) Die Voraussetzungen von verdeckten Gewinnausschüttungen seitens der E. GmbH liegen nach den tatrichterlichen Feststellungen vor.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Vermögensminderung (oder verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die
durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, sich auf die Höhe des
Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG
auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht;
dabei muss die Unterschiedsbetragsminderung die objektive Eignung haben,
beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
EStG auszulösen (etwa BFH, Urteile vom 3. Mai 2006 – I R 124/04, BFHE 214,
80; vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276 mwN und vom
22. Dezember 2012 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601, 602). Eine Veranlassung
durch das Gesellschaftsverhältnis ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die
Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter (oder einer diesem nahestehenden
Person) einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht
gewährt hätte (Fremdvergleich; vgl. etwa BFH, Urteile vom 23. Februar 2005
– I R 70/04, BFHE 209, 252; vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276
und vom 22. Dezember 2012 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601, 602). Die Nutzung eines der Gesellschaft gehörenden Fahrzeugs durch einen Gesellschafter
ist dementsprechend regelmäßig nur dann betrieblich veranlasst, wenn diese
durch eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung abgedeckt
ist (BFH, Urteil vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276).
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Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht erkennbar ausgegangen.
Es hat sich bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung von solchen – von ihm festgestellten – tatsächlichen Umständen leiten lassen, denen nach der Rechtsprechung der des Bundesfinanzhofs indizielle Bedeutung dafür zukommt, dass die Zuwendung eines
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Vermögensvorteils durch die Gesellschaft an einen Gesellschafter einem
Fremdvergleich nicht stand hält. Solche Umstände können hinsichtlich der
Überlassung eines Kraftfahrzeugs u.a. die unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit
darauf sowie die fehlende Führung eines Fahrtenbuchs sein (vgl. etwa BFH,
Beschlüsse vom 13. April 2005 – VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300 und vom
27. Oktober 2005 – VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292; BFH, Urteile vom
7. November 2006, VI R 19/05, BFHE 215, 256 und vom 23. Januar 2008 – I R
8/06, BFHE 220, 276 mwN). Zudem geht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von einer verdeckten Gewinnausschüttung in Fällen der Nutzung eines „Betriebs-Pkws“ der Gesellschaft durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer ohne eine entsprechende Gestattung der Gesellschaft aus (siehe nur
BFH, Urteil vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276 mit zahlr. Nachw.).
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Die vom Landgericht festgestellten Umstände belegen nach dem maßgeblichen Fremdvergleich verdeckte Gewinnausschüttungen an den Angeklagten als Gesellschafter dem Grunde nach ohne Weiteres. Eine unentgeltliche
Nutzungsüberlassung von Fahrzeugen mit den jeweils sehr hohen Werten der
hier fraglichen Personenkraftwagen und den damit einhergehenden Aufwendungen, um die Nutzung zu ermöglichen, an einen Nichtgesellschafter ist mit
der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters schlechterdings unvereinbar. Darüber hinaus wird die rechtliche Bewertung der Strafkammer auch durch Vorliegen derjenigen Umstände gestützt, die in der Gesellschafter-Geschäftsführer betreffenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
als Beweisanzeichen für eine verdeckte Gewinnausschüttung anerkannt sind
und die auch für Zuwendungen an einen Gesellschafter ohne Geschäftsführerposition fruchtbar gemacht werden können. Dazu gehört vorliegend nach den
Feststellungen u.a. das Fehlen jeglicher Vereinbarung zwischen der E.
GmbH und dem Angeklagten über Art und Umfang der Fahrzeugnutzung, das
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Fehlen von Fahrtenbüchern sowie dasjenige eines über die Gesellschafterstellung hinausgehenden Beschäftigungsverhältnisses mit der Gesellschaft und die
völlig unterschiedslose Nutzung der fraglichen Fahrzeuge mit privaten Kraftfahrzeugen des Angeklagten.
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(2) Auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen ist auch in
sämtlichen Fällen der Hinterziehung von Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer zugunsten der E.
GmbH der Eintritt eines Hinterziehungserfolges
(§ 370 Abs. 4 AO) belegt. Dass durch die E.
GmbH gewinnmindernd geltend
gemachte Aufwendungen für die von dem Angeklagten genutzten Fahrzeuge
vollständig betrieblich veranlasst sein könnten und deshalb ein Hinterziehungserfolg nicht eingetreten wäre, ist nach rechtsfehlerfreien Feststellungen ausgeschlossen.
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bb) Die verdeckten Gewinnausschüttungen seitens der E.
GmbH an
den Angeklagten als ihren Gesellschafter führen bei diesem zu einem sonstigen Bezug im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (vgl. BFH, Urteil vom
23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276; siehe auch Saarl. FG, Beschluss
vom 7. Januar 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 18 ff.). Diese Einkünfte hat der Angeklagte in seinen Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Dadurch ist es
in den Veranlagungszeiträumen 2007 bis 2009 zu der Hinterziehung von Einkommensteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag) gekommen. Für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 ist ein Hinterziehungserfolg ausgeblieben,
weil keine Einkommensteuerbescheide ergangen sind (UA S. 24). Aus den zu
der Hinterziehung von Steuern zugunsten der E.
GmbH genannten Gründen
ist auf der Grundlage der Feststellungen das vollständige Fehlen eines Hinterziehungserfolges für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2009 auszuschließen. Die jeweiligen Schuldsprüche sind daher rechtsfehlerfrei.
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4. Die Aussprüche über die jeweiligen Einzelstrafen und in der Folge
auch der Gesamtstrafenausspruch halten dagegen rechtlicher Überprüfung
nicht in jeder Hinsicht stand.
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Das Landgericht ist zwar hinsichtlich der Feststellungen zur Höhe der
jeweiligen Hinterziehungsbeträge bzw. der vom Angeklagten erstrebten Hinterziehung in den beiden Fällen der versuchten Hinterziehung von Einkommensteuer von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen (nachfolgend a).
Soweit es allerdings im Rahmen der Bestimmung der Höhe der hinterzogenen
Beträge für sämtliche betroffenen Fahrzeuge und alle verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträume eine ausschließlich private Nutzung durch den
Angeklagten zugrunde gelegt hat, ist eine solche nicht ausreichend beweiswürdigend belegt (nachfolgend b).
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a) Es ist im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass das
Landgericht die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung auf der Gesellschaftsebene mittels einer Schätzung auf der Grundlage von jeweils 2/3 der in
der Gesellschaft insgesamt tatsächlich angefallenen Kosten für die Fahrzeugnutzung unter Verzicht auf einen angemessenen Gewinnaufschlag (UA S. 53 f.)
bestimmt hat (nachfolgend aa). Angesichts von der Strafkammer rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellung, dass von den in der E.
GmbH für sämtliche
Fahrzeuge steuerlich geltend gemachten Leasingkosten 75 % bis 96 % auf die
verfahrensgegenständlichen Luxusfahrzeuge entfallen sind (UA S. 53), liegt
eine für den Angeklagten besonders günstige Schätzung des Kostenanteils der
fraglichen Fahrzeuge an den Gesamtfahrzeugkosten in der GmbH vor.
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Auf der Gesellschafterebene ist es ebenso wenig zu beanstanden, dass
die Strafkammer die insoweit zu berücksichtigenden Einkünfte des Angeklagten
für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 nach dem Halbeinkünfteverfah-
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ren (vgl. § 3 Nr. 40 EStG) sowie für die Zeiträume 2009 bis 2011 nach dem
Teileinkünfteverfahren bestimmt hat (nachfolgend bb).
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aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine verdeckte
Gewinnausschüttung in Konstellationen vertrags- bzw. abredewidriger privater
Nutzung von als Dienstfahrzeugen überlassenen Pkw's auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert (1 % des Listenpreises
des Fahrzeugs; § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) zu bewerten. Der dem Gesellschafter (oder einem Dritten) eingeräumte Vorteil ist
vielmehr ausschließlich nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was in
der Regel zum Ansatz des gemeinen Wertes führe und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbeziehe (etwa BFH, Urteil vom 23. Januar 2008
– I R 8/06, BFHE 220, 276; BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2010 – I R
47/10, BFH/NV 2011, 1019; siehe auch Saarl. FG, Beschluss vom 7. Januar
2015 – 1 V 1407/14 Rn. 20 mwN sowie Pfützenreuther jurisPR-SteuerR
29/2009 Anm. 3).
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Den „gemeinen Wert“ des Vorteils hat das Landgericht vorliegend im
Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei anhand derjenigen aufgewendeten Kosten bestimmt, die mit der hier allein maßgeblichen Einräumung der Nutzungsmöglichkeit der Fahrzeuge in Gestalt vor allem der Leasingraten und Reparaturkosten
verbunden waren. Da die Zuordnung der tatsächlich bei der E.
GmbH ange-
fallenen Kosten nach der Buchhaltung des Unternehmens nicht eindeutig den
einzelnen von dem Angeklagten genutzten Fahrzeugen zugeordnet werden
konnte, war das Landgericht zu einer Schätzung bezüglich der für das jeweilige
Fahrzeug getätigten Aufwendungen berechtigt. Dass es lediglich von jeweils
2/3 der festgestellten tatsächlichen Kosten ausgegangen und auf einen ange-
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messenen Gewinnaufschlag verzichtet hat, wirkt sich ersichtlich nicht zu Lasten
des Angeklagten aus.
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bb) Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Höhe der Einkünfte
des Angeklagten aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
als sonstige Bezüge in Gestalt der verdeckten Gewinnausschüttungen ebenfalls nach Fremdvergleichsmaßstäben und damit im Gleichlauf mit der Wertbestimmung bei der Gesellschaft vorzunehmen (Saarl. FG, Beschluss vom
7. Januar 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 21). Eine Bewertung der Einkünfte auf der
Grundlage der sog. 1 %-Regelung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1
Nr. 4 Satz 2 EStG kommt in der hier vorliegenden Konstellation der zumindest
ganz überwiegenden privaten Nutzung von Kraftfahrzeugen nicht in Betracht
(zutreffend Saarl. FG, Beschluss vom 7. Januar 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 29
bzgl. der Nutzung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer). Die insoweit
rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts belegen zumindest eine
ganz überwiegend private Nutzung (siehe aber nachfolgend b) der hier fraglichen Fahrzeuge durch den Angeklagten.
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b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt allerdings nicht die Feststellung, sämtliche der fraglichen Fahrzeuge seien in allen verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen ausschließlich durch den Angeklagten
privat genutzt worden. Ausweislich der Urteilsgründe betreibt die E.
GmbH
u.a. drei FKK-Klubs an drei unterschiedlichen Orten sowie eine Werbeagentur,
die sich mit der Beratung von Sauna- und Wellnessclubs, Bordellen und bordellähnlichen Betrieben (UA S. 15) beschäftigt. Die vom Tatrichter herangezogenen Beweisanzeichen (vor allem UA S. 35 ff.) hat dieser zwar im rechtlichen
Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler in der Beweiswürdigung als für eine private
Nutzung sprechend gewertet. Allerdings ergeben sich bereits aus dem ausge-
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übten Unternehmenszweck, der Belegenheit der von der GmbH betriebenen
Klubs und vor allem dem Zuschnitt der Werbeagenturtätigkeit Anhaltspunkte
dafür, dass ein gewisser Teil der auf die Fahrzeuge entfallenden Kosten betriebliche Aufwendungen darstellen können. Insoweit legt die Strafkammer ihrer
Beweiswürdigung zugrunde nicht ausschließen zu können, dass der Angeklagte tatsächlich Klubs beraten und die E.
GmbH dafür eine Vergütung – er-
sichtlich gemeint: von Seiten der Beratenen – erhalten hat (UA S. 42). Da sich
aus dem Urteil nicht ergibt, dass zur Ausübung dieser Tätigkeit andere Fahrzeuge als die hier fraglichen Luxusfahrzeuge zur Verfügung standen, genügt
die Beweiswürdigung als Grundlage für den Schluss auf eine ausschließlich
private Nutzung sämtlicher Fahrzeuge nicht.
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Dieser Mangel wirkt sich allein auf die Bestimmung der Höhe der auf
Seiten der E.
GmbH und des Angeklagten jeweils zu berücksichtigenden
verdeckten Gewinnausschüttungen und damit auf die Höhe der jeweiligen Hinterziehungsbeträge aus. Da das Landgericht sich bei der Bemessung der Einzelstrafen, wie an den jeweiligen Relationen erkennbar ist, an der Höhe der
Hinterziehungsbeträge (bzw. der erstrebten) orientiert hat, vermag der Senat
trotz der für den Angeklagten sehr günstigen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (oben Rn. 21) nicht auszuschließen, dass die Strafkammer jeweils
geringere Einzelstrafen verhängt hätte, wenn sie wegen der Annahme einer
gewissen betrieblichen Nutzung der fraglichen Fahrzeuge zu niedrigen Kosten
für die Nutzung der Fahrzeuge gelangt wäre. Damit entfällt auch die Gesamtstrafe.
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Der Senat hebt wegen der Verknüpfung zwischen der jeweiligen Höhe
des Hinterziehungsbetrages und der Strafzumessung die dem Strafausspruch
zugrunde liegenden Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um
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dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu den Hinterziehungsbeträgen zu ermöglichen.
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5. Sollte der neue Tatrichter eine gewisse betriebliche Nutzung der geleasten Fahrzeuge in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen nicht auszuschließen vermögen, den Umfang einer solchen Nutzung und die darauf entfallenden Kosten aber nicht im Einzelnen feststellen können, kommt eine Schätzung der entsprechenden Kosten in Betracht. Dabei wird angesichts der Höhe
der Aufwendungen die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG (vgl. im hier relevanten Zusammenhang dazu BFH,
Urteil vom 29. April 2014 – VIII R 20/12, BFHE 245, 338) berücksichtigt werden
dürfen.
Raum
Graf
Radtke
Jäger
Fischer