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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 314/04
Verkündet am:
7. November 2007
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter
Wiechers und Dr. Wolst, die Richterin Dr. Hessel und den Richter Dr. Achilles
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Oktober
2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz aus einem Kauf
von Boden (Erdreich).
2
Sie führte im Auftrag der Firma W.
B.
AG Erdarbeiten durch. Zu
diesem Zweck kaufte sie mit Vertrag vom 27. Juni/12. Juli 2002 bei der Beklagten 30.000 cbm Bodenmaterial, bestehend aus Kiessand ungesiebt ab Werk zu
1,40 €/to mit einem Mindestanteil von 25 % des Gesamtauftrages oder "wie
z.Zt. vorhanden ist Lehmboden, wie gesehen, ab Werk (Boden von der Kippe)"
-3-
zu 0,50 €/to. Vorher, am 26. Juni 2002, hatte die Beklagte der Klägerin zwei
Zertifikate über den zu kaufenden Boden übersandt. Das Zertifikat Nr.
über Kiessand aus der Wand wies eine Klassifizierung von Z 0 nach LAGA aus.
Das Zertifikat mit der Nr.
über Boden wies diesen als Z 1.1 nach
MNUR/MWMT aus. Als PH-Wert der Probe war 7.6 benannt; neben den Zuordnungswerten für Z 1.1 hatte die Beklagte handschriftlich die für Z 0 erforderlichen Werte eingetragen und "bzw. entspricht Z.0" eingefügt.
Im Auftrag der Klägerin wurde das Material am 15. Juli 2002 bei der Be-
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klagten abgeholt. Mit Fernschreiben vom 23. Juli 2002 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten, das angelieferte Material weise nur die Güte Z 1.2 auf;
gleichzeitig erklärte sie einen Lieferstopp, da sie am gleichen Tag eine entsprechende Mitteilung der Firma W.
B.
AG erhalten habe. Die Lieferung eines
den Zuordnungswerten Z.0 entsprechenden Bodens lehnte die Beklagte ab.
Nach Aufforderung durch die Firma W.
B.
AG entfernte die Klägerin das
gelieferte und eingebaute Material, nachdem die Beklagte ihrerseits untätig
geblieben war. Die Klägerin beauftragte sodann ein Drittunternehmen mit der
Lieferung des Bodenmaterials und baute nunmehr dieses ein.
Die Klägerin behauptet, ihr seien wegen des mangelhaften Materials be-
4
zifferte Kosten in Höhe von 102.851,35 € entstanden. Zudem habe die Firma
W.
B.
AG ihr angekündigt, Schadenersatzansprüche gegen sie geltend
zu machen. Da dies aber bislang noch nicht geschehen sei, könne sie insoweit
den ihr entstandenen Schaden noch nicht beziffern.
5
Da die Beklagte keine Zahlung leistete, hat die Klägerin beim Landgericht den Antrag gestellt, die Beklagte zur Zahlung von 102.851,35 € nebst Zinsen zu verurteilen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an die
Klägerin Schadenersatz zu leisten für den Fall, dass die Firma W.
B.
-4-
AG
als Auftraggeberin der Klägerin aufgrund des Einbaus des Bodenmaterials mit
der Klassifizierung Z 1.2 Schadenersatzansprüche gegen die Klägerin geltend
mache.
6
Das Landgericht hat den Zahlungsantrag der Klägerin dem Grunde nach
für gerechtfertigt erklärt, von einer Entscheidung über den Feststellungsantrag
zunächst abgesehen und die Kostenentscheidung einem Schlussurteil vorbehalten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
8
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
9
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Die Beklagte habe sich im Rahmen des Kaufvertrages schadensersatzpflichtig gemacht, weil der von ihr bereitgestellte Boden bei Gefahrübergang
nicht die vereinbarte Beschaffenheit gehabt habe.
11
Die Parteien hätten für das Erdreich eine Qualitätsstufe Z.0 nach LAGA
vereinbart. Diese Sollbeschaffenheit habe das Material bei Abholung von der
Kippe nicht gehabt.
-5-
Zulässig habe das Landgericht auch im Wege eines Grundurteils ent-
12
schieden. Der nach Grund und Betrag streitige Anspruch sei entscheidungsreif,
soweit es den Grund betreffe.
II.
13
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
14
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung und Zurückverweisung,
weil die Rüge der Revision durchgreift, das vom Landgericht erlassene und vom
Berufungsgericht bestätigte Grundurteil sei prozessual unzulässig gewesen.
15
a) Das Landgericht hat nicht ein Grundurteil hinsichtlich aller Anträge erlassen, sondern nur über den Zahlungsanspruch. Eine Entscheidung über den
Feststellungsantrag hat es nicht getroffen, wie sich aus dem Tenor und ausdrücklich auch aus den Entscheidungsgründen ergibt. Es handelt sich bei dem
landgerichtlichen Urteil mithin nicht um ein reines Grundurteil, sondern um ein
Grund- und Teilurteil.
16
b) Ein solches Urteil ist jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs unzulässig, wenn die Gefahr einander widersprechender
Entscheidungen besteht (Senatsurteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99,
NJW 2001, 155 unter II 1 b = WM 2001, 106). So verhält es sich hier.
17
Über die bei dem Zahlungsanspruch geprüften Fragen ist bei dem Feststellungsantrag noch einmal zu befinden. Da die Begründung, mit der die Vorinstanzen die auf Zahlung gerichteten Schadenersatzansprüche der Klägerin dem
Grunde nach für gerechtfertigt gehalten haben, als bloßes Urteilselement weder
in Rechtskraft erwächst, noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren über die mit dem Feststellungsanspruch geltend gemachten Schäden
-6-
bindet (BGH, Urteil vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709, unter
II 2), besteht im Streitfall die prozessuale Möglichkeit, dass das Berufungsgericht nach weiterer Verhandlung in Bezug auf den Feststellungsanspruch ein
Abweichen des erhaltenen Bodens von der vereinbarten Sollbeschaffenheit
verneint. Es besteht daher die Gefahr, dass das Gericht, möglicherweise auch
das Rechtsmittelgericht, bei einer späteren Entscheidung über den Feststellungsantrag zu einer anderen Erkenntnis gelangt. Aus diesem Grund darf im
Fall einer objektiven Klagehäufung von Leistungsbegehren und Feststellungsanspruch, der - wie hier - aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet
wird, nicht durch Teilurteil entschieden werden (Senatsurteil vom 4. Oktober
2000, aaO).
III.
18
Das Berufungsurteil ist aufzuheben, weil es wegen der aufgezeigten prozessualen Mängel keinen Bestand haben kann (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat
sieht davon ab, im Wege einer ersetzenden Entscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO)
auf die Berufung der Beklagten auch das unzulässige Teilurteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache in die erste Instanz zurückzuverweisen (§ 538
Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO). Denn das Berufungsgericht kann der Gefahr
einander widersprechender Entscheidung über das Zahlungs- und das Feststellungsbegehren der Klägerin auch dadurch begegnen, dass es von einer Zurückverweisung absieht und stattdessen den in der ersten Instanz verbliebenen
-7-
Prozessrest an sich zieht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - XII ZR
167/92, WM 1994, 865, unter 5).
Ball
Wiechers
Dr. Hessel
Dr. Wolst
Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 04.11.2003 - 31 O 15/03 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 20.10.2004 - 7 U 241/03 -