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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 67/06
Verkündet am:
23. Januar 2007
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 249 Gb
Nach einem Verkehrsunfall kann grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe
berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im
Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden.
BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06 - LG Frankfurt (Oder)
AG Fürstenwalde
-2-
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des
Schädigers Erstattung der Kosten für ein Sachverständigengutachten, das er
nach einem Verkehrsunfall eingeholt hat. Die uneingeschränkte Haftung der
Beklagten für die entstandenen Schäden ist unstreitig.
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Der Kläger beauftragte den Sachverständigen Dipl.-Ing. Q. mit der Be-
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gutachtung seines beschädigten Fahrzeugs. In der im Auftrag enthaltenen
Preisvereinbarung heißt es:
3
"A) Die Grundgebühr (G) richtet sich - nach der Schadenhöhe (S)* - unterhalb (S) = 600 Euro beträgt (G) = 99 Euro und ab (S) 600 Euro beträgt (G)
= (S) hoch 0,57 x 3 Euro bei manueller Kalkulation (Daten über Terminal nicht
abrufbar) gilt G plus 20 % und bei verringertem Aufwand (ohne Kalkulation) gilt
G - 40 % zusätzlich bei späterer Nach-/Altteilbesichtigung, bzw. Stellungnahmen erfolgt eine zusätzliche Berechnung mit G - 50 % oder nach Zeitaufwand.
B) nach der aufgewendeten Zeit *(mit 85 Euro/je Std.) C) Hinzu kommen immer die Nebenkosten ** und die gesetzliche MwSt ***.
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* nicht zutreffenden Fettdruck der Preisvereinbarung bitte streichen."
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Bei Buchstabe B) waren die Worte "nach der aufgewendeten Zeit" gestrichen. Die Nebenkosten waren unterhalb dieses Textes pauschaliert und erläutert.
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Der Sachverständige stellte dem Kläger für das erstattete Gutachten
363,73 € brutto in Rechnung. Die Grundgebühr berechnete er laut Schadenshöhe mit 221,56 € netto; für Fahrtkosten, Farbbilder, Porto/Telefon, Terminalund Schreibgebühren berechnete er weitere 92 € netto. Da die Beklagte die
Zahlung der Sachverständigenkosten ablehnte, beglich der Kläger die Rechnungssumme.
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Das Amtsgericht hat die Beklagte durch ein Versäumnisurteil zur Zahlung von 363,73 € nebst Zinsen verurteilt. Auf den fristgerechten Einspruch hat
es das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Berufungsgericht hat das Urteil
teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen
-4-
zur Zahlung von 160 € nebst Zinsen verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom
Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Landgerichts ist die Höhe der Reparaturkosten
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nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand für die Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs zu bestimmen. Soweit der Gutachter sein Honorar gemäß
§ 315 BGB bestimmt habe, sei die Festsetzung des Honorars nach Reparaturaufwand unbillig. Für das Entgelt komme es auf den Wert der vergüteten Leistung an. Bei der Erstellung eines Gutachtens sei das Entgelt demnach abhängig von der aufgewandten Arbeit und seiner wirtschaftlichen Bedeutung. Das
Entgelt sei deshalb entsprechend dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) zu bemessen, das für die gerichtliche Tätigkeit eines Sachverständigen gelte. Dem Kläger stehe daher nur ein Anspruch auf Ersatz der Stundenvergütung nach dem JVEG für höchstens 71 Minuten in Höhe von 112,50 €
zu.
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Der Schädiger sei nicht verpflichtet, übersetzte Kosten zu tragen, wenn
der Geschädigte gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe.
Gemäß § 249 Abs. 2 BGB seien grundsätzlich nur die Kosten ersetzbar, die zur
Erstattung des Gutachtens erforderlich seien. Der hier zu entscheidende Fall
sei mit den Fällen der Unfallersatztarife vergleichbar. Auch hier hätten der
Schädiger und sein Haftpflichtversicherer keinen Einfluss auf die Höhe des Entgelts, müssten dieses aber tragen. Für den Geschädigten sei zudem erkennbar
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gewesen, dass er lediglich den Aufwand für die Erstellung des Gutachtens zu
zahlen habe und sich dieser Aufwand auch nach dem tatsächlichen Zeitaufwand ermitteln lasse. Das Formular der eingereichten Honorarvereinbarung
sehe nämlich ausdrücklich auch eine Berechnung "nach der aufgewendeten
Zeit" vor.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
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stand.
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1. Im Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler hält das Berufungsgericht die
Kosten des Sachverständigengutachtens dem Grunde nach für erstattungsfähig. Diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen
und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit
die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteil vom 30. November 2004 - VI ZR
365/03 - VersR 2005, 380; BGH, Urteil vom 29. November 1988 - X ZR 112/87 NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249
Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine
vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung
erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteile vom 6. November 1973
- VI ZR 27/73 - VersR 1974, 90, insoweit in BGHZ 61, 346 nicht abgedruckt;
vom 29. Januar 1985 - VI ZR 59/84 - VersR 1985, 441, 442; vom 30. November
2004 - VI ZR 365/03 - aaO; Wortmann, VersR 1998, 1204, 1210 f.).
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2. Soweit das Berufungsgericht annimmt, die Höhe der Reparaturkosten
sei grundsätzlich nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand für die Begutach-
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tung des beschädigten Fahrzeugs zu bestimmen, ist bereits die Anknüpfung an
§ 315 BGB verfehlt. Wie das Berufungsgericht selbst erkennt, ist zwischen dem
Kläger und dem Sachverständigen eine Preisvereinbarung getroffen worden, so
dass keine einseitige Bestimmung durch den Sachverständigen vorliegt. Für die
schadensrechtliche Betrachtung ist ohnehin von § 249 BGB auszugehen.
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a) Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat
hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten bezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten (vgl. Senatsurteile BGHZ 61,
56, 58; 61, 346, 347 f.; 63, 182, 184). Der tatsächliche Aufwand bildet freilich
(ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt
zur Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" (ex ante zu bemessenden)
Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Indes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch.
Insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht
von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (z.B. einer überhöhten Honorarforderung des
Sachverständigen) abhängig gemacht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 61, 346,
348). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess
berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni
2004 - VI ZR 211/03 - VersR 2004, 1189, 1190 f.). Dies gilt auch für die Höhe
des Sachverständigenhonorars (vgl. AG Essen VersR 2000, 68, 69; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; Roß NZV 2001, 321, 323).
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b) Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Schadensersatzprozess grundsätzlich nicht
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darauf an, ob die zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen getroffene
Preisvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach
§ 307 BGB unwirksam ist. Ebenso ist es nicht von Bedeutung, welche Vergütung bei fehlender Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem
Sachverständigen von letzterem nach "billigem Ermessen" gemäß § 315 Abs. 1
BGB bestimmt werden könnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den
Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen
halten.
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Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wird von einer
Vielzahl von Gerichten bejaht (vgl. etwa AG Altenkirchen ZfS 1994, 88; AG
München DAR 1996, 298; AG Köln VersR 1988, 1251, 1252; AG Aachen, ZfS
1999, 196; AG Herne-Wanne NZV 1999, 256, 257; AG Halle-Saalkreis ZfS
1999, 337; AG Hattingen VersR 2000, 1426, 1427; AG Darmstadt ZfS 2000, 65;
AG Frankfurt a.M. ZfS 2001, 165; SP 2002, 287, 288; AG Wiesbaden SP 2002,
360; AG Westerburg ZfS 2000, 63, 64; ZfS 2002, 72, 73; AG Eltville SP 2002,
322; AG Bad Kreuznach SP 2002, 72; AG Hamm SP 2002, 322; AG Dresden
DAR 2002, 459, 460; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; AG Weinheim ZfS
2004, 18; AG Nürnberg ZfS 2004, 131; AG Berlin-Mitte SP 2005, 175; LG Halle
ZfS 2006, 91; ebenso Roß, aaO; a.A. z.B. LG Köln SP 2002, 320; AG Leipzig
SP 2002, 287; LG Leipzig, Urteil vom 23. März 2005 - 1 S 7099/04). Hiergegen
bestehen aus schadensrechtlicher Sicht keine Bedenken.
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c) Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der
Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395,
398; 155, 1, 4; 162, 161, 165 f.; vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR
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1989, 1056 f.). Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen
scheint (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005,
558, 559), so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter
seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (Hörl
NZV 2003, 305, 306 f.; Wortmann ZfS 1999, 1, 2; ders. VersR 1998, 1204,
1210).
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Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als
erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom
Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage
des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen
erscheinen (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 369; 160, 377, 383; 162, 161,
165). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm
Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen,
sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten
beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand
erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten,
insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu
nehmen (vgl. Senatsurteile 115, 364, 368 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162,
161, 164 f.; 163, 362, 365). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den
Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt,
dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der
sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Senatsurteil BGHZ 163, 362,
367 f.).
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d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat sich an diesen
Grundsätzen durch die neuere Rechtsprechung des Senats zum "Unfallersatztarif" nichts geändert. Nach dieser kann aus schadensrechtlicher Sicht der zur
Herstellung erforderliche Geldbetrag nicht ohne weiteres mit einem "Unfallersatztarif" gleichgesetzt werden, wenn sich ein besonderer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot
und Nachfrage bestimmt wird, sondern insbesondere durch gleichförmiges Verhalten der Anbieter (vgl. Senatsurteile BGHZ 160, 377, 383 f.; 163, 19, 22 f.).
Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Sachverhalte erhalten dadurch
ihr Gepräge, dass die den Unfallgeschädigten angebotenen "Unfallersatztarife"
erheblich über den für Selbstzahler angebotenen "Normaltarifen" liegen können
(vgl. Senatsurteil BGHZ 160, 377, 383 f.). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich eine derartige Marktsituation auch bei der Erstellung von
KFZ-Schadensgutachten etabliert hat. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte
ersichtlich.
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3. Nach den dargelegten Grundsätzen und unter Berücksichtigung der
zum Zeitpunkt des Berufungsurteils noch nicht ergangenen Entscheidung des
X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 4. April 2006 zur Zulässigkeit eines
an der Schadenshöhe orientierten Pauschalhonorars für Routinegutachten
(X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 = VersR 2006, 1131) kann das Berufungsurteil
keinen Bestand haben.
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a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überschreitet ein
Kraftfahrzeugsachverständiger allein dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, die
Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird
- 10 -
als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an
der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem
nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl.
BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05 - aaO Rn. 15 ff.).
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b) Nach dem genannten Urteil ist auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter nicht angebracht. Der Anwendungsbereich des JVEG ist auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt. Einer Übertragung auf Privatgutachter steht schon der Umstand entgegen, dass
Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen Sachverständigen, die zu den
Parteien nicht in einem Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach allgemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften,
während die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des
§ 839a BGB unterliegt, die die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz
beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach den Verfahrensordnungen
(§ 407 ZPO, § 75 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist, seine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05 - aaO
Rn. 19).
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c) Das Berufungsgericht hat auch keine Feststellungen getroffen, aus
denen sich ergeben könnte, dass die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249
Abs. 2 BGB überschreitet. Ohne entsprechende Feststellungen, die das Berufungsgericht entweder mit sachverständiger Hilfe oder in geeigneten Fällen im
Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO treffen kann, entbehrt seine
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Auffassung, der Kläger habe gegen seine Verpflichtung zur Geringhaltung des
Schadens verstoßen, einer tragfähigen Grundlage. Zudem widerspricht eine
solche Auffassung zahlreichen Urteilen und Darstellungen im Schrifttum, die
eine Kalkulation der Vergütung von KFZ-Sachverständigen nach der Schadenshöhe als üblich bezeichnen, wobei einige davon ausgehen, dass 97 bis
98 % aller Gutachter diese Abrechnungsweise anwenden (vgl. AG Nürnberg
ZfS 2004, 131; LG Halle ZfS 2006, 91; Hiltscher NZV 1998, 488, 490; Hörl,
aaO, 309 Fn. 54; Kääb/Jandel NZV 1998, 268, 269; Otting VersR 1997, 1328,
1330; Roß NZV 2001, 321, 323).
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d) Die Revision rügt schließlich zu Recht, das Berufungsgericht habe bei
der Ablehnung eines Ersatzes für die Fahrtkosten und die Terminalgebühr nicht
beachtet, dass der Sachverständige die entsprechenden Positionen gemäß einem Hinweis des Klägers in der Klageschrift und der Berufungserwiderung in
einem dem Gericht vorgelegten Schreiben vom 26. November 2004 (Anlage
A 5) erläutert hat.
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III.
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Nach den vorstehenden Ausführungen ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erneut über den Anspruch entscheidet.
Müller
Greiner
Pauge
Wellner
Stöhr
Vorinstanzen:
AG Fürstenwalde, Entscheidung vom 27.09.2005 - 30 C 54/05 LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 02.03.2006 - 15 S 179/05 -