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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 109/10
Verkündet am:
30. Juni 2011
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 633, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1
Ein Installateur, der den Auftrag hat, eine Hausleitung an eine Grundleitung mit
Rückstausicherung anzuschließen, muss prüfen, ob die von ihm ausgewählte
Grundleitung eine solche Sicherung hat.
BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - VII ZR 109/10 - OLG Köln
LG Bonn
-2-
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den Richter Dr. Kuffer, den Richter Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den
Richter Dr. Eick
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 22. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juni 2010 im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2
abgewiesen worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen eines Wassereinbruchs in
seine Souterrainwohnungen. Er ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese beauftragte im Dezember 2004 die Beklagte zu 1, ein Tiefbauunternehmen, mit der Neuorganisation der Entwässerungsanlage für das insgesamt acht Wohneinheiten aufweisende Wohngebäude. Gegenstand des Auftrags war die Trennung der Abwasserleitungen. Für die beiden Souterrainwohnungen sollte eine Ableitung mit Rückstauklappe erfolgen. Für die Wohnungen
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darüber war eine Leitung ohne eine solche Klappe vorgesehen. Die Beklagte zu
1 verlegte zwei Entwässerungsleitungen vom öffentlichen Kanal bis an die
Rückseite des Hauses, von der nur eine mit einem Rückstauventil ausgestattet
war. Nachdem ein Anschluss dieser Grundleitungen zum Haus hin noch nicht
erfolgen konnte, versah sie die Grundleitungen jeweils mit zwei Abzweigungen
und verschloss diese mit Anschlussstopfen. Die Abzweigungen von der Grundleitung mit der Rückstausicherung befanden sich zwischen den Abzweigungen
der Grundleitung ohne Rückstausicherung. Dies hatte zur Folge, dass die
Hausleitung der einen Souterrainwohnung an den gegenüberliegenden Abzweig der Grundleitung mit der Rückstausicherung anzuschließen war, während
der Anschluss der Hausleitung der anderen, an Z. vermieteten, Souterrainwohnung "über Kreuz" an diese Grundleitung vorzunehmen war. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte den Beklagten zu 2, einen Installateur, in
dem Gebäude die erforderlichen Installations- und Anschlussarbeiten durchzuführen und die Verbindungen der Grundleitungen mit den Hausanschlüssen
vorzunehmen. Der Beklagte zu 2 nahm den erforderlichen Anschluss über
Kreuz nicht vor, sondern schloss die von Z. gemietete Wohnung an den gegenüberliegenden Abzweig der Grundleitung ohne Rückstausicherung an. Im
Sommer 2007 kam es deshalb in dieser Wohnung zu einem Wassereinbruch,
von dem im weiteren Verlauf auch die andere Souterrainwohnung des Klägers
betroffen war.
2
Den dadurch entstandenen Schaden hat der Kläger teils beziffert, teils
als Freistellungsanspruch gegen die Beklagten geltend gemacht.
3
Das Landgericht hat mit Grundurteil festgestellt, dass die Beklagten als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche Schäden, die ihm
durch den Wassereinbruch entstanden sind, zu ersetzen. Auf die Berufung der
Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Der Senat hat die
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Revision des Klägers zugelassen, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2
abgewiesen worden ist. Insoweit verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision des Klägers führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung
des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
5
Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob das Grundurteil verfahrensfehlerfrei ergangen ist und der Kläger im Hinblick darauf, dass der Werkvertrag mit dem Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagter) von der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wurde, aktivlegitimiert ist. Denn dem Kläger stehe weder aus eigenem noch aus abgeleitetem Recht ein Schadensersatzanspruch zu. Der Beklagte habe weder vertragliche Pflichten verletzt noch
sei ihm eine rechtswidrige Eigentumsverletzung vorzuwerfen. Grundsätzlich
könne ein Werkunternehmer verpflichtet sein, die Arbeiten des Vorunternehmers zu überprüfen. Jedoch stecke der Rahmen der von dem Unternehmer vertraglich übernommenen Verpflichtung zugleich den Umfang der ihn treffenden
Obhutspflichten ab. Hier sei dem Beklagten bei Auftragserteilung erklärt worden, die Grundleitungen seien "vorgerichtet". Der Zustand der Leitungen habe
ihm unverdächtig in dem Sinne erscheinen dürfen, dass die jeweilige Grundleitung an den ihr gegenüberliegenden Hausanschluss anzuschließen sei. Der
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Beklagte habe weder Anlass gehabt, die von dem Tiefbauunternehmer verlegten Grundleitungen in weiterem Umfang als geschehen freizulegen, noch habe
er sich veranlasst sehen müssen, bei diesem wegen des Verlaufs der Grundleitungen nachzufragen. Bei dem ihm erteilten Kleinauftrag sei der Beklagte auch
nicht verpflichtet gewesen, nach Beendigung seiner Arbeiten Überprüfungen
vorzunehmen, die über sein eigenes Werk hinausgingen. Zudem hätte er besorgen müssen, dass die Eigentümergemeinschaft nicht bereit gewesen wäre,
solchen zusätzlichen, nicht in Auftrag gegebenen Aufwand zu bezahlen.
II.
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Diese Ausführungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die Abweisung
des von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht.
7
Der Beklagte haftet dem Berechtigten gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1
BGB für den geltend gemachten Schaden, wenn sein Werk mangelhaft war, er
diesen Mangel zu vertreten hat und der Schaden durch den Mangel verursacht
worden ist. Denn eine mangelhafte Leistung ist eine Pflichtverletzung im Sinne
des § 280 Abs. 1 BGB. Diese Voraussetzungen können nach dem Sachverhalt,
von dem in der Revision auszugehen ist, nicht verneint werden.
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1. In der Revision ist davon auszugehen, dass der Beklagte beauftragt
wurde, die Hausanschlüsse fachgerecht an die Grundleitungen anzuschließen.
Er hatte deshalb einen Anschluss zu errichten, der die Abflüsse der Souterrainwohnungen mit dem Entwässerungsrohr verband, das ein Rückstauventil hatte.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, er habe lediglich den "Durchschluss"
zu den Hausanschlüssen vorzunehmen, stehen dem nicht entgegen. Dem Beklagten war, wovon in der Revision angesichts der vorgegebenen Anschlüsse
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ohne weiteres auszugehen ist, bekannt, dass die Souterrainwohnungen an die
bereits verlegte Grundleitung mit Rückstauventil anzuschließen und die darüber
liegenden Wohnungen mit der anderen Grundleitung zu verbinden waren.
Wenn ihm der Auftrag erteilt wurde, "den Durchschluss" vorzunehmen, so
musste er diesen Auftrag dahin verstehen, dass die von der Beklagten zu 1
nicht fertig gestellte Leistung zu vollenden, also die richtigen Anschlüsse vorzunehmen waren. Er schuldete danach nicht allein die Verbindung der gegenüberliegenden Rohre, sondern als Werkerfolg einen funktionierenden Anschluss an
die Grundleitung mit Rückstauklappe. Das gälte selbst dann, wenn er von der
Eigentümergemeinschaft unzutreffende Informationen zu den von der Beklagten zu 1 verlegten Abzweigen erhalten hätte. Denn der vertraglich geschuldete
Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten
Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das
Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (BGH, Urteil vom
8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110, Rn. 15).
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2. Auf dieser Grundlage entspricht die Werkleistung des Beklagten nicht
der vereinbarten Beschaffenheit, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Er hat die geschuldeten Anschlüsse nicht vorgenommen.
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3. Der Unternehmer ist für einen Folgeschaden allerdings nicht verantwortlich, wenn er den Mangel der Werkleistung nicht zu vertreten hat. Das Berufungsgericht will dies offenbar annehmen, weil es davon ausgeht, der Beklagte habe nicht erkennen können, dass der Anschluss falsch gewesen sei. Seine
Ausführungen dazu sind jedoch rechtsfehlerhaft.
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a) Jeder Werkunternehmer, der seine Arbeit in engem Zusammenhang
mit den Vorarbeiten eines anderen oder aufgrund dessen Planung auszuführen
hat, muss prüfen und gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen einziehen,
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ob diese Vorarbeiten eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine
Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können.
Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem
Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des
Einzelfalls darstellt (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ
174, 110, Rn. 24; Urteil vom 23. Oktober 1986 - VII ZR 48/85, BauR 1987, 79,
80 = ZfBR 1987, 32). Zu Unrecht wendet das Berufungsgericht diese
Grundsätze unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
3. Mai 2000 (X ZR 49/98, NZBau 2000, 328 = ZfBR 2000, 411) nicht an. Es
übersieht, dass in jenem Fall der geltend gemachte Folgeschaden, der infolge
einer fehlerhaft montierten Rücklaufleitung entstanden war, dem Unternehmer
deshalb nicht zugerechnet werden konnte, weil er die Installation dieser Leitung
nicht geschuldet hatte und es deshalb allein um die Frage ging, inwieweit eine
Nebenpflichtverletzung bejaht werden konnte. Darum geht es hier nicht. Der
Beklagte schuldete den Anschluss an das Entwässerungsrohr mit Rückstauventil. Diese Pflicht hat er verletzt. Es geht also lediglich darum, ob der fehlerhafte
Anschluss schuldhaft erfolgt ist.
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b) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Beklagte habe keinen Anlass gehabt, Nachforschungen hinsichtlich der richtigen Grundleitungen anzustellen. Die von dem Beklagten zu erbringende Leistung baute unmittelbar auf
derjenigen der Beklagten zu 1 auf. Ihm war nicht bekannt, welcher der Abzweige zur Grundleitung mit Rückstauventil führte. Er hatte daher, sollte seine Werkleistung mangelfrei erstellt werden, zwingend zu überprüfen, welche der von der
Beklagten zu 1 erstellten Abzweige zu der Grundleitung mit der Rückstausicherung führten. Denn nur dann konnte er seine vertragliche Pflicht, die Hausleitungen der Souterrainwohnungen an die Grundleitung mit der Rückstausicherung anzuschließen, verlässlich erfüllen. Der Beklagte durfte sich daher nicht
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darauf verlassen, dass der Anschluss der Hausleitungen jeweils an die gegenüberliegenden Abzweige der Grundleitungen zu erfolgen hatte.
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Die vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, den Beklagten von der Prüfpflicht zu befreien.
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aa) Dies gilt insbesondere für die Tatsache, dass der Beklagte bei der
von ihm vorgefundenen baulichen Situation nicht ohne weiteres wissen konnte,
dass aufgrund der Vorarbeiten der Beklagten zu 1 die von Z. gemietete Wohnung "über Kreuz" angeschlossen werden musste. Auf die Unüblichkeit oder
Üblichkeit eines solchen, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im
Übrigen nicht mangelhaften, Anschlusses, kommt es nicht an. Denn der Beklagte konnte nur dann eine vertragsgerechte Leistung erbringen, wenn er feststellte, welche Abzweige zu welcher Grundleitung führten. Dies setzte eine entsprechende Prüfung voraus.
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bb) Auch aus der Mitteilung, die Grundleitungen seien von der Beklagten
zu 1 "vorgerichtet", ergab sich für den Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit, dass die von jener angebrachten Abzweige von der Grundleitung mit der
Rückstausicherung den Hausanschlüssen der Souterrainwohnungen direkt gegenüber lagen. Er hätte sich bei der Beklagten zu 1 oder auf andere Weise
Gewissheit verschaffen müssen, welcher Abzweig der richtige war. Die Angabe
der Eigentümergemeinschaft, die Leitungen seien "vorgerichtet", barg ihrerseits
erhebliche Unsicherheiten, weil nicht erkennbar war, inwieweit sie auf verlässlichen Informationen beruhte und deshalb auch dem Beklagten die Sicherheit
verschaffen konnte, die gegenüberliegenden Leitungen könnten angeschlossen
werden. Eine verlässliche Prüfung war - wovon nach der in der Revision als
richtig zu unterstellenden Behauptung des Klägers auszugehen ist - ohne weite-
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res und ohne großen technischen Aufwand durch eine Spülung möglich. Das
hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt.
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cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entlastet es den Beklagten auch nicht, wenn er infolge der unklaren Situation Leistungen hätte erbringen müssen, die von dem ihm erteilten Auftrag nicht erfasst waren. Der erforderlichen Prüfung konnte er sich nicht deshalb entziehen, weil er die Besorgnis hätte haben können, die Wohnungseigentümergemeinschaft sei möglicherweise nicht bereit, notwendige zusätzliche Leistungen zu vergüten. Der Beklagte hätte für den Fall erforderlicher zusätzlicher vergütungspflichtiger Leistungen
die Wohnungseigentümergemeinschaft auf diesen Umstand hinweisen müssen.
Wenn diese sich geweigert hätte, die entsprechenden Leistungen zu beauftragen und trotz eines Hinweises auf die Gefahr einer fehlerhaften Verbindung der
Hausanschlüsse mit den Grundleitungen darauf bestanden hätte, dass die jeweiligen Anschlüsse ohne die vom Beklagten als erforderlich angesehene
Überprüfung vorzunehmen seien, wäre dieser von der Haftung für den fehlerhaften Anschluss befreit gewesen, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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III.
17
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht keine weiteren Feststellungen getroffen hat, die für eine abschließende Entscheidung notwendig wären.
Kniffka
Kuffer
Safari Chabestari
Bauner
Eick
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 17.09.2009 - 7 O 272/08 OLG Köln, Entscheidung vom 01.06.2010 - 22 U 152/09 -