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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 101/04
Verkündet am:
28. September 2005
K i r c h g e ß n e r,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 10. August 2005 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 24. Zivilkammer
des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Februar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger mieteten eine im Dachgeschoß des Hauses der Beklagten gelegene Drei-Zimmer-Wohnung mit Balkon in R.
. Dabei handelte es sich
ursprünglich um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die die Beklagte vor Beginn des
Mietverhältnisses auf Wunsch der Kläger durch einen Wanddurchbruch um ein
Zimmer vergrößern ließ. In § 1 Ziff. 1 des Mietvertrages vom 7. Mai 1995 heißt
es:
"Vermietet werden im Haus W.
eine Einl.-Wohnung m.
sep. Eingang u. Treppenhaus folgende Räume:
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3 Zimmer, ... 1 Küche, 1 Treppenh. m. Diele ... Wohnfläche:
86,87 m2"
Die monatliche Miete betrug zunächst 1.129,31 DM (577,41 Euro). Im
Jahr 2002 ließen die Kläger die Wohnung durch einen Privatgutachter ausmessen. Dieser ermittelte unter Zugrundelegung von §§ 42 f. der II. Berechnungsverordnung eine Wohnfläche von 73,18 m2. Das Mietverhältnis endete zum
31. Dezember 2002.
Mit der Klage haben die Kläger im Hinblick auf die ihrer Ansicht nach zu
geringe Wohnfläche anteilige Rückzahlung der geleisteten Mieten von monatlich 90,90 € für 48 Monate, mithin insgesamt einen Betrag von 4.363,20 € nebst
Zinsen geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Den Klägern stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus § 812
Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu. Die von den Klägern behauptete Abweichung der
tatsächlichen Wohnfläche von den Angaben im Mietvertrag stelle sich nicht als
Mangel der Mietsache dar. Die Kläger hätten daher den von ihnen geforderten
Betrag mit rechtlichem Grund geleistet. Trotz der genauen Angabe der Wohnungsgröße im Mietvertrag sei aufgrund der vorangegangenen Umbauarbeiten
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ohne anschließende Neuvermessung der Wohnung bereits zweifelhaft, ob die
Angabe der Wohnungsgröße nicht lediglich als unverbindliche Objektbeschreibung zu verstehen sei. Zudem läge ein zur Minderung berechtigender Mangel
auch bei einer Flächenunterschreitung von mehr als 10% nur dann vor, wenn
dadurch die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht unerheblich beeinträchtigt sei. Hiervon könne bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil die
Wohnung vor der Anmietung den Bedürfnissen der Kläger entsprechend umgebaut worden sei.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat aufgrund seiner bisherigen Feststellungen
einen Mangel der Mietsache zu Unrecht mit der Begründung verneint, bei der
Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag habe es sich lediglich um eine unverbindliche Objektbeschreibung gehandelt. Diese Auslegung (§§ 133, 157 BGB)
ist rechtsfehlerhaft, wie die Revision zu Recht rügt. Dass die durch einen Umbau vergrößerte Wohnung vor Abschluss des Mietverhältnisses nicht neu vermessen worden war, spricht gerade gegen das vom Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis. Besteht nach einem Umbau Unsicherheit über die tatsächliche Größe einer Wohnung, so lässt die genaue Angabe einer Wohnfläche
im Mietvertrag - wie hier von 86,87 m2 - vermuten, dass die Vertragsparteien
diese Unsicherheit beseitigen und eine bestimmte Wohnungsgröße verbindlich
festlegen wollten. Hätten die Parteien hingegen weiterhin von einer nicht festgestellten Wohnfläche ausgehen wollen, so hätten sie im Mietvertrag entweder
keine Größe aufgeführt oder deutlich gemacht, dass die erwähnte Fläche als
eine bloße Schätzung oder die Angabe einer unverbindlichen Größenordnung
zu verstehen sei. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, da keine
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weiteren Feststellungen zu erwarten sind. Dass der im Mietvertrag aufgeführten
Wohnungsgröße hier nach dem Willen der Parteien aus anderen Gründen ausnahmsweise keine Verbindlichkeit zukommen sollte oder aber die vertragliche
Vereinbarung lediglich den Sinn haben sollte, die Wohnfläche unabhängig von
den tatsächlichen Umständen verbindlich festzulegen, ist nicht ersichtlich.
2. Das Urteil des Berufungsgerichts kann auch mit der weiteren Begründung, ein Mangel der Mietsache sei bereits deshalb zu verneinen, weil die Kläger eine Minderung der Gebrauchstauglichkeit nicht dargetan hätten, keinen
Bestand haben. Weist eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche auf, die mehr
als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand grundsätzlich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1
Satz 1 BGB dar, der den Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Der Senat
hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass es einer zusätzlichen
Darlegung des Mieters, infolge der Flächendifferenz sei die Tauglichkeit der
Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert, nicht bedarf (Senat, Urteile vom 24. März 2004 - VIII ZR 295/03, NJW 2004, 1947 unter II 2 b und
VIII ZR 133/03, NZM 2004, 456 unter II). Dies gilt auch für den vorliegenden
Fall. Dass die Wohnung vor Abschluss des Mietvertrages durch Vergrößerung
an die Bedürfnisse der Kläger angepasst wurde, ist unerheblich. Es macht keinen Unterschied, ob die Kläger, die eine Drei-Zimmer-Wohnung suchten, eine
derartige Wohnung, die ihren Bedürfnissen von Anfang an entsprach, anmieteten oder ob eine Zwei-Zimmer-Wohnung auf ihren Wunsch entsprechend vergrößert wurde. Die mietvertraglich vereinbarte Fläche einer Wohnung stellt in
beiden Fällen ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten
Wohnung dar. Dieser ist ohne weitere Darlegung beeinträchtigt, wenn die tatsächliche Fläche der Wohnung um mehr als 10 % geringer ist (Senat aaO).
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III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. Das
Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - offengelassen, ob und in
welchem Umfang die tatsächliche Wohnfläche von der im Vertrag angegebenen
Größe abweicht. Diese Frage ist entscheidungserheblich, da hiervon das Vorliegen eines Mangels der Mietsache und entsprechende Rückforderungsansprüche der Kläger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB abhängen. Dazu bedarf es
weiterer tatsächlicher Feststellungen, insbesondere zu der von der Beklagten
geltend gemachten Anrechnung der Flurflächen im Treppenhaus und der Fläche des Balkons. Zu letzterem können im Regelfall die Bestimmungen der
§§ 42 bis 44 II. Berechnungsverordnung in der Fassung vom 12. Oktober 1990,
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die ab dem 1. Januar 2004 durch die Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche vom 25. November 2003 im wesentlichen gleichlautend ersetzt worden
sind, herangezogen werden (Senat, Urteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 44/03,
NJW 2004, 2230 unter II 1 b aa).
Dr. Deppert
Dr. Beyer
Dr. Wolst
Dr. Leimert
Hermanns