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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 295/00
Verkündet am:
27. November 2002
Breskic
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGB §§ 1603, 1610, 1612a
Der auf Unterhalt bis zur Höhe des Regelbetrags in Anspruch genommene Elternteil
trägt auch dann die Darlegungs- und Beweislast für seine verminderte Leistungsfähigkeit, wenn der Unterhalt nicht vom Kind, sondern aus übergangenem Recht von
öffentlichen Einrichtungen oder Verwandten geltend gemacht wird (im Anschluß an
Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 540).
BGH, Urteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 -
OLG Dresden
AG Hohenstein-Ernstthal
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, und Fuchs
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats - Familiensenat des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. August 2000 wird auf
Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht auf ihn übergegangene Unterhaltsansprüche gegen
den Beklagten geltend.
Der Beklagte ist der Vater des 1987 geborenen Kindes Stefan M.
,
das bei seiner Mutter lebt.
Der Kläger leistete in der Zeit vom 2. Februar 1994 bis 31. Dezember
1998 Unterhaltsvorschuß für das Kind in Höhe von insgesamt 15.743,00 DM;
von diesem Betrag hat der Kläger wegen verminderter Leistungsfähigkeit des
Beklagten 7.400 DM in Abzug gebracht und den sich ergebenden Differenzbetrag von 8.343 DM nebst Zinsen sowie Mahnauslagen mit der vorliegenden
Klage geltend gemacht.
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Das Amtsgericht – Familiengericht - hat der Klage mit Ausnahme der
verlangten Mahnkosten stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne
Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts, deretwegen
das Oberlandesgericht u.a. die Revision zugelassen hat, ist nicht mehr zu prüfen (§ 549 Abs. 2 ZPO a.F. = § 545 Abs. 2 ZPO n.F.; vgl. auch § 512a ZPO a.F.
= § 513 Abs. 2 ZPO n.F.; BGH Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - NJW
1988, 3267, 3268 und Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZR 300/99 - NJW 2000,
2822). Auch die Revision erinnert insoweit zu Recht nichts.
2. Die Klage ist nicht, wie die Revision meint, mangels eines hinreichend
bestimmten Antrags unzulässig. Zwar läßt das Begehren des Klägers, der einer
verminderten Leistungsfähigkeit des Beklagten durch eine Herabsetzung des
Unterhaltsanspruchs in Höhe von 7.400 DM Rechnung tragen will, nicht erkennen, für welche Monatsraten und in welcher Höhe damit ein Abzug vorgenommen und welcher Betrag demnach für die einzelnen Monate noch geltend gemacht wird. Diese Unklarheit führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Klage.
Der Kläger verlangt für einen in der Vergangenheit liegenden und genau bezeichneten abgeschlossenen Zeitraum Unterhalt in Höhe eines bezifferten Gesamtbetrags; damit ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO Genüge getan. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Kläger
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- wie die Revision unterstellt - mit seiner Klage lediglich einen Teilanspruch
verfolgen wollte, so daß offenbliebe, auf welche Zeiträume dieser Teilbetrag in
welcher Höhe entfiele und für welche Zeiträume folglich künftig noch Unterhalt
nachgefordert werden könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Im Unterhaltsrecht spricht, wie der Senat wiederholt entschieden hat, die Vermutung
gegen eine Teilklage (vgl. BGHZ 94, 145, 147; Senatsurteil vom 13. Dezember
1989 – IVb ZR 22 / 89 – FamRZ 1990, 863, 864). Für die Annahme einer Teilklage ist deshalb zu fordern, daß der Kläger entweder ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend macht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehält. Beides hat der Kläger nicht getan.
3. Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß für den eingeklagten Zeitraum die Ansprüche des Kindes gegen den Beklagten auf den Kläger übergegangen sind. Dagegen hat die Revision nichts eingewandt. Nicht zu beanstanden ist, daß das Oberlandesgericht dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für seine angeblich verminderte Leistungsfähigkeit auferlegt hat, weil
der Kläger Unterhaltsvorschuß nur in Höhe des Mindestunterhalts geleistet habe und vom Beklagten auch nur insoweit aus übergegangenem Recht Unterhalt
begehre. Für den Zeitraum vor Juli 1998 ergibt sich dies bereits aus der früheren Fassung des § 1610 Abs. 3 BGB. Danach galt der Regelunterhalt als Mindestbedarf mit der Folge, daß eine weitere Darlegung des Bedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes nicht erforderlich war (vgl. etwa Senatsurteil vom
22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Die für die Zeit ab
dem 1. Juli 1998 geltende Neuregelung durch das Kindesunterhaltsgesetz (vom
6. April 1998 BGBl. I S. 666) hat daran nichts geändert. Zwar ist § 1610 Abs. 3
BGB gestrichen und der Begriff des Regelunterhalts durch den des Regelbetrages in § 1612a BGB ersetzt worden. Mit dieser Neuerung wollte der Gesetzgeber, wie der Senat in seiner - erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils ergangenen - Entscheidung vom 6. Februar 2002 (XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536,
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540) ausgeführt hat, aber nicht von der bisherigen Rechtslage zu Lasten des
Kindes abweichen und ihm die Beweiserleichterungen im Rahmen des Regelbetrags nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Unterhaltsanspruch im
Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO geltend gemacht wird und ob das Kind
selbst oder - wie hier - das Land aus übergegangenem Recht den Unterhaltsschuldner in Anspruch nimmt. Der gesetzliche Übergang der Unterhaltsforderung des Berechtigten auf öffentliche Einrichtungen - hier nach § 7 UVG - oder
auf Verwandte (§ 1607 BGB), die anstelle des in erster Linie verpflichteten
Schuldners Unterhalt leisten, dient dazu, die Bereitschaft der Leistenden zu fördern, den Unterhalt vorzuschießen. Entfielen infolge des Forderungsübergangs
die dem Kind zugute kommenden Beweiserleichterungen, so minderte dies zum
Nachteil des Kindes die Bereitschaft der öffentlichen Einrichtungen oder Verwandten, solche Vorschußleistungen zu erbringen (vgl. Senatsbeschluß vom
26. September 2001 - XII ZR 89/99 - FamRZ 2002, 21, 22). Unter diesem Gesichtspunkt dient die Beibehaltung der bisherigen Darlegungs- und Beweislast
auch dann dem Schutz des unterhaltsberechtigten Kindes, wenn nicht dieses
selbst, sondern öffentliche Einrichtungen oder Verwandte, die ihm Unterhalt
vorgeschossen haben, diesen vom Unterhaltsschuldner einfordern. Da der Kläger Unterhalt auch für den Folgezeitraum von Juli bis Dezember 1998 nur bis
zur Höhe des von ihm als Vorschuß geleisteten Regelbetrags geltend macht,
mußte er den Unterhaltsbedarf des Kindes nicht näher darlegen. Es oblag viel-
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mehr dem Beklagten darzulegen, daß er - auch über den ihm bereits vom Kläger nachgelassenen Abzug hinaus - zur Leistung eines bedarfsdeckenden Unterhalts nicht in der Lage ist. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen.
Hahne
Gerber
Wagenitz
Sprick
Fuchs