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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 170/13
Verkündet am:
17. Dezember 2014
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 556 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1, 280
Zur Darlegung eines Verstoßes des Vermieters gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot
bei der Vergabe von Verwalterleistungen.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - XII ZR 170/13 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Oktober 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Parteien sind Vertragspartner eines gewerblichen Mietverhältnisses
und streiten über die Erstattung von Verwaltungskosten.
2
Die Klägerin ist Vermieterin von Gewerbeflächen in einem SB-Markt. Die
Beklagte mietete vom Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1997 Flächen zum
Betrieb eines Getränkeshops. Mit der Klage verlangt die Klägerin aufgrund von
Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004 Nachzahlungen auf die Nebenkosten, von denen in der Revision noch die Verwaltungskosten von jährlich (brutto)
1.299,54 € im Streit stehen. Der Mietvertrag enthält insoweit die formularmäßig
vereinbarte Verpflichtung des Mieters zur Übernahme von Nebenkosten, bei
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denen unter den "Kosten des Betriebes" unter anderem "Verwaltungskosten"
aufgeführt sind.
3
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Verwaltungskosten von
insgesamt 3.898,62 € abgewiesen. Ein erstes Urteil des Oberlandesgerichts,
mit welchem es in Bezug auf die Verwaltungskosten die Berufung zurückgewiesen hatte, hat der Senat durch Urteil vom 24. Februar 2010 (XII ZR 69/08
- NZM 2010, 279) aufgehoben. Nach Zurückverweisung der Sache hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung der Verwaltungskosten in voller Höhe
verurteilt. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, die
insoweit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I.
5
Das Berufungsgericht hat im Anschluss an das Senatsurteil vom 24. Februar 2010 die Umlage der Verwaltungskosten entsprechend dem in § 1 Abs. 2
Nr. 1 BetrkV definierten Begriff als wirksam vereinbart angesehen. Dem entsprächen die von der Klägerin abgerechneten Kosten. Der Einwand der Beklagten, die Verwaltungskosten verstießen in ihrer Höhe gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, sei im Hinblick auf von ihr benannte Vergleichsobjekte nicht hinreichend substantiiert. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bedeute, dass der Vermieter
angehalten sei, im Rahmen eines gewissen Ermessensspielraums möglichst
wirtschaftlich vorzugehen und auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis
Rücksicht zu nehmen. Die umzulegenden Nebenkosten müssten einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entsprechen.
-4-
6
Bei Abrechnung überhöhter Betriebskosten verletze der Vermieter seine
vertragliche Nebenpflicht. Dies könne zu einem Schadensersatzanspruch des
Mieters führen, der sich auf Freihaltung von den überhöhten Kosten richte. Aus
dieser Einordnung folge nach allgemeinen Grundsätzen, dass der Mieter für ein
pflichtwidriges Verhalten des Vermieters und den Eintritt eines Schadens die
Darlegungs- und Beweislast trage. Er müsse Umstände vortragen und unter
Beweis stellen, die den vielfältigen, je nach Region und Kommune unterschiedlichen Bedingungen des Vermietungsmarkts sowie den besonderen Gegebenheiten des Mietobjekts hinreichend Rechnung trügen. Mache der Mieter geltend, der Vermieter habe die Leistung des Verwalters überteuert eingekauft,
müsse sich aus seinem Vortrag ergeben, dass die konkret in Anspruch genommene Leistung in der Region üblicherweise günstiger zu erhalten sei. Dabei
seien an den Vortrag des Mieters, insbesondere wenn es sich um Umstände
handele, die er auch nach Belegeinsicht nicht auf ihre Angemessenheit prüfen
könne, keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Es genüge, wenn er gewisse (grobe) Anhaltspunkte für seine Behauptung habe, deren Richtigkeit er
vermute. Zumindest aber müsse sein Vortrag erkennen lassen, dass er nachvollziehbar zu dem Schluss gelangt sei, der Vermieter habe für die zugrunde
liegende Leistung einen überhöhten Preis bezahlt.
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Im vorliegenden Fall sei nicht nachzuvollziehen, ob die von der Beklagten vorgetragenen Kosten für die Verwaltung anderer Objekte sich mit den
streitgegenständlichen Kosten vergleichen ließen. Für die aufgeführten Verträge lasse sich nicht beurteilen, ob die Leistungen vergleichbar seien, weil der
Umfang der Verwaltertätigkeiten unbekannt sei. Auch sei nicht erkennbar, ob in
den jeweiligen Mietverträgen Verwalterkosten auf den Mieter übergewälzt worden seien, die über den Verwaltungskostenbegriff der Betriebskostenverordnung hinausgingen. Da die Verwaltung von Gewerbeimmobilien schon ihrem
Umfang nach, aber auch in ihrer einzelnen Ausprägung, nicht unwesentlich vom
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konkreten Verwaltungsobjekt bestimmt werde, könne eine pauschale Bezifferung jährlicher Entgelte für andere Objekte keinen Aufschluss über die Angemessenheit der konkreten Kosten im vorliegenden Fall geben.
II.
8
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Das Berufungsgericht ist in seiner in Grundeigentum 2014, 1060 veröffentlichten Entscheidung in Übereinstimmung mit dem in dieser Sache ergangenen Senatsurteil vom 24. Februar 2010 (XII ZR 69/08 - NZM 2010, 279) von
der grundsätzlichen Umlagefähigkeit der Verwaltungskosten ausgegangen.
Dass die abgerechneten Kosten dem vertraglichen Begriff der Verwaltungskosten unterfallen, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Demnach ist die Beklagte als Mieterin grundsätzlich verpflichtet, die Kosten in der angefallenen Höhe
zu tragen (vgl. BGH Urteil vom 7. November 2012 - VIII ZR 119/12 - NJW 2013,
597 Rn. 11).
10
Gegen die Umlegung überhöhter oder nicht erforderlicher Kosten ist der
Mieter durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt. Dieses bezeichnet die auf Treu und Glauben beruhende vertragliche Nebenpflicht des
Vermieters, den Mieter nur mit Nebenkosten zu belasten, die erforderlich und
angemessen sind (vgl. BGH Urteil vom 28. November 2007 - VIII ZR 243/06 NJW 2008, 440 Rn. 14). Nur solche Kosten darf der Vermieter in Ansatz bringen. Für die Wohnraummiete ist diese Verpflichtung in § 556 Abs. 3 Satz 1
Halbsatz 2 BGB niedergelegt. Sie gilt gemäß § 242 BGB auch für die Geschäftsraummiete. Auch der Vermieter von Geschäftsräumen darf nach Treu
und Glauben nur solche Kosten auf den Mieter umlegen, die dem Wirtschaft-
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lichkeitsgebot genügen (Senatsurteil vom 13. Oktober 2010 - XII ZR 129/09 NJW 2010, 3647 Rn. 17 f. mwN).
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Veranlasst der Vermieter den Anfall überhöhter Kosten, so verletzt er die
aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgende vertragliche Nebenpflicht und ist insoweit zur Freihaltung des Mieters verpflichtet (Senatsurteile BGHZ 183, 299
= NJW 2010, 671 Rn. 11; vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - GuT 2011, 48
Rn. 19 und vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 14; BGH
Urteil vom 28. November 2007 - VIII ZR 243/06 - NJW 2008, 440 Rn. 14).
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2. Den Vermieter trifft dementsprechend die Darlegungs- und Beweislast
lediglich dafür, dass die umgelegten Kosten angefallen und von der vertraglichen Vereinbarung abgedeckt sind. Demgegenüber folgt aus der Einordnung
des Wirtschaftlichkeitsgebots als vertragliche Nebenpflicht, deren Verletzung
einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB
auslöst, dass die Darlegungs- und Beweislast insoweit den Mieter trifft (BGH
Urteil vom 6. Juli 2011 - VIII ZR 340/10 - NJW 2011, 3028 Rn. 16). Grundsätzlich trägt der Vermieter insoweit auch keine sekundäre Darlegungslast, die ihn
zur näheren Darlegung der für die Wirtschaftlichkeit erheblichen Tatsachen,
etwa eines Preisvergleichs, verpflichten würde (BGH Urteil vom 6. Juli 2011
- VIII ZR 340/10 - NJW 2011, 3028 Rn. 21). Die Beurteilung der Angemessenheit von Verwaltungskosten, von denen sich der Mieter durch Einsichtnahme in
die Abrechnungsunterlagen Kenntnis verschaffen kann, ist dem Mieter ebenso
möglich wie dem Vermieter. Für eine sekundäre Darlegungslast des Vermieters
fehlt somit die Rechtfertigung.
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Die Würdigung des Vorbringens zur fehlenden Angemessenheit oder Erforderlichkeit der abgerechneten Kosten liegt vornehmlich in der Verantwortung
des Tatrichters. Dabei dürfen einerseits die Anforderungen an die dem Mieter
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obliegende Darlegung der Umstände, die für einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sprechen, nicht überspannt werden (vgl. Milger NZM 2012,
657). Insbesondere dürfen die Anforderungen an die Darlegung nicht so weit
gehen, dass sie das Gericht von der Richtigkeit der behaupteten Tatsache bereits überzeugen müssen. Auf der anderen Seite genügt es für die Darlegung
einer Nebenpflichtverletzung des Vermieters noch nicht, wenn der Mieter die
Angemessenheit und Üblichkeit der Kosten nur bestreitet oder lediglich pauschal behauptet, dass die betreffenden Leistungen zu überhöhten Preisen beschafft worden seien. Vielmehr ist von ihm die Darlegung zu erwarten, dass
gleichwertige Leistungen nach den örtlichen Gegebenheiten zu einem deutlich
geringeren Preis zu beschaffen gewesen wären. Nur dann kann dem Vermieter,
dem bei der Auswahl seiner Vertragspartner ein Ermessensspielraum zuzugestehen ist, eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.
14
3. Die angefochtene Entscheidung wird diesen Maßstäben im Ergebnis
gerecht und hält den Angriffen der Revision stand.
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Im Ansatz zu Recht rügt die Revision die vom Berufungsgericht gestellte
Anforderung, der Vortrag des Mieters müsse erkennen lassen, dass er nachvollziehbar zu dem Schluss gelangt sei, der Vermieter habe für die zugrunde
liegende Leistung einen überhöhten Preis bezahlt. Zwar kann nach den vorstehenden Grundsätzen nicht verlangt werden, dass der Mieter das Gericht schon
durch seinen Sachvortrag von der Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots
durch den Vermieter überzeugt (vgl. BGH Beschluss vom 21. Oktober 2014
- VIII ZR 34/14 - juris), worauf die vom Berufungsgericht gewählte Formulierung
hindeuten könnte. Auf einem derartigen Verständnis beruht die angefochtene
Entscheidung jedoch nicht. Vielmehr hat das Berufungsgericht den Vortrag
vermisst, das von der Klägerin gezahlte Entgelt übersteige die ortsüblichen und
angemessenen Preise für die Verwaltung des Mietobjekts derart, dass die Klä-
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gerin auch unter Beachtung des ihr zustehenden Ermessensspielraums gegen
ihre Nebenpflicht zur Vermeidung überflüssiger Kosten verstoßen hätte. Entgegen der Auffassung der Revision musste die Klägerin nicht vortragen, wie sich
das - als Pauschale vereinbarte - Verwaltungsentgelt auf die einzelnen Verwaltertätigkeiten aufschlüsselt. Wie ausgeführt, fehlt es insoweit an einer sekundären Darlegungslast der Klägerin als Vermieterin. Außerdem wird die Beklagte
dadurch nicht an einem verlässlichen Preisvergleich gehindert, zumal sogar die
einzelnen mit der Pauschale abgegoltenen Verwaltertätigkeiten von der Klägerin vorgetragen worden sind.
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Wenn das Berufungsgericht hinsichtlich der von der Beklagten benannten - von ihr an anderen Orten angemieteten - Vergleichsobjekte keinen ausreichenden Vortrag gesehen hat, weil diese im Hinblick auf Vertragsinhalt, Größe
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und regionalen Bezug nicht ohne weiteres vergleichbar seien, so bewegt sich
dies noch im Rahmen der genannten Grundsätze. Das Berufungsgericht hat
somit die Anforderungen an die Darlegung einer Nebenpflichtverletzung durch
unwirtschaftliche Vergabe der Verwaltung des Mietobjekts nicht überspannt.
Dose
Klinkhammer
Botur
Günter
Guhling
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 25.08.2006 - 2 O 179/05 OLG Rostock, Entscheidung vom 17.10.2013 - 3 U 158/06 -