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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 173/04
Verkündet am:
22. März 2006
Potsch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
HGB § 89 b
Zur Dauer des Prognosezeitraums und zur Ermittlung der Provisionsverluste im
Rahmen
der
Berechnung
des
Ausgleichsanspruchs
eines
Kraftfahrzeug-
Vertragshändlers analog § 89 b HGB.
BGH, Urteil vom 22. März 2006 - VIII ZR 173/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert und Dr. Frellesen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des
Klägers wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. April 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht dem
Kläger über den ihm vom Landgericht zuerkannten Betrag hinaus
einen weiteren Ausgleichsbetrag in Höhe von 52.468,21 € nebst
Zinsen zugesprochen und als es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse,
darüber, in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger im Zusammenhang mit der
Beendigung eines Vertragshändlerverhältnisses Schadensersatz analog § 89a
HGB und Ausgleich analog § 89b HGB schuldet, ferner, ob der Kläger für die
-3-
Aufbewahrung von der Beklagten nicht rechtzeitig zurückgenommener Ersatzteile Lagerkosten beanspruchen kann.
2
Der Kläger war von 1979 bis zum 30. Juni 1993 als Vertragshändler für
die Beklagte, die deutsche Alleinimporteurin von Fahrzeugen des japanischen
Automobilherstellers M.
, tätig. Das Vertragsverhält-
nis endete durch außerordentliche Kündigung des Klägers zum 30. Juni 1993,
nachdem die Beklagte zuvor im April 1993 eine unberechtigte außerordentliche
Kündigung zum 30. Juni 1993 ausgesprochen und sich geweigert hatte, den
Kläger über den 30. Juni 1993 hinaus mit M.
-Neufahrzeugen zu belie-
fern. Mit der im Juli 1994 erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Ersatz des Kündigungsschadens für den Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis zum
30. April 1994, den er auf 133.802,76 € (261.695,45 DM) beziffert, ferner auf
Zahlung eines Ausgleichsbetrags in Höhe von 110.747,66 € (216.603,59 DM)
sowie auf Zahlung eines weiteren Betrages von zunächst 43.833,25 €
(85.730,38 DM) in Anspruch genommen, letzteren Zug um Zug gegen Aushändigung bestimmter Ersatz- und Zubehörteile sowie Spezialwerkzeuge. Das
Landgericht hat der Klage durch rechtskräftiges Teil- und Grundurteil vom
21. Februar 1995 dem Grunde nach stattgegeben. Im Betragsverfahren hat es
die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 26.500,58 €
(51.830,63 DM), eines Ausgleichsbetrags von 19.248,25 € (37.646,30 DM) und
eines weiteren Betrags von 24.748,77 € (48.404,40 DM), letzteren Zug um Zug
gegen Aushändigung im einzelnen bezeichneter Ersatz- und Zubehörteile sowie
Spezialwerkzeuge, verurteilt. Die weitergehende Klage hat es ebenso abgewiesen wie den vom Kläger im Betragsverfahren zusätzlich erhobenen Anspruch
auf Ersatz von Lagerkosten in Höhe von 4.008,53 € (7.840 DM) für die Einlagerung der von der Beklagten zurückzunehmenden Ersatzteile.
-4-
3
Mit der Berufung hat der Kläger sein auf Zahlung von Schadensersatz,
Ausgleich und Lagerkosten gerichtetes Klagebegehren weiterverfolgt, soweit es
in erster Instanz erfolglos geblieben ist. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte
zur Zahlung weiterer 115.052,52 € – 62.584,31 € Schadensersatz und
52.468,21 € Ausgleich – verurteilt; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen.
4
Die Beklagte hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde
eingelegt, soweit dem Kläger vom Berufungsgericht ein weiterer Ausgleichsbetrag von 52.468,21 € zuerkannt worden ist; daraufhin hat der Senat die Revision
zugelassen. Mit der – nach ihrer Auffassung unbeschränkt zugelassenen – Revision hat die Beklagte zunächst insgesamt – auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs – die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Der Kläger hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er den Schadensersatzund den Ausgleichsanspruch sowie den Anspruch auf Ersatz von Lagerkosten
weiterverfolgt, soweit seine Berufung erfolglos geblieben ist. Die Beklagte hat
ihren mit der Revision hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs gestellten Antrag vorsorglich zum Gegenstand einer Gegenanschließung gemacht. Vor Beginn der mündlichen Revisionsverhandlung hat die Beklagte die Revision auf
den mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffenen Betrag beschränkt; die
weitergehende Revision und die vorsorglich erklärte Gegenanschließung hat sie
zurückgenommen.
Entscheidungsgründe:
5
Die Revision der Beklagten ist in dem zuletzt geltend gemachten Umfang
begründet. Auch die Anschlussrevision des Klägers hat Erfolg.
-5-
A.
6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Der dem Kläger analog § 89a HGB zu ersetzende Schaden bestehe in
dem ihm entgangenen Gewinn, den er in der Zeit vom 30. Juni 1993 bis zum
30. April 1994 – dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte das Vertragsverhältnis im
April 1993 durch ordentliche Kündigung frühestens hätte beenden können –
durch den Verkauf von M.
-Neufahrzeugen erzielt hätte. Dieser sei auf
insgesamt 89.084,89 € zu schätzen. Nach den Verkaufszahlen, die der Kläger
in den Jahren 1991 und 1992 sowie im ersten Halbjahr 1993 erzielt habe, sei
davon auszugehen, dass er in dem Zeitraum Juli 1993 bis April 1994 42 M.
-Neufahrzeuge hätte verkaufen können. Der durchschnittliche Rohertrag je
Neuwagenverkauf sei mit dem Landgericht auf 5.540,70 DM zu schätzen. Davon seien jeweils 160 DM für das Entwachsen und Bereitstellen eines verkauften Neufahrzeugs sowie weitere 1.232,25 DM – 22,24 % des Rohertrags – für
ersparte Betriebskosten abzuziehen, so dass ein Reinertrag je Neuwageneinheit von 4.148,45 DM verbleibe.
8
Die Einsparung von Betriebskosten in der genannten Höhe ergebe sich
aus dem vom Landgericht berücksichtigten Vortrag der Beklagten zu dem insoweit erfahrungsgemäß anfallenden Aufwand, den der Kläger in erster Instanz
nicht wirksam – nämlich gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässigerweise mit
Nichtwissen – bestritten habe. Soweit er erstmals in der Berufungsinstanz abweichende Zahlen vorgetragen habe, sei sein Vorbringen nach § 531 Abs. 2
Satz 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Ein weitergehender Abzug ersparter Betriebskosten sei nicht gerechtfertigt, weil der Kläger unwiderlegt vorgetragen
-6-
habe, dass er trotz Beendigung des M.
-Händlervertrages weder Mitar-
beiter entlassen noch die Betriebsräume verkleinert habe.
9
Bei dem hiernach anzusetzenden Reinertrag von 4.148,45 DM je Neuwagengeschäft
ergebe
sich
ein
Gesamtschaden
von
174.234,90 DM
(89.084,89 €), sodass dem Kläger über den ihm vom Landgericht insoweit zugesprochenen Betrag von 12.030,15 € (richtig: 26.500,58 €) hinaus ein weiterer
Schadensersatzbetrag von 62.584,31 € zuzuerkennen seien.
10
Der Ausgleichsanspruch des Klägers belaufe sich auf 71.716,46 €. Auszugehen sei von dem Stammkundenumsatz, den der Kläger im letzten vollen
Vertragsjahr durch den Verkauf von M.
-Neufahrzeugen erzielt habe.
Dabei seien alle Folgegeschäfte zu berücksichtigen, die innerhalb eines Zeitraums von sechs bis acht Jahren – der durchschnittlichen Nutzungsdauer von
Neufahrzeugen – zustande gekommen seien. Der so ermittelte Umsatz mit "alten" Stammkunden habe sich im letzten vollen Vertragsjahr auf 669.379,23 DM
belaufen; dies entspreche 43,9 % des Gesamtumsatzes von 1.523.582,20 DM.
Hinzuzurechnen seien 43,9 % des Neukundenumsatzes des letzten vollen Vertragsjahres, da zu erwarten sei, dass aus einem entsprechenden Anteil der
Neukundenumsätze Stammkundenumsätze würden. Dies entspreche einem
Betrag von 374.995,10 DM, sodass sich die Umsätze mit bisherigen und voraussichtlich zukünftigen Stammkunden auf 1.038.374,33 DM summierten.
11
Der Rohertrag aus diesem Umsatz sei mit 12 % zu veranschlagen. Hiervon sei der Anteil der Provisionen abzuziehen, den der Vertragshändler für
vermittlungsfremde – verwaltende – Tätigkeiten erhalte. Dieser Anteil sei, dem
Vortrag des Klägers folgend, mit 2,5 Prozentpunkten anzusetzen; dem weit höheren Ansatz der Beklagten von mindestens 8,7 Prozentpunkten sei nicht zu
folgen. Der Händlervertrag sehe eine Aufteilung der Händlerrabatte auf wer-
-7-
bende und verwaltende Tätigkeiten, auf solche Tätigkeiten, wie sie üblicherweise auch bei einem "echten" Handelsvertreter anfielen, und solchen Kosten, wie
sie von einem Händler typischerweise selbst getragen würden, nicht ausdrücklich vor. Ihm seien aber Regelungen zu entnehmen, die abweichend von der
herkömmlichen Risikoverteilung einen großen Teil dessen, was als verwaltende
Tätigkeit von dem Händler allein zu verantworten sei, in den Einflussbereich der
Beklagten hinüberzögen, so dass dieser Teil folgerichtig als werbende Tätigkeit
durch die von der Beklagten gewährten Rabatte mit zu vergüten sei. Als vertreteruntypische Aufwendungen des Kraftfahrzeughändlers seien nach der Rechtsprechung die variablen Verkaufskosten, die Kosten der Produktwerbung, der
Aufwand für das Halten von Vorführwagen, anteilige Personalkosten für Disposition, Lagerverwaltung und Auslieferung sowie anteilige Kosten für Räume,
Energie und Telefon anzusehen.
12
Dass der Kläger für diese Aufwendungen 8,7 Prozentpunkte seines Gesamtumsatzes eingesetzt habe, wie die Beklagte unter Berufung auf entsprechende Untersuchungen bestimmter anderer Händlerbetriebe behauptet habe,
könne schon deswegen nicht angenommen werden, weil sein von der Beklagten vorformulierter Händlervertrag "die Risiken nicht den tatsächlichen Voraussetzungen entsprechend verteilt (habe), wie sie als typische Risiken der Unternehmerin einerseits, des Vertragshändlers andererseits in die Rechtsprechung
zur Abgrenzung der Rabattanteile für verwaltende von denen für werbende Tätigkeiten eingeflossen (seien)". Der Händlervertrag habe typische Händlerrisiken aus der alleinigen Verantwortung des Klägers herausgenommen und die
mit diesen Risiken verbundenen Aufwendungen damit folgerichtig zu Gegenständen gemacht, für deren Finanzierung die gewährten Rabatte mit zu verwenden gewesen seien. Wenn die Beklagte den Kläger vertraglich verpflichtet
habe, eine ihren Vorstellungen entsprechende Betriebsorganisation zu schaffen
und vorzuhalten, habe der Kläger redlicherweise erwarten dürfen, dass die Be-
-8-
klagte ihm den Händlerrabatt unter anderem als Entgelt für die damit verbundenen Aufwendungen gewähre. Im Personalbereich und ebenso hinsichtlich der
Einrichtung und Gestaltung der Geschäftsräume habe die Beklagte sich weitgehende Vorgaben und Kontrollrechte vorbehalten. Die Produktwerbung habe
der Kläger nicht wie ein wirtschaftlich eigenverantwortlicher Händler frei gestalten dürfen. Er sei auch im Halten von Vorführwagen nicht wie ein typischer
Händler frei gewesen, weil die Beklagte sich vorbehalten habe, die Anzahl der
Vorführwagen verbindlich festzulegen; im Gegenzug habe sie den Kläger weitgehend von dem Absatzrisiko freigestellt, indem sie sich verpflichtet habe, Vorführwagen bei Vertragsbeendigung zurückzunehmen. Gewährleistungsreparaturen seien dadurch aus dem Risikobereich des Klägers ausgenommen gewesen, dass die Beklagte sich zur Kostenerstattung verpflichtet habe. Unter den
konkreten vertraglichen Gegebenheiten biete daher die von der Beklagten vorgelegte Berechnung von Verwaltungskosten, wie sie in anderen Betrieben anzufallen pflegten, keine Grundlage für die Beurteilung, "was an verwaltenden
Kosten aus dem ‚händlertypischen’ Risikobereich beim Kläger denn über den
von ihm ermittelten Anteil von 2,5 % hinaus angefallen sei".
13
Von dem Rohertrag von 12 % sei somit – nach Abzug der "Verwaltungskosten" von 2,5 % – ein Anteil von 9,5 Prozentpunkten als fiktive Provision anzusehen. Ausgehend vom Stammkundenumsatz des letzten vollen Vertragsjahres in Höhe von 1.038.374,33 DM entspreche dies einem Betrag von
98.645,56 DM. Unter Berücksichtigung eines Abwanderungszeitraums von fünf
Jahren errechne sich so ein Provisionsverlust von 167.697,45 DM (170 % von
98.645,56 DM). Dieser Betrag sei im Hinblick auf die Sogwirkung der Marke aus
Billigkeitsgründen um 20 % auf 134.157,96 DM zu kürzen. Abgezinst nach der
Methode Gillardon ergebe dies einen Barwert von 118.485,40 DM, der sich um
die Mehrwertsteuer auf 136.258,21 DM (69.667,72 €) erhöhe.
-9-
Für die Einlagerung der von der Beklagten nicht rechtzeitig zurückge-
14
nommenen Ersatzteile könne der Kläger keinen Kostenersatz fordern, weil er
nicht dargetan habe, dass er die auf seinem Betriebsgrundstück befindliche Garage, in der er die Ersatzteile aufbewahrt habe, anderenfalls durch Vermietung
gewinnbringend hätte nutzen können und nutzen wollen.
B.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
15
stand.
16
Die Revision der Beklagten ist zulässig, nachdem sie in der mündlichen
Revisionsverhandlung auf den dem Kläger vom Berufungsgericht zuerkannten
weiteren Ausgleichsbetrag in Höhe von 52.468,21 € nebst Zinsen beschränkt
worden ist, welcher Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten
und der Zulassung der Revision durch den Senat war.
17
Die Anschlussrevision des Klägers ist insgesamt – auch bezüglich der
Ansprüche auf Schadensersatz und Lagerkosten – zulässig. Im Hinblick auf die
Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO, nach der die Statthaftigkeit der Anschließung nicht voraussetzt, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die
Revision zugelassen worden ist, kann eine Anschlussrevision bei beschränkter
Zulassung der Revision auch dann eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGH, Urteil
vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525 unter I; Urteil vom
30. September 2003 – XI ZR 232/02, WM 2003, 2286 = NJW-RR 2004, 45 unter II 2 a aa; Urteil vom 26. Juli 2004 – VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174 unter
II B 1). Ob zwischen dem Streitgegenstand der Haupt- und dem der Anschluss-
- 10 -
revision wenigstens ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen muss, ist streitig (vgl. BGH aaO). Diese Frage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da jedenfalls ein entsprechender wirtschaftlicher
Zusammenhang hier gegeben ist.
C.
I.
18
Die Beurteilung des Berufungsgerichts ist hinsichtlich des dem Kläger
analog § 89b HGB zuerkannten Ausgleichs nicht frei von Rechtsfehlern.
19
1. Zu Recht rügt die Revision der Beklagten, dass das Berufungsgericht
in die Berechnung der Stammkundenumsätze, die der Kläger im letzten vollen
Vertragsjahr erzielt hat und auf die das Berufungsgericht seine Schätzung der
für den Prognosezeitraum zu erwartenden Mehrfachkundengeschäfte stützt,
vier Mehrfachkundengeschäfte einbezogen hat, die erst sechs bis acht Jahre
nach dem jeweils vorausgegangenen Neuwagenkauf des betreffenden Kunden
zustande gekommen sind.
20
Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Kraftfahrzeug-Vertragshändlers in den vom Bundesgerichtshof bislang entschiedenen Fällen jeweils ein fünfjähriger Prognosezeitraum zugrunde gelegt und dem entsprechend auch der Mehrfachkundenumsatz
des letzten Vertragsjahres unter Berücksichtigung einer zeitlichen Grenze von
fünf Jahren ermittelt worden ist. Diese Rechtsprechung beruht auf der Annahme, das durchschnittliche Nachkaufintervall liege im Neuwagengeschäft erfahrungsgemäß bei fünf Jahren (Senat BGHZ 135, 14, 19 m.w.Nachw.). Sollte allerdings das durchschnittliche Nachkaufintervall im Neuwagengeschäft auf
- 11 -
sechs bis acht Jahre angestiegen sein, wovon das Berufungsgericht ausgehen
will, so stünde weder das Gesetz noch die bisherige Rechtsprechung der Berücksichtigung einer entsprechend längeren Zeitspanne für die Bemessung des
Prognosezeitraums und – spiegelbildlich – für die Ermittlung der ausgleichsrelevanten Mehrfachkundengeschäfte entgegen.
21
Die Berechnung des vom Kläger im letzten Vertragsjahr erzielten Mehrfachkundenumsatzes kann aber deswegen keinen Bestand haben, weil das
Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, keine Tatsachenfeststellungen getroffen hat, die seine Annahme stützen, Neufahrzeuge seien in dem hier
in Rede stehenden Zeitraum von ihren Käufern im Durchschnitt über eine Zeitspanne von sechs bis acht Jahren gefahren worden. Aus welchen Quellen das
Berufungsgericht das für diese These in Anspruch genommene Erfahrungswissen schöpft, ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen. Eigene und damit
zwangsläufig begrenzte Erfahrungen der Mitglieder des Berufungssenats mit
"nicht wenigen" bestimmten Neuwagenkäufern erlauben noch keine gesicherten
Rückschlüsse auf das durchschnittliche Nachkaufverhalten im Neuwagengeschäft.
22
2. Nicht frei von Rechtsfehlern sind ferner die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Berechnung der den Provisionsverlusten im Sinne des § 89b
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB entsprechenden Rabattanteile.
23
a) Wirtschaftlich betrachtet nehmen die Rabatte, die ein Vertragshändler
auf den Listenpreis des Herstellers von diesem erhält, die Stelle der Provisionen eines Handelsvertreters ein. Um eine Vergleichbarkeit beider zu erzielen,
ist es, wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig gesehen hat, jedoch notwendig, diejenigen Teile des Rabatts herauszurechnen, die der Vertragshändler
aufgrund seiner vom Handelsvertreter abweichenden Stellung für Leistungen
- 12 -
erhält, die der Handelsvertreter üblicherweise nicht zu erbringen hat (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 – VIII ZR 7/95, WM 1996, 1558 = NJW 1996, 2302 unter
B I 1 a m.w.Nachw.). Dazu gehören beispielsweise die Vergütung für das Absatz-, das Lager-, das Kredit- und das Preisschwankungsrisiko sowie der Gegenwert für sonstige Kosten des Absatzes (Senat aaO m.w.Nachw.).
24
Für die Herstellung einer Vergleichsbasis zwischen Händlerrabatt und
Vertreterprovision stehen dem Tatrichter verschiedene Wege offen. Eine in der
Rechtsprechung des Senats anerkannte zweistufige Methode ermittelt den
ausgleichsrelevanten Rabattanteil in der Weise, dass in einem "ersten Rückführungsschritt" der dem Vertragshändler eingeräumte Rabatt durch Ausklammerung der händlertypischen Bestandteile auf das Niveau eines Handelsvertreters
zurückgeführt wird und sodann in einem "zweiten Rückführungsschritt" die der
Provision des Handelsvertreters für vermittlungsfremde, "verwaltende" Tätigkeiten entsprechenden Vergütungsanteile ausgesondert werden, so dass die für
die werbende, vermittelnde Tätigkeit des Vertragshändlers gewährte Vergütung
übrig bleibt (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 aaO unter B I 1 b aa m.w.Nachw.).
Stattdessen können vergleichbare Vermittlungsprovisionen anderer, auf Handelsvertreter-Basis arbeitender Vertriebsorganisationen im Kraftfahrzeugbereich
herangezogen werden, die allerdings wiederum um diejenigen Anteile zu kürzen sind, mit denen vermittlungsfremde Tätigkeiten des Handelsvertreters abgegolten werden (Senat aaO unter B I 1 b bb m.w.Nachw.). Eine dritte Methode, für die sich das Berufungsgericht im vorliegenden Fall entschieden hat, geht
vom individuellen Rohertrag des Vertragshändlers aus (Senat aaO unter B I 1 b
cc); zur Ermittlung des Anteils aus den Neuwagenverkaufserlösen, der der Provision eines Handelsvertreters für seine handelsvertretertypische, werbende
Tätigkeit entspricht, sind hierbei ebenfalls die Rabattbestandteile herauszurechnen, die der Händler als Gegenleistung für händlertypische – und damit
handelsvertreteruntypische – Tätigkeiten und Risiken erhält.
- 13 -
25
b) Das Berufungsgericht legt der Ausgleichsberechnung, dem Landgericht folgend, einen Rohertrag von 12 % des Umsatzes zugrunde. Diesen Ansatz beanstandet die Anschlussrevision insofern zu Recht, als das Berufungsgericht sich damit ohne Begründung über den Vortrag des Klägers hinweggesetzt hat, er habe mit dem Verkauf von M.
-Neufahrzeugen einen durch-
schnittlichen Rohertrag von 15,5 % erwirtschaftet. Andererseits stößt der Ansatz des Berufungsgerichts aber auch deswegen auf Bedenken, weil das Berufungsgericht den Begriff Rohertrag in einem anderen Sinne verwendet, als dies
in dem Senatsurteil vom 5. Juni 1996 (aaO), nach dessen Vorgaben das Berufungsgericht den Ausgleich berechnet, geschehen ist. Der individuelle Rohertrag im Sinne dieser Entscheidung ist die um Preisnachlässe bereinigte Differenz zwischen dem Händlereinkaufspreis und dem vom Hersteller unverbindlich
empfohlenen Listenpreis (Senat aaO unter B I 1 b cc). Er entspricht im Idealfall
der Summe der Rabatte und Boni, die der Hersteller dem Händler auf den empfohlenen Verkaufspreis gewährt, und bleibt im Einzelfall nur insoweit hinter dieser Summe zurück, als der Händler Fahrzeuge unter Gewährung von Preisnachlässen und Skonti unter dem Listenpreis verkauft hat (Senat aaO). Im Unterschied dazu hat der Sachverständige T.
, auf dessen im Jahre 1986 er-
stattetes Gutachten das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht zur
Begründung eines mit 12 % anzusetzenden Rohertrags Bezug nehmen, auf der
Grundlage von "Erfahrungssätzen bei einer Vielzahl von Automobilhandelsunternehmen verschiedenster Vertragsorganisationen" bei Bruttohandelsspannen
von 17 % bis 20 % "Handelsvertreterspannen" zwischen 11,1 % und 13,1 %
ermittelt und hieraus einen Provisionssatz von 12 % "als angemessen und ausreichend" abgeleitet. Für die Ausgleichsberechnung auf der Grundlage des individuellen Rohertrags des Klägers ist dieser Wert nicht brauchbar.
- 14 -
26
c) Dem Berufungsgericht kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als es
einen Abzug für "verwaltende" Tätigkeiten des Klägers nur in Höhe von
2,5 Prozentpunkten für berechtigt hält.
27
aa) Sinn und Zweck des "Herunterrechnens" des Händlerrabatts oder
des Rohertrags ist es, den Rabattanteil zu ermitteln, der der ausgleichsrelevanten Provision eines Handelsvertreters entspricht. Dazu müssen, wie bereits
dargelegt, zunächst die Rabatte und Rabattanteile herausgerechnet werden,
die der Händler als Entgelt für händlertypische – und damit handelsvertreteruntypische – Aufgaben und Risiken erhält. Zwischenergebnis dieser ersten Operation ist eine fiktive Handelsvertreterprovision, die indessen – ebenso wie bei der
Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters – in einem zweiten Schritt um solche "Provisions"-Anteile zu reduzieren ist, die der Händler für
solche Leistungen erhält, die ihm, wäre er Handelsvertreter, nicht als Entgelt für
seine werbende (vermittelnde) Tätigkeit, sondern für "verwaltende" (vermittlungsfremde) Tätigkeiten gezahlt würden (Senat aaO unter B I 2 a). Diese an
sich zweistufige Reduzierung des Händlerrabatts auf die für die vermittelnde
Tätigkeit eines Handelsvertreters entfallende Provision kann auch unter Bildung
verschiedener Kostengruppen in nur einem Schritt erfolgen (Senat aaO unter
B I 2 b).
28
bb) Die Beklagte hat dazu in erster Instanz unter Beweisantritt im Einzelnen vorgetragen, bei Vertragshändlern vom Zuschnitt des Klägers entfalle ein
Anteil von mindestens 8,7 Prozentpunkten des gewährten Rabatts auf die so
genannten verwaltenden Tätigkeiten des Händlers. Sie hat diese Behauptung
im Berufungsverfahren ferner auf drei in Ablichtung zu den Akten gereichte,
andere Händlerbetriebe betreffende anonymisierte Gutachten der B.
mbH gestützt, die
in den Jahren 2003 und 2004 im Auftrag des Landgerichts Darmstadt in drei
- 15 -
Parallelprozessen erstattet wurden, an denen die Beklagte – dort ebenfalls in
der Beklagtenrolle – beteiligt war. Das Landgericht ist diesem Vortrag gefolgt.
29
Demgegenüber
hält
das
Berufungsgericht
einen
Abzug
von
8,7 Prozentpunkten deswegen nicht für gerechtfertigt, weil es dem von der Beklagten verwendeten standardisierten Händlervertrag eine Risikoverteilung
meint entnehmen zu können, nach welcher große Teile dessen, was bei herkömmlicher Risikoverteilung als verwaltende Tätigkeit des Vertragshändlers
anzusehen sei, im vorliegenden Fall dem Bereich der werbenden Tätigkeit des
Klägers zugerechnet werden müsse. Dagegen wendet sich die Revision mit
Recht.
30
(1) Den Ausführungen des Berufungsgerichts kann schon nicht entnommen werden, dass der M.
-Händlervertrag von der herkömmlichen Risi-
koverteilung zugunsten des Händlers abweicht.
31
(a) Als Risiko, von dem der Kläger durch den Händlervertrag entlastet
werde, nennt das Berufungsgericht konkret nur das Absatzrisiko im Hinblick auf
Vorführwagen, von dem der Kläger dadurch weitgehend freigestellt sei, dass
die Beklagte sich zur Rücknahme von Vorführwagen bei Vertragsbeendigung
verpflichtet habe. Das ist schon deswegen nicht richtig, weil der M.
-
Händlervertrag weder an der vom Berufungsgericht angegebenen noch an anderer Stelle eine Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme von Vorführwagen vorsieht. § 12 Ziffer 3 des Vertrages regelt den Rückkauf von Lager-, nicht
von Vorführfahrzeugen; auch § 4 des Vertrages, der in Ziffer 1 Buchstabe c die
Pflicht des Händlers zur Unterhaltung bestimmter Vorführ- und Lagerwagen
regelt, enthält keine Bestimmung über den Rückkauf von Vorführfahrzeugen.
32
(b) Ob die dem Händler in § 10 Ziffer 2 des Vertrages zugesagte Kostenerstattung für Gewährleistungsarbeiten durch die Beklagte als Risikoentlastung
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zu werten ist, wie das Berufungsgericht meint, mag dahinstehen. Jedenfalls ist
die wirtschaftliche Bedeutung dieser Entlastung gering zu veranschlagen. Beim
Neuwagenverkauf werden Gewährleistungspflichten des Händlers in aller Regel
von den daneben bestehenden Garantiepflichten des Herstellers überlagert,
weil Mängel an Neufahrzeugen regelmäßig Garantieansprüche des Käufers
gegen den Hersteller auslösen und im Garantiewege beseitigt zu werden pflegen. Zumindest im Hinblick auf die geringe wirtschaftliche Bedeutung kann von
einer spürbaren Risikoentlastung des Klägers in Bezug auf seine Gewährleistungspflicht gegenüber seinen Kunden keine Rede sein.
33
(c) Inwiefern Mitsprache- oder Kontroll- und Aufsichtsrechte, die die Beklagte sich in Bezug auf Personaleinsatz, Einrichtung und Gestaltung der Betriebsräume sowie für Werbemaßnahmen vertraglich vorbehalten hat, zu einer
Verlagerung von Risiken aus dem Bereich des Klägers auf die Beklagte geführt
haben sollen, ist nicht zu erkennen.
34
(2) Ebenso wenig leuchtet ein, weshalb derartige Befugnisse der Beklagten oder die vom Berufungsgericht angenommene atypische Risikoverteilung
zur Folge haben sollen, dass Rabattanteile, die der Kläger als Entgelt der Beklagten für die Schaffung einer ihren Vorstellungen entsprechenden betrieblichen Organisation und einer ihr angemessen erscheinenden Präsentation ihrer
Produkte ansehen durfte, abweichend von der Regel nicht als zur Abgeltung
händlertypischer – und damit handelsvertreteruntypischer – Aufgaben und Risiken bestimmte Rabattbestandteile aus dem Rohertrag herauszurechnen seien.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind gerade die Teile des
Händlerrabatts, durch die händlertypische Aufwendungen für die personelle und
sächliche Ausstattung des Betriebs sowie für Werbung, Präsentation, Lagerhaltung und Vorführfahrzeuge abgegolten werden sollen, von dem Rohertrag in
Abzug zu bringen, weil es sich dabei um Entgelte für Leistungen handelt, die
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ein Handelsvertreter typischerweise nicht oder nur gegen ein zusätzliches, neben seine Vermittlungsprovision tretendes Entgelt zu erbringen hat, das nicht in
die Ausgleichsberechnung einfließt. Nur was nach Abzug des betreffenden Anteils von dem Händlerrabatt übrig bleibt, ist der Vermittlungsprovision eines
Handelsvertreters vergleichbar (Senat aaO unter B I 2 b), auf deren Grundlage
der Ausgleichsanspruch zu berechnen ist.
35
3. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist dagegen, dass das Berufungsgericht den im Hinblick auf die "Sogwirkung der Marke" der Beklagten
nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB vorzunehmenden Billigkeitsabschlag
ebenso wie das Landgericht auf 20 % geschätzt hat. Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Händlers und Sogwirkung des Produkts gehört zum Kernbereich tatrichterlichen Schätzungsermessens (Senatsurteile vom 5. Juni 1996 – VIII ZR 141/95, WM 1996, 1962 = NJW 1996, 2298
unter B I 3, und vom 26. Februar 1997 – VIII ZR 272/95, WM 1997, 1485 = NJW
1997, 1503 unter C I 4, insoweit nicht in BGHZ 135, 14 abgedruckt). Die Erwägungen, die das Berufungsgericht hierzu angestellt hat, lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Das gefundene Ergebnis hält sich in den Grenzen des tatrichterlich Vertretbaren.
II.
36
Den Anspruch des Klägers auf Ersatz des Kündigungsschadens analog
§ 89a HGB hat das Berufungsgericht in Höhe von insgesamt 89.084,89 € für
begründet gehalten. Es hat dem Kläger daher insoweit über den ihm vom
Landgericht
zugesprochenen
Betrag
von
26.500,58 €
hinaus
weitere
62.584,31 € zuerkannt. Wegen des weitergehenden Schadensersatzbegehrens
von 44.717,87 € (133.802,76 € abzüglich zuerkannter 89.084,89 €) hat es die
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Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Anschlussrevision des Klägers ist begründet.
37
1. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Anschlussrevision allerdings, soweit das Berufungsgericht die Anzahl der M.
-Neufahrzeuge, die der Klä-
ger in dem Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis 30. April 1994 voraussichtlich hätte
verkaufen können, auf nicht mehr als 42 geschätzt hat. Diese Schätzung gründet sich auf die vom Berufungsgericht als unstreitig festgestellten Neuwagenverkaufszahlen, die der Kläger in den Jahren 1991 und 1992 sowie im ersten
Halbjahr 1993 erzielt hat, und berücksichtigt die sonstigen für eine Schätzung
nach § 287 ZPO beachtlichen Umstände in rechtlich nicht zu beanstandender
Weise. Soweit die Anschlussrevision geltend macht, unter Berücksichtigung der
Überlegungen des Berufungsgerichts sei die vom Kläger angesetzte Zahl von
44 Neuwagenverkäufen angemessen, setzt sie in revisionsrechtlich unbeachtlicher Weise ihre eigene Schätzung an die Stelle der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Schätzung.
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2. Mit Recht beanstandet die Anschlussrevision demgegenüber den vom
Berufungsgericht vorgenommenen Abzug ersparter Betriebskosten in Höhe von
22,24 % des Rohertrags je Einheit.
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a) Ob und in welcher Höhe der Kläger infolge der Einstellung der Belieferung mit M.
-Neufahrzeugen durch die Beklagte Betriebskosten erspart
hat, die über den von ihm eingeräumten Betrag von 160 DM – die beim Ansatz
eines Rohertrags von 5.380,70 DM bereits berücksichtigten Kosten des Entwachsens und der Bereitstellung eines verkauften Neuwagens – je Einheit hinausgehen, war in den Tatsacheninstanzen streitig. Der Kläger hat erstinstanzlich unter Beweisantritt vorgetragen, er habe in dem fraglichen Zeitraum keine
weiteren Betriebskosten erspart, weil er seinen Betrieb nach dem Verlust der
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Marke M.
weder räumlich noch personell verkleinert habe. Diesen Vor-
trag hat er auch auf einen Hinweis des Landgerichts hin aufrechterhalten. Die
Beklagte ist dem gleichfalls unter Beweisantritt mit dem Vortrag entgegengetreten, beim "durchschnittlichen M.
-Händler" beliefen sich die Personalkos-
ten auf 50,34 % des Rohertrags und die sonstigen Betriebskosten auf zusammen 25,9 % des Rohertrags. Diese Angaben hat der Kläger mit Nichtwissen
bestritten.
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Das Landgericht hat das Bestreiten des Klägers als unbeachtlich angesehen, weil der Kläger nicht dargelegt habe, warum die von der Beklagten für
andere M.
-Händler ermittelten Zahlen für seinen Betrieb nicht zutreffen
sollten, und weil er konkrete auf seinen Betrieb bezogene Zahlen nicht genannt
habe. Es hat dem entsprechend bei der Berechnung des Schadens den Rohertrag des Klägers um ersparte Betriebskosten in der von der Beklagten angegebenen durchschnittlichen Höhe von 76,25 % gekürzt.
41
Das Berufungsgericht hat den Abzug auf 22,24 % des Rohertrags ermäßigt, weil der Kläger unwidersprochen vorgetragen habe, dass er durch den
Verlust der Marke M.
weder Personalkosten noch Kosten der Unterhal-
tung von Betriebsräumen erspart habe. Hinsichtlich des verbleibenden Abzugs
von 22,24 % des Rohertrags hat es sich der Argumentation des Landgerichts
mit der Begründung angeschlossen, der Kläger habe den substantiierten Vortrag der Beklagten zu dem erfahrungsgemäß anfallenden Betriebskostenaufwand gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht wirksam mit Nichtwissen bestreiten können, weil die ihm insoweit entstandenen Kosten Gegenstand seiner eigenen
Wahrnehmung seien. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz abweichende Zahlen für seinen Betrieb genannt habe, sei sein Vorbringen nach
§ 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zu berücksichtigen.
- 20 -
42
b) Dieses Vorgehen rügt die Anschlussrevision mit Recht als verfahrensfehlerhaft. Der Kläger war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht nach § 138 Abs. 4 ZPO gehindert, die von der Beklagten behaupteten Betriebskosten eines durchschnittlichen M.
-Händlers mit Nichtwissen zu
bestreiten. Derartige Durchschnittswerte, die die Beklagte nach ihren Angaben
nicht für den Betrieb des Klägers, sondern durch die Untersuchung anderer M.
-Händlerbetriebe ermittelt hatte, waren nicht Gegenstand eigener Wahrnehmung des Klägers. Welche Betriebskosten der Kläger infolge der vorzeitigen Beendigung der Geschäftsbeziehung zu der Beklagten erspart hat, hat die
Beklagte nicht konkret vorgetragen.
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Zu Recht weist die Anschlussrevision ferner darauf hin, dass das Landgericht sich nicht unter Berufung auf die von der Beklagten behaupteten Durchschnittswerte über den unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers hinwegsetzen durfte, er habe wegen der Weiterführung seines Betriebs im bisherigen Zuschnitt durch den Fortfall des Vertriebs von M.
-Neufahrzeugen allein die
Kosten für das Entwachsen und die Bereitstellung der Neuwagen in Höhe von
160 DM je Fahrzeug erspart. Entgegen der vom Berufungsgericht geteilten Auffassung des Landgerichts war es nicht primär Sache des Klägers darzulegen, in
welcher Höhe die nach der Darstellung der Beklagten im Betrieb eines durchschnittlichen M.
-Händlers anfallenden Betriebskosten in seinem Unter-
nehmen zu Buche schlagen. Seiner Darlegungslast hat der Kläger dadurch genügt, dass er den Rohertrag je Fahrzeugverkauf angegeben und davon die
nach seiner Behauptung allein ersparten Betriebskosten von 160 DM je Einheit
abgesetzt hat. Wenn das Landgericht dieses Vorbringen in Anbetracht der von
der Beklagten vorgetragenen Kostenstruktur eines durchschnittlichen M.
-Händlerbetriebs für nicht plausibel hielt und deshalb Angaben des Klägers
dazu erwartete, auf welche Höhe sich die üblicherweise anfallenden Betriebskosten im Unternehmen des Klägers beliefen, hätte es dem Kläger einen ent-
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sprechend konkreten Hinweis geben müssen und sich nicht mit dem Hinweis
begnügen dürfen, ersparte Betriebskosten, die der Kläger bei seiner Schadensberechnung nicht berücksichtige, "dürften gleichwohl entstanden sein".
44
Da das Landgericht diesen auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung
gebotenen Hinweis nicht gegeben hat, ist Sachvortrag des Klägers zur Höhe
der Betriebskosten, die nach Auffassung des Berufungsgerichts vom Rohertrag
abzusetzen sind, in erster Instanz infolge eines Verfahrensmangels – Verstoß
gegen § 139 Abs. 1 ZPO – unterblieben. Die erstmals mit der Berufungsbegründung hierzu gemachten Angaben waren folglich gemäß § 531 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Das Berufungsgericht hätte deshalb als vom Kläger ersparte Betriebskosten nicht die von der Beklagten behaupteten Durchschnittswerte ansetzen dürfen, ohne über die vom Kläger unter Beweisantritt
vorgetragene, von der Beklagten bestrittene geringere Höhe der betreffenden
Betriebskosten Beweis zu erheben.
III.
Schließlich hält auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht den
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vom Kläger erhobenen Anspruch auf Ersatz von Lagerkosten in Höhe von
4.008,53 € (7.840 DM) abgewiesen hat, der rechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
46
Das Berufungsgericht unterstellt insoweit zugunsten des Klägers eine
Schadensersatzpflicht der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung, die es
offenbar darin sehen will, dass die Beklagte "die von ihr nach Maßgabe des
Händlervertrages zu übernehmenden Ersatzteile vorläufig nicht (habe) abholen
lassen". Es verneint aber den Eintritt eines Schadens, weil der Kläger nicht dargetan habe, dass er die auf seinem Betriebsgrundstück stehende Garage, in
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der er die Ersatzteile aufbewahrt habe, anderenfalls durch Vermietung gewinnbringend hätte nutzen können und nutzen wollen.
47
Demgegenüber hält die Anschlussrevision es für unerheblich, ob der
Kläger die Garage durch Vermietung anderweitig hätte nutzen können. Nach
ihrer Auffassung kann der Kläger deswegen ein angemessenes Nutzungsentgelt als Verzugsschaden ersetzt verlangen, weil er mit der Einlagerung der Ersatzteile eine geldwerte Leistung erbracht habe, die sich auch im Lichte der Differenzhypothese als ersatzfähiger Vermögensnachteil des Klägers darstelle.
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Ob die Beklagte durch die nicht rechtzeitige Abholung der von ihr zurückzunehmenden Ersatzteile eine Vertragspflicht verletzt hat und dem Kläger
wegen dieser Pflichtverletzung aus positiver Vertragsverletzung oder aus
Schuldnerverzug zum Schadensersatz verpflichtet ist, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die weitere Frage, ob sich der Eintritt eines Schadens mit der
Erwägung der Anschlussrevision begründen lässt, der Kläger habe durch die
Einlagerung der Ersatzteile eine geldwerte Leistung erbracht. Denn falls die
Beklagte die von ihr zurückzunehmenden Ersatzteile nicht rechtzeitig abgeholt
haben sollte, ist darin jedenfalls ein Annahmeverzug zu sehen. Unter diesem
Aspekt ist es ohne Bedeutung, ob der Kläger die Garage, in der er die Ersatzteile eingelagert hatte, anderweitig hätte nutzen können. Sollte sich die Beklagte
mit der Rücknahme der Ersatzteile in Annahmeverzug befunden haben, wozu
das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen hat, so kann der
Kläger als Kaufmann gemäß § 304 BGB in Verbindung mit § 354 HGB für die
Dauer des Annahmeverzugs der Beklagten die ortsüblichen Lagerkosten beanspruchen (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1996 – VIII ZR 185/94, WM 1996,
826 = NJW 1996, 1464 unter 1 b aa m.w.Nachw.).
- 23 -
D.
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Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit es
angefochten worden ist. Es ist somit in diesem Umfang aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil es dazu
weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher im Umfang
der Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens
einschließlich der auf den zurückgenommenen Teil der Revision entfallenden
Kosten zu entscheiden haben wird.
Dr. Deppert
Dr. Beyer
Dr. Leimert
Ball
Dr. Frellesen
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.06.2002 - 18 O 436/94 OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 30.04.2004 - 24 U 166/02 -