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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 80/06
vom
2. Juli 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1; BSZG § 4 a
Die Verminderung der Sonderzahlung nach § 4 a Bundessonderzahlungsgesetz
führt zu einer Verkürzung der beamtenrechtlichen Brutto-Versorgungsbezüge
und ist deshalb bei der Wertermittlung im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen; die rechtspolitische Erklärung dieser Verkürzung als "Abzug für Pflegeleistungen" ändert daran nichts.
BGH, Beschluss vom 2. Juli 2008 - XII ZB 80/06 - OLG Koblenz
AG Idar-Oberstein
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2008 durch die Richter
Sprick, Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
Dose
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats
- 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz
vom 23. März 2006 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für die Antragsgegnerin
gesetzliche Rentenanrechte nur in Höhe von 445,83 € (nicht:
456,86 €) begründet werden.
Beschwerdewert: 1.000 €
Gründe:
I.
1
Die Parteien streiten um den Versorgungsausgleich.
2
Die am 14. Oktober 1987 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den
am 16. März 2005 zugestellten Antrag durch Urteil vom 31. August 2005 rechtskräftig geschieden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt.
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In der Ehezeit (1. Oktober 1987 bis 28. Februar 2005, § 1587 Abs. 2
BGB) hat der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann, geboren am 30. Januar
-3-
1960) Anrechte auf eine Soldatenversorgung bei der Wehrbereichsverwaltung
Süd (weitere Beteiligte zu 1) erworben, deren Höhe - unter Berücksichtigung
der gemäß § 4 a BSZG erfolgten Verminderung der Sonderzahlung - monatlich
1.102,39 €, bezogen auf das Ehezeitende, beträgt. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau, geboren am 16. Juli 1955) hat in der Ehezeit Anrechte in der
gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe monatlich 188,68 €, bezogen auf das
Ehezeitende, erworben.
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Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin
geregelt, dass es zu Lasten der Soldatenversorgung des Ehemannes auf dem
Rentenkonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Versorgungsanrechte in Höhe von monatlich 506,86 €, bezogen auf das Ehezeitende,
begründet hat. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der weiteren Beteiligten
zu 1 hat das Oberlandesgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für die
Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von 456,86 € (nicht, wie vom Amtsgericht rechenfehlerhaft ermittelt, in Höhe von 506,86 €) begründet werden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde, mit der sie - wie auch schon im Beschwerdeverfahren - erreichen
will, dass die aufgrund des § 4 a BSZG erfolgte Verminderung der Sonderzahlung bei der Versorgung des Ehemannes im Versorgungsausgleich unberücksichtigt bleibt und der Ehezeitanteil dieser Versorgung deshalb mit 1.111,85 €
(statt mit 1.102,39 €), monatlich und bezogen auf das Ehezeitende, in Ansatz
gebracht wird.
II.
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Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
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6
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die von § 4 a BSZG vorgeschriebene Verminderung der Sonderzahlung bei der Ermittlung des Wertes
der Soldatenversorgung des Ehemannes im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Wertes der auszugleichenden Versorgungen
sei von Bruttobeträgen auszugehen mit der Folge, dass die vom Rentenversicherungsträger einbehaltenen Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unberücksichtigt blieben. Bei der von § 4 a BSZG vorgeschriebenen
Verminderung der Sonderzulage handele es sich jedoch nicht um solche Versicherungsbeiträge. Richtig sei zwar, dass Rentner in vollem Umfang Beiträge
zur Pflegeversicherung zu erbringen hätten, während Pflegeleistungen an Versorgungsempfänger anteilig von der Beihilfe gedeckt würden; mit der Verminderung der Sonderzuwendung solle eine Gleichstellung von Versorgungsempfängern und Rentnern bewirkt und erreicht werden, dass im wirtschaftlichen Ergebnis auch die Versorgungsempfänger mit einem vollen Beitrag am Pflegerisiko beteiligt würden. Dies ändere indes nichts daran, dass dieses sozialpolitische Ziel vom Gesetzgeber im Wege einer allgemeinen Kürzung der Versorgungsbezüge umgesetzt worden sei; diese Absenkung der Bruttoversorgungsbezüge lasse sich nicht unter Berufung auf das mit ihr verfolgte legislative Ziel
in einen Versicherungsbeitrag umdeuten. Für den Versorgungsausgleich ergebe sich daraus die Konsequenz, dass die beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte nur mit ihrem um die Verminderung der Sonderzulage verringerten (Brutto-) Wert im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen seien.
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2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
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a) Die Frage, ob die Verminderung der Sonderzahlung gemäß § 4 a
BSZG im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt.
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Gegen eine Berücksichtigung haben sich das Oberlandesgericht Nürnberg (FamRZ 2005, 1479), das Oberlandesgericht Rostock (NJW-RR 2007,
802) und - soweit ersichtlich - der 5. und der 1. Senat für Familiensachen des
Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig (Beschlüsse vom
14. März 2005 und 27. September 2005, nicht veröffentlicht) ausgesprochen.
Nach Auffassung der Oberlandesgerichte Nürnberg und Rostock wird durch
§ 4 a BSZG die Übernahme des vollen Beitragssatzes zur Pflegeversicherung,
wie er für Rentner seit dem 1. April 2004 (§ 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. SGB XI)
eingeführt worden sei, auf Versorgungsempfänger wirkungsgleich übertragen,
indem die zusätzlichen monatlichen Beitragsanteile des laufenden Kalenderjahres einmalig im Dezember von der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten
würden. Die Regelung führe zu einer vereinfachten Abrechnung erhöhter Zahlungen an die Pflegeversicherung. Diese Zahlungen seien deshalb bei der
Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht zu berücksichtigen.
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Zu berücksichtigen ist die Verminderung der Sonderzahlung dagegen
nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (FamRZ 2008, 900, 902), des
Oberlandesgerichts München (Beschlüsse vom 30. Dezember 2005 - 17 UF
865/05 - nicht veröffentlicht; ferner vom 7. Juni 2005 - 4 UF 97/05 - und vom
29. September 2005 - 4 UF 259/05 - beide zitiert nach juris), des Oberlandesgerichts Köln (OLGR 2006, 44), des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLGR 2006,
53), des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig (OLGR 2005, 782) sowie des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz (FamRZ 2006, 708, 709). Bei der Verminderung der
Sonderzulage handele es sich um eine Verkürzung der jährlichen Bruttobezüge
und nicht um einen Abzug für Sozialleistungen (ebenso Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl. Rdn. 108 m.w.N.).
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b) Der Senat schließt sich der zweiten Auffassung an.
-6-
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Bei der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs
ist grundsätzlich von den Bruttobeträgen der in den Ausgleich einzubeziehenden Versorgungen auszugehen; Beiträge zur Kranken- oder Pflegeversicherung, die auf diese Versorgungen entfallen und von den Versorgungsträgern an
die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt werden, bleiben
deshalb bei der Ermittlung des auszugleichenden Wertes des Versorgungsanrechts unberücksichtigt (st.Rspr. vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Oktober
2006 - XII ZB 211/04 - FamRZ 2007, 120, 122).
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Dieser Grundsatz führt jedoch nicht dazu, bei der Ermittlung der Höhe
einer ehezeilich erworbenen Beamten-, Richter- oder Soldatenversorgung die
von § 4a BSZG vorgeschriebene Verminderung der jährlichen Sonderzahlung
unberücksichtigt zu lassen. Denn diese Verminderung ist kein Versicherungsbeitrag, den der Dienstherr für seine Versorgungsempfänger an einen Versicherungsträger - etwa an die gesetzliche Pflegeversicherung - abführt. Der Dienstherr versichert seine Versorgungsempfänger nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung; er deckt - über die Beihilfe - vielmehr selbst anteilig das Pflegerisiko ab, das im übrigen von (Pflege-)Versicherungen getragen wird, mit denen
die Versorgungsempfänger privatrechtliche Versicherungsverträge abschließen.
Die Deckung des für den Dienstherrn verbleibenden anteiligen Pflegerisikos ist
auch keine eigene Versicherungsleistung, die der Dienstherr seinen Versorgungsempfängern erbringt und für die er ein - über die Kürzung der Sonderzahlung gemäß § 4 a BSZG abzurechnendes - Entgelt erhielte. Vielmehr erfüllt der
Dienstherr mit der anteiligen Deckung des Pflegerisikos seine Alimentationspflicht. Zwar ist der Dienstherr grundsätzlich nicht gehindert, den Umfang
seiner Alimentationspflicht näher zu regeln und dabei, wie in der Vergangenheit
wiederholt geschehen, auch im Interesse einer Konsolidierung der öffentlichen
Haushalte zu reduzieren. Eine solche Reduktion mag rechtspolitisch als ein
Äquivalent für die fortdauernde Absicherung eines Teils des Pflegerisikos er-
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klärt und mit einer wünschenswerten Gleichstellung der Versorgungsempfänger
mit Rentnern begründet werden, die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs.
SGB XI seit dem 1. April 2004 volle (und nicht - wie bis dahin - nur hälftige) Beiträge zur Pflegeversicherung erbringen müssen und deshalb eine um diese vollen Beiträge verminderte Rente erhalten (vgl. BT-Drucks. 15/3444 S. 4). Diese
rechtspolitische Begründung ändert indes nichts an dem grundlegenden Unterschied zwischen einer - wie auch immer motivierten - Kürzung von beamtenrechtlichen Versorgungen einerseits und der Abführung von gesteigerten Versicherungsbeiträgen durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits. Dieser Unterschied wird, worauf das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig (OLGR 2005, 782, 783) mit Recht hinweist, auch
darin deutlich, dass die von der gesetzlichen Rente einbehaltenen Beiträge zur
Pflegeversicherung zweckbestimmt sind und notwendig der Solidargemeinschaft der Pflegeversicherten zugute kommen. Die Verminderung der Sonderzahlung kennt dagegen eine solche Zweckbindung - unbeschadet der Überschrift des § 4 a BSZG ("Abzug für Pflegeleistungen") und einer nur gesetzestechnischen Anknüpfung des Verminderungsbetrags an die Regelungen über
die Pflegeversicherung - nicht; die mit der Verminderung erzielten Einsparungen kommen vielmehr undifferenziert dem Bundeshaushalt zugute. Für das
System des Versorgungsausgleichs kann dieser grundlegende Unterschied
nicht unbeachtet bleiben: Die Verminderung nach § 4 a BSZG führt zu einer
Absenkung der Bruttoversorgung, die sich auf die Höhe der in den Ausgleich
einzustellenden Versorgung auswirkt. Pflegeversicherungsbeiträge vermindern
- ebenso wie Krankenversicherungsbeiträge - zwar als Abzug von der Bruttorente deren Zahlbetrag, wirken sich aber auf die Höhe des versorgungsausgleichsrelevanten Rentenwertes nicht aus.
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3. Das Oberlandesgericht hat deshalb die ehezeitanteilige Höhe der vom
Ehemann erworbenen Anrechte auf Soldatenversorgung gegenüber der Betei-
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ligten zu 1 zutreffend unter Berücksichtigung der nach § 4 a BSZG erfolgten
Verminderung der jährlichen Sonderzuwendung ermittelt. Allerdings ist für die
Berechnung der jährlichen Sonderzahlung der zur Zeit der Entscheidung über
den Versorgungsausgleich maßgebende Bemessungsfaktor heranzuziehen
(vgl. etwa Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 85/03 - FamRZ 2007,
994, 995 m.w.N.). Dieser beträgt nunmehr (2008) 2,085 % der Versorgungsbezüge für das Kalenderjahr (§ 4 Abs. 1 BSZG i.d.F. des Art. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes vom 29. Juni 2006 BGBl. I S. 1402), während der vom Oberlandesgericht herangezogenen Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1 noch ein
Bemessungsfaktor von 4,17 % zugrunde lag. Der niedrigere Bemessungsfaktor
ist unbeschadet seiner - zunächst - auf die Jahre 2006 bis 2010 befristeten Geltung als derzeit maßgebend zugrunde zu legen (so etwa auch OLG Celle
FamRZ 2008, 900, 902). Damit errechnet sich die Höhe der Sonderzuwendung
wie folgt: Der Jahresbetrag des Ruhegehalts beträgt (12 x 2.232,76 =)
26.793,12 €. Die jährliche Sonderzahlung beträgt davon 2,085 % = 558,64 €.
Sie ist gemäß § 4 a BSZG um 0,85 des jährlichen Gesamtbetrags, mithin um
(26.793,12 € + 558,64 € = 27.351,76 €; davon 0,85 % =) 232,49 €, zu vermindern und beträgt damit (558,64 € - 232,49 € =) 326,15 € jährlich, also 27,18 €
monatlich. Der Monatsbetrag des Ruhegehalts und der - verminderten - Sonderzahlung beträgt mithin (2.232,76 € + 27,18 € =) 2.259,94 €. Hieraus errechnet sich der Ehezeitanteil der Soldatenversorgung des Ehemannes von (17,41
[in die Ehezeit fallende Dienstjahre] : 36,42 Jahre [Gesamtzeit] x 2.259,94 € =)
1.080,33 €. Dem stehen die von der Ehefrau in der Ehezeit erworbenen gesetzlichen Rentenanrechte in Höhe von 188,68 € gegenüber. Die auszugleichende
Versorgungsdifferenz beträgt 891,65 €; in Höhe der Hälfte dieses Betrages,
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also 445,83 €, sind für die Ehefrau Rentenanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. Mit dieser Maßgabe war der Rechtsbeschwerde
der Beteiligten zu 1 deshalb der Erfolg zu versagen.
Sprick
Wagenitz
Vézina
Fuchs
Dose
Vorinstanzen:
AG Idar-Oberstein, Entscheidung vom 06.01.2006 - 8 F 162/05 OLG Koblenz, Entscheidung vom 23.03.2006 - 7 UF 45/06 -