|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|
BESCHLUSS
|
|
X ARZ 423/06
|
|
vom
|
|
7. Februar 2007
|
|
in dem Rechtsstreit
|
|
|
|
-2-
|
|
|
|
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Februar 2007 durch
|
|
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterinnen
|
|
Ambrosius und Mühlens und den Richter Prof. Dr. Meier-Beck
|
|
beschlossen:
|
|
|
|
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht München I bestimmt.
|
|
|
|
Gründe:
|
|
|
|
1
|
|
|
|
A.
|
|
|
|
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprü-
|
|
|
|
che aus der Kapitalbeteiligung an zwei Medienfonds geltend. Sie trägt zur Begründung ihrer Klageforderung vor:
|
|
2
|
|
|
|
Sie habe im September 2003 eine Kommanditbeteiligung an der Film
|
|
und Entertainment VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIPMedienfonds 3) sowie im November 2004 eine Beteiligung an der Film und Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIP-Medienfonds 4) gezeichnet. Der Beitritt sei auf Grund einer Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu 2 erfolgt. Die VIP-Medienfonds 3 und 4 hätten ihren
|
|
Sitz in München. Unternehmensgegenstand seien die weltweite Entwicklung,
|
|
Produktion, Koproduktion, Verwertung, Vermarktung und der Vertrieb von
|
|
Kino-, Fernseh- und Musikproduktionen und Ähnlichem. Persönlich haftende
|
|
Gesellschafterin und Geschäftsführerin beider Gesellschaften sei die F.
|
|
GmbH,
|
|
|
|
als
|
|
|
|
deren
|
|
|
|
Geschäftsführer
|
|
|
|
der
|
|
|
|
Beklag-
|
|
|
|
-3-
|
|
|
|
te zu 1 im Handelsregister eingetragen sei. In den Prospekten sei als Fondsinitiatorin
|
|
|
|
die
|
|
|
|
V.
|
|
|
|
V.
|
|
|
|
GmbH
|
|
|
|
bezeichnet,
|
|
|
|
deren
|
|
|
|
Ge-
|
|
|
|
schäftsführer ebenfalls der Beklagte zu 1 sei.
|
|
3
|
|
|
|
Mit der zum Landgericht Wuppertal erhobenen Klage macht die Klägerin
|
|
gegen die Beklagten zu 1, 3 und 4 Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung und unerlaubter Handlung und gegen die Beklagte zu 2, eine Bank, als
|
|
Anlageberaterin und Vermittlerin der Kapitalanlagen Ansprüche wegen Verletzung von Informations- und Aufklärungspflichten geltend. Sie nimmt den Beklagten zu 1 als Initiator beider Fonds und Prospektverantwortlichen und die
|
|
Beklagten zu 3 und 4 als nach ihrer Auffassung für die Verkaufsprospekte mitverantwortliche Banken in Anspruch; die Beklagte zu 4 hafte darüber hinaus
|
|
wegen Überschreitung ihrer Kreditgeberrolle. Gegenüber der Beklagten zu 4,
|
|
die einen Teil der Beteiligung an dem VIP-Medienfonds 4 finanziert hat, begehrt
|
|
die Klägerin ferner die Feststellung, dass der Beklagten zu 4 aus der Finanzierung der Beteiligung an dem VIP-Medienfonds 4 keine Forderungen zustehen.
|
|
|
|
4
|
|
|
|
Der Beklagte zu 1 befindet sich in München in Untersuchungshaft. Die
|
|
Beklagten zu 2 und 3 haben ihren Sitz in Frankfurt am Main, die Beklagte zu 4
|
|
in München. Nachdem die Beklagten die örtliche Zuständigkeit des angerufenen
|
|
Landgerichts gerügt haben, hat die Klägerin beim Oberlandesgericht Düsseldorf
|
|
die Bestimmung des zuständigen Gerichts beantragt. Das Oberlandesgericht
|
|
Düsseldorf hat sich für (örtlich) unzuständig erklärt, da keiner der Beklagten
|
|
seinen allgemeinen Gerichtsstand in seinem Bezirk habe, und das Verfahren an
|
|
das Oberlandesgericht München verwiesen. Dieses hat die Sache gemäß § 36
|
|
Abs. 3 ZPO dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts
|
|
vorgelegt. Das Oberlandesgericht München hält die Voraussetzungen für eine
|
|
Gerichtsstandsbestimmung für gegeben, sieht sich an einer entsprechenden
|
|
|
|
-4-
|
|
|
|
Entscheidung aber gehindert durch abweichende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte.
|
|
5
|
|
|
|
B.
|
|
|
|
Der Antrag führt zur Bestimmung des Landgerichts München I als
|
|
|
|
zuständiges Gericht.
|
|
6
|
|
|
|
I.
|
|
|
|
Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung über den Gerichts-
|
|
|
|
standbestimmungsantrag berufen, da die Vorlage zulässig ist.
|
|
7
|
|
|
|
Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof
|
|
unter anderem dann vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
|
|
|
|
8
|
|
|
|
Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand
|
|
für alle Beklagten nach § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht gegeben ist, da die
|
|
Vorschrift weder auf Schadensersatzansprüche aufgrund von fehlerhaften öffentlichen Kapitalmarktinformationen bei Vermögensanlagen des ungeregelten
|
|
("grauen") Kapitalmarkts (s. auch OLG München, ZIP 2006, 1699) noch auf vertragliche Schadensersatzansprüche gegen Anlagevermittler - wie im Streitfall
|
|
die Beklagte zu 2 - anwendbar sei. Damit würde es u.a. von einer Entscheidung
|
|
des Oberlandesgerichts Koblenz (NJW 2006, 3723) abweichen, das beide Fragen anders beurteilt hat.
|
|
|
|
9
|
|
|
|
II.
|
|
|
|
Der zulässige Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung ist begründet.
|
|
|
|
Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind erfüllt, da für die gegen
|
|
die als Streitgenossen in Anspruch genommenen Beklagten geltend gemachten
|
|
Ansprüche ein gemeinsamer Gerichtsstand nicht besteht.
|
|
|
|
-5-
|
|
|
|
10
|
|
|
|
Ein solcher gemeinsamer Gerichtsstand könnte sich nur aus § 32 b
|
|
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergeben. Dies ist jedoch nicht der Fall, da dieser ausschließliche Gerichtsstand nicht für sämtliche Beklagten begründet ist.
|
|
|
|
11
|
|
|
|
Entgegen der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts gilt dies
|
|
allerdings nicht deshalb, weil § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf öffentliche Kapitalmarktinformationen, die Anlagen des "grauen" Kapitalmarkts betreffen,
|
|
nicht anwendbar wäre. Die Vorschrift betrifft vielmehr, wie der Senat nach der
|
|
Vorlageentscheidung des Oberlandesgerichts bereits entschieden hat (Beschl.
|
|
v. 30.1.2007 - X ARZ 381/06, zur Veröffentlichung bestimmt), falsche, irreführende oder unterlassene Kapitalmarktinformationen aller Art und damit auch die
|
|
öffentlich vertriebenen Prospekte der VIP-Medienfonds 3 und 4.
|
|
|
|
12
|
|
|
|
Der ausschließliche Gerichtsstand des § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO
|
|
erfasst jedoch keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegenüber einer
|
|
Bank oder einem anderen Vermittler, der den Anspruchsteller über Kapitelanlagen beraten und ihm die Anlage, über die öffentlich fehlerhaft informiert worden
|
|
ist, empfohlen hat. Denn eine hierauf gestützte Klage ist nicht auf den Ersatz
|
|
eines aufgrund fehlerhafter öffentlicher Kapitalmarktinformationen verursachten
|
|
Schadens gerichtet, sondern auf den Ersatz eines Schadens aufgrund fehlerhafter Beratung, mag sich diese auch auf eine öffentliche Kapitalmarktinformation gestützt haben. Auch dies hat der Senat in dem vorgenannten Beschluss
|
|
bereits entschieden.
|
|
|
|
13
|
|
|
|
III.
|
|
München I.
|
|
|
|
Als zuständiges Gericht bestimmt der Senat das Landgericht
|
|
|
|
-6-
|
|
|
|
14
|
|
|
|
Die Bestimmung hat nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter
|
|
Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit zu erfolgen, wobei die ausschließliche Zuständigkeit nach § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO für die gegenüber den Beklagten zu 1 und 3 sowie jedenfalls einen Teil der gegenüber der
|
|
Beklagten zu 4 geltend gemachten Ansprüche die Bestimmung eines anderen
|
|
Gerichts nicht grundsätzlich hindert (BGHZ 90, 155, 159 f.). Indessen hat die
|
|
Beklagte zu 4 auch ihren allgemeinen Gerichtsstand in München und befindet
|
|
sich der Beklagte zu 1 dort in Untersuchungshaft. Die Beklagte zu 2 hat ebenfalls die Bestimmung dieses Gerichts angeregt. Ein anderer örtlicher Schwerpunkt der Auseinandersetzung besteht nicht. Vielmehr ist das Landgericht München I nicht nur das nach § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuständige Ge-
|
|
|
|
-7-
|
|
|
|
richt, sondern sind bei ihm auch bereits mehrere Parallelverfahren anhängig. Es
|
|
ist demgemäß auch bereits in dem Verfahren X ARZ 381/06 vom Senat als zuständiges Gericht bestimmt worden.
|
|
|
|
Melullis
|
|
|
|
Scharen
|
|
Mühlens
|
|
|
|
Ambrosius
|
|
Meier-Beck
|
|
|
|
Vorinstanz:
|
|
OLG München, Entscheidung vom 10.11.2006 - 31 AR 114/06 -
|
|
|
|
|