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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 168/03
Verkündet am:
3. Dezember 2003
Potsch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGB § 571 a.F.
Nach einem Eigentumswechsel ist nicht der Erwerber, sondern der Veräußerer gegenüber dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum abgelaufenen Abrechnungsperiode zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt; es kommt nicht darauf an, wann der Zahlungsanspruch fällig geworden ist.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR 168/03 - LG Berlin
AG Tempelhof/Kreuzberg
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2003 durch Richter Dr. Hübsch als Vorsitzenden und die
Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst
für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des
Landgerichts Berlin vom 28. April 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger waren im Jahr 1998 Mieter einer Wohnung in B.
, A.
. Mit Wirkung vom 1. Januar 2000 erwarb der Beklagte das Eigentum
an dieser Wohnung. Im Oktober 2000 teilte die damalige Wohnungsverwaltung
den Klägern mit, für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 bestünde zugunsten der Kläger ein Guthaben von insgesamt 1.445,02 DM
(114,68 DM Betriebskosten- und 1.330,34 DM Heizkostenguthaben). Eine
Überweisung des Geldbetrages erfolgte nicht.
Mit ihrer Klage fordern die Kläger vom Beklagten die Auszahlung des
Guthabens; dieser meint, Zahlung müsse der damalige Eigentümer leisten.
-3-
Beide Vorinstanzen haben eine Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung verneint. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die
Kläger ihren Antrag auf Verurteilung des Beklagten weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei nicht zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet, weil er im Hinblick auf den Mietvertrag
nicht Rechtsnachfolger des Veräußerers sei. Der Beklagte sei Gläubiger und
Schuldner der Ansprüche, die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig geworden seien oder sich gegen ihn richteten. Hinsichtlich der beim Eigentumswechsel bereits beendeten Abrechnungsperiode bestehe wegen des "Fälligkeitsprinzips" allerdings eine Ausnahme für die Ansprüche auf Abrechnung,
Nachzahlungen und Erstattungen von Guthaben. Nebenkosten für - wie vorliegend - abgeschlossene Abrechnungsperioden seien ungeachtet eines späteren
Eigentumsübergangs allein zwischen den bisherigen Mietvertragsparteien abzurechnen, etwaige Nachzahlungen oder Erstattungen überzahlter Beträge seien nur zwischen diesen Parteien abzuwickeln.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so
daß die Revision - trotz Säumnis des Beklagten in der mündlichen Revisions-
-4-
verhandlung - durch Endurteil zurückzuweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - III ZR 268/89, BGHR ZPO § 331 Säumnis 1).
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß sich der Anspruch
der Mieter auf Rückerstattung überzahlter Nebenkostenvorauszahlungen gegen
den Veräußerer und nicht gegen den Erwerber richtet, sofern die Abrechnungsperiode vor dem Eigentumswechsel abgeschlossen war, ohne daß es darauf
ankommt, wann der Rückzahlungsanspruch fällig geworden ist.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß sich die Frage,
welche mietvertraglichen Rechte und Pflichten infolge eines Eigentumsübergangs nach § 571 BGB a.F. dem Veräußerer und welche dem Erwerber zuzuordnen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Entstehens bzw. der Fälligkeit des Anspruchs beantwortet. Vor dem Eigentumswechsel entstandene und
fällig gewordene Ansprüche verbleiben dem bisherigen Vermieter, danach fällig
gewordene Forderungen stehen dem (nunmehrigen) Grundstückseigentümer
zu. Ebenso richten sich vertragliche Ansprüche des Mieters dann gegen den
Erwerber, wenn sie erst nach dem Eigentumswechsel entstehen oder fällig
werden (Senatsurteile vom 14. Oktober 1987 - VIII ZR 246/86, NJW 1988, 705
unter 2 b, cc und vom 19. Oktober 1988 - VIII ZR 22/88, NJW 1989, 451 unter II
2 b; BGH, Urteil vom 14. September 2000 - III ZR 211/99, WM 2000, 2509 unter
3).
2. Zwar ist der Anspruch des Mieters auf Auszahlung des Betriebskostenguthabens für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 erst
mit Erteilung der Betriebskostenabrechnung vom 16. Oktober 2000 fällig geworden (vgl. BGHZ 113, 188, 194; Senatsurteil vom 27. November 2002
- VIII ZR 108/02, NJW-RR 2003, 442 unter III 1). Wie der Bundesgerichtshof für
den vergleichbaren Fall eines Eigentumswechsels nach dem Vermögensgesetz
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jedoch entschieden hat, ist der frühere Eigentümer gegenüber dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum (Bestandskraft des Rückgabebescheids) abgelaufenen Abrechnungsperiode zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt. Diese Lösung sorgt für Rechtsklarheit und vermeidet insbesondere das ungereimte Ergebnis, daß eine vor dem Eigentumswechsel fällig gewordene Abrechnungspflicht beim bisherigen Vermieter verbleibt, während
Nachzahlungen und Erstattungen, deren Vorbereitung und Berechnung die Abrechnung dient, dem Erwerber zustehen, bzw. von diesem zu erbringen sind
(BGH, Urteil vom 14. September 2000 aaO).
Der erkennende Senat hält diese Betrachtungsweise auch im vorliegenden Fall für sachgerecht. Das strikte Festhalten am sog. Fälligkeitsprinzip würde einmal die Abrechnung der Nebenkosten im Regelfall erschweren, da sich
der Erwerber die nötigen Unterlagen vom Veräußerer unter Umständen erst
beschaffen muß; im übrigen können sich für den Erwerber erhebliche Hindernisse ergeben, wenn er mit dem Mieter über die Nebenkosten für bereits vor
seinem Eigentumserwerb abgeschlossene Rechnungsperioden abrechnen soll.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß der Erwerber in der nun abzurechnenden Periode die Vorauszahlungen nicht erhalten hat. Er müßte sich dann an
den Veräußerer wenden und eventuelle Ansprüche möglicherweise gerichtlich
durchsetzen. Auch stünde im Fall geschuldeter Nachzahlungen ein hierauf gerichteter Anspruch dem Erwerber selbst nicht zu, nachdem der Veräußerer die
Aufwendungen für die abgelaufene Abrechnungsperiode getragen und er deshalb Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat (im Ergebnis ebenso
OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1101; Staudinger/Emmerich, [2003], § 566
BGB, Rdnr. 55; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 566 Rdnr. 59;
Blank/Börstinghaus, Miete, § 571 BGB Rdnr. 26; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch
des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 1411; a.A.
-6-
OLG Naumburg, NJW-RR 1999, 160; Schenkel, NZM 1999, 5 ff.). Soweit den
Mietern danach Nachteile entstehen können, weil es ihnen verwehrt ist, mit ihnen zustehenden Rückzahlungsforderungen gegenüber Mietzinsforderungen
des Erwerbers aufzurechnen, ist dies die Folge des Erwerbs ihres Vertragsgegners und von ihnen hinzunehmen.
Dr. Hübsch
Dr. Beyer
Wiechers
Dr. Leimert
Dr. Wolst