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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 209/11
Verkündet am:
20. Dezember 2012
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 635 a.F., § 254 Abs. 1 C
a) Die Planung eines Architekten für einen Bauträger ist ungeachtet der mit diesem getroffenen Vereinbarung, Trennwände einschalig zu planen, mangelhaft,
wenn sie den von den Vertragsparteien vorausgesetzten Zweck nicht erfüllt, eine mangelfreie Veräußerung des so errichteten Bauwerks an die Erwerber zu
ermöglichen, weil diesen eine zweischalige Ausführung der Trennwände geschuldet wird.
b) Den Bauträger trifft ein erhebliches Mitverschulden an dem durch Inanspruchnahme der Erwerber wegen unzureichenden Schallschutzes entstandenen
Schaden, wenn er blind auf die rechtliche Annahme des Architekten vertraut
hat, Reihenhäuser müssten keine doppelschalige Ausführung haben, wenn sie
als "senkrecht geteilte Wohneinheiten" verkauft würden.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 209/11 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
-2-
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die
Richterin Safari Chabestari und die Richter Dr. Eick, Kosziol und Dr. Kartzke
für Recht erkannt:
I. Auf
die
Revision
19. Zivilsenats
des
des
Beklagten
wird
Oberlandesgerichts
das
Urteil
Karlsruhe
des
vom
29. September 2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.406,87 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz aus einem Betrag von 5.442,98 € seit dem
6. Dezember 2008 und aus einem weiteren Betrag in Höhe
von 963,89 € seit dem 14. April 2010 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der
Klägerin ein Drittel des weiteren Schadens daraus zu ersetzen, dass er die Reihenhäuser der Anlage B.
und
weg
in K.
nicht mit zweischaligen Trennwänden geplant hat
bzw. hat ausführen lassen.
3. Es wird weiter festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist,
der Klägerin jeglichen weiteren Schaden daraus zu ersetzen,
dass er die zu den Reihenhäusern der Anlage B.
weg
und
in K.
gehörige Tiefgarage nicht mit einem zweiten
Fluchtweg geplant hat bzw. hat ausführen lassen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
-3-
II.
Die weitergehende Berufung der Klägerin und die weitergehende Revision des Beklagten werden zurückgewiesen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die
Klägerin 68 % und der Beklagte 32 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 70 % und der Beklagte zu 30 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die
Klägerin zu zwei Dritteln und der Beklagte zu einem Drittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin, eine Bauträgerin, macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Architektenvertrag geltend.
2
Die Klägerin errichtete 2001 in K. ihrem äußeren Erscheinungsbild nach
zwei Reihenhauszeilen mit jeweils fünf Reihenhäusern und einer zwischen den
Gebäudezeilen liegenden Tiefgarage. Mit der Planung und Bauüberwachung
hatte sie den Beklagten mündlich beauftragt. Dieser plante die Objekte mit einschaligen Trennwänden, die Tiefgarage ohne zweiten Rettungsweg und die
Tiefgaragenzufahrt mit einer zu steilen Neigung.
3
Die Klägerin veräußerte die Wohneinheiten als "Reihenhäuser in Form
von Wohnungseigentum". In drei Rechtsstreitigkeiten gegen die Erwerber konnte sie den von ihr beanspruchten restlichen Erwerbspreis im Hinblick auf Mängel des Schallschutzes und der Tiefgarage nicht realisieren. Die insoweit an-
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geblich entstandenen Kosten und Auslagen in Höhe von 23.110,40 € verlangte
sie von dem Beklagten ersetzt. In zwei weiteren Verfahren verlangten die Erwerber die Feststellung, dass die restlichen Vergütungspflichten aus den Bauträgerverträgen infolge Minderung erfüllt seien und die Klägerin zur teilweisen
Rückzahlung des Erwerbspreises verpflichtet sei.
4
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zur Zahlung
von 23.110,40 € nebst Zinsen zu verurteilen, ihn weiter zu verurteilen, sie von
allen Ansprüchen freizustellen, die in den zwei weiteren Verfahren gegen sie
erhoben wurden, sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr jeglichen Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist, dass er die zehn Reihenhäuser nicht mit zweischaligen Trennwänden geplant bzw. hat ausführen
lassen, die Tiefgaragenzufahrt der WEG-Anlage zu steil angelegt hat sowie den
zweiten Fluchtweg weder geplant noch hat ausführen lassen.
5
Das Landgericht hat der Feststellungsklage betreffend den zweiten Rettungsweg stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen hat die
Klägerin Berufung eingelegt und zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 23.110,40 € nebst Zinsen zu zahlen und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden daraus zu ersetzen, dass
er die Reihenhäuser nicht mit zweischaligen Trennwänden geplant hat bzw. hat
ausführen lassen.
6
Das Berufungsgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im
Übrigen verurteilt, an die Klägerin 19.220,61 € nebst Zinsen zu zahlen und dem
Feststellungsantrag entsprochen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision
erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
-5-
Entscheidungsgründe:
7
Die Revision hat teilweise Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten
lediglich ein Drittel des Schadens ersetzt verlangen, der darauf beruht, dass der
Beklagte die zehn Reihenhäuser nicht mit zweischaligen Trennwänden geplant
hat und hat ausführen lassen.
8
Auf das Schuldverhältnis sind die für bis zum 31. Dezember 2001 geschlossene Verträge geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5
Satz 1 EGBGB).
I.
9
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Planung des Beklagten sei
objektiv mangelhaft, da er für die zu errichtenden Reihenhäuser lediglich einschalige Haustrennwände mit einem entsprechend zu geringen Schallschutzmaß vorgesehen habe. Zum Zeitpunkt der Planung im Jahre 2000 seien Einfamilien-Reihenhäuser nach den anerkannten Regeln der Technik bereits mit
zweischaligen Haustrennwänden auszuführen gewesen. Ein dementsprechendes Schallschutzniveau von mindestens 62 dB habe der Beklagte nach dem
Inhalt des Architektenvertrags vorsehen müssen. Der Beklagte, der keine Wohnungen in Mehrfamilienhäusern habe planen sollen, habe das Konzept von
"senkrecht geteilten Wohneinheiten" entwickelt, womit die zweischalige Ausführung der Haustrennwände aufgegeben und Einbußen beim Schallschutz hingenommen worden seien. Tatsächlich seien aber weiterhin Reihenhäuser zu planen gewesen. Insoweit komme es nicht darauf an, ob es sich dinglich-rechtlich
um Reihenhäuser auf eigenem Grundstück oder um Wohnungseigentum auf
ungeteiltem Grund handele. Maßgeblich sei das bautechnische Erscheinungsbild des Objekts. Der Beklagte habe daher ein Schallschutzniveau vorzusehen
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gehabt, wie es zum Zeitpunkt der Planung für Reihenhäuser den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen habe.
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Für die damit objektiv mangelhafte Planung mit einem abgesenkten
Schallschutzniveau müsste der Beklagte nur dann nicht haften, wenn die Klägerin das Risiko der nicht funktionstauglichen Planung vertraglich übernommen
hätte. Allein aus der Vereinbarung, die Häuser mit einschaligen Haustrennwänden und einem Schallschutzniveau wie beim Geschosswohnungsbau zu planen, ergebe sich nicht, dass die Parteien sich einig gewesen seien, dass eine
nicht funktionstaugliche und damit mangelhafte Planung habe erstellt werden
sollen. Denn sowohl die Klägerin als auch der Beklagte seien ersichtlich davon
ausgegangen, dass es zulässig sei, Reihenhäuser mit einem Schallschutzstandard wie im Geschosswohnungsbau zu planen, wenn diese lediglich nach dem
Wohnungseigentumsgesetz geteilt und damit rechtlich als Wohnungseigentum
anzusehen seien. Eine vertragliche Vereinbarung, dass der Beklagte eine mangelhafte Planung liefern dürfe, wäre nur dann anzunehmen, wenn die Klägerin
über den Mangel der Planung vollständig aufgeklärt worden wäre und sich dann
mit der Absenkung des Schallschutzstandards einverstanden gezeigt hätte. Das
sei nicht der Fall gewesen. Der Beklagte habe die Klägerin zwar darauf hingewiesen, dass bei der gewählten Ausführungsart mit einschaligen Haustrennwänden und durchgehenden Geschossdecken der übliche Schallschutzstandard für Reihenhäuser nicht erreicht werden würde. Er habe aber nicht deutlich
gemacht, dass die Planung damit objektiv mangelhaft sein würde, da tatsächlich Reihenhäuser und keine Geschosswohnungen errichtet werden sollten.
Den Gesellschaftern der Klägerin sei lediglich klar gewesen, dass sie Pläne
erhielten, die beim Schallschutz dem Standard im Geschosswohnungsbau entsprechen würden. Dass ihnen damit auch klar gewesen sei, dass sie Häuser
mit einer mangelhaften Schalldämmung erhalten würden, die nur mit einer konkreten Vereinbarung zur Abweichung des Schallschutzstandards vom Stand der
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Technik erfolgreich an die Erwerber vertrieben werden könnten und sie dieses
Risiko damit selbst tragen wollten, stehe nicht fest.
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Ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen. Allein eine allenfalls fahrlässige Verwertung der fehlerhaften
Planung des Beklagten durch die Klägerin, ohne sich über die Risiken für die
Vertriebsmöglichkeiten hinsichtlich des Schallschutzstandards zu vergewissern,
könne ein Mitverschulden im Bereich der Aufklärungspflichten des Architekten
nicht begründen.
II.
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Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
13
1. Die Erwerber haben die Klägerin in Anspruch genommen, weil die von
ihnen erworbenen Objekte lediglich durch eine einschalige Wand von den benachbarten Objekten getrennt und der erforderliche Schallschutz nicht eingehalten worden war. Für den der Klägerin aus dieser Inanspruchnahme entstandenen Schaden haftet der Beklagte dem Grunde nach gemäß § 633 Abs. 1, § 635
BGB, weil er die Objekte mit unzureichendem Schallschutz geplant hat.
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a) Die Planung eines Architekten ist mangelhaft, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Der vertraglich geschuldete Erfolg
bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung
oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach
dem Willen der Parteien erfüllen soll. Eine Abweichung von der vereinbarten
Beschaffenheit liegt deshalb auch dann vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte
Zweck des Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder
nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Das gilt unabhängig
davon, ob die Parteien eine bestimmte Leistung, wie z.B. ein bestimmtes Pla-
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nungsdetail,
vereinbart
haben
(BGH,
Urteil
vom
29. September 2011
- VII ZR 87/11, BauR 2012, 115, 117 = NZBau 2011, 746 m.w.N.)
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b) Nach diesen Grundsätzen ist die Planung des Beklagten mangelhaft.
16
aa) Das folgt allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht daraus, dass die Planung "objektiv" mangelhaft ist. Maßgebend ist der
subjektive Mangelbegriff, so dass auf die von den Parteien vereinbarte Beschaffenheit abzustellen ist. Diese ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln.
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bb) Die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung des Vertrages
hinsichtlich der vereinbarten Beschaffenheit, insbesondere hinsichtlich der nach
dem Vertrag vorausgesetzten oder vereinbarten Funktion der Planung kann der
Senat selbst nachholen, weil weitere Feststellungen dazu nicht zu erwarten
sind.
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Danach war der Beklagte zunächst beauftragt, für die Klägerin zwei Reihenhauszeilen mit jeweils fünf Reihenhäusern zu planen. Diese Planung diente
nicht nur der Bebauung des Grundstücks mit diesen Reihenhäusern. Dem Beklagten war bekannt, dass die Klägerin als Bauträgerin die von ihr errichteten
Reihenhäuser veräußern wollte. Die Planung verfolgte auch den Zweck, die
Veräußerung als Reihenhäuser zu ermöglichen und eine Inanspruchnahme der
Klägerin wegen Planungsfehlern zu vermeiden. Maßgeblich ist insoweit die
Übereinstimmung der Planung mit der von den Parteien entwickelten Vorstellung von dem an die zukünftigen Erwerber zu veräußernden Objekt. Einseitige
Vorstellungen der Klägerin, mit welchen Qualitätsstandards sie die Reihenhäuser vermarkten wollte, bleiben unberücksichtigt.
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Der Beklagte hat sodann zur Kostenersparnis für die Klägerin das Konzept von "senkrecht geteilten Wohneinheiten" entwickelt, das eine lediglich einschalige Ausführung der Trennwände auf der Grundlage vorsah, dass Reihen-
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häuser mit einem Schallschutzstandard wie im Geschosswohnungsbau geplant
und veräußert werden können, wenn diese nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt werden und damit rechtlich als Wohnungseigentum anzusehen sind.
Die Klägerin hat diesem Konzept in Kenntnis des Umstandes zugestimmt, dass
Reihenhäuser nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik eine doppelschalige Ausführung der Trennwände erfordern.
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Es kann dahinstehen, ob die Abrede, Reihenhäuser zu planen, dadurch
geändert worden ist, dass die Parteien auf Vorschlag des Beklagten übereingekommen sind, die Wohnobjekte mit einschaligen Trennwänden auszuführen.
Denn diese Vereinbarung ändert jedenfalls nichts an der Zweckbestimmung der
von dem Beklagten geschuldeten Planung. Es ging nach wie vor darum, eine
Planung zu erstellen, mit der die Klägerin die Objekte auf der Grundlage der
gemeinsamen Vorstellung der Parteien ohne Mängelrügen der Erwerber vermarkten konnte.
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cc) Diese Zweckbestimmung hat die Planung des Beklagten verfehlt, so
dass sie mangelhaft ist.
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(1) Dabei ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass beide Parteien annahmen, es sei zulässig, die Objekte mit einem Schallschutzstandard wie "Geschosswohnungen, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt worden sind", zu planen. Auch die dermaßen
veräußerten Objekte - die Klägerin hat sie abweichend davon als "Reihenhäuser in Form von Wohnungseigentum" angeboten - hätten einen mangelhaften
Schallschutz aufgewiesen. Denn die Erwerber hätten die Objekte zu Recht als
solche eingeordnet, die in der konstruktiven Ausführung denjenigen von Reihenhäusern entsprachen, weil die übereinander liegenden Geschosse zusammen angeboten waren (senkrecht geteilte Wohneinheiten) und jede dermaßen
gebildete Einheit einen separaten Eingang hatte, so dass sie nach ihrem äuße-
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ren Erscheinungsbild Reihenhäusern entsprachen. Allein die davon abweichende und nicht aus sich heraus verständliche Benennung als "Geschosswohnungen, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt worden sind", hätte
nichts daran geändert, dass nach dem objektiven Inhalt der Verträge zwischen
der Klägerin und den Erwerbern Einheiten verkauft werden sollten, die in der
Konstruktion und Ausführung insbesondere den Schallschutz betreffend Reihenhäusern entsprachen.
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(2) Die Erwerber können gegen die Klägerin Mängelansprüche wegen
des planungsbedingt mangelhaften Schallschutzes geltend machen. Nach den
unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind Reihenhäuser nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mit zweischaligen Trennwänden auszuführen und es ist der dadurch erreichbare Luftschallschutz von mindestens 62 dB geschuldet (vgl. auch BGH, Urteil vom
14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, BGHZ 172, 346, 351 f., 355 f.). Die Klägerin
schuldet den Erwerbern die Einhaltung dieser Anforderungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, die nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs als vom Unternehmer grundsätzlich einzuhaltender Mindeststandard gelten (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184/97, BGHZ
139, 16, 19). Sie hat mit den Erwerbern nicht dadurch eine von diesem Mindeststandard abweichende Vereinbarung getroffen, dass sie in der Baubeschreibung angegeben hat, die Haustrennwände würden aus "Kalksandstein
d=30 cm einschalig" ausgeführt werden. Daraus erschloss sich für die Erwerber
nicht, dass die ihnen verkauften Reihenhäuser nicht diejenigen Qualitäts- und
Komfortstandards aufwiesen, die auch vergleichbare andere, zeitgleich fertiggestellte Reihenhäuser erfüllten. Für eine abweichende Vereinbarung reicht der
Hinweis auf die einschalige Haustrennwand in der Baubeschreibung nicht aus
(vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - VII ZR 54/07, BGHZ 181, 225, 230). Ein
Erwerber kann daraus mangels Fachkunde nicht ersehen, dass wegen dieser
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Bauausführung ein den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechender Schallschutz nicht erreicht wird.
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(3) Die Planung des Beklagten sieht lediglich eine einschalige Ausführung vor, die den von der Klägerin mindestens geschuldeten Schallschutzwert
von 62 dB in der Ausführung nicht erreicht. Der Beklagte hat diesen Mangel
seiner Planung auch zu vertreten. Seine Planung beruht auf dem Irrtum, den
Erwerbern werde kein Standard von Reihenhäusern geschuldet, wenn die geplanten Objekte ihrem äußeren Erscheinungsbild Reihenhäusern entsprechen,
jedoch als "Geschosswohnungen, die nach Wohnungseigentumsgesetz geteilt
worden sind", veräußert werden. Dieser Irrtum ist vermeidbar, denn dem Beklagten hätte es ohne Weiteres einleuchten müssen, dass es für im Baugewerbe nicht erfahrene Erwerber keine Rolle spielt, welche rechtliche Konstruktion
gebildet wird, um Objekte zu erwerben, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als Reihenhäuser einzuordnen sind.
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2. Eine Haftung des Beklagten scheidet nicht deshalb aus, weil die Klägerin das sich aus dem verminderten Schallschutz ergebende Risiko durch
rechtsgeschäftliche Vereinbarung übernommen hätte. Allerdings können die
Parteien rechtsgeschäftlich vereinbaren, dass der Auftraggeber das Risiko
übernimmt, die Planung werde die an sich vorausgesetzte Funktion und ihren
eigentlichen Zweck nicht erfüllen. Da ein Architektenvertrag einem dynamischen Anpassungsprozess unterliegt, kann eine vertragliche Risikoübernahme
durch den Auftraggeber auch nach Vertragsschluss im Rahmen der Abstimmung über das geplante Bauvorhaben erfolgen. Voraussetzung für eine derartige vertragliche Risikoübernahme durch den Auftraggeber ist, dass dieser die
Bedeutung und Tragweite des Risikos erkannt hat, welches durch die Abänderung der Planung entsteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 8/10,
BauR 2011, 869 Rn. 22 = NZBau 2011, 360; Urteil vom 9. Mai 1996
- VII ZR 181/93, BauR 1996, 732, 734).
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Zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, dass eine Risikoübernahme nicht vorliegt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind sowohl der Beklagte als auch die Klägerin davon ausgegangen, dass die von dem
Beklagten vorgeschlagene Lösung nicht zu Problemen mit den Erwerbern führt.
Den Gesellschaftern der Klägerin war zwar bekannt, dass Reihenhäuser mit
Trennwänden in zweischaliger Ausführung zu errichten waren, sollten sie den
allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Sie unterlagen aber
dem vom Beklagten genährten Irrtum, die Erwerber könnten keinen höheren
Schallschutz als für Geschosswohnungen verlangen, wenn die Objekte als
"Geschosswohnungen" verkauft würden. Die Klägerin hat deshalb nicht das
Risiko übernehmen wollen, das in dieser Fehleinschätzung lag. Vielmehr ging
sie erkennbar davon aus, dass die rechtliche Konstruktion nicht nachteilig für
sie sein werde. Andere Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
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3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber ein Mitverschulden der Klägerin an dem ihr infolge der fehlerhaften Planung durch Inanspruchnahme der
Erwerber entstandenen Schaden verneint. Die Klägerin hatte, wie bereits ausgeführt, mit dem Beklagten die Vereinbarung getroffen, dass die Wohneinheiten
als "senkrecht geteilte Wohnungen" geplant werden sollten. Dabei ist sie, ebenso wie der Beklagte, davon ausgegangen, dermaßen verkaufte Objekte genügten den Anforderungen an den Schallschutz, wenn dieser dem Schallschutz im
Geschosswohnungsbau entsprach und die Trennung der Wohneinheiten einschalig erfolgte. Diese Einschätzung beruhte auf der fehlerhaften rechtlichen
Bewertung des Inhalts der mit den Erwerbern geschlossenen Verträge. Diese
Bewertung ist außerordentlich fern liegend. Es ist nicht nachvollziehbar, warum
die im Baugewerbe erfahrene Klägerin ernsthaft der Meinung sein konnte, ein
nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik für Reihenhäuser geschuldeter Schallschutz sei nicht erforderlich, wenn sie die nach ihrem äußeren
Erscheinungsbild errichteten Reihenhäuser als Geschosswohnungen in vertika-
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ler Aufteilung oder, wie es dann tatsächlich geschehen ist, als "Reihenhäuser in
Form von Wohnungseigentum" veräußert. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass ein Auftraggeber nicht blind auf eine rechtliche Annahme eines
planenden Architekten vertrauen darf (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011
- VII ZR 8/10, BauR 2011, 869 Rn. 44 f. = NZBau 2011, 360). Der Auftraggeber
darf nicht die Augen davor verschließen, dass diese Annahme allem Anschein
nach unzutreffend ist, und darf nicht ohne Weiteres auf der Grundlage einer
infolge dieser unzutreffenden Annahme fehlerhaften Planung das Bauwerk errichten lassen. Vielmehr ist er im eigenen Interesse gehalten, eine erkennbar
zweifelhafte Rechtsauffassung des Architekten zu überprüfen und falls notwendig dazu Rechtsrat einzuholen. Das gilt auch, soweit ein Bauträger aufgrund
seiner Sachkunde erkennen muss, dass die rechtliche Annahme letztlich dazu
führen könnte, Erwerber in ihrer berechtigten Erwartungshaltung zu enttäuschen.
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Gemäß § 254 Abs. 1 BGB sind die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Klägerin und des Beklagten gegeneinander abzuwägen. Diese
Abwägung kann der Senat selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht
zu erwarten sind. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte mit seinem
unzutreffenden Hinweis, es könnten statt Reihenhäuser "senkrecht geteilte
Wohneinheiten" geplant und ausgeführt werden, die auch nur den Schallschutz
von Wohnungen erfordern würden und deshalb mit einschaligen Trennwänden
geplant und ausgeführt werden könnten, den "Grundstein" für den unzureichenden Schallschutz der Reihenhäuser gelegt hat. Auf der anderen Seite fällt ganz
erheblich ins Gewicht, dass die Klägerin jegliche naheliegende Überlegung zu
diesem Vorschlag unterlassen und dann sogar die Wohneinheiten später als
Reihenhäuser vermarktet hat, obwohl ihr bewusst war, dass diese Wohneinheiten den für Reihenhäuser üblichen Schallschutz nicht besitzen. Bei Berücksichtigung dieser Umstände erscheint es gerechtfertigt, den Beklagten zu einem
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Drittel und die Klägerin zu zwei Dritteln für den aus der mangelhaften Planung
erwachsenen und noch erwachsenden Schaden haften zu lassen.
III.
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Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf
§ 92 Abs. 1 ZPO, für das Berufungsverfahren auf § 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3
Satz 2 ZPO; die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren ergibt sich aus
§ 92 Abs. 1 ZPO.
Kniffka
Safari Chabestari
Kosziol
Eick
Kartzke
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 18.08.2010 - 10 O 485/08 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 29.09.2011 - 19 U 8/11 -