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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 164/04
Verkündet am:
6. Dezember 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
GG Artt. 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1; BGB § 1600 Abs. 2 und 3
a) Zur Verfassungsmäßigkeit des § 1600 Abs. 2 BGB, der es dem (angeblichen) leiblichen Vater verwehrt, die Vaterschaft eines rechtlichen Vaters anzufechten, wenn zwischen diesem und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht.
b) Zum Verhältnis zwischen der Definition einer sozial-familiären Beziehung in
§ 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB und den Regelannahmen des § 1600 Abs. 3
Satz 2 BGB.
c) Zur Unzulässigkeit einer isolierten Abstammungsfeststellungsklage, mit der
keine statusrechtlichen Folgen begehrt werden.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - XII ZR 164/04 - OLG Dresden
AG Hohenstein-Ernstthal
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats - Familiensenat des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. August 2004 wird auf
Kosten des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es
bei der vom Amtsgericht ausgesprochenen Abweisung des Hilfsantrages als unzulässig verbleibt.
Von Rechts wegen
Tenor berichtigt durch anliegenden Beschluss.
Tatbestand:
1
Der Kläger hatte mit der Ehefrau des Beklagten zu 1, die am 3. Januar
2003 die Beklagte zu 2 gebar, innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt und zu Urkunde des Jugendamts vom 4. September 2002
anerkannt, Vater des damals noch ungeborenen Kindes zu sein. Er behauptet
dies nach wie vor.
2
Er hatte die Ehefrau des Beklagten zu 1 nach eigener Darstellung Anfang Februar 2002, nach Darstellung des Beklagten zu 1 Anfang April 2002
kennen gelernt. Die Beziehung endete nach übereinstimmender Darstellung der
-3-
Parteien Anfang Juni 2002. Etwa zeitgleich nahmen der Beklagte zu 1 und seine Ehefrau, die seit 1998 verheiratet sind, ihr eheliches Zusammenleben wieder
auf und wohnen seit der Geburt des Kindes mit diesem zusammen. Zuvor hatten sie nach Darstellung des Klägers von Anfang April bis Mitte Juni 2002 getrennt gelebt.
3
Das Familiengericht wies die vom Kläger gegen den Beklagten zu 1 erhobene Klage auf Feststellung, dass dieser nicht der Vater des Kindes sei, unter Hinweis auf § 1600 BGB in der seinerzeit geltenden Fassung mangels Anfechtungsbefugnis als unzulässig ab.
4
Auf die Berufung des Klägers setzte das Berufungsgericht das Verfahren
aus, weil das Bundesverfassungsgericht diese Vorschrift einen Tag vor Verkündung des angefochtenen Urteils (mit Beschlüssen vom 9. April 2003 FamRZ
2003, 816 ff.) für teilweise verfassungswidrig erklärt und angeordnet hatte, dass
bis zur gesetzlichen Neuregelung anhängige Verfahren, deren Entscheidung
hiervon abhängt, auszusetzen sind.
5
Nach der ab 30. April 2004 geltenden Neufassung des § 1600 BGB und
der Wiederaufnahme des Verfahrens versicherte der Kläger an Eides Statt, der
Mutter des Kindes innerhalb der Empfängniszeit, nämlich im Zeitraum März bis
Mai 2002, beigewohnt zu haben, und erweiterte seine Klage gegen die Beklagte
zu 2. Ferner beantragte er hilfsweise festzustellen, dass diese von ihm abstamme.
6
Das Berufungsgericht wies die Berufung zurück. Dagegen richtet sich die
zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
-4-
Entscheidungsgründe:
7
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
8
Das Berufungsgericht hat die Klage für insgesamt zulässig, aber sowohl
den Haupt- als auch den Hilfsantrag für unbegründet gehalten. Der Kläger habe
seine Anfechtungsklage zwar, wie in §§ 1600 e Abs. 1, 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB
vorgeschrieben, sowohl gegen das Kind als auch gegen dessen Vater im Sinne
des § 1592 Nr. 1 BGB erhoben. Er sei aber nach § 1600 Abs. 2 BGB zur Anfechtung nicht berechtigt, weil zwischen den beiden Beklagten eine sozialfamiliäre Beziehung bestehe. Das sei nach § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB der Fall,
wenn der Vater im Rechtssinne für das Kind tatsächliche Verantwortung trage.
Davon sei nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB in der Regel auszugehen, wenn der
rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet sei oder mit dem Kind
längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt habe. Beide Voraussetzungen seien hier erfüllt, da der Beklagte zu 1 mit der Mutter der Beklagten
zu 2 seit 1998 verheiratet sei und die Beklagte zu 2 seit ihrer Geburt im Januar
2003 mit diesen in der gemeinsamen Wohnung lebe, was auch der Kläger nicht
in Abrede stelle.
9
Diese gesetzlichen Regelungen seien, soweit sie den vorliegenden Fall
beträfen, verfassungsrechtlich unbedenklich. Mit ihnen habe der Gesetzgeber
die ihm vom Bundesverfassungsgericht (Beschlüsse vom 9. April 2003 aaO)
gemachten Vorgaben zutreffend umgesetzt. Insbesondere habe er damit das
hier vom Kläger beanspruchte Recht auf Klärung der biologischen Abstammung
gegen den durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützten unbeeinträchtigten Fortbestand
-5-
der aus dem Vater im Rechtsinne, dem Kind und dessen Mutter bestehenden
sozial-familiären Verantwortungsgemeinschaft abgewogen und in nicht zu beanstandender Weise diesem Schutz den Vorrang vor der Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung eingeräumt, indem er diese nur in Fällen zulasse, in denen
keine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind
bestehe.
10
Diese Wertung gebiete zugleich die Abweisung des Hilfsantrages, da
auch die begehrte Feststellung, dass die Beklagte zu 2 vom Kläger abstamme,
diese sozial-familiäre Beziehung gefährde. Auch insoweit müsse ein möglicherweise aus dem Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des angeblichen
biologischen Vaters herzuleitendes Recht, die Abstammung des Kindes von
ihm gerichtlich klären zu lassen, hinter dem durch Art. 6 Abs. 2 GG gebotenen
Schutz der Familie der Beklagten und dem auch dem Kind zustehenden Persönlichkeitsrecht zurücktreten, das es auch einschließe, ungestört in der durch
seine Familie gewährleisteten Geborgenheit aufwachsen zu können.
II.
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Das hält der rechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision im Ergebnis - bis auf die Beurteilung des Hilfsantrages als zulässig - stand.
12
1. Die angefochtene Entscheidung ist nicht schon deshalb (insgesamt)
aufzuheben, weil sie der minderjährigen Beklagten zu 2 noch nicht wirksam zugestellt wäre, wie dies die Revisionserwiderung zur Amtsprüfung durch den Senat stellt. Würde es - etwa mangels Vertretungsbefugnis ihrer (rechtlichen) Eltern - an einer wirksamen Zustellung an die Beklagte zu 2 fehlen, hätte aller-
-6-
dings auch noch keine Entscheidung über die gegen den Beklagten zu 1 erhobene Klage getroffen werden dürfen. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit
einheitlicher Prozessführung und Entscheidung, § 1600 e Abs. 1 Satz 1 BGB
und § 640 h Abs. 2 ZPO.
13
Bedenken gegen die wirksame Vertretung der Beklagten zu 2 durch den
Beklagten zu 1 und dessen Ehefrau und damit auch gegen die Wirksamkeit der
von ihnen namens des Kindes erteilten Prozessvollmacht bestehen hier aber
nicht. Die dem Beklagten zu 1 und seiner Ehefrau gemeinsam zustehende elterliche Sorge für das Kind umfasst auch dessen Vertretung, § 1629 Abs. 1
Satz 1 und 2 BGB.
14
Ein Fall, in dem dies nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1795 BGB ausnahmsweise gesetzlich ausgeschlossen ist, liegt hier nicht vor. Die Vorinstanzen haben dem Beklagten zu 1 und seiner Ehefrau die Vertretung des Kindes
auch nicht nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB entzogen. Auf die Frage, ob
dies wegen eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen ihnen und dem
Kind geboten gewesen wäre, kommt es nicht an, da die Vertretungsbefugnis
erst mit der Entziehung und nicht bereits mit dem Auftreten des Interessengegensatzes entfällt (vgl. OLG Celle FamRZ 1976, 97; Palandt/Diederichsen BGB
66. Aufl. § 1796 Rdn. 6; Staudinger/Engler BGB [1999] § 1796 Rdn. 18 m.w.N.).
Im Übrigen ist ein solcher erheblicher Interessengegensatz, für den im konkreten Einzelfall Anhaltspunkte vorliegen müssten (vgl. MünchKomm/Huber BGB
§ 1629 Rdn. 68 m.N.), hier nicht ersichtlich. Ein Interesse des jetzt knapp vierjährigen Kindes, seine Abstammung zu klären und gegebenenfalls statusrechtlich dem Kläger zugeordnet zu werden, kann noch nicht ohne weiteres unterstellt werden; sollte es mit zunehmender Verstandesreife ein solches Interesse
entwickeln, ist dieses durch die Möglichkeit, sein eigenes Anfechtungsrecht
nach Erreichen der Volljährigkeit selbst wahrzunehmen, hinreichend gewahrt
-7-
(vgl. BayObLG FamRZ 1999, 737, 739). Ein dem Interesse des Kindes möglicherweise zuwiderlaufendes Interesse der Mutter, einen bislang verschwiegenen Ehebruch nicht durch ein Abstammungsgutachten offenbar werden zu lassen, scheidet hier aus, da sie den Ehebruch hier auch gegenüber ihrem Ehemann nicht in Abrede gestellt hat. Eine Entziehung der Vertretung ist auch nicht
angebracht, wenn die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern trotz eines möglichen Interessenwiderstreits in der Lage sind, eine dem Wohl des Kindes entsprechende Entscheidung zu treffen (vgl. MünchKomm/Huber aaO § 1629
Rdn. 68; OLG Stuttgart FamRZ 1983, 831); davon ist hier mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass auch
der das Kindschaftsverfahren beherrschende Amtsermittlungsgrundsatz geeignet ist, die Interessen des Kindes zu wahren (vgl. OLG Celle aaO).
15
2. Der Senat schließt sich der Auffassung des Berufungsgerichts an,
dass das ein Anfechtungsrecht des Klägers ausschließende Bestehen einer
sozial-familiären Beziehung zwischen den beiden Beklagten eine Frage der Begründetheit und nicht schon der Zulässigkeit ist (ebenso Staudinger/Rauscher
BGB [2004] § 1600 Rdn. 40; Höfelmann FamRZ 2004, 745, 748 f.; Seidel FPR
2005, 181, 184 und Palandt/Diederichsen aaO § 1600 Rdn. 7: "negative Tatbestandsvoraussetzung"; Weinreich/Klein/Pieper Kompaktkommentar Familienrecht 2. Aufl. § 1600 BGB Rdn. 3; ders. in FA-FamR 5. Aufl. Kap. 3 Rdn. 131 c;
a.A. Wieser FamRZ 2004, 1773, 1774).
16
Hierfür spricht die Begründung der Neufassung des § 1600 BGB durch
Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung
der Vaterschaft etc. vom 23. April 2004 (BGBl. 2004 I 598), derzufolge die positive Feststellung des Bestehens einer solchen Beziehung eine Anfechtung
durch den leiblichen Vater auch für die Zukunft ausschließen soll (BT-Drucks.
15/2253 S. 11; Palandt/Diederichsen aaO § 1600 Rdn. 7). Diese Folge ist aber
-8-
nur zu erreichen, wenn eine Entscheidung in der Sache ergeht. Nach der Intention des Gesetzes ist deshalb davon auszugehen, dass das Nichtbestehen einer solchen Beziehung nicht schon Voraussetzung der Prozessführungsbefugnis des Klägers und damit der Zulässigkeit seiner Anfechtungsklage nach
§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist, sondern erst ihrer Begründetheit.
17
3. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist auch der (vom
Berufungsgericht unausgesprochen zugrunde gelegte) Ausgangspunkt, dass es
für die Frage, ob die negative Voraussetzung des Anfechtungsrechts (§ 1600
Abs. 2 BGB) gegeben ist, entsprechend den allgemeinen Regeln (vgl. auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 5/04 -, zur Veröffentlichung bestimmt)
auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt und nicht etwa
auf den Zeitpunkt, in dem sie rechtshängig wird (vgl. Staudinger/Rauscher aaO
§ 1600 Rdn. 41).
18
Denn die Anfechtung der Vaterschaft ist keine rechtsgestaltende Willenserklärung, bei der es allein auf die Sachbefugnis im Zeitpunkt ihrer Abgabe
ankäme. Die bestehende rechtliche Zugehörigkeit eines Kindes zu einem bestimmten Mann als dessen Vater kann nur durch eine gerichtliche Entscheidung
im Statusverfahren aufgehoben werden, nicht aber schon durch die Erhebung
der Anfechtungsklage selbst.
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Wäre es anders, könnte beispielsweise einer unmittelbar nach Geburt
des Kindes erhobenen Anfechtungsklage die Regelannahme des § 1600 Abs. 3
Satz 2 BGB, dass der rechtliche Vater die tatsächliche Verantwortung für das
Kind zumindest schon übernommen hat, nur in den Fällen des § 1592 Nr. 1
BGB entgegengehalten werden, wenn also der rechtliche Vater mit der Mutter
des Kindes verheiratet ist. Beruht dessen rechtliche Vaterschaft hingegen auf
einem Anerkenntnis (§ 1592 Nr. 2 BGB), kommt die Regelannahme des § 1600
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Abs. 3 Satz 2 2. Alt. BGB noch nicht in Betracht, weil der rechtliche Vater zu
dem Zeitpunkt, in dem die Anfechtungsklage rechtshängig wird, naturgemäß
noch nicht längere Zeit mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben
kann. Dies könnte zur Folge haben, dass auf die zunächst schlüssige Klage ein
gerichtliches Gutachten eingeholt wird, das die Vaterschaft des Klägers und
zugleich die Nichtvaterschaft des beklagten Mannes ergibt, die Klage aber
gleichwohl abgewiesen werden muss, weil der rechtliche Vater inzwischen längere Zeit mit dem Kind zusammengelebt hat und daraus eine sozial-familiäre
Beziehung entstanden ist.
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Diese Gefahr, die dem Zweck der gesetzlichen Regelung evident zuwiderläuft, ist deutlich geringer, wenn die Voraussetzung, dass keine derartige
Beziehung besteht, im Laufe des Verfahrens erfüllt bleiben muss. Denn ein längeres Zusammenleben mit dem Kind ist zwar ein Indiz, nicht aber eine notwendige Voraussetzung für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung. Diese
kann bereits auch bei kürzerem Zusammenleben bejaht werden, wenn dieses
noch andauert und der Tatrichter überzeugt ist, dass der rechtliche Vater die
tatsächliche Verantwortung für das Kind übernommen hat und in einer Weise
trägt, die auf Dauer angelegt erscheint.
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4. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Neuregelung des § 1600
BGB werde der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der gegenläufigen
Interessen in mehrfacher Weise nicht gerecht:
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Zum einen werde durch die gesetzlichen Vermutungen und Regelannahmen des § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB eine nicht widerlegbare Priorität des
Schutzes eines nur vermuteten Familienverbandes begründet, wobei diese
Vermutung in der ersten Alternative der Regelung nicht etwa auf die Belange
- 10 -
des Kindes abstelle, sondern lediglich auf das formale Bestehen einer Ehe zwischen seiner Mutter und deren Ehemann.
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Zum anderen führe dies angesichts der Anfechtungsfrist von zwei Jahren
dazu, dass einem biologischen Vater, dem die gegen die Vaterschaft des Ehemannes sprechenden Umstände von Anfang an bekannt gewesen seien, eine
Anfechtung bereits dann für immer verwehrt bleibe, wenn die Ehe der Kindesmutter über das zweite Lebensjahr des Kindes hinaus zumindest formal Bestand habe. Auch wenn die Ehe und/oder die sozial-familiäre Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater nach Ablauf der Anfechtungsfrist zerbreche,
lebe das Anfechtungsrecht nämlich nicht wieder auf, so dass der biologische
Vater selbst einer Freigabe des Kindes zur Adoption durch Dritte tatenlos zusehen müsste.
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a) Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht beide die gesetzliche Regelannahme des § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB begründenden Alternativen
geprüft und bejaht hat, obwohl für die Vermutung, dass der Beklagte zu 1 tatsächliche Verantwortung für das Kind übernommen habe, bereits die Tatsache
ausgereicht hätte, dass er mit dessen Mutter verheiratet ist. Die zweite Alternative (ein längeres, nicht notwendigerweise aber noch fortbestehendes Zusammenleben mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft) bedarf insoweit nur dann
der Prüfung, wenn nicht schon die erste Alternative diese Vermutung rechtfertigt, etwa weil die Ehe inzwischen geschieden ist oder eine Ehe - im Fall der
rechtlichen Vaterschaft durch Anerkenntnis, § 1592 Nr. 2 BGB - nicht bestanden hat.
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b) Soweit die Revision in der gesetzlichen Regelung eine "nicht widerlegbare Priorität eines (nur vermuteten) Familienverbandes" sieht, differenziert
sie nicht hinreichend zwischen zwei Fragen, nämlich einerseits der Wertung
- 11 -
des Gesetzes, das in der Tat einem bestehenden Familienverband den Vorrang
vor den Interessen des Anfechtenden einräumt, und andererseits der Frage der
Widerlegbarkeit der gesetzlichen Regelannahme in § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Diese Regelannahme betrifft nur die Übernahme der tatsächlichen Verantwortung, begründet ihrerseits aber noch keine weitere Annahme dafür, dass die
übernommene Verantwortung weiterhin getragen wird. Werden allerdings vom
Anfechtungskläger keine Umstände dargelegt und sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die gegen eine fortdauernd wahrgenommene tatsächliche Verantwortung sprechen, wird der Tatrichter auch ohne weitere Amtsermittlung davon ausgehen dürfen, dass der rechtliche Vater die übernommene Verantwortung weiterhin trägt. Im Einzelnen:
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aa) Die der bestehenden sozial-familiären Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind in § 1600 Abs. 2 BGB eingeräumte Priorität begegnet aus
der Sicht des Senats keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sie sich im
Rahmen des vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Gestaltungsspielraums hält, den der Gesetzgeber bei der Abwägung gegenläufiger, verfassungsrechtlich geschützter Interessen und Rechte nach seinem Ermessen ausfüllen darf. Die getroffene Regelung ist auch sachgerecht.
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Zwar mögen die im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
(Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten gegenläufigen und gegeneinander abzuwägenden Interessen des Kindes und des Anfechtenden einander gleichwertig sein.
Das im Regelfall zu vermutende Interesse des Kindes am Erhalt seines Status
(auch im weiteren Sinne einer "possession d'état", vgl. Art. 311-1 frz. Code Civil) und der Abwehr von Störungen seiner fortbestehenden oder zumindest für
längere Zeit vorhanden gewesenen sozial-familiären Beziehung steht aber unter dem zusätzlichen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Bereitschaft des (mutmaßlichen) leiblichen Vaters, Verantwortung tragen zu wollen, und sein
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Wunsch, eine sozial-familiäre Beziehung zwischen ihm und dem Kind erst entstehen zu lassen, verdienen diesen Schutz hingegen nicht (BVerfG FamRZ
2006, 1661, 1662) oder zumindest nicht in gleichem Maße.
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Soweit der leibliche Vater sich grundsätzlich auch auf seine durch Art. 6
Abs. 2 GG geschützte Elternschaft berufen kann, umfasst dieser Schutz zwar
auch sein Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen, und
damit den Zugang zu einem Verfahren, das dies ermöglicht. Dem steht aber
das mindestens gleichwertige Interesse des rechtlichen Vaters gegenüber, der
diese Rechtsstellung bereits einnimmt und die sich daraus ergebende Verantwortung auch wahrnimmt (vgl. BVerfG FamRZ 2003 aaO 818 f. unter C I 1 b).
Träger des Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG kann aber nur einer von beiden
sein (vgl. BVerfG FamRZ 2003 aaO 819 unter C I 2 a), und zwar derjenige, der
zugleich die Elternverantwortung bereits wahrnimmt, unabhängig davon, ob
sich die Elternverantwortung auf Abstammung oder auf Rechtszuweisung gründet. Trägt der rechtliche Vater diese Verantwortung, verliert er sein Elternrecht
nicht allein dadurch, dass sich ein anderer Mann als leiblicher Vater herausstellt
(vgl. BVerfG FamRZ 2006 aaO 1661 und FamRZ 2003 aaO 819 unter C I 2 b).
Das Bundesverfassungsgericht hat § 1600 BGB a.F. daher nur insoweit
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als mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar erklärt, als diese Vorschrift dem
leiblichen Vater das Recht auf Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft auch
dann vorenthielt, wenn die rechtlichen Eltern oder auch nur der rechtliche Vater
mit dem Kind keine soziale Familie bilden, die es nach Art. 6 Abs. 1 GG - vorrangig - zu schützen gilt (BVerfG FamRZ 2003 aaO 820 f. unter C I 5, 6 und
6 a).
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Dieser Vorgabe entspricht die Neuregelung in § 1600 Abs. 2 BGB. Dem
steht auch nicht entgegen, dass bereits das Bestehen einer sozialen Familie
- 13 -
aus rechtlichem Vater und Kind ein Anfechtungsrecht des biologischen Vaters
ausnahmslos ausschließt, so dass eine Einzelabwägung zwischen dem dieser
Familie gebührenden Schutz und dem damit in Konflikt stehenden Elternrecht
des leiblichen Vaters gerade nicht mehr stattzufinden hat. Dem Gesetzgeber ist
es von Verfassungs wegen nicht verwehrt, eine solche Abwägung generalisierend vorwegzunehmen, auch um die bestehende Familie davor zu schützen,
deren Interna im Einzelnen aufdecken zu müssen (a.A. Staudinger/Rauscher
aaO § 1600 Rdn. 40).
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Verfassungsrechtlich bedenklich könnte insoweit allenfalls sein, dass die
Neufassung des § 1600 Abs. 2 BGB das Nichtbestehen einer sozial-familiären
Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind als negative Tatbestandsvoraussetzung ausgestaltet hat mit der Folge, dass eine non-liquet-Situation sich
zu Lasten des anfechtenden leiblichen Vaters auswirkt (vgl. Palandt/Diederichsen aaO § 1600 Rdn. 7; Hoppenz/Müller Familiensachen 8. Aufl. § 1600 BGB
Rdn. 9; Höfelmann aaO 745, 749). In einem solchen Fall steht gerade nicht fest,
ob dem Begehren des leiblichen Vaters eine familiäre Beziehung zwischen dem
Kind und seinem rechtlichen Vater entgegensteht, die vorrangig zu schützen ist.
Allerdings ist auch insoweit zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht
§ 1600 BGB a.F. nur in der Hinsicht für mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar erklärt
hat, als er dem leiblichen Vater das Recht auf Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft auch dann vorenthält, wenn die rechtlichen Eltern mit dem Kind keine
soziale Familie bilden, die es nach Art. 6 Abs. 1 GG zu schützen gilt (FamRZ
2003 aaO 821 unter C I 6). Für die - voraussichtlich sehr seltenen - Einzelfälle,
in denen dies auch bei Ausschöpfung des Amtsermittlungsgrundsatzes ebenso
wenig festgestellt werden kann wie das Gegenteil, ist der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts daher kein Gebot zu entnehmen, dieses Verfahrensrisiko zu Lasten des rechtlichen Vaters gehen zu lassen.
- 14 -
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bb) Unbedenklich ist insoweit auch, dass das Bestehen einer sozialfamiliären Beziehung aufgrund ihrer gesetzlichen Definition in § 1600 Abs. 3
Satz 1 BGB - unwiderleglich - stets zu bejahen ist, wenn der rechtliche Vater für
das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder im Falle seines Todes bis dahin
getragen hat. Dies schließt es im übrigen nicht aus, das (Fort-)Bestehen einer
sozial-familiären Beziehung auch dann zu bejahen, wenn - etwa in den von der
Revisionserwiderung angesprochenen Fällen sehr später Vaterschaftsanfechtung - vom rechtlichen Vater eine tatsächliche Verantwortung für das inzwischen volljährige und voll im Berufsleben stehende Kind in der Vergangenheit
getragen wurde und inzwischen weitgehend gegenstandslos geworden ist.
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cc) Verfehlt wäre es jedoch, die gesetzliche Regelannahme des § 1600
Abs. 3 Satz 2 BGB und ihr Zusammenspiel mit Abs. 3 Satz 1 dieser Vorschrift
unter Außerachtlassung des unterschiedlichen Wortlauts dieser beiden Sätze
dahin zu verstehen, dass bei fortbestehender Ehe der Kindesmutter mit dem
rechtlichen Vater oder dessen längerem Zusammenleben mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft bereits zu vermuten sei, dass der rechtliche Vater tatsächliche Verantwortung im Sinne des § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB trage und deshalb
eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne des Absatzes 2 dieser Vorschrift bestehe. § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB enthält lediglich eine Regelannahme dafür,
dass der rechtliche Vater die tatsächliche Verantwortung für das Kind übernommen hat. Dies allein reicht indes für das Bestehen einer sozial-familiären
Beziehung nicht aus, weil diese nach § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB voraussetzt,
dass der rechtliche Vater diese tatsächliche Verantwortung für das Kind (noch)
trägt oder bis zu seinem Tod getragen hat. Dies kann nach Auffassung des Senats nur bedeuten, dass die übernommene Verantwortung auch über den Zeitpunkt ihrer erstmaligen Übernahme hinaus weiterhin wahrgenommen wird (vgl.
Staudinger/Rauscher aaO § 1600 Rdn. 42, 44).
- 15 -
34
Mit anderen Worten: Zwar besteht unter den Voraussetzungen des
§ 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB eine der Lebenserfahrung entsprechende gesetzliche Regelannahme der (ursprünglichen) Übernahme der tatsächlichen Verantwortung. Diese ist jedoch widerleglich. Das ermöglicht eine sachgerechte, auf
den Einzelfall bezogene Lösung auch jener Fälle, in denen die Ehe zwischen
den rechtlichen Eltern des Kindes nur formal besteht (z.B. Scheinehe) und deshalb einen Ausschluss des Anfechtungsrechts allein aufgrund dieses Kriteriums
schwerlich rechtfertigen könnte, wie die Revision zu Recht ausführt.
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Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass es dem Anfechtenden regelmäßig
faktisch unmöglich wäre, die Regelannahme zu entkräften. Denn hierfür können
auch nach außen in Erscheinung tretende und damit für den Anfechtenden erkennbare Umstände wie z.B. getrennte Wohnungen der Eheleute hinreichende
Anhaltspunkte bieten, denen das Gericht dann wegen des im Vaterschaftsanfechtungsverfahren geltenden Grundsatzes der Amtsermittlung (§§ 640 Abs. 1,
616 Abs. 1, 640 d ZPO) von sich aus nachzugehen hat.
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Die Übernahme der tatsächlichen Verantwortung begründet aber ihrerseits noch keine Regelannahme dahin, dass diese Verantwortung auch weiterhin wahrgenommen wird und somit eine sozial-familiäre Beziehung im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung noch besteht.
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Der Anfechtende braucht daher insoweit entgegen der Auffassung der
Revision keine gesetzliche Vermutung zu widerlegen, kann sich andererseits
aber nicht darauf beschränken, das Bestehen einer solchen Beziehung mit
Nichtwissen zu bestreiten. Dass er die (negativen) Voraussetzungen seines
Anfechtungsrechts (§ 1600 Abs. 2 BGB) zumindest schlüssig darlegen muss
und es nicht etwa den Anfechtungsbeklagten obliegt, ihre sozial-familiäre Beziehung im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen, beeinträchtigt seine
- 16 -
Möglichkeit, die rechtliche Vaterstellung zu erlangen, nicht in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise. Wie bereits ausgeführt, kann er objektive Umstände
vortragen wie etwa, dass das Kind nicht bei seinem Vater lebe, sondern bei
seiner Mutter und deren neuem Partner; dem wird das Gericht aufgrund seiner
Amtsermittlungspflicht nachzugehen haben.
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Damit ist auch der Kritik an der gesetzlichen Neuregelung, die eine Abwägung zwischen dem Elternrecht des biologischen Vaters und einer wirklich
existierenden sozialen Familie von Kind und rechtlichem Vater fordert (vgl.
Staudinger/Rauscher BGB [2004] § 1600 Rdn. 16 m.w.N.), der Boden entzogen. Denn ob eine solche Familie wirklich existiert, ist bei richtigem Verständnis
des § 1600 Abs. 2 und 3 BGB im Wege der Amtsermittlung zu prüfen, sobald
Anhaltspunkte ersichtlich sind, die Anlass geben, daran zu zweifeln. Dass eine
Anhörung des Jugendamtes, die noch im Regierungsentwurf als § 640 d Abs. 2
ZPO vorgesehen war (BT-Drucks. 15/2253 S. 6), nach Kritik des Bundesrates
(BT-Drucks. aaO S. 16 f.) nicht in das Gesetz übernommen wurde, bedeutet
nicht, dass sie zu unterbleiben hat. Vielmehr hat das Gericht, soweit dies
zweckmäßig erscheint, auch das Jugendamt zu befragen (vgl. BT-Drucks aaO
S. 21; Friederici jurisPR-FamR 7/2004 Anm. 6). Die von der Kritik erhobene
Forderung erweist sich damit als hinreichend erfüllt.
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c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Verfassungswidrigkeit
des § 1600 Abs. 2 BGB n.F. ergebe sich auch aus der Konsequenz, dass ein
leiblicher Vater, dem diese Vorschrift die Anfechtung der Vaterschaft des rechtlichen Vaters verwehre, gegebenenfalls eine spätere Freigabe des Kindes zur
Adoption durch Dritte nicht verhindern könne. Dies mag in der Tat verfassungsrechtlich bedenklich sein (vgl. Staudinger/Rauscher § 1600 Rdn. 14 a.E.; Hoppenz/Müller aaO § 1600 Rdn. 11), stellt aber nicht die Verfassungsmäßigkeit
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des § 1600 Abs. 2 BGB, sondern allenfalls die des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB in
Frage.
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Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch verfassungsrechtlich
unbedenklich, dass die zweijährige Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB durch
das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2
BGB nicht gehemmt wird. Mit der Intention, bei positiver Feststellung des Bestehens einer solchen Beziehung durch das Gericht eine Anfechtung durch den
leiblichen Vater auch für die Zukunft auszuschließen (vgl. BT-Drucks. aaO
S. 11), geht das Gesetz zwar im Falle der Vaterschaftsanfechtung nach § 1600
Abs. 1 Nr. 2 BGB noch über die allgemeine Beschränkung der Anfechtung
durch die Frist des § 1600 b BGB hinaus; auch dies erscheint jedoch im Interesse der Rechtssicherheit und des Schutzes der bestehenden sozialen Familie, das auch der Fristenregelung zugrunde liegt (vgl. Staudinger/Rauscher aaO
§ 1600 b Rdn. 4), sachgerecht und zumutbar (vgl. auch EGMR FamRZ 2006,
181 Rdn. 39, 44).
5. Auch die Angriffe der Revision gegen die Abweisung des Hilfsantra-
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ges, die Abstammung des Kindes vom Kläger festzustellen, bleiben im Ergebnis
ohne Erfolg. Diese hilfsweise erhobene Abstammungsfeststellungsklage ist allerdings bereits unzulässig, weil mit ihr keine statusrechtlichen Folgen begehrt
werden. Eine solche isolierte (folgenlose) Abstammungsfeststellungsklage sieht
das deutsche Recht - zumindest de lege lata - nicht vor (vgl. OLG Hamm
FamRZ 1999, 1365), auch nicht als "normale" Feststellungsklage nach § 256
ZPO (vgl. Gaul FamRZ 2000, 1461, 1474; OLG Düsseldorf FamRZ 2003, 1578,
1579).
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§ 1600 d Abs. 1 BGB stellt eine abschließende Sonderregelung für die
Abstammungsfeststellung dar (vgl. OLG Düsseldorf aaO; OLG Köln NJW-RR
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2002, 4, 5; OLG Hamm FamRZ 1999 aaO 1366). Danach ist die gerichtliche
Feststellung der Vaterschaft nur zulässig, soweit keine andere Vaterschaft nach
§§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB besteht. Hier besteht jedoch die Vaterschaft
des Beklagten zu 1, weil er zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes
verheiratet war, § 1592 Nr. 1 BGB. Diese ist auch vorrangig gegenüber dem
vorgeburtlichen Anerkenntnis des Klägers, § 1594 Abs. 1 BGB. Nur in Verbindung mit einer erfolgreichen Anfechtung dieser Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1
Nr. 2 BGB kann der leibliche Vater die Feststellung seiner Vaterschaft erreichen, § 640 h Abs. 2 ZPO. Der darauf gerichtete Hauptantrag des Klägers hat
aber keinen Erfolg.
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Auch dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Ist dem Kläger in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise der Zugang zum Verfahren
der Vaterschaftsanfechtung verwehrt, mit dessen Hilfe allein er auch rechtlich
die Vaterstellung einnehmen könnte, ist das mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren, allein Kenntnis und Gewissheit über die Abstammung des Kindes zu
erlangen und diese feststellen zu lassen, jedenfalls nicht durch Art. 6 Abs. 2
Satz 1 GG geschützt (BVerfG FamRZ 2003 aaO 820 unter C I 3 b).
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Soweit das Bundesverfassungsgericht es hat dahinstehen lassen (aaO),
ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1
GG einen Anspruch gewähren kann, die Abstammung des Kindes klären zu
lassen, bedarf diese Frage auch hier keiner Entscheidung. Selbst wenn ein solcher Anspruch zu bejahen wäre, müsste er hier nämlich hinter den aufgezeigten
und durch Art. 6 GG geschützten Belangen der Beklagten zurückstehen. Denn
auch die bloße gerichtliche Feststellung, dass das Kind nicht von seinem rechtlichen Vater, sondern von einem anderen Mann abstammt, gefährdet den Zusammenhalt des bisherigen Familienverbandes und erschwert dem Kind die für
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seine Entwicklung bedeutsame Orientierung, zu wem es letztlich gehört (vgl.
BVerfG FamRZ 2003 aaO 821 unter C I 5 b).
Hahne
Sprick
Wagenitz
Weber-Monecke
Dose
Vorinstanzen:
AG Hohenstein-Ernstthal, Entscheidung vom 10.04.2003 - 1 F 134/03 OLG Dresden, Entscheidung vom 10.08.2004 - 20 UF 255/03 -