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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 112/01
vom
24. April 2001
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. April 2001 gemäß § 349
Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 19. Dezember 2000 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Die Revision ist unzulässig, weil Rechtsanwalt M.
als Verteidiger des
Angeklagten sowie der Angeklagte selbst ausweislich des beweiskräftigen
Protokolls der Hauptverhandlung (§ 274 StPO) nach Verkündung des Urteils
auf Rechtsmittel verzichtet haben.
Umstände, die Zweifel an der Wirksamkeit dieses Verzichts begründen
könnten, sind nicht ersichtlich. Das Unterbleiben einer Rechtsmittelbelehrung
ist insoweit ohne Belang (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 302
Rdn. 23 m.w.Nachw.). Überdies liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der
Angeklagte bei Abgabe seiner Verzichtserklärung etwa verhandlungsunfähig
und damit nicht in der Lage gewesen wäre, die Bedeutung seiner Erklärung zu
erkennen. Diese Fähigkeit wird in der Regel nur durch schwere körperliche
oder seelische Mängel ausgeschlossen; auf die Geschäftsfähigkeit im Sinne
des bürgerlichen Rechts kommt es nicht an (BGH NStZ 1983, 280; BGH bei
Kusch NStZ 1997, 378; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht
3, 16). Ob Verhandlungsunfähigkeit in diesem Sinne vorlag, ist im Wege des
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Freibeweises zu prüfen; der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt hier nicht (BGH
aaO).
Aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich kein Hinweis darauf, daß Bedenken gegen die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden haben. Er hat aktiv an der Verhandlung teilgenommen. Aus der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden der Strafkammer, der sich die beiden berufsrichterlichen Beisitzer angeschlossen haben, ergibt sich, daß der Angeklagte
am letzten Hauptverhandlungstag vor der Urteilsverkündung in fließender
Sprechweise etwa 15- bis 20minütige Ausführungen zu seiner Verteidigung
gemacht hat. Dabei haben sich Anzeichen körperlicher oder psychischer Beschwerden, namentlich von Erschöpfung oder Desorientierung, nicht gezeigt.
Wenn das Landgericht danach keinen Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit
des Angeklagten hatte und solche auch von der Verteidigung nicht geltend
gemacht worden sind, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht
ohne Bedenken bejaht werden (vgl. BGH NStZ 1984, 181; BGHR StPO § 302
Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16).
Der erklärte Rechtsmittelverzicht ist weder widerruflich noch anfechtbar
(Kleinknecht/Meyer-Goßner, aaO Rdn. 21 m.w.Nachw.). Die trotz wirksamen
Verzichts eingelegte Revision ist unzulässig und muß verworfen werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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