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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 394/08
Verkündet am:
12. Oktober 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 826 C, § 830
Zur vorsätzlichen Beteiligung eines ausländischen Brokers an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung von Kapitalanlegern durch einen inländischen Terminoptionsvermittler, wenn der ausländische Broker von dem Geschäftsmodell des inländischen Vermittlers, das in der Gebührenstruktur zum Ausdruck kommt, positive
Kenntnis hat.
BGH, Urteil vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
-2-
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2008 wird auf Kosten
der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger, ein Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland, verlangt von der
Beklagten, einem britischen Brokerunternehmen mit Sitz in London, Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Börsentermin- und Optionsgeschäften.
2
Die der englischen Finanzaufsicht unterliegende Beklagte bietet neben
institutionellen Kunden auch Privatkunden ihre Execution- und Clearingdienste
für den Handel mit Derivaten an. Privatkunden können über Vermittler Handelsaufträge einreichen, die von der Beklagten abgewickelt werden.
3
Einer dieser Vermittler war W.
, D.
(im Folgenden: W.), der
bis zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeit über eine deutsche aufsichtsrecht-
-3-
liche Erlaubnis als selbständiger Finanzdienstleister verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und W. lag ein als "Introducing Broker Agreement" bezeichnetes Abkommen vom 12. Juli 2001 zugrunde, das nach seiner
Präambel den Zweck verfolgte, ein einträgliches Brokergeschäft aufzubauen.
Die Beklagte hatte W. jede erdenkliche Unterstützung bei der Entwicklung des
Geschäfts zu geben, für die von W. geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. W. war verpflichtet, größtmögliche Anstrengungen zu unternehmen, um der Beklagten
Kunden zuzuführen. Dabei hatte er aufsichts- und privatrechtliche Pflichten einzuhalten. Nach Nr. 5 (a) des Abkommens in Verbindung mit Anhang A sollte die
Beklagte die Kundenkonten mit einer Broker-Kommission in einer zwischen ihr
und W. auszuhandelnden Höhe belasten und dem Kommissionskonto des W.
als Vergütung die Nettokommissionen für alle Transaktionen gutschreiben, soweit diese einen Betrag von 25 US-Dollar überstiegen.
4
Der Kläger schloss am 27./28. Mai 2002 mit W. einen formularmäßigen
Geschäftsbesorgungsvertrag über die Durchführung von Börsentermin- und
Optionsgeschäften. Nach einer Vergütungstabelle, die diesem Vertrag beigefügt
war, schuldete der Kläger für jeden gehandelten Kontrakt W. eine RoundturnProvision von 100 US-Dollar und der Beklagten weitere 20 US-Dollar.
5
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages erhielt der Kläger von der Beklagten das Formular "Private Customer Dealing Agreement/Handelsvereinbarung für Privatkunden", das Merkblatt "Wichtige Informationen über die Risiken bei Börsentermingeschäften", jeweils in deutscher und englischer Sprache, und eine deutschsprachige Broschüre über die
Beklagte.
-4-
6
W. eröffnete zur Durchführung der Geschäfte bei der Beklagten ein Konto für den Kläger. Dieser überwies von seinem in Deutschland geführten Konto
auf das ebenfalls in Deutschland geführte Konto der Beklagten insgesamt
33.120 €. Die Beklagte führte die von W. vermittelten Optionsgeschäfte aus und
überwies dem Kläger insgesamt 1.957,95 € zurück. Den Differenzbetrag von
31.162,05 € zuzüglich Zinsen macht dieser mit der Klage geltend.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr
bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung stattgegeben.
8
Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
9
Die Revision ist unbegründet.
I.
10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
11
Die Klage sei zulässig und bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung
begründet.
12
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich, jedenfalls soweit die Klage auf Ansprüche wegen unerlaubter Handlung gestützt wer-
-5-
de, aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Der Handlungsort des der Beklagten zur Last gelegten Delikts befinde sich in Deutschland. Die Beklagte müsse sich die Anwerbung des Klägers durch W. in Deutschland und die hier unterlassene Risikoaufklärung zurechnen lassen.
13
Die Entscheidung über deliktische Ansprüche richte sich gemäß Art. 40 f.
EGBGB nach deutschem Recht. Gemäß §§ 826, 830 BGB habe der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz.
14
W. habe den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Er habe ihm
pflichtwidrig nicht die Kenntnisse vermittelt, die ihn in die Lage versetzt hätten,
den Umfang seines Verlustrisikos und die Verringerung seiner Gewinnchance
durch die Aufschläge auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen.
15
Die Beklagte habe sich an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung
des Klägers beteiligt; ob dies als Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zu qualifizieren sei, könne dahinstehen. Die objektiven Voraussetzungen gemeinschaftlichen Handelns lägen vor, weil die Beklagte auf vertraglicher Grundlage
dauerhaft mit W. zusammengearbeitet und ihm den Zugang zur Londoner Börse eröffnet habe. Zudem habe sie am wirtschaftlichen Erfolg des sittenwidrigen
Handelns von W. partizipiert.
16
Die objektive Tatbeteiligung sei zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt. Die
Beklagte habe zumindest ihre Augen vor den sich aufdrängenden Bedenken
verschlossen und gewissenlos leichtfertig die von W. vermittelten Aufträge des
Klägers zu dessen Nachteil ausgeführt. Die Gefahr, dass der die Anlageentscheidungen des Klägers steuernde W. seine geschäftliche Überlegenheit gegenüber dem Kläger in sittenwidriger Weise missbrauche, habe für die Beklagte
auf der Hand gelegen, weil sie die extremen Verlustrisiken von Optionsgeschäften mit hohen Gebührenaufschlägen auf die Optionsprämie gekannt habe. Ihr
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habe auch klar sein müssen, dass die ihr bekannten oder zumindest von ihr
bewusst nicht zur Kenntnis genommenen Gebühren, die der Kläger W. geschuldet habe, diesem einen hohen Anreiz geboten hätten, seine geschäftliche
Überlegenheit zu missbrauchen. Dass die Beklagte eigene Schutzmaßnahmen
ergriffen, insbesondere das Vorgehen des W. überprüft habe, sei nicht ersichtlich. Dass keine aufsichtsrechtlichen Verfahren gegen W. anhängig gewesen
seien, rechtfertige keine Rückschlüsse auf seine Methoden. Die Beklagte habe
als nachgeschaltetes Brokerunternehmen nicht auf eine ordnungsgemäße Aufklärung durch W. vertrauen dürfen. Der Vertrauensgrundsatz gelte nicht zugunsten desjenigen, der vor einer sich aufdrängenden Beteiligung an einer unerlaubten Handlung gewissenlos leichtfertig die Augen verschlossen habe.
17
Der Anspruch des Klägers sei nicht gemäß § 254 Abs. 1 BGB gemindert.
Das allenfalls fahrlässige, aber nicht grob leichtfertige Verhalten des Klägers
führe gegenüber der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte und S. nicht zu einer Kürzung des Schadensersatzanspruches.
18
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Die Verjährung richte sich gemäß
Art. 229 § 6 Satz 1 EGBGB nach neuem Schuldrecht, da die Forderung erst im
Laufe des Jahres 2002 entstanden sei. Gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB beginne die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Kläger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Eine Kenntnis des Klägers von diesen
Umständen bereits im Jahr 2002, die für den Ablauf der Verjährungsfrist vor der
im März 2003 (richtig: 2006) erfolgten Zustellung der Klage erforderlich gewesen wäre, habe die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Ihre Vermutungen über den nicht näher eingegrenzten Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers bewegten sich im Bereich der Spekulation.
-7-
II.
19
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die
Revision zurückzuweisen ist.
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1. Das Berufungsgericht ist jedenfalls im Ergebnis zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Es hat die - auch im Revisionsverfahren von
Amts wegen zu prüfende (vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; 182, 24, Tz. 9; 184, 365,
Tz. 17; BGH, Urteil vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928, Tz. 8,
jeweils mwN) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5
Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 12 vom 16. Januar
2001, S. 1 bis 23, berichtigt in ABl. EG Nr. L 307 vom 24. November 2001,
S. 28; im Folgenden: EuGVVO) zu Recht bejaht.
21
a) Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die, wie die Beklagte, ihren
Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder Ansprüche aus
einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Ist der Ort, an
dem das für die Begründung einer Schadensersatzpflicht in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat, nicht mit dem Ort identisch, an dem durch dieses
Ereignis ein Schaden entstanden ist, kann der Beklagte nach Wahl des Klägers
sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch
an dem Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) verklagt werden (vgl.
EuGH, Urteile vom 30. November 1976 - Rs. 21/76, Slg. 1976, 1735, Tz. 24 f.
- Mines de Potasse d'Alsace, vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93, Slg. 1995, I-415,
-8-
Tz. 20 - Shevill, vom 19. September 1995 - Rs. C-364/93, Slg. 1995, I-2719,
Tz. 11 - Marinari, vom 10. Juni 2004 - Rs. C-168/02, Slg. 2004, I-6009, Tz. 16
- Kronhofer und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-189/08, RIW 2009, 719, Tz. 23
- Zuid-Chemie BV). Die Zuständigkeit hängt nicht davon ab, dass tatsächlich
eine unerlaubte Handlung begangen wurde; die schlüssige Behauptung der
erforderlichen Tatsachen durch den Kläger reicht aus. Die Feststellung dieser
Tatsachen ist erst zur Begründetheit der Klage erforderlich (vgl. BGHZ 167, 91,
Tz. 21; BGH, Urteile vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07, WM 2008, 479,
Tz. 14 und vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928, Tz. 8, jeweils
mwN).
aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass
22
der Kläger eine Schadenshaftung aus unerlaubter Handlung im Sinne des Art. 5
Nr. 3 EuGVVO geltend macht.
Der verordnungsautonom auszulegende Begriff der unerlaubten Hand-
23
lung umfasst alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht
wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpft.
Der Begriff des "Vertrags" wiederum bezieht sich auf freiwillig gegenüber einer
anderen
Person
eingegangene
Verpflichtungen
(EuGH,
Urteile
vom
17. September 2002 - Rs. C-334/00, Slg. 2002, I-7357, Tz. 23 - Tacconi und
vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02, Slg. 2005, I-481, Tz. 50 f. - Engler, jeweils
mwN).
24
Gemessen hieran bildet eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens. Der Kläger verlangt Ersatz eines Vermögensschadens, den ihm W. durch die Vermittlung von vornherein chancenloser Börsentermingeschäfte vorsätzlich und unter vorsätzlicher Beteiligung der Beklagten
zugefügt haben soll (vgl. BGHZ 184, 365, Tz. 19, 24 ff.). Damit knüpft die Klage
-9-
nicht entscheidend an die zwischen den Parteien geschlossene Handelsvereinbarung an. Die geltend gemachte Teilnehmerhaftung der Beklagten ist nicht
Ausdruck von Schwierigkeiten, die bei der Erfüllung einer aus der Handelsvereinbarung folgenden Verpflichtung auftreten können (vgl. hierzu Generalanwalt
Darmon, Schlussanträge vom 15. Juni 1988 in der Rs. 189/87, Slg. 1988, 5565,
5573, Tz. 30 - Kalfelis). Die maßgeblichen Umstände für die Beurteilung der
Frage, ob die Beklagte sich an einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des
W. in haftungsrelevanter Weise vorsätzlich beteiligt hat, stehen vielmehr im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten und des W., ihrer
Geschäftsbeziehung und dem zwischen ihnen geschlossenen Abkommen, an
dem der Kläger nicht beteiligt war.
25
bb) Bei der Auslegung des somit anwendbaren Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist
dessen Regelungszweck zu berücksichtigen. Die Vorschrift trägt nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) zu der nahezu gleichlautenden Vorgängerregelung des Art. 5
Nr. 3 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen (BGBl. 1972 II, S. 773, 774 ff.; im Folgenden: EuGVÜ) dem
Umstand Rechnung, dass zwischen Streitigkeiten über unerlaubte Handlungen
und den nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zuständigen Gerichten eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und
sachgerechten Prozessgestaltung eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (vgl. EuGH, Urteile vom 30. November 1976 - Rs. 21/76, Slg. 1976, 1735,
Tz. 8 ff. - Mines de Potasse d'Alsace, vom 11. Januar 1990 - Rs. C-220/88, Slg.
1990, I-49, Tz. 17 - Dumez France und Tracoba, vom 7. März 1995
- Rs. C-68/93, Slg. 1995, I-415, Tz. 19 - Shevill, vom 19. September 1995
- Rs. C-364/93, Slg. 1995, I-2719, Tz. 10 - Marinari und vom 10. Juni 2004
- Rs. C-168/02, Slg. 2004, I-6009, Tz. 15 - Kronhofer). Dieser Erwägung, die
- 10 -
auch für die Auslegung der EuGVVO maßgeblich ist (vgl. 19. Erwägungsgrund
zur EuGVVO; EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - Rs. C-189/08, RIW 2009, 719,
Tz. 18 f. - Zuid-Chemie BV), liegt die Annahme zugrunde, dass das Gericht des
Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, insbesondere wegen
der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten in der Lage ist, den Rechtsstreit zu entscheiden (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - Rs. C-189/08, RIW 2009, 719, Tz. 24 - Zuid-Chemie
BV).
26
Art. 5 Nr. 3 EuGVVO hat im Rahmen des Zuständigkeitssystems der
EuGVVO Ausnahmecharakter und ist grundsätzlich eng auszulegen. Die
EuGVVO baut auf einer durch Art. 2 Abs. 1 begründeten allgemeinen Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaates auf, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, und schließt in Art. 3 Abs. 2 die Anwendung nationaler Bestimmungen
aus, die Gerichtsstände am Wohnsitz des Klägers gegenüber Beklagten begründen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben (vgl.
EuGH, Urteile vom 11. Januar 1990 - Rs. C-220/88, Slg. 1990, I-49, Tz. 16
- Dumez France und Tracoba und vom 19. September 1995 - Rs. C-364/93,
Slg. 1995, I-2719, Tz. 13 - Marinari). Besonderen Zuständigkeitsregelungen wie
Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist daher eine enge Auslegung zu geben, die nicht über
die ausdrücklich in der Verordnung vorgesehenen Fälle hinausgeht (EuGH, Urteile vom 27. September 1988 - Rs. 189/87, Slg. 1988, 5565, Tz. 19 - Kalfelis,
vom 11. Januar 1990 - Rs. C-220/88, Slg. 1990, I-49, Tz. 19 - Dumez France
und Tracoba und vom 10. Juni 2004 - Rs. C-168/02, Slg. 2004, I-6009, Tz. 14
- Kronhofer) und insbesondere nicht zur Erstreckung der dem Kläger eröffneten
Wahlmöglichkeiten über die sie rechtfertigenden besonderen Umstände hinaus
führen darf. Andernfalls würde der in Art. 2 Abs. 1 EuGVVO aufgestellte allgemeine Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaates, in dessen
Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, unterlaufen und im Ergebnis
- 11 -
über die ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinaus die Zuständigkeit der Gerichte
am Klägerwohnsitz anerkannt, der die Verordnung außer in den von ihr ausdrücklich vorgesehenen Fällen ablehnend gegenüber steht (vgl. EuGH, Urteile
vom 19. September 1995 - Rs. C-364/93, Slg. 1995, I-2719, Tz. 13 - Marinari
und vom 10. Juni 2004 - Rs. C-168/02, Slg. 2004, I-6009, Tz. 14 ff. - Kronhofer).
Insbesondere darf die Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO nicht zu einer Zuständigkeit führen, die von ungewissen Umständen abhängt und damit einem
der Ziele der Verordnung zuwiderliefe, nämlich den Rechtsschutz der in der
Gemeinschaft ansässigen Personen dadurch zu stärken, dass ein Kläger ohne
Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und
dass für einen verständigen Beklagten erkennbar ist, vor welchem Gericht er
verklagt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - Rs. C-168/02,
Slg. 2004, I-6009, Tz. 20 - Kronhofer mwN).
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b) Ob nach diesen Maßstäben der Auffassung des Berufungsgerichts gefolgt werden kann, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte könne
auf den Handlungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO gestützt werden, bedarf keiner Entscheidung.
28
Das Berufungsgericht hat die schädigende Tätigkeit des W. in Deutschland, zu der die Beklagte vorsätzlich Beihilfe geleistet haben soll, der Beklagten
zuständigkeitsrechtlich zugerechnet und so die ständige Rechtsprechung des
erkennenden Senats zu § 32 ZPO (vgl. BGHZ 184, 365, Tz. 19; Senatsurteile
vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 463 und vom
22. November 1994 - XI ZR 45/91, WM 1995, 100, 102) auf Art. 5 Nr. 3
EuGVVO übertragen.
29
Die Frage, ob im Rahmen des Deliktsgerichtsstandes des Art. 5 Nr. 3
EuGVVO bei einer grenzüberschreitenden Beteiligung mehrerer an einer uner-
- 12 -
laubten Handlung für die Bestimmung des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, eine wechselseitige Handlungsortzurechnung zulässig ist,
ist umstritten (bejahend: Mankowski in Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation, Art. 5 Rn. 221; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl.,
EuGVVO Art. 5 Rn. 22; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., A. 1 Art. 5 Rn. 250; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl.,
EuGVVO Art. 5 Rn. 25; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 31. Aufl., EuGVVO Art. 5
Rn. 20; verneinend: LG Mönchengladbach, Urteil vom 5. Februar 2009 - 10 O
422/07, S. 6 ff.; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 5
Rn. 20a; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Brüssel
I-VO Art. 5 Rn. 88c; zweifelnd auch: MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl.,
EuGVO Art. 5 Rn. 62; Wagner/Gess, NJW 2009, 3481, 3484 f.; zu Art. 5 Nr. 3
EuGVÜ: Weller, IPRax 2000, 202, 205 ff.). Diese Frage, die der Senat bereits in
seinen Urteilen vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, Tz. 27 und vom 13. Juli 2010
- XI ZR 28/09, WM 2010, 1590, Tz. 29 offen gelassen hat, bedarf auch hier keiner Entscheidung.
c) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3
30
EuGVVO ist nämlich jedenfalls deshalb gegeben, weil der Erfolgsort in
Deutschland liegt. Nach dem schlüssigen Vortrag des Klägers ist der Vermögensschaden, den er mit der Klage ersetzt verlangt, an dem Guthaben auf seinem bei einem Kreditinstitut in Deutschland geführten Girokonto eingetreten,
von dem er infolge der mit Beihilfe der Beklagten verübten vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des W. das angelegte Kapital auf ein Konto der Beklagten
bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen hat.
aa) Der Begriff des Erfolgsortes im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO wird
31
aufgrund des Ausnahmecharakters der Vorschrift in der Rechtsprechung des
EuGH
restriktiv
ausgelegt
(vgl.
EuGH,
Urteile
vom
11. Januar
1990
- 13 -
- Rs. C-220/88, Slg. 1990, I-49, Tz. 17 - Dumez France und Tracoba und vom
19. September 1995 - Rs. C-364/93, Slg. 1995, I-2719, Tz. 21 - Marinari). Der
Wohnsitz eines Klägers als sein Vermögensmittelpunkt kann nach einer Entscheidung des EuGH zu Gerichtsständen bei Kapitalanlagedelikten (Urteil vom
10. Juni 2004 - Rs. C-168/02, Slg. 2004, I-6009, Tz. 21 - Kronhofer) nicht bereits deshalb als Erfolgsort angesehen werden, weil dem Kläger durch den Verlust von Vermögensbestandteilen in einem anderen Mitgliedstaat ein finanzieller
Schaden entstanden ist. Diesem Urteil lag allerdings ein wesentlich anderer
Sachverhalt als im vorliegenden Fall zugrunde, weil dort die unerlaubte Handlung erst nach Überweisung des Anlagekapitals von einem Konto am Wohnsitz
des Anlegers auf ein im Ausland geführtes Konto verübt wurde (vgl. OGH, Beschluss vom 9. April 2002 - 4 Ob 40/02i; Junker, ZZPInt 9 [2004], 200, 204 f.).
Der Entscheidung des EuGH ist zu entnehmen, dass unter anderen Umständen
der Erfolgsort durchaus im Wohnsitzstaat des Klägers gelegen sein kann (vgl.
von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl., EuGVVO Art. 5
Rn. 24; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Brüssel I-VO
Art. 5 Rn. 86b; ferner Blobel, EuLF 2004, 187, 190 f.; Huber, IPRax 2009, 134,
136 f.).
32
Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat seinem Vortrag zufolge das Anlagekapital erst als Folge einer unerlaubten Handlung von seinem in Deutschland
geführten Girokonto auf ein Konto der Beklagten bei einem Kreditinstitut in
Deutschland überwiesen, so dass die durch die unerlaubte Handlung verursachte Minderung des Kontoguthabens den für die Bestimmung des Erfolgsortes maßgeblichen Schaden darstellt. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die Beklagte habe sich bedingt vorsätzlich zumindest als Gehilfin an einem Geschäftsmodell des W. beteiligt, das darauf angelegt gewesen sei, zur
ausschließlich dem eigenen Vorteil dienenden hohen Gewinnerzielung möglichst viele Geschäfte zu vermitteln, die für den Anleger aufgrund der Gebüh-
- 14 -
renhöhe und -struktur von vornherein chancenlos seien. Bei einem solchen Geschäftsmodell, das von vornherein bewusst darauf abzielt, uninformierte, leichtgläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und
ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten
zu bereichern (vgl. BGHZ 184, 365, Tz. 26; Senatsurteile vom 2. Februar 1999
- XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541 und vom 22. November 2005 - XI ZR
76/05, WM 2006, 84, 87), und das auf Seiten des Anlegers einen Kenntnisrückstand voraussetzt, ohne den ein vernünftig denkender Anleger sich auf die
Geldanlage nicht eingelassen hätte, erweist sich bereits die durch den Anleger
veranlasste Überweisung des Anlagekapitals als Deliktserfolg, so dass gerichtsstandsbegründender Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO der Ort
der Minderung des Kontoguthabens ist (Senatsurteile vom 13. Juli 2010 - XI ZR
57/08, Tz. 30 und vom 13. Juli 2010 - XI ZR 28/09, WM 2010, 1590, Tz. 32;
vgl. auch Junker, ZZPInt 9 [2004], 200, 205 f.; Mankowski in Magnus/
Mankowski, Brussels I Regulation, Art. 5 Rn. 239 f.; ders., RIW 2005, 561, 562;
Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Brüssel I-VO Art. 5
Rn. 86b; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 24).
33
Der von der Revision erstmals in der mündlichen Verhandlung erhobene
Einwand, der in der Minderung des Kontoguthabens liegende Schaden werde
dadurch kompensiert, dass der Kläger bis zur Durchführung der einzelnen Optionsgeschäfte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Anlagekapitals gehabt habe, greift nicht durch. Dem für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit maßgeblichen Sachvortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen ist nicht zu entnehmen, dass dem Kläger ein solcher Anspruch
zustand und werthaltig war, d.h. dass die Beklagte insoweit zahlungswillig war.
Gegen die Realisierbarkeit eines solchen Anspruchs vor Durchführung der einzelnen Optionsgeschäfte spricht, dass nach den rechtsfehlerfreien und von der
Revision innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht angegriffenen Feststel-
- 15 -
lungen des Berufungsgerichts die Anlageentscheidungen des Klägers und damit die Durchführung der einzelnen Optionsgeschäfte von W. gesteuert wurden.
34
bb) Diese Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO entspricht dem Zuständigkeitssystem der EuGVVO und dem Ausnahmecharakter des Art. 5 Nr. 3
EuGVVO. Sie führt zwar bei Kapitalanlagedelikten der vorliegenden Art in Abweichung von der Grundregel des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO regelmäßig zu einem
Gerichtsstand im Wohnsitzstaat des Anlegers. Dies ist aber aufgrund der - hier
unterstellten - unerlaubten Handlung der Beklagten, die unmittelbar einen Schaden des im Wohnsitzstaat des Klägers belegenen Vermögens verursacht hat,
gerechtfertigt. Das gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zuständige Gericht hat in Fällen
der vorliegenden Art die erforderliche Nähe zum Streitgegenstand, die für eine
geordnete Rechtspflege und sachgerechte Prozessgestaltung erforderlich ist.
Dies gilt insbesondere für den Gesichtspunkt der Beweisnähe. Soll etwa über
den Inhalt von Gesprächen zwischen Vermittler und Anleger oder über Ausmaß
und Höhe des Schadens Beweis erhoben werden, dürften nicht selten Zeugen
benannt werden, die bei den Gesprächen zwischen Anlagevermittler und Anleger in dessen Wohnsitzstaat zugegen waren (vgl. von Hein, IPRax 2005, 17,
21; Kiethe, NJW 1994, 222, 226; Mankowski, RIW 2005, 561, 562).
35
Auch der Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit des zuständigen Gerichts
erfordert keine andere Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Für ein Brokerunternehmen, das, wie die Beklagte, mit Vermittlern in anderen Mitgliedstaaten
zusammenarbeitet und sich durch die Ausrichtung seiner gewerblichen Tätigkeit
auf diese Staaten ausländische Märkte erschließt, ist vorhersehbar, dass auf
diese Weise geworbene Anleger durch Überweisung von Anlagegeldern gegebenenfalls selbstschädigende Vermögensverfügungen in ihren Heimatstaaten treffen (vgl. von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Mankowski in Magnus/
- 16 -
Mankowski, Brussels I Regulation, Art. 5 Rn. 239; Muir Watt, Rev. crit.dr.i.pr. 94
[2005], 330, Rn. 10).
36
cc) Eine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung über die Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist nicht erforderlich. Die richtige Auslegung der
Verordnung ist aus den dargelegten Gründen derart offenkundig, dass für einen
vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. BGHZ 153, 82, 92 f.; Senatsurteil
vom 23. Februar 2010 - XI ZR 186/09, WM 2010, 647, Tz. 35, jeweils mwN).
Dass die Entscheidung, ob finanzielle Verluste eines Anlegers in seinem Heimatstaat eingetreten sind, auch im Rahmen von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO den nationalen Gerichten obliegt, ist in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt (vgl.
EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - Rs. C-18/02, Slg. 2004, I-1417, Tz. 43
- DFDS Torline).
37
2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage im Wesentlichen als begründet angesehen hat.
38
a) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht
seiner Beurteilung deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt (vgl. BGHZ 184,
365, Tz. 29 ff.; Senatsurteile vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, Tz. 35 und vom
13. Juli 2010 - XI ZR 28/09, WM 2010, 1590, Tz. 37).
39
b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, W.
habe den Kläger durch die Vermittlung der von vornherein chancenlosen Börsentermin- und Optionsgeschäfte vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.
40
aa) Ein Vermittler haftet wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung
gemäß § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln.
Einem solchen Vermittler geht es allein darum, hohe Gewinne zu erzielen, in-
- 17 -
dem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind. Sein Geschäftsmodell zielt
damit von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leichtgläubige
Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres
Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf ihre Kosten zu bereichern (BGHZ 184, 365, Tz. 26 f.).
41
bb) Diese Haftungsvoraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfreien
Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Die von W. verlangten Gebühren
brachten das Chancen-Risiko-Verhältnis danach aus dem Gleichgewicht. Die
dadurch verminderte Gewinnchance musste mit zunehmender Anzahl der Optionsgeschäfte, die W. nach seinem Belieben steigern konnte, weiter abnehmen.
Die an die einzelnen Kontrakte anknüpfende Roundturn-Provision von 100 USDollar sowie die weitere, der Beklagten geschuldete Gebühr von 20 US-Dollar
machten damit selbst für den Fall, dass einzelne Geschäfte Gewinn abwarfen,
für die Gesamtinvestition jede Chance auf positive Ergebnisse äußerst unwahrscheinlich und ließen den weitgehenden Verlust der eingesetzten Mittel so gut
wie sicher erscheinen.
42
Die hiergegen erhobenen Einwände der Revision greifen nicht durch. Sie
beschränken sich auf die schlichte Behauptung, die Annahme, dass "sämtliche"
Geschäfte des Klägers vorhersehbar nachteilig sein würden, sei falsch. Davon
ist das Berufungsgericht jedoch nicht ausgegangen. Vielmehr hat es festgestellt, dass jeder Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnerwartung des
Anlegers verschlechterte, weil ein höherer Kursaufschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig war, um in die Gewinnzone
zu kommen, und dass die geringere Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem weiteren Optionsgeschäft abnahm. Dass diese
Feststellungen des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sind, zeigt die Revision
- 18 -
nicht auf. Auf den Abschluss weiterer Geschäfte hatte W. bestimmenden Einfluss, weil er nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
die Anlageentscheidungen des Klägers steuerte.
43
c) Auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine haftungsrelevante Beteiligung der Beklagten an der durch W. begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 826, 830 BGB) bejaht hat, halten rechtlicher Überprüfung stand.
44
aa) Die Voraussetzungen einer Teilnahme an einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 830 BGB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Demgemäß verlangt die Teilnahme neben der Kenntnis
der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als
fremde Tat zu fördern. In objektiver Hinsicht muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert
und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten
festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes
Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem
auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (BGHZ 137, 89,
102 f.; 184, 365, Tz. 34; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03,
WM 2004, 1768, 1771).
45
Da sich in Fällen der vorliegenden Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten zur Vornahme sittenwidriger Handlungen oder eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung wird
feststellen lassen, ergibt sich die Notwendigkeit, die gesamten Umstände des
konkreten Einzelfalles, die möglicherweise auch Grundzüge bestimmter zu
missbilligender branchentypischer Handlungsweisen aufzeigen, daraufhin zu
- 19 -
untersuchen, ob sich ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem
sittenwidrigen Verhalten ergeben (BGHZ 184, 365, Tz. 35; BGH, Urteil vom
13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1771).
46
bb) Nach diesen Grundsätzen halten die Ausführungen, mit denen das
Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 830 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 BGB haftungsrelevanten Teilnahmehandlung der Beklagten bejaht hat,
einer rechtlichen Überprüfung stand.
47
(1) Die objektiven Voraussetzungen einer Teilnahme im Sinne von § 830
Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB sind gegeben. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen hat die Beklagte mit dem "Introducing Broker Agreement" eine auf
Dauer angelegte und auf den Aufbau eines profitablen Brokergeschäfts gerichtete Zusammenarbeit mit W. begründet, W. den Zugang zur Londoner Börse
eröffnet, das Transaktionskonto des Klägers geführt und Provisionen an W.
überwiesen.
48
In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beihilfe durch
sogenannte neutrale bzw. berufstypische Handlungen nicht verkannt. Nach dieser Rechtsprechung sind derartige Handlungen als Beihilfe zu werten, wenn
das Handeln des Haupttäters ausschließlich auf die Begehung einer strafbaren
Handlung abzielt und der Hilfeleistende Kenntnis hiervon hat. Falls dieser nicht
weiß, wie sein Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, sondern es lediglich für
möglich hält, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, ist sein
Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es
sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung
eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (BGHSt 46, 107,
- 20 -
112 f.; BGH, Beschluss vom 20. September 1999 - 5 StR 729/98, wistra 1999,
459, 460; Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41, Tz. 11 f.,
jeweils mwN). Dies bedeutet, dass auch neutrale Handlungen eine objektive
Hilfeleistung darstellen können und die Qualifizierung neutraler Handlungen als
Beihilfehandlungen ein Problem des subjektiven Tatbestandes ist (vgl. Fischer,
StGB, 57. Aufl., § 27 Rn. 18 mwN).
49
(2) Auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht den Teilnehmervorsatz der Beklagten im Sinne von § 830 BGB bejaht hat, sind rechtsfehlerfrei.
50
Die Feststellung eines vorsätzlichen Handelns der Beklagten unterliegt
als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO
nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Sie kann
lediglich daraufhin überprüft werden, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt
worden ist (BGHZ 184, 365, Tz. 35; BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - VI ZR
136/03, WM 2004, 1768, 1771 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03,
WM 2005, 27, jeweils mwN). Dieser Prüfung hält das Berufungsurteil stand.
51
(a) Die subjektiven Voraussetzungen einer haftungsrechtlich relevanten
Mitwirkungshandlung sind erfüllt, wenn ein ausländischer Broker, der mit einem
deutschen gewerblichen Terminoptionsvermittler zusammenarbeitet, positive
Kenntnis von dessen Geschäftsmodell, das in der Gebührenstruktur zum Ausdruck kommt, hat, d.h. wenn er die vom Vermittler erhobenen Gebühren und
Aufschläge kennt, die die Geschäfte für den Anleger insgesamt chancenlos
machen. Falls er keine positive Kenntnis der Gebühren und Aufschläge für die
von ihm ausgeführten Geschäfte hat, reicht es aus, wenn er das deutsche
Recht, die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland und
- 21 -
die zurückliegenden zahlreichen Missbrauchsfälle kennt und damit weiß, dass
für den Vermittler aufgrund der hohen Gebührenaufschläge ein großer Anreiz
besteht, seine geschäftliche Überlegenheit zum Schaden des Anlegers auszunutzen. In diesem Fall ist es für die Annahme eines bedingten Gehilfenvorsatzes nicht erforderlich, dass der Broker das praktizierte Geschäftsmodell des
Vermittlers positiv kennt. Es genügt, dass er das Geschäftsmodell vor Beginn
seiner Zusammenarbeit mit dem Vermittler keiner Überprüfung unterzieht, sondern dem Vermittler deutlich zu erkennen gibt, keine Kontrolle seines Geschäftsgebarens gegenüber seinen Kunden auszuüben und ihn nach Belieben
schalten und walten zu lassen. Wenn der Broker auf diese Weise die Augen
bewusst vor der sich aufdrängenden Erkenntnis der Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells des Vermittlers verschließt und diesem das unkontrollierte
Betreiben seines Geschäftsmodells ermöglicht, überlässt er die Verwirklichung
der erkannten Gefahr dem Zufall und leistet zumindest bedingt vorsätzliche
Beihilfe zu der unerlaubten Handlung des Vermittlers (BGHZ 184, 365, Tz. 42 f.;
Senat, Urteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 28/09, WM 2010, 1590, Tz. 53).
52
Diese Voraussetzungen eines Teilnehmervorsatzes der Beklagten sind
erfüllt, weil die Beklagte nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien in den
Tatsacheninstanzen bereits vor dem ersten Geschäft, das sie im Juni 2002 für
den Kläger durchführte, positive Kenntnis von den Gebühren hatte, die er an W.
zu entrichten hatte. Dies ergibt sich, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu Recht hervorgehoben hat, aus dem
Schreiben der Beklagten vom 28. Mai 2002 an den Kläger, in dem sie ihn über
die "Commission R/T" einschließlich ihrer "execution rate" in Höhe von insgesamt 120 US-Dollar unterrichtete. Bereits mit Schreiben vom 12. Juli 2001 hatte
die Beklagte W. mitgeteilt, dass Kunden eine Provision von 120 US-Dollar, von
denen 95 US-Dollar dem Vermittler zustünden, zu zahlen hätten. Diese Schreiben, die von der Beklagten nicht bestritten worden sind, sind vom Kläger als
- 22 -
Anlagen zur Klageschrift vom 8. Februar 2006 und zum Schriftsatz vom
18. April 2008 vorgelegt und in den Urteilen des Land- und des Berufungsgerichts, die zur positiven Kenntnis der Beklagten von den erhobenen Gebühren
keine gegenteiligen Feststellungen treffen, in Bezug genommen worden. Aufgrund dieser Schreiben steht fest, dass die Beklagte positive Kenntnis von den
Gebühren hatte, die der Kläger an W. zu entrichten hatte. Als erfahrenes Brokerunternehmen wusste die Beklagte, dass aufgrund dieser Gebühren die Optionsgeschäfte des Klägers, insgesamt betrachtet, praktisch chancenlos waren.
Damit sind die subjektiven Voraussetzungen einer haftungsrechtlich relevanten
Mitwirkungshandlung der Beklagten erfüllt. Auf die Voraussetzungen, unter denen die subjektiven Voraussetzungen auch ohne die positive Kenntnis eines
Brokers von den Gebühren angenommen werden können, kommt es daher
nicht mehr an.
53
(b) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu Aufklärungspflichten bei gestaffelter Einschaltung mehrerer Wertpapierdienstleistungsunternehmen (BGHZ 147, 343, 353) steht, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, der Annahme eines Teilnehmervorsatzes nicht entgegen, weil es
vorliegend um die Haftung der Beklagten wegen einer bedingt vorsätzlichen
Beteiligung an einem sittenwidrigen Geschäftsmodell eines Terminoptionsvermittlers und nicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten geht (vgl.
BGHZ 184, 365, Tz. 26 f.). Zudem kann bei vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und hierzu vorsätzlich geleisteter Beihilfe, d.h. bei kollusivem
Zusammenwirken der beteiligten Wertpapierdienstleistungsunternehmen, ohnehin kein Unternehmen auf die ausreichende Aufklärung des Anlegers durch
das andere Unternehmen vertrauen.
54
(c) Das Berufungsgericht hat schließlich auch rechtsfehlerfrei dem unterstellten Umstand, dass gegen W. keine aufsichtsrechtlichen Verfahren anhän-
- 23 -
gig waren, keine dem Gehilfenvorsatz der Beklagten entgegenstehende Bedeutung beigemessen. Dass ein Finanzdienstleister eine Erlaubnis der Finanzaufsicht besitzt und von dieser überwacht wird, lässt nicht ohne weiteres auf die
zivilrechtliche Unbedenklichkeit seines Verhaltens gegenüber seinen Kunden
schließen (BGHZ 184, 365, Tz. 46).
55
d) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht ein Mitverschulden
des Klägers verneint hat, begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
56
Die Abwägung der Verantwortlichkeit von Schädiger und Geschädigtem
gehört zum Bereich tatrichterlicher Würdigung und unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Sie kann lediglich darauf
überprüft werden, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (BGH, Urteile vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00, WM 2002, 2473, 2476,
vom 11. Januar 2007 - III ZR 116/06, NJW 2007, 1063, Tz. 7 und vom 3. Juli
2008 - I ZR 183/06, NJW-RR 2009, 46, Tz. 23, jeweils mwN). Dieser Überprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichts stand.
57
Der vom Berufungsgericht bei seiner Abwägung zu Lasten der Beklagten
zugrunde gelegte Grundsatz, dass ein Mitverschulden des allenfalls fahrlässig
handelnden Geschädigten gegenüber einem aus § 826 BGB haftenden Schädiger regelmäßig nicht in Betracht kommt, entspricht der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 76, 216, 217 f.; BGH, Urteil vom 6. Dezember 1983
- VI ZR 60/82, WM 1984, 126, 127; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2005
- II ZR 276/02, juris, Tz. 3, jeweils mwN). Das Berufungsgericht hat auch berücksichtigt, dass dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt gilt und ausnahmsweise, etwa bei besonders leichtfertigem Verhalten des Geschädigten, eine
Schadensteilung in Betracht kommen kann (BGH, Urteile vom 6. Dezember
- 24 -
1983 - VI ZR 60/82, WM 1984, 126, 127, vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91,
WM 1992, 151, 153 und vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00, WM 2002, 2473,
2476, jeweils mwN). Ein leichtfertiges Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, ein solches
lasse sich nicht aus dem bloßen Umstand herleiten, dass der Kläger sich auf
Geschäfte eingelassen habe, deren Risiken er nicht überblickt habe.
58
e) Auch die Verjährung der Klageforderung hat das Berufungsgericht,
anders als die Revision meint, rechtsfehlerfrei verneint. Da der Anspruch des
Klägers erst nach dem 1. Januar 2002 entstanden ist, ist seine Verjährung nach
den am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen §§ 195, 199 BGB nF zu beurteilen.
59
Die Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB nF war bei Klageerhebung
im März 2006 noch nicht abgelaufen, so dass diese zur Hemmung der Verjährung geführt hat (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Nach §§ 195, 199 BGB nF beträgt
die Verjährungsfrist drei Jahre beginnend vom Schluss des Jahres, in dem der
Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners hat oder
diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat.
60
aa) Die erforderliche Kenntnis liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form
der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich
ist. Weder ist es notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt,
die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits
hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im
Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es, abgesehen von Ausnahmefällen, nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, WM 2008, 89, Tz. 15; Senatsurteile
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vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260, Tz. 32 und vom 3. Juni
2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, Tz. 27, jeweils mwN).
61
Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis
fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder
das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urteil
vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, WM 2005, 382, 384; Senatsurteil vom
23. September 2008 - XI ZR 253/07, WM 2008, 2158, Tz. 34, jeweils mwN).
bb) Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger vor dem 1. Januar 2003
62
weder positive Kenntnis von einer Beteiligung der Beklagten am sittenwidrigen
Geschäftsmodell von W., noch beruhte seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit.
63
Geht es, wie hier, um die Frage einer deliktischen Haftung eines Brokers
wegen bedingt vorsätzlicher Teilnahme an einem sittenwidrigen Geschäftsmodell, kann von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Anlegers
nur ausgegangen werden, wenn ihm sowohl die Umstände, die in Bezug auf
dieses Geschäftsmodell einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass auch der das Transaktionskonto führende
und die einzelnen Aufträge des Anlegers ausführende Broker als möglicher Haftender in Betracht kommt, bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt
sind (Senatsurteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, Tz. 46).
64
Beides war hier vor dem 1. Januar 2003 nicht der Fall. Dem Kläger waren mit der bloßen Kenntnis davon, dass im Jahr 2002 Verluste realisiert wurden, noch keine Umstände bekannt, die auf die Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells von W. schließen ließen oder zu weiteren Nachforschungen oder der
Einholung von Rechtsrat Anlass gaben. Die Verluste konnten aus Sicht des Klä-
- 26 -
gers auch auf den Marktgegebenheiten beruhen. Ferner waren dem Kläger keine Umstände bekannt, die die Beklagte als mögliche deliktisch Haftende in Frage kommen ließen. Da die Beklagte nicht Vertragspartnerin des Geschäftsbesorgungsvertrages war und gegenüber dem Kläger nur als kontoführendes Institut auftrat, konnten die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB allenfalls vorliegen, wenn dem Kläger zusätzlich zu der - hier nicht vorhandenen - Kenntnis von Umständen, die den Schluss auf die Chancenlosigkeit
der von W. vermittelten Geschäfte zuließen, Umstände bekannt oder infolge
grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen wären, aus denen sich ergab, dass
die Beklagte sich bedingt vorsätzlich an dem von W. praktizierten Geschäftsmodell beteiligte. Dafür ist nichts ersichtlich. Die maßgeblichen Umstände für
die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte sich an einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des W. gemäß § 826 BGB in haftungsrelevanter Weise vorsätzlich im Sinne von § 830 BGB beteiligt hat, stehen im Zusammenhang mit der
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Begründung der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und W. und ergeben sich unter anderem aus dem Abkommen vom 12. Juli 2001. Dass der
Kläger hiervon vor dem 1. Januar 2003 Kenntnis erlangt oder infolge grober
Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, ist weder festgestellt noch dem Parteivortrag zu
entnehmen.
Wiechers
Joeres
Ellenberger
Mayen
Matthias
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.05.2007 - 14c O 27/06 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.06.2008 - I-6 U 146/07 -