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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 379/14
Verkündet am:
7. Februar 2017
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:070217UXIZR379.14.0
-2-
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die
Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und
Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts München vom 16. Juli 2014 in der Fassung
des Beschlusses vom 15. September 2014 im Kostenpunkt und
insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung der
Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert zurückgewiesen
hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an den 19. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Beratung im
Zusammenhang mit dem Abschluss eines Swap-Geschäfts in Anspruch.
2
Die Klägerin, ein mittelständisches metallverarbeitendes Unternehmen,
schloss mit der Beklagten am 25. August 2004 einen Rahmenvertrag für Fi-
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nanztermingeschäfte (nachfolgend: Rahmenvertrag) und am 22. Oktober 2008
den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Vertrag (nachfolgend: CCSVertrag) mit einer Laufzeit vom 24. Oktober 2008 bis zum 24. Oktober 2013. In
diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin, an die Beklagte zum Enddatum
1.504.300 CHF und zuvor halbjährlich Zinsen in Höhe des 6-Monats-CHFLIBOR-BBA zuzüglich 0,6% p.a. auf diesen Bezugsbetrag zu zahlen, während
die Beklagte an die Klägerin zum Enddatum 1.000.000 € und zuvor halbjährlich
Zinsen in Höhe des 6-Monats-EUR-EURIBOR-Reuters auf diesen Betrag zu
zahlen hatte. In der Folgezeit tauschten die Parteien regelmäßig die Differenzen
aus den Zinsverpflichtungen aus.
3
Mit ihrer nach erfolglos betriebenem Güteverfahren erhobenen Klage hat
die Klägerin zunächst die Feststellung begehrt, dass der Beklagten keine Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Swap-Vertrag zustehen und diese der
Klägerin zum Ersatz der künftig noch entstehenden Schäden verpflichtet ist.
Nach Ende der Vertragslaufzeit begehrt die Klägerin nunmehr die Zahlung von
207.661,44 € nebst Zinsen. Des Weiteren verlangt sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
4
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Senat hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil nur zugelassen, soweit es um
den Vorwurf der unterbliebenen Aufklärung über den anfänglichen negativen
Marktwert des Swap-Vertrags geht. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin ihr
Klagebegehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
5
Die Revision ist begründet. Sie führt in dem aus der Entscheidungsformel
ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
6
Das Berufungsgericht (OLG München, BeckRS 2014, 14736) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von
Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
7
Das Landgericht habe zu Recht eine pflichtwidrige Beratung der Klägerin
durch Mitarbeiter der Beklagten verneint. Zwar folge jedenfalls aus dem Rahmenvertrag die Pflicht zur korrekten Beratung der Klägerin. Die Beklagte sei
aber nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin über einen anfänglichen negativen
Marktwert des streitgegenständlichen Swap-Vertrags aufzuklären, da insoweit
der Sachverhalt anders liege als in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom
22. März 2011 (XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13). Entspreche der anfängliche negative Marktwert dem Gewinn der Bank, sei darüber nicht aufzuklären, da sich die
Gewinnerzielungsabsicht der Bank für den Kunden von selbst verstehe. Aufklärungspflichtig werde ein anfänglicher negativer Marktwert nur dann, wenn er
durch entsprechende Gestaltung der Berechnungsformel bewusst einstrukturiert worden sei. Vorliegend sei die Berechnungsformel des CCS-Vertrags
denkbar einfach. Sie bestehe nur aus drei Parametern, auf deren Entwicklung
die Beklagte keinen Einfluss gehabt habe, so dass es ihr nicht möglich gewesen sei, Nachteile für die Klägerin in die Berechnungsformel bewusst einzustrukturieren. Auch wenn die Beklagte über bessere Erkenntnismöglichkeiten
-5-
hinsichtlich der voraussichtlichen Entwicklung der Berechnungsparameter verfüge als die Klägerin, blieben auch komplex ermittelte Prognosen pure Erwartungen, die sich erfüllen könnten oder auch nicht.
II.
8
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
9
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, im Fall eines
CCS-Vertrags, der wie der streitgegenständliche konzipiert sei, bestehe keine
Beratungspflicht zur Aufklärung über einen anfänglichen negativen Marktwert,
der aus der eingepreisten Gewinnmarge der Bank resultiere.
10
1. Auch wenn das Einpreisen einer Bruttomarge in ein Swap-Geschäft
kein Umstand ist, über den die beratende Bank im Rahmen der objektgerechten
Beratung informieren müsste (Senatsurteile vom 20. Januar 2015 - XI ZR
316/13, WM 2015, 575 Rn. 33 ff., vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ
205, 117 Rn. 31 f. und vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821
Rn. 23), hat sie unter dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts bei Swap-Verträgen im Zweipersonenverhältnis - und damit unabhängig von deren konkreten Bedingungen - die Pflicht, über die Einpreisung eines
anfänglichen negativen Marktwerts, d.h. der den Nettogewinn und die Kosten
der Bank umfassenden Bruttomarge, sowie über dessen Höhe aufzuklären, es
sei denn, der Swap-Vertrag dient nur dazu, die Konditionen eines konnexen
Kreditverhältnisses abzuändern (vgl. Senatsurteile vom 28. April 2015, aaO
Rn. 39 ff. und vom 22. März 2016, aaO Rn. 24, 27; Senatsbeschluss vom
15. März 2016 - XI ZR 208/15, juris Rn. 10).
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2. Hier war die Verpflichtung der Beklagten zur Aufklärung über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts nicht wegen des Bestehens
eines konnexen Gegengeschäfts entfallen. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, dass die Beklagte der Klägerin ein Darlehen gewährt hatte, mit dem der CCS-Vertrag gemäß den Grundsätzen, die der Senat
nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteilen vom 22. März 2016 (XI ZR
425/14, WM 2016, 821 Rn. 26 ff.) und vom 12. Juli 2016 (XI ZR 150/15, juris
Rn. 25) aufgestellt hat, konnex verknüpft war.
III.
12
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
13
1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer unzureichenden Information über den
anfänglichen negativen Marktwert des CCS-Vertrags zwar nicht aus einer Verletzung von Pflichten aus dem Rahmenvertrag resultieren (vgl. Senatsurteil vom
28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 25 ff.). Allerdings ist nach
den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen,
dass zwischen den Parteien ein Einzelberatungsvertrag zustande gekommen
ist. Denn in Fällen, in denen der Kunde an die Bank oder die Bank an den Kunden herantritt, um über den Abschluss von Swap-Verträgen beraten zu werden
bzw. zu beraten, wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs
angenommen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93,
BGHZ 123, 126, 128, vom 28. April 2015, aaO Rn. 23 und vom 22. März 2016
- XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 21).
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14
2. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich ebenfalls
nicht, dass keine Verletzung der Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über einen
anfänglichen negativen Marktwert des CCS-Vertrags vorliegt.
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Nach diesen Feststellungen hat die Klägerin behauptet, nicht auf den anfänglichen negativen Marktwert des Swap-Vertrags hingewiesen worden zu
sein. Damit hat die Klägerin die geltend gemachte Pflichtverletzung hinreichend
dargelegt. Denn schlüssiger Vortrag zur unzureichenden Aufklärung über den
anfänglichen negativen Marktwert eines Swap-Vertrags setzt nur voraus, dass
der Kunde die Einpreisung eines anfänglichen negativen Marktwerts als solches
und das Verschweigen dieser Tatsache vorträgt. Dagegen muss der Kunde den
Umfang des anfänglichen negativen Marktwerts nicht beziffern, auch nicht im
Sinne der Angabe einer Größenordnung (Senatsbeschlüsse vom 20. Oktober
2015 - XI ZR 532/14, WM 2015, 2279 Rn. 16 f. und vom 15. März 2016 - XI ZR
208/15, juris Rn. 16 f. sowie Senatsurteil vom 22. März 2016 - XI ZR 93/15, WM
2016, 827 Rn. 17).
16
Zudem hat die Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen eingeräumt, ihre Gewinnmarge in den streitgegenständlichen Swap-Vertrag eingepreist zu haben.
17
Schließlich hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus
folgerichtig - zu der Behauptung der Beklagten, ihre Mitarbeiter hätten der Klägerin die eingepreiste Gewinnmarge mitgeteilt, keine Feststellungen getroffen.
18
3. Ein das Verschulden der Beklagten ausschließender unvermeidbarer
Rechtsirrtum kommt nicht in Betracht (Senatsurteile vom 22. März 2011 - XI ZR
33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 39, vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205,
117 Rn. 73 und vom 12. Juli 2016 - XI ZR 150/15, juris Rn. 19).
-8-
IV.
19
Das Berufungsurteil ist deshalb in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur
Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat
der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
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Für das weitere Verfahren weist der Senat auf die Ausführungen in seinen Urteilen vom 28. April 2015 (XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 44, 79 ff.),
vom 22. März 2016 (XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 34 f., 54) und vom
12. Juli 2016 (XI ZR 150/15, juris Rn. 15 f.) hin.
Ellenberger
Maihold
Derstadt
Matthias
Dauber
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.07.2013 - 16 HKO 9568/12 OLG München, Entscheidung vom 16.07.2014 - 7 U 3548/13 -