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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 65/11
vom
29. Juni 2011
in der Betreuungssache
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden des Beteiligten zu 2 gegen die Beschlüsse der 13. Zivilkammer des Landgerichts München I vom
18. Januar, 27. Januar und 24. Februar 2011 werden auf seine
Kosten verworfen.
Verfahrenswert: 3.000 €
Gründe:
I.
1
Für die Betroffene, die unter einem Down-Syndrom leidet, ist seit langem
eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Zum Betreuer war ihr Vater Helmut D.
bestellt, der am 28. Juni 2010 verstarb. Durch Beschluss des Betreuungsgerichts vom 1. September 2010 wurde der Beteiligte zu 2, der bis dahin Ersatzbetreuer war, zum Betreuer bestellt. Gegen diesen Beschluss legte die Schwester
der Betroffenen, die Beteiligte zu 1, die zugleich die geschiedene Ehefrau des
Beteiligten zu 2 ist, Beschwerde ein mit dem Ziel, selbst zur Betreuerin bestellt
zu werden. Durch Beschluss vom 8. November 2010 half das Amtsgericht der
Beschwerde teilweise ab, indem es anordnete, dass die Vertretung in materiellerbrechtlichen Prozessen vor den allgemeinen Zivilgerichten nicht von der Betreuung durch den Beteiligten zu 2 erfasst sei. Hintergrund dieser Anordnung
war, dass in einem Testament die Betroffene als Vorerbin und der Beteiligte zu
2 als Nacherbe eingesetzt worden sein könnte, was zwischen diesen und weiter
in Betracht kommenden Erben streitig ist. Das Beschwerdegericht ordnete
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durch Beschluss vom 18. Januar 2011 an, dass als weiterer Betreuer für den
Aufgabenkreis Vermögenssorge der Beteiligte zu 3 - ein Rechtsanwalt - bestellt
werde. Am 27. Januar 2011 ergänzte das Beschwerdegericht seinen vorangegangenen Beschluss dahin, dass der Beteiligte zu 3 die Betreuung berufsmäßig
führe. Durch weiteren Beschluss vom 24. Februar 2011 stellte das Beschwerdegericht klar, dass hinsichtlich des Beteiligten zu 2 der Aufgabenkreis der
Vermögenssorge entfalle und dieser Aufgabenkreis durch den Beteiligten zu 3
allein wahrgenommen werde.
2
Gegen diese Entscheidungen richten sich die nicht zugelassenen
Rechtsbeschwerden des Beteiligten zu 2, mit denen er seine durch Beschluss
vom 1. September 2010 eingeräumte Stellung als alleiniger Betreuer verteidigt.
II.
3
Die Rechtsbeschwerden sind unzulässig, da sie gemäß § 70 FamFG unstatthaft sind.
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Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten
statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. Nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FamFG ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts auch ohne Zulassung u.a. in Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers sowie zur Aufhebung einer Betreuung statthaft.
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Hier hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde weder zugelassen noch liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde vor.
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Die Regelung des § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG, die eine Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung erlaubt, knüpft an die gleich lautende Definition
des Begriffs der Betreuungssachen in § 271 Nr. 1 und 2 FamFG an. Die dort
genannten Verfahrensgegenstände sind von besonderer Bedeutung, weil durch
sie regelmäßig in gravierendem Maße in höchstpersönliche Rechte der Beteiligten eingegriffen wird. Dies wollte der Gesetzgeber mit der Differenzierung in
§ 271 FamFG deutlich machen. Da er mit der Regelung des § 70 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 FamFG gerade für Betreuungssachen mit besonders hoher Eingriffsintensität in höchstpersönliche Rechte der Beteiligten einen zulassungsfreien Zugang zum Bundesgerichtshof schaffen wollte, folgt aus der Verknüpfung der
beiden Vorschriften, dass eine Rechtsbeschwerde ohne Zulassung durch das
Beschwerdegericht in allen Verfahren statthaft ist, die von § 271 Nr. 1 und 2
FamFG erfasst werden (Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2011 - XII ZB
364/10 - FamRZ 2011, 632 Rn. 7 und vom 15. September 2010 - XII ZB
166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 8 mwN).
7
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers im Sinne der §§ 70
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 271 Nr. 1 FamFG sind Verfahren nach § 1896 BGB. Dabei
kann es sich sowohl um ein Erstverfahren als auch um ein Verlängerungsverfahren handeln, für das § 295 Abs. 1 FamFG eine entsprechende Anwendung
der Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme, also der
§§ 1896 ff. BGB, anordnet (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2010
- XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 9). Die besonders hohe Eingriffsintensität ergibt sich bei diesen Verfahren daraus, dass mit der Bestellung des Betreuers zugleich die Anordnung der Betreuung selbst einhergeht. Denn § 1896
BGB unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Betreuung und Bestellung
eines Betreuers; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 10;
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vom 9. Februar 2011 - XII ZB 364/10 - FamRZ 2011, 632 Rn. 8 und vom
18. Mai 2011 - XII ZB 671/10 Rn. 8).
8
Demgegenüber bezieht sich die hier in Rede stehende Norm des
§ 1908 b Abs. 1 BGB, die die Rechtsgrundlage für die (Teil-)Entlassung des
Betreuers darstellt, nur auf diejenigen Fälle, in denen bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll (Senatsbeschluss vom 15. September
2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 17). Die Entlassung des bisherigen Betreuers berührt also nicht den Fortbestand der Betreuung als solche (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1908 b Rn. 1). Dieses Verfahren wird deshalb auch nicht von den §§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 271 Nr. 1 FamFG erfasst;
vielmehr fällt es unter die Auffangnorm des § 271 Nr. 3 FamFG (Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2011 - XII ZB 364/10 - FamRZ 2011, 632 Rn. 9 mwN
und vom 18. Mai 2011 - XII ZB 671/10 - juris Rn. 9).
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9
Da die (Teil-)Entlassung des Betreuers gemäß § 1908 b BGB nicht die
Aufhebung der Betreuung nach sich zieht, kommt auch eine zulassungsfreie
Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. FamFG nicht in Betracht.
Hahne
Weber-Monecke
Schilling
RiBGH Dr. Klinkhammer
ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben
Hahne
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 01.09.2010 - 705 XVII 1520/98 LG München I, Entscheidung vom 18.01.2011 - 13 T 21473/10 LG München I, Entscheidung vom 27.01.2011 - 13 T 21473/10 LG München I, Entscheidung vom 24.02.2011 - 13 T 21473/10 -