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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 446/15
Verkündet am:
11. Oktober 2016
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:111016UXIZR446.15.0
-2-
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ellenberger,
die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. September 2015 in der
Fassung des Beschlusses vom 26. November 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger macht gegenüber der beklagten Bank Bereicherungs- und
Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem von ihr finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung geltend.
2
Der Kläger wurde im Jahr 1995 von einem Anlagevermittler geworben,
die 23 qm große Eigentumswohnung Nr. 40 in dem noch zu errichtenden Appartementhaus
"K.
"
nebst
einem
Tiefgaragenplatz
zu
erwer-
-3-
ben. In dem Verkaufsprospekt werden die vertraglichen Grundlagen wie folgt
erläutert:
"Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen Abwicklungsbeauftragten mit
dem Abschluss der vorgesehenen Verträge und der Wahrnehmung der im Geschäftsbesorgungsvertrag beschriebenen Aufgaben. … Der Abwicklungsbeauftragte vertritt die Erwerber bei dem Abschluss des Grundstückskauf- und
Werklieferungsvertrages, der Finanzierung und beim Abschluss der sonstigen
vorgesehenen Verträge. Weitere Aufgaben, also insbesondere auch die Prüfung des Objektes in bautechnischer Hinsicht, die Prüfung der Werthaltigkeit …
kommen dem Abwicklungsbeauftragten nicht zu. …" (S. 37 des Prospekts)
"Der Abwicklungsbeauftragte beauftragt im Namen des einzelnen Erwerbers
den Finanzierungsvermittler auftragsgemäß mit der Beschaffung der gemäß
Konzeption vorgesehenen langfristigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von
Finanzierungsangeboten für eine Vorfinanzierung des konzeptionsgemäß vorgesehenen Eigenkapitals, soweit der Erwerber dies wünscht.
Der Finanzierungsvermittler ist zur umfassenden Betreuung, der Beratung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unterschriftsreifer
Darlehensverträge zu verpflichten." (S. 37 des Prospekts)
"Für die Abwicklung des Erwerbsvorganges hat der Prospektherausgeber ein
Angebot eines Abwicklungsbeauftragten vorliegen. Der Abwicklungsbeauftragte
wird ausschließlich im Auftrag der zukünftigen Erwerber tätig werden. … Der
Abwicklungsbeauftragte übernimmt die abwickelnde Tätigkeit für den Erwerber
nach Maßgabe der in diesem Prospekt vom Prospektherausgeber gemachten
Vorgaben und des mit dem Erwerber zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrages. ...." (S. 40 des Prospekts)
-4-
3
Abwicklungsbeauftragte war die
Steuerberatungsgesellschaft mbH
(nachfolgend: Abwicklungsbeauftragte). Finanzierungsvermittlerin war die A.
GmbH
(nach-
folgend: Finanzierungsvermittlerin). Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 bestätigte
die Beklagte der Finanzierungsvermittlerin ihre Bereitschaft, die Finanzierung
des Kaufpreises für die Erwerber von Einheiten in der Neubaumaßnahme zu
übernehmen.
4
Zwecks Erwerbs der Wohnung bot der Kläger der Abwicklungsbeauftragten mit notarieller Urkunde vom 2. August 1995 einen umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrag an und erteilte ihr eine ebensolche Vollmacht, die ausdrücklich auch den Abschluss eines Finanzierungsvermittlungsvertrags umfasste.
Der Gesamtaufwand sollte 170.898 DM betragen.
5
Zur Finanzierung des Gesamtaufwands schloss die Abwicklungsbeauftragte namens des Klägers im August 1995 mit der Beklagten zunächst einen
Zwischenfinanzierungsvertrag. Davon zahlte die Beklagte auf Anweisung der
Abwicklungsbeauftragten einen Betrag in Höhe von 6.836 DM als Finanzierungsvermittlungsprovision an die Finanzierungsvermittlerin aus. Mit notariellem
Kauf- und Werklieferungsvertrag vom 31. August 1995 erwarb die Abwicklungsbeauftragte namens des Klägers von der Bauträgerin als Verkäuferin die
Wohnung nebst Tiefgaragenplatz zu einem Kaufpreis von 132.651 DM. Am
24. Dezember 1995/3. Januar 1996 nahm die Abwicklungsbeauftragte zur Ablösung der Zwischenfinanzierung namens des Klägers bei der Beklagten ein auf
zwei Unterkonten geführtes Endfinanzierungsdarlehen über 170.898 DM auf,
das durch eine Grundschuld am Wohnungseigentum in Darlehenshöhe und
durch Abtretung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung besichert wurde.
Die Beklagte zahlte auch die restliche Darlehenssumme auf Abwicklungskonten
aus, über die die Abwicklungsbeauftragte verfügen konnte. Im Hinblick auf den
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bevorstehenden Ablauf der vertraglich vereinbarten Zinsfestschreibung schloss
der Kläger mit der Beklagten am 24./30. Mai 2011 zur Ablösung des bestehenden Darlehens einen auf zwei Unterkonten geführten Forward-Darlehensvertrag
über 79.622,86 € ab.
6
Mit der durch ein Mahnverfahren im Jahr 2012 eingeleiteten Klage hat
der Kläger zuletzt noch die Rückzahlung der von Januar 2008 bis zum 31. Mai
2014 gezahlten Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 32.010,85 €
und des Disagios in Höhe von 8.737,88 €, jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen, die Rückabtretung der Lebensversicherung sowie die Feststellung begehrt,
dass die Beklagte gegen ihn aus dem Darlehensvertrag vom 24./30. Mai 2011
keine Ansprüche geltend machen könne. Er hält die der Abwicklungsbeauftragten erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz für unwirksam. Zudem macht er geltend, dass die Darlehensverträge wegen offenkundigen Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam seien. Eine
Finanzierungsvermittlungsprovision sei von ihm nicht geschuldet gewesen. Die
Abwicklungsbeauftragte habe, indem sie die Darlehensverträge auch zur Finanzierung der Finanzierungsvermittlungsprovision geschlossen habe, pflichtwidrig einen zu hohen Darlehensbetrag vereinbart. Hilfsweise stützt der Kläger
sein Begehren auf einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzungen, weil er - wie er behauptet - über die wahre Rolle der Abwicklungsbeauftragten, die Höhe der Vermittlungsprovisionen, den Wert des Objekts, die erzielbare Miethöhe und die sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises arglistig getäuscht worden sei; letzteres sei der Beklagten bekannt gewesen.
7
Das Landgericht hat lediglich der negativen Feststellungsklage stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat
das Berufungsgericht, nachdem im Berufungsverfahren die Parteien den
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Rechtsstreit hinsichtlich der Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt
erklärt haben, die Beklagte zur Zahlung von 26.720,77 € nebst Zinsen an den
Kläger verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf die vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
8
Die Revision ist begründet. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum
Nachteil der Beklagten entschieden hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der
von ihm in den Jahren 2009 bis 2014 in Höhe von insgesamt 26.720,77 € geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen aus Leistungskondiktion gemäß § 812
Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu, weil der von den Parteien geschlossene Darlehensvertrag unwirksam sei.
11
Die Abwicklungsbeauftragte sei im Innenverhältnis zum Kläger nicht berechtigt gewesen, einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abzuschließen, durch
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den eine Provisionspflicht durch den bloßen Nachweis einer Finanzierungsmöglichkeit begründet werde. Zwar sehe der Prospekt ausdrücklich die Beauftragung eines Finanzierungsvermittlers vor. Danach sollte aber der Finanzierungsvermittlungsvertrag eine Vermittlungs- und nicht lediglich eine Nachweistätigkeit
zum Gegenstand haben.
12
Zudem sei eine provisionspflichtige Finanzierungsvermittlungsleistung
nicht erfolgt. Die Beklagte behaupte selbst nicht, dass die von der Abwicklungsbeauftragten beauftragte Finanzierungsvermittlerin den Abschluss der streitgegenständlichen Darlehensverträge mit ihr verhandelt habe. Vielmehr sehe die
Beklagte die von der Finanzierungsvermittlerin erbrachte Leistung allein darin,
dass diese die generelle Finanzierungsbereitschaft der Beklagten nachgewiesen habe. Zwar könne eine Tätigkeit des Maklers vor Abschluss des Maklervertrages mit dem Kunden beim späteren Abschluss eines Nachweismaklervertrages eine Provision auslösen. Dies gelte jedoch nicht im Falle eines Vermittlungsmaklers. Die Finanzierungsvermittlerin habe auch keine Nachweistätigkeit
erbracht. Im Vorfeld des Vertriebs und ohne Festlegung der konkreten Finanzierungsbedingungen sei konzeptionell und zeitlich kein Nachweis über eine konkrete Finanzierung zu marktüblichen Bedingungen möglich gewesen, weil weder die Beklagte marktübliche Bedingungen habe festlegen wollen noch die
Abwicklungsbeauftragte zu diesem Zeitpunkt die Marktüblichkeit zukünftiger
Bedingungen habe prüfen können.
13
Die Abwicklungsbeauftragte habe daher im Namen des Klägers keinen
Finanzierungsvermittlungsvertrag abschließen dürfen. Aufgrund dessen habe
sie auch kein Darlehen zur Vorfinanzierung einer Finanzierungsvermittlungsprovision aufnehmen dürfen. Indem sie dies gleichwohl getan habe, habe sie
ihre Vertretungsmacht missbraucht.
-8-
14
Dieser Missbrauch sei für die Beklagte objektiv evident gewesen. Die
Beklagte habe sowohl den Inhalt des Prospekts als auch den Umstand gekannt,
dass die Finanzierungsvermittlerin keine Vermittlungsleistung erbracht habe. Da
der Prospekt offenkundig nur für eine solche Tätigkeit eine Provision vorgesehen habe, hätte sich für die Beklagte der Schluss geradezu aufdrängen müssen, dass die Abwicklungsbeauftragte zur Finanzierung der Provision kein Darlehen habe aufnehmen dürfen.
15
Dies führe nach § 139 BGB zur Nichtigkeit des gesamten Darlehensvertrags. Eine Teilnichtigkeit unter Aufrechterhaltung des übrigen Teils sei nur
dann anzunehmen, wenn dies dem hypothetischen Parteiwillen entspräche. Für
diesen komme es nicht darauf an, ob die Parteien das Rechtsgeschäft ohne
den nichtigen Teil tatsächlich gewollt hätten, sondern darauf, ob eine objektive
Bewertung ergebe, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise vorgenommen worden wäre. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Die Nichtigkeit erstrecke sich auch auf die Darlehensvereinbarung
vom Mai 2011, weil damit kein neues Rechtsverhältnis begründet worden sei.
16
Soweit die Zahlungen des Klägers vor dem 1. Januar 2009 erfolgt seien,
sei sein Anspruch auf Rückforderung allerdings verjährt. Hinsichtlich des
Disagios scheide ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch von
vornherein aus. Ein Anspruch des Klägers auf Rückabtretung von Ansprüchen
aus der Lebensversicherung sei ebenfalls verjährt.
II.
17
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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18
Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von 26.720,77 € gemäß § 812 Abs. 1
Satz 1 Fall 1 BGB nicht bejahen dürfen. Insoweit beanstandet die Revision mit
Erfolg, dass das Berufungsgericht angenommen hat, die zwischen den Parteien
geschlossenen Darlehensverträge seien wegen eines von der Abwicklungsbeauftragten begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen eines
offensichtlichen Vollmachtsmissbrauchs nicht vor.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines - hier unterstellten - Missbrauchs der
Vertretungsmacht zu tragen (vgl. nur Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR
483/14, WM 2016, 1437 Rn. 23 mwN). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist,
von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (Senatsurteil aaO mwN).
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Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft
abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig
(§ 138 BGB; vgl. nur Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016,
1437 Rn. 24 mwN). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren
Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete
Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber
dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. nur Senatsurteil
aaO mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich
- 10 -
nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil aaO
mwN).
21
2. An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Feststellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt
überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Begriff der
objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden. Ist das - wie hier - der Fall, kann das
Revisionsgericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen
des Berufungsgerichts ein - wie hier - abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben
(vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437
Rn. 25 mwN).
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a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe sich aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Art und Umfang der Tätigkeiten der Finanzierungsvermittlerin richten sich
nicht nach dem Prospekt (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14,
WM 2016, 1437 Rn. 26 mwN), sondern nach dem tatsächlich abgeschlossenen
Finanzierungsvermittlungsvertrag, mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an einem substantiierten Vortrag des Klägers.
23
b) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des Finanzierungsvermittlungsvertrags mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich entgegen
der Annahme des Berufungsgerichts für die Beklagte keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die Abwicklungsbeauftragte mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der Vollmacht missbraucht hat.
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aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht
allein daraus abgeleitet, dass die Abwicklungsbeauftragte für den Kläger überhaupt einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abgeschlossen hat, der die Finanzierung einer Vermittlungsprovision nach sich zog. Bei dem Abschluss des
Kreditvertrags handelte es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im
bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und
der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie insbesondere die Kosten der
Finanzierungsvermittlung, ein.
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Ein Vollmachtsmissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von
dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem Vertrag umzusetzenden
Investitionskonzept zum Nachteil des Kapitalanlegers - hier des Klägers - abweicht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Juni 2008 - V ZR 83/07, WM 2008, 1703
Rn. 13). Den Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags und die Finanzierung des Gesamtaufwands hat der Kläger aber ausdrücklich gewünscht und
damit die Abwicklungsbeauftragte bevollmächtigt.
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Ob der Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags erforderlich
oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Beklagte als finanzierende Bank nicht
zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen durfte, dass der Finanzierungsvermittlungsvertrag bereits abgeschlossen worden
war. Davon abgesehen war ihr - auch im Fall einer vom Berufungsgericht angenommenen Kenntnis der Einzelheiten des Prospektinhalts - eine Prüfung der
Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrags gar nicht möglich, weil hierfür
ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände - wie etwa steuerliche
Gründe - maßgeblich gewesen sein könnten.
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bb) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Evidenz eines
Vollmachtsmissbrauchs nicht damit begründen, der Beklagten habe sich bei
Abschluss des Darlehensvertrags aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. Unabhängig von der Frage, ob die Abwicklungsbeauftragte durch die Finanzierung
einer - unterstellt - nicht geschuldeten Finanzierungsvermittlungsprovision die
ihr erteilte Vollmacht überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Beklagte jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre
vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte.
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(1) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziellen Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die Abschlussbereitschaft für den beabsichtigten Hauptvertrag herbeizuführen (Senatsurteil vom 14. Juni 2016
- XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 32 mwN). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. Senatsurteil aaO mwN). Um die Provision zu verdienen, reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des Hauptvertrags zumindest mitursächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächliche Ursache zu
sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war (Senatsurteil
aaO mwN).
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(2) Vor diesem Hintergrund musste sich der Beklagten das Fehlen einer
zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der Finanzierungsvermittlerin
- anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb aufdrängen, weil die
Finanzierungsvermittlerin die streitgegenständlichen Darlehensverträge nicht
mit ihr verhandelt hat.
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Das Berufungsgericht verkennt, dass bereits die vorab erzielte, im
Schreiben vom 29. Mai 1995 wiedergegebene allgemeine Finanzierungsabsprache auf eine Vermittlungsleistung zugunsten aller künftigen Erwerber - und
damit auch zugunsten des Klägers - zurückzuführen ist. In diesem Schreiben
bestätigt die Beklagte gegenüber der Finanzierungsvermittlerin unter Bezugnahme auf eine zwischen ihnen erzielte Übereinstimmung ihre Bereitschaft, den
Erwerbern von Wohnungen in dem Appartementhaus, die eine näher beschriebene finanzielle Leistungsfähigkeit aufweisen, bei weiterer Vorlage im einzelnen
aufgeführter Unterlagen für Zwischenfinanzierungsdarlehen "zur Zeit" und "freibleibend" Konditionen von 9,25% Zins bei 100% Auszahlung und für Endfinanzierungsdarlehen "freibleibend" Konditionen von 5,4% Zins p.a. bei 90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren oder 7,0% Zins p.a. bei
90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von zehn Jahren anzubieten.
Einer Vermittlungsleistung zugunsten des Klägers steht nicht entgegen, dass
die Abwicklungsbeauftragte das Angebot des Klägers zum Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages erst nach dem Zeitpunkt der Bestätigung der allgemeinen Finanzierungsbereitschaft durch die Beklagte angenommen hat und
der Kläger damit erst zu diesem Zeitpunkt als Erwerber feststand. Auch spielt
es keine Rolle, dass sich die in der allgemeinen Finanzierungsabsprache konkret benannten Konditionen lediglich auf den damaligen Zeitpunkt bezogen. Letzteres entsprach der Vorgabe an die Finanzierungsvermittlerin, Darlehen zu jeweils marktüblichen Bedingungen zu beschaffen. Dass die im August 1995 und
Dezember 1995/Januar 1996 geschlossenen Darlehensverträge dieser Vorgabe nicht entsprochen hätten, macht der Kläger nicht geltend.
31
Selbst wenn diese Absprache, wie der Kläger behauptet und das Berufungsgericht offen gelassen hat, nicht von der Finanzierungsvermittlerin, sondern ebenfalls von der Abwicklungsbeauftragten getroffen worden sein sollte,
hätten sich der Beklagten keine Zweifel an der Vergütungspflicht aufdrängen
- 14 -
müssen. Vermittlungsleistungen müssen nicht höchstpersönlich erbracht werden. Nach der Konzeption des Anlagemodells sollten die Anleger - wie auch
vorliegend geschehen - allein die Abwicklungsbeauftragte mit dem Abschluss
von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich,
wenn die finanzierende Bank auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen
Konditionen für die Zwischen- und Endfinanzierung verhandelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die Bonitätsunterlagen zugeleitet
werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die Abwicklungsbeauftragte
dabei mit Wissen und im Einverständnis der Finanzierungsvermittlerin als deren
Erfüllungsgehilfin agiert. Dies wird hier durch das Finanzierungsbestätigungsschreiben vom 29. Mai 1995 verdeutlicht, das die Beklagte, obwohl die zugrunde liegenden Verhandlungen nach der Behauptung des Klägers mit der Abwicklungsbeauftragten geführt worden sein sollen, an die Finanzierungsvermittlerin
richtete.
32
c) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder vom Kläger
behaupteter Umstände kann damit ein für die Beklagte offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch durch die Abwicklungsbeauftragte nicht angenommen werden.
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III.
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Das angefochtene Urteil ist daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen
Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache hinsichtlich des Vorliegens einer Rechtsscheinvollmacht und mangels Feststellungen zu den Schadensersatzansprüchen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren
Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).
Ellenberger
Grüneberg
Menges
Maihold
Derstadt
Vorinstanzen:
LG Hechingen, Entscheidung vom 28.01.2015 - 1 O 243/12 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.09.2015 - 9 U 20/15 -