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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 327/08
Verkündet am:
8. Juli 2009
Vorusso
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 133 C, 157 Ge
Zur Frage eines sich aus der wirtschaftlichen Einheit eines Leasingvertrages mit
einem Dienstleistungsvertrag ergebenden Leistungsverweigerungsrechts.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 327/08 - LG Traunstein
AG Laufen
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel sowie den Richter Dr. Schneider
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Traunstein vom 7. November 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt ein Leasingunternehmen, der Beklagte führt freiberuflich eine Arztpraxis.
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Die Parteien schlossen am 1./6. April 2005 einen Leasingvertrag über eine digitale TV-Multimedia-Empfangsanlage mit Fernbedienung (im Folgenden:
Anlage), die dem Beklagten bereits am 17. März 2005 von der v.
AG
geliefert und im Wartezimmer der Arztpraxis des Beklagten installiert worden
war. Als monatlich fällige Leasingrate vereinbarten die Parteien einen Betrag
von 189,90 € (brutto). Mit schriftlicher Übernahmeerklärung vom 17. März 2005
bestätigte der Beklagte der Klägerin, dass ihm das Leasingobjekt fabrikneu,
mangelfrei und in einwandfrei funktionierendem Zustand von der v.
AG geliefert worden sei.
-3-
In dem Leasingvertrag findet sich vor den Unterschriften der Parteien fol-
3
gender von der Klägerin vorformulierter Text:
"... Zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer wurden außer der Bereitstellung der o.a. Leasingobjekte keinerlei weitere Nebenleistungen
vereinbart. Sollte es zu Leistungsstörungen bezüglich irgendwelcher
weiterer Dienstleistungen kommen, die ein Dritter, wie zum Beispiel die
Lieferantin gegenüber dem Leasingnehmer erbringen muss, berührt dies
die Zahlungsverpflichtungen des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber nicht."
Nach den vertraglichen Vereinbarungen des Beklagten mit der v.
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AG, die einen digitalen Fernsehsender betrieb, verpflichtete sich diese,
dem Beklagten eine monatliche "Pauschale" von 175 € (brutto) als Subventionsleistung dafür zu bezahlen, dass er die Ausstrahlung eines von ihr verantworteten Fernsehprogramms (unter anderem Gesundheitstipps, Werbung) in
seinem Wartezimmer gestattete.
Sowohl der Leasingvertrag mit der Klägerin als auch der Vertrag mit der
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v.
E.
AG wurden dem Beklagten durch die Zeugen J.
S.
und H.
vermittelt. Die Zeugen erläuterten dem Beklagten bei der
Vertragsanbahnung, dass sich "das System" für ihn "kostenneutral" gestalten
werde, da die von der v.
AG zu zahlende monatliche Pauschale etwa
die von dem Beklagten geschuldeten monatlichen Leasingraten abdecken würde.
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Im Mai 2005 beantragte die v.
AG die Eröfffnung des Insol-
venzverfahrens über ihr Vermögen und stellte sowohl die Ausstrahlung des
Fernsehprogramms als auch die Zahlungen der Pauschale an den Beklagten
ein. Der Beklagte seinerseits zahlte in der Folgezeit keine weiteren Leasingraten an die Klägerin.
-4-
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung rückständiger Leasingra-
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ten in Höhe von 3.226,66 € in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landgericht
zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der
Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
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I.
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Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Beklagte habe zwei rechtlich selbständige Verträge abgeschlossen.
Die Ausstrahlung des Fernsehprogramms sowie die Zahlung der monatlichen
Pauschale seien von der Klägerin nicht geschuldet. Diese habe ihre Leistung
erbracht, indem sie die Anlage angekauft und dem Beklagten mangelfrei zur
Verfügung gestellt habe. Somit könne der Beklagte der Klägerin die Einrede
des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegenhalten.
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Ein von der Rechtsprechung ursprünglich auf der Grundlage von § 242
BGB hergeleiteter, später in § 9 VerbrKrG verankerter und nunmehr in den
§§ 358, 359 BGB normierter Einwendungsdurchgriff scheitere schon daran,
dass die letztgenannten Normen nur auf Verbraucher anwendbar seien. Der
Beklagte habe die Verträge jedoch im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit
geschlossen; er sei daher als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anzusehen.
Der Gesetzgeber habe den Einwendungsdurchgriff mit den §§ 358, 359 BGB
-5-
abschließend regeln wollen, so dass ein über deren Anwendungsbereich
hinausgehender Rückgriff über § 242 BGB grundsätzlich ausgeschlossen sei.
Besondere Umstände, die es ausnahmsweise rechtfertigten, dem Beklagten
dennoch einen Einwendungsdurchgriff zuzugestehen, seien nicht ersichtlich.
Zwar könne davon ausgegangen werden, dass der Klägerin bekannt gewesen
sei, dass die Ärzte die Leasingverträge über die von der v.
ferte Hardware nur wegen der von den Zeugen S.
AG geliebetonten Kosten-
neutralität des Gesamtgeschäfts abgeschlossen hätten. Die Klägerin habe jedoch in dem Leasingvertrag ausdrücklich schriftlich klargestellt, dass Leistungsstörungen im Dienstleistungsverhältnis mit der Lieferantin die Zahlungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin nicht berührten. Diese Klausel
halte als von der Klägerin verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung rechtlicher Prüfung stand, da sie lediglich auf die außerhalb von Verbraucherkreditverträgen geltende Rechtslage hinweise, dass der Leasingvertrag unabhängig
von den Vereinbarungen mit der v.
AG bestehe und deshalb ein Ein-
wendungsdurchgriff nicht bestehe. Davon abweichende, die Klägerin bindende
mündliche Nebenabreden seien nicht getroffen worden.
Auch eine Leistungsverweigerung nach den Grundsätzen der Störung
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der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) komme vorliegend nicht in Betracht, da
nach den getroffenen Vereinbarungen das Verwendungsrisiko der Anlage sowie
der Ausfall der Subventionszahlungen in den Risikobereich des Beklagten fielen.
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Schließlich habe der Beklagte auch keinen auf Befreiung von der Zahlungsverpflichtung gerichteten Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus
§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2, § 278 BGB. Zwar müsse sich die Klägerin Äußerungen der Zeugen S.
als eigene zurechnen lassen, da die
Zeugen als Abschlussvermittler und damit im Pflichtenkreis der Klägerin tätig
-6-
geworden seien. Indes habe die Beweisaufnahme keine eine Pflichtverletzung
begründenden Äußerungen der Zeugen ergeben.
II.
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Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt die Verurteilung des Beklagten zur
Zahlung der rückständigen Leasingraten nicht.
1. Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutref-
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fend ist, dass ein Einwendungsdurchgriff gemäß § 500 BGB i.V.m. § 358
Abs. 3, § 359 BGB bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Beklagte
kein Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist. Denn es fehlt bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs. Dieser setzt
nach § 359 Satz 1 BGB verbundene Verträge im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB
voraus. Daran fehlt es vorliegend. Übertragen auf den Bereich des Finanzierungsleasing liegen verbundene Verträge gemäß § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB
dann vor, wenn ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder Erbringung einer anderen Leistung mit dem Leasingvertrag derart verknüpft ist, dass das
Leasing ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient
und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Vorliegend fehlt es schon
an der ersten Voraussetzung, da die vorgesehenen Dienstleistungen der
v.
AG nicht durch den Leasingvertrag finanziert, sondern von dieser
unentgeltlich erbracht werden sollten.
2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht nicht näher belegten An-
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nahme, der Klägerin sei bei Abschluss des Leasingvertrages bekannt gewesen,
dass der Beklagte den Leasingvertrag mit ihr nur wegen des von den Zeugen
S.
herausgestellten Umstandes der Kostenneutralität des Gesamtge-
schäfts geschlossen habe (BU 8, 2. Abs.), ergibt sich ein Leistungsverweige-
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rungsrecht des Beklagten jedoch bereits unmittelbar aus den vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin. Die dem entgegenstehende, von der Klägerin
vorformulierte Klausel des Leasingvertrages ist entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts unwirksam, da sie nach den Umständen sowohl überraschend ist (§ 305c Abs. 1 BGB) als auch den Beklagten nach Treu und Glauben
unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
a) Maßgeblich für die Entscheidung des Beklagten, die Anlage in seinem
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Wartezimmer installieren zu lassen, war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die von den Zeugen S.
betont herausgestellte Kosten-
neutralität des Gesamtgeschäfts. Diese war nur solange gewährleistet, als die
Subventionszahlungen sichergestellt waren. Insofern bildeten der Leasingvertrag und die mit der v.
AG abgeschlossene Vereinbarung eine wirt-
schaftliche Einheit. War der Klägerin, wie das Berufungsgericht annimmt, die
dargestellte Bewerbung des Gesamtgeschäfts durch die Zeugen S.
bekannt, konnte sie das Angebot des Beklagten auf Abschluss des Leasingvertrages daher nach §§ 133, 157 BGB nur so verstehen, dass das Gesamtgeschäft, dessen einen Teil der Leasingvertrag darstellte, mit der während der
Vertragslaufzeit von der v.
AG zu zahlenden Subventionspauschale
stehen oder fallen sollte. Die wirtschaftliche Einheit des Vertrages wurde durch
die Annahme des Angebots des Beklagten aus dessen maßgeblicher Sicht somit Vertragsinhalt. Dem Beklagten steht nach dem revisionsrechtlich zugrunde
zu legenden Sachverhalt daher ein grundsätzlich andauerndes Leistungsverweigerungsrecht zu, da die Subventionszahlungen der v.
ben.
AG ausblie-
-8-
Dies kann dann anders zu beurteilen sein, wenn es zutrifft, dass die Zeugen
S.
- wie die Klägerin in den Instanzen vorgetragen hat - den Beklag-
ten auf das Risiko der Insolvenz der v.
klärt hätten, im Fall einer Insolvenz der v.
AG hingewiesen und ihm erAG die Leasingraten weiter
bezahlen zu müssen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist
dies nicht vom Berufungsgericht festgestellt worden. Das Berufungsgericht hat
diesbezügliche Aussagen der Zeugen S.
lediglich referiert. Eine be-
weiswürdigende Auseinandersetzung mit diesen Aussagen ist dem Urteil nicht
zu entnehmen. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.
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b) Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Einheit beider Verträge
musste der Beklagte nicht damit rechnen, dass sich die Klägerin mit der von ihr
vorformulierten Klausel des Leasingvertrages von der von ihr erkannten und
akzeptierten wirtschaftlichen Einheit des Gesamtgeschäfts wieder lösen wollte.
Die Klausel stellt sich daher vor dem Leitbild des Vertrages und dem mit dem
Vertrag verfolgten Zweck als ungewöhnlich und überraschend im Sinne des
§ 305c Abs. 1 BGB dar (vgl. BGHZ 121, 107, 113). Aus diesem Grund ist sie
auch unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, da sie durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich die eigenen Interessen der Klägerin auf
Kosten des Beklagten durchzusetzen versucht, ohne dessen Interessen angemessen zu berücksichtigen.
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III.
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Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), und die
Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO).
Ball
Hermanns
Dr. Hessel
Dr. Milger
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG Laufen, Entscheidung vom 05.06.2008 - 2 C 1036/06 LG Traunstein, Entscheidung vom 07.11.2008 - 5 S 2144/08 -