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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 242/13
Verkündet am:
18. März 2015
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bb
Quotenabgeltungsklauseln benachteiligen den Mieter nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen und sind daher unwirksam, weil sie von dem Mieter bei Vertragsschluss
verlangen, zur Ermittlung der auf ihn im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrfach hypothetische Betrachtungen anzustellen, die
eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen (teilweise Aufgabe von BGH, Urteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007,
3632 Rn. 14 ff.).
BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 242/13 - LG Hannover
AG Hannover
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer
des Landgerichts Hannover vom 10. Juli 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beklagte war vom 15. Januar 2008 bis zum 30. April 2011 Mieterin
einer Wohnung der Klägerin in Hannover. Ob die Beklagte die Wohnung bei
Mietbeginn in renoviertem Zustand übernommen hatte, ist zwischen den Parteien streitig.
2
Der Mietvertrag vom 29. November 2007 enthält unter anderem folgende
Formularbestimmungen:
"§ 8 Schönheitsreparaturen
1. Der Mieter verpflichtet sich, Schönheitsreparaturen nach Maßgabe
von Ziffer 2 und 3 durchzuführen. Schönheitsreparaturen umfassen
-3-
das Anstreichen, Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken,
das Streichen der Fußböden und den Innenanstrich der Fenster, das
Streichen der Türen, Heizkörper, Versorgungsleitungen sowie sämtliche anderen Anstriche innerhalb der gemieteten Räume einschließlich derjenigen an Einbaumöbeln.
2. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht, dem Zweck und der Art
der Mieträume entsprechend regelmäßig auszuführen, wenn das
Aussehen der Wohnräume mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist. Dies ist im Allgemeinen nach folgenden
Zeitabständen der Fall: in Küche, Bädern und Duschen alle 3 Jahre,
in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre, in allen anderen Nebenräumen alle 7 Jahre. Die Erneuerung der
Anstriche von Fenstern, Türen, Heizkörpern, Versorgungsleitungen
und an Einbaumöbeln ist regelmäßig nach 6 Jahren erforderlich,
wenn das Aussehen mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch
beeinträchtigt ist.
3. Abgeltung bei Auszug (Quotenklausel):
Sind bei Beendigung des Mietverhältnisses einzelne oder sämtliche
Schönheitsreparaturen noch nicht fällig, so hat der Mieter die zu erwartenden Kosten zeitanteilig an den Vermieter im Allgemeinen nach
folgender Maßgabe (Quote) zu bezahlen: Liegen die letzten Schönheitsreparaturen gerechnet ab Übergabe der Mietsache während der
Mietzeit bei den Nassräumen (Küchen, Bädern und Duschen) länger
als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 33,33 % der Kosten; liegen
sie länger als 2 Jahre zurück 66,66 %. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit bei den Wohn- und Schlafräumen,
Fluren, Dielen und Toiletten länger als ein Jahr zurück, so zahlt der
Mieter 20 % der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre zurück 40 %,
länger als 3 Jahre 60 %, länger als 4 Jahre 80 %. Liegen die letzten
Schönheitsreparaturen während der Mietzeit bei allen anderen Nebenräumen länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 14,28 %
der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre zurück 28,56 %, bei mehr
als 3 Jahren 42,84 %, bei mehr als 4 Jahren 57,12 %, bei mehr als
5 Jahren 71,40 %, und bei mehr als 6 Jahren 85,68 %. Liegen die
letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit für Fenster, Türen, Heizkörper, Versorgungsleitungen und an Einbaumöbeln länger
als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 16,66 % der Kosten, nach
2 Jahren 33,33 %, nach 3 Jahren 50 %, nach 4 Jahren 66,66 %, nach
5 Jahren 83,33 %.
Dem Mieter bleibt es unbenommen nachzuweisen, wann und in welchem Umfang die Wohnung zuletzt renoviert wurde und dass der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der oben genannten Fristen
-4-
zulässt. Führt der Mieter diesen Nachweis, so hat der Vermieter die
Quote nach billigem Ermessen angemessen zu senken.
Die Berechnung erfolgt aufgrund eines Kostenvoranschlags eines
vom Vermieter auszuwählenden Malerfachbetriebs. Dem Mieter bleibt
es unbenommen, den Kostenvoranschlag des Vermieters anzuzweifeln, indem er den Kostenvoranschlag eines anderen Malerfachbetriebs beibringt.
Der Mieter hat die Möglichkeit, selbst zu renovieren und seine Zahlungspflicht abzuwenden. Die Schönheitsreparaturen müssen fachgerecht in mittlerer Art und Güte ausgeführt werden. Ist der Mieter einer
entsprechenden Aufforderung mit Fristsetzung nicht oder nur unzureichend nachgekommen, so hat er die entsprechende Quote gemäß
Kostenvoranschlag zu zahlen.
4. Die Fristen gemäß Ziffer 2 und 3 beginnen ab Übergabe der Mietsache zu laufen. Sie beginnen für die einzelnen Räume nach fachgerechter Erledigung der Arbeiten jeweils wieder neu. Der Mieter kann
nachweisen, dass die Mietsache nach Ablauf der genannten Fristen
noch nicht renovierungsbedürftig ist."
3
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte - nach Abzug der geleisteten Kaution in Höhe von 767,52 € - auf Zahlung von 3.672,74 € nebst Zinsen
in Anspruch. Sie ist der Auffassung, ihr stehe wegen des exzessiven Rauchens
der Beklagten in der Wohnung ein Anspruch in dieser Höhe zu, da die Beklagte
ihrer Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen während der Mietzeit nicht nachgekommen sei. Jedenfalls sei die Klage hinsichtlich der Schönheitsreparaturen in Höhe von 2.261,26 € begründet, da sich dieser (anteilige)
Betrag nach der Quotenabgeltungsklausel in § 8 Nr. 3, 4 des Mietvertrags errechne.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte
verurteilt, an die Klägerin 3.672,74 € nebst Zinsen zu zahlen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
-5-
Entscheidungsgründe:
5
Die Revision hat Erfolg.
I.
6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Beklagte hätte die Wohnung aufgrund der mit § 8 Nr. 2 des Mietvertrags wirksam auf sie übertragenen Schönheitsreparaturverpflichtung innerhalb
der dort bestimmten Fristen renovieren müssen, so dass sie nunmehr "eigentlich anteilig" die Kosten der von der Klägerin durchgeführten Renovierung der
Wohnung zu tragen habe. Dem stehe der Vortrag der Beklagten, sie habe die
Wohnung in unrenoviertem Zustand übernommen, nicht entgegen, denn die
freiwillige Übernahme der Wohnung in unrenoviertem Zustand entbinde die Beklagte nicht von den vertraglich vereinbarten weiteren Renovierungsverpflichtungen.
8
Unabhängig hiervon stehe der Klägerin hinsichtlich der Schönheitsreparaturen ein Schadensersatzanspruch auf den insoweit geltend gemachten Betrag in vollem Umfang zu, weil die Beklagte unstreitig innerhalb der Wohnung
geraucht habe. Zwar gehöre das Rauchen in einer Mietwohnung an sich zum
vertragsgemäßen Gebrauch. Jedoch halte sich im Streitfall die durch das Rauchen verursachte Abnutzung nicht mehr innerhalb des Üblichen. Ausweislich
der vorgelegten Fotos seien die Wände "mehr oder minder" mit Rauchablagerungen überzogen. Es sei gerichtsbekannt, dass derartige Ablagerungen auch
bei mehrmaligem Darüberstreichen immer wieder zum Vorschein kämen. Aufgrund ihres Rauchverhaltens habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass
sie die Schönheitsreparaturen in vollem Umfang bereits vor dem Ablauf der in
-6-
der Formularklausel genannten Fristen hätte vornehmen müssen, weil die
Wohnung "im wahrsten Sinne des Wortes verraucht" gewesen sei.
9
Neben den Kosten für die Maler- und Tapezierarbeiten könne die Klägerin auch die geltend gemachten Reinigungskosten beanspruchen. Nach § 14
des Mietvertrags habe die Beklagte die Wohnung "in sauberem Zustand" zurückgeben müssen. Da die Fensterrahmen, die Türen und der Fliesenspiegel
bei Rückgabe stark verschmutzt gewesen seien, seien die auf 153,65 € zu
schätzenden Reinigungskosten hier ersatzfähig. Da die Klägerin die Wohnung
nach Auszug erst habe renovieren müssen, sei auch der geltend gemachte
Mietausfall in Höhe von 425,33 € ein ersatzfähiger Schaden.
II.
10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB wegen "exzessiven Rauchens", noch aus § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Verletzung der der Beklagten in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags übertragenen Pflicht auf
Vornahme der Schönheitsreparaturen bejaht werden. Ein auf die Quotenabgeltungsklausel in § 8 Nr. 3, 4 des Mietvertrags gestützter Anspruch auf anteilige
Erstattung der von der Klägerin für die Renovierung der Wohnung aufgewendeten Kosten besteht nicht.
12
1. Ein Schadenersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen "exzessiven Rauchens" ist bereits nicht schlüssig von der Klägerin dargetan worden.
-7-
13
Wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig erkannt hat, verhält sich ein
Mieter, der in der angemieteten Wohnung raucht, grundsätzlich nicht vertragswidrig (Senatsurteile vom 28. Juni 2006 - VIII ZR 124/05, NJW 2006, 2915
Rn. 23; vom 5. März 2008 - VIII ZR 37/07, NJW 2008, 1439 Rn. 21). Ein Schadensersatzanspruch wegen Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs
kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn die Wohnung durch das Rauchen
derart beschädigt wird, dass die Gebrauchsspuren im Rahmen der Vornahme
von üblichen Schönheitsreparaturen im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung nicht mehr beseitigt werden können (Senatsurteil
vom 5. März 2008 - VIII ZR 37/07, aaO Rn. 23).
14
Im Streitfall ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass Schönheitsreparaturen im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung
nicht ausgereicht hätten, die in der Wohnung vorhandenen Gebrauchsspuren
zu beseitigen. In der von der Klägerin vorgelegten Malerrechnung werden lediglich Leistungen (Tapezieren, Spachteln, Grundieren, Streichen) genannt, die
üblicherweise veranlasst sind, um Schönheitsreparaturen auszuführen. Soweit
in der "POS 4" dieser Rechnung aufgeführt ist "Decken und Wandflächen mit
Isolierfarbe (Nikotin vergilbt) zwischen und schlussbeschichten" geht aus dem
Vortrag der Klägerin nicht hervor, ob diese Maßnahme ausschließlich zur Renovierung erforderlich war oder ob sie ganz oder teilweise der Vorbeugung gegen künftige Rauchspuren in der Wohnung dient.
15
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann auch ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1
Satz 1 BGB wegen Verletzung der durch § 8 Nr. 2 des Mietvertrags formularmäßig auf die Beklagte übertragenen Pflicht auf Vornahme der Schönheitsreparaturen nicht bejaht werden.
-8-
16
a) Entgegen der Auffassung der Revision folgt dies allerdings nicht schon
daraus, dass die Renovierungsverpflichtung nach § 8 Nr. 2 des Mietvertrags
"regelmäßig" dann einsetzt, wenn das Aussehen der Wohnräume "mehr als nur
unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt wird".
17
Die im Streitfall verwendete Vornahmeklausel geht vielmehr - wie das
Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinaus, weil die in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages aufgeführten Renovierungsintervalle nach dem Wortlaut der Bestimmung nur für einen "im Allgemeinen" entstehenden Renovierungsbedarf gelten sollen (vgl. Senatsurteil vom
13. Juli 2005 - VIII ZR 351/04, NJW 2005, 3416 unter II 2; Senatsbeschluss
vom 20. März 2012 - VIII ZR 192/11, NZM 2012, 527 Rn. 3 mwN) und dem Mieter nach § 8 Nr. 4 des Mietvertrags in allen Fällen einer fristgemäß fälligen Renovierungsverpflichtung der Nachweis offen steht, dass aufgrund des tatsächlichen Zustands der Wohnung noch keine Renovierung erforderlich ist.
18
Soweit die Klausel bestimmt, dass die Renovierungsverpflichtung "regelmäßig" (das heißt im Kontext der nachfolgenden Regelung: nach Ablauf der
im Allgemeinen geltenden Fristen) einsetzt, wenn das Aussehen der Wohnräume "mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt wird", benachteiligt sie den Mieter nicht unangemessen; denn mit dieser Formulierung wird
nur die für den durchschnittlichen und verständigen Mieter ohne weiteres erkennbare Selbstverständlichkeit ausgesprochen, dass unerhebliche Gebrauchsspuren eine Renovierungsverpflichtung nicht auslösen.
19
b) Die Wirksamkeit der Vornahmeklausel scheitert auch nicht, wie die
Revision meint, daran, dass der Klausel nicht mit hinreichender Klarheit entnommen werden könnte, ob nur der Innenanstrich oder auch der Außenanstrich
der Türen geschuldet sei. Die Klausel stellt in § 8 Nr. 1 hinreichend deutlich
-9-
klar, dass nur der Innenanstrich verlangt ist. Zum einen steht die Erwähnung
der Türen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem "Innenanstrich der
Fenster", zum anderen endet die Textpassage, in der die Türen erwähnt werden, mit der Wendung "sowie sämtliche anderen Anstriche innerhalb der gemieteten Räume einschließlich derjenigen an Einbaumöbeln". Damit wird jedem
durchschnittlichen verständigen Mieter auch bei kundenfeindlichster Auslegung
verständlich, dass er nur den Innenanstrich der Türen schuldet (vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. März 2012 - VIII ZR 192/11, aaO Rn. 10 f.).
20
c) Die Klage kann jedoch auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen deshalb nicht mit Erfolg auf die Verletzung
der in § 8 Abs. 2 des Mietvertrags auf die Beklagte abgewälzten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen gestützt werden, weil aufgrund des zwischen den Parteien insoweit streitigen Vortrags revisionsrechtlich zu unterstellen ist, dass die Wohnung an die Beklagte bei Mietbeginn unrenoviert übergeben wurde. Unter dieser Maßgabe benachteiligt die Vornahmeklausel die Beklagte nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam.
21
aa) Das Berufungsgericht hält die Vornahmeklausel, ungeachtet dessen,
ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben worden sei, unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für wirksam, da
sie die Renovierungsverpflichtung auf einen je nach Abnutzung bedarfsorientierten, flexiblen Fristenplan stütze. Dem kann nicht gefolgt werden.
22
bb) Wie der Senat in dem am heutigen Tag (18. März 2015) verkündeten
Urteil in der Sache VIII ZR 185/14 (zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) unter Aufgabe seiner bisherige Rechtsprechung entschieden hat, halten bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnungen vorformulierte
- 10 -
Klauseln, die den Mieter während der Mietzeit nach Ablauf bestimmter, von Beginn der Mietzeit oder Übergabe der Wohnung an berechneter (üblicher) Fristen
verpflichten, Schönheitsreparaturen vorzunehmen, der Inhaltskontrolle nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB auch dann nicht stand, wenn die Fristen
- wie hier - im Übrigen flexibel (bedarfsorientiert) gestaltet sind. Die unangemessene Benachteiligung des Mieters liegt bei Übernahme einer unrenovierten
oder renovierungsbedürftigen Wohnung darin, dass der Wortlaut solcher Klauseln bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung den Mieter auch zur
Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung verpflichtet, die nicht von ihm,
sondern von dem Vormieter verursacht worden sind (Senatsurteil vom 18. März
2015 - VIII ZR 185/14, unter II 2, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
23
cc) So verhält es sich aufgrund des revisionsrechtlich zu unterstellenden
Vortrags der Beklagten auch im Streitfall. Die Regelung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags führt bei kundenfeindlichster Auslegung dazu, dass die der Beklagten
auferlegte Renovierungsverpflichtung auch die Beseitigung von Gebrauchsspuren umfasst, die nicht von ihr, sondern von einem Vormieter verursacht wurden.
24
3. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch kann auch nicht in
anteiliger Höhe - unabhängig davon, ob die Wohnung der Beklagten bei Mietbeginn renoviert oder unrenoviert übergeben worden war - auf die Quotenabgeltungsklausel in § 8 Abs. 3, 4 des Mietvertrags gestützt werden. Denn Quotenabgeltungsklauseln, die dem Mieter einer Wohnung einen Teil der zukünftig
entstehenden Kosten für Schönheitsreparaturen für den Fall auferlegen, dass
das Mietverhältnis vor Fälligkeit der ihm durch eine weitere Formularbestimmung übertragenen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen
endet, benachteiligen den Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und sind daher unwirksam, weil sie von ihm verlangen, zur Ermittlung der
auf ihn bei Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrere hypo-
- 11 -
thetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen.
25
a) In seiner älteren Rechtsprechung hat der Senat zunächst allerdings
Quotenabgeltungsklauseln, denen Vornahmeklauseln zugrunde lagen, die starre, unveränderbare Renovierungsfristen vorsahen, für wirksam angesehen,
wenn die für die Durchführung wie für die anteilige Abgeltung maßgeblichen
Fristen nicht vor dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 6. Juli 1988 - VIII ARZ 1/88, BGHZ 105,
71, 84 ff.).
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b) Die Anknüpfung an "starre", vom konkreten Bedarf losgelöste Renovierungsintervalle, sei es in Gestalt "üblicher" Renovierungsfristen (Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 - VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253, 266, 268) oder in
Form von Mindestfristen (Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 - VIII ARZ 1/88,
aaO S. 72), ist jedoch seit längerem überholt. Seit dem Urteil vom 23. Juni 2004
(VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 unter II 2) ist es ständige Rechtsprechung
des Senats, dass vorformulierte Fristenpläne, um der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB standzuhalten, so abgefasst
sein müssen, dass der konkrete Renovierungsbedarf der einzelnen Räume Berücksichtigung findet, mithin der Fristenplan nur den Charakter einer Richtlinie
und unverbindlichen Orientierungshilfe hat, von der im Einzelfall bei gutem Erhaltungszustand der Mieträume auch nach oben abgewichen werden kann.
27
c) In seinem Urteil vom 26. September 2007 (VIII ZR 143/06, NJW 2007,
3632) hat der Senat diese Erwägungen aufgegriffen und hat - den Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 (VIII ARZ 1/88, aaO) fortentwickelnd - entschieden,
dass eine an eine Vornahmeklausel mit flexiblem Fristenplan anknüpfende
Quotenabgeltungsklausel die Interessen des Mieters, jedenfalls bei einer zu
- 12 -
Vertragsbeginn renoviert überlassenen Wohnung, in den Fällen wahre, in denen die Abgeltungsklausel dahin ausgelegt werden könne, dass die bisherige
Wohndauer ins Verhältnis zu setzen sei zu der Zeit, nach der bei Fortdauer des
Mietverhältnisses, also bei einer weiteren Nutzung der Wohnung durch den bisherigen Mieter, voraussichtlich eine Renovierung erforderlich sein würde. Der
Mieter werde bei dieser Auslegung an den Kosten der Renovierung nur in dem
Umfang beteiligt, in dem sie von ihm selbst verursacht worden seien (Senatsurteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, aaO Rn. 14 ff., 17). Der Senat
hat in der Entscheidung vom 23. September 2007 (VIII ZR 143/06, aaO Rn. 29)
weiter ausgeführt, dass es für die Bestimmung des Fristenzeitraums, nach dem
unter Berücksichtigung des konkreten Erhaltungszustands der Wohnung eine
Renovierung erforderlich sein wird, einer hypothetischen Fortschreibung des
bisherigen Wohnverhaltens des Mieters bedürfe sowie der Feststellung, wann
bei einer Fortdauer des Mietverhältnisses Renovierungsbedarf zu erwarten sei.
28
d) Der Senat hat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 22. Januar
2014 (VIII ZR 352/12, WuM 2014, 135 Rn. 6 ff.) grundsätzliche Bedenken geäußert, ob Quotenabgeltungsklauseln, die den tatsächlichen Erhaltungszustand
der Wohnung in der Weise berücksichtigen, dass für die Berechnung der Quote
das Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung
aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf
bestünde, der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhalten können. Diese
Bedenken greifen durch.
29
aa) Quotenabgeltungsklauseln müssen dem Transparenzgebot (§ 307
Abs. 1 Satz 2 BGB) genügen und dürfen nicht so gefasst sein (§ 307 Abs. 1
Satz 1 BGB), dass der Vermieter als Verwender durch einseitige Vertragsge-
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staltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners
durchzusetzen versucht, ohne von vornherein dessen Belange hinreichend zu
berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl.
Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056 Rn. 21
mwN). Es kann dahinstehen, ob die hier vereinbarte Quotenabgeltungsklausel
ausreichend transparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgestaltet
ist. Dafür könnte sprechen, dass die aus dem Transparenzgebot folgende Verpflichtung des Verwenders, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen, nur im Rahmen des tatsächlich und
rechtlich Möglichen besteht (Senatsurteil vom 26. September 2007 - VIII ZR
143/06, aaO Rn. 31 mwN). Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil Quotenabgeltungsklauseln jedenfalls einer Inhaltskontrolle nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalten. Sie benachteiligen den Mieter unangemessen, weil sie dem Mieter bei Vertragsschluss keine realistische Einschätzung der auf ihn zukommenden Kostenbelastung ermöglichen.
30
Denn es ist für den durchschnittlichen und verständigen Mieter bei dem
für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; vom 26. Oktober
2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 21 f.; jeweils mwN) nicht erkennbar, welcher tatsächliche Abnutzungsgrad der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses, dessen Zeitpunkt bei Vertragsschluss noch nicht feststeht, unter Zugrundelegung seines (möglicherweise Veränderungen unterworfenen) individuellen Nutzungsverhaltens erreicht sein wird. Aber nicht nur der tatsächliche Zustand der Wohnung bei Vertragsende ist für den Mieter bei Vertragsschluss
nicht einschätzbar. Um eine Kostenquote ermitteln zu können ist darüber hinaus die empirische Prognose notwendig, zu welchem Zeitpunkt bei unterstellter
gleicher Nutzungsart und gleicher Nutzungsintensität voraussichtlich Renovierungsbedarf eintreten wird. Quotenabgeltungsklauseln verlangen vom Mieter
- 14 -
daher bei Vertragsschluss seine bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehende Zahlungspflicht aufgrund eines in der Zukunft liegenden, auf mehreren
Variablen beruhenden hypothetischen und damit fiktiven Sachverhalts einzuschätzen. Derartige Bestimmungen benachteiligen den Mieter nach § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und sind unwirksam (vgl. auch V. Emmerich
in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl., § 535 Rn. 62).
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bb) So verhält es sich auch bei der im Streitfall in Rede stehenden Quotenabgeltungsklausel in § 8 Nr. 3, 4 des Mietvertrags. Dass § 8 Nr. 3 des Mietvertrags die angemessene Senkung der Kostenquote für den Fall, in dem der
Mieter nachweist, dass der tatsächliche Erhaltungszustand der Wohnung eine
Verlängerung der im Allgemeinen geltenden Renovierungsfristen zulässt, in das
billige Ermessen des Vermieters stellt, ändert an dieser Beurteilung nichts.
32
4. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin im Wege des Schadensersatzes Reinigungskosten in Höhe von 153,65 € zugesprochen hat, rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht bei dieser Wertung entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen hat. Die Beklagte hat nicht nur bestritten, die Wohnung entgegen § 14 des Mietvertrags
ungereinigt zurückgegeben zu haben. Sie hat vielmehr bereits in erster Instanz
unter Beweisantritt vorgetragen, die Wohnung sauber und besenrein übergeben
zu haben. Dem wird nachzugehen sein.
- 15 -
III.
33
Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zum Zustand der Wohnung sowohl bei Nutzungsbeginn durch die Beklagte als auch bei Rückgabe an die Klägerin getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Bünger
Dr. Schneider
Kosziol
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 03.01.2013 - 510 C 12173/11 LG Hannover, Entscheidung vom 10.07.2013 - 12 S 9/13 -