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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 151/03
Verkündet am:
12. Oktober 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 249 Satz 2 Fb, Ga
Ein "Unfallersatztarif" ist nur insoweit ein "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. als die Besonderheiten dieses Tarifs
mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines
Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Kfz-Vermieter u.ä.) einen gegenüber dem
"Normaltarif" höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie
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auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation
veranlaßt und infolgedessen zur Schadensbehebung erforderlich sind.
BGH, Urteil vom 12. Oktober 2004 - VI ZR 151/03 - LG Essen
AG Essen
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Pauge, Stöhr und Zoll
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer
des Landgerichts Essen vom 9. April 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landgericht Essen zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, die ein zur Rechtsberatung und zum geschäftsmäßigen
Erwerb von Forderungen zum Zwecke der Einziehung auf eigene Rechnung
zugelassenes Inkassobüro und Mietwagenunternehmen betreibt, macht gegen
die Beklagte, einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, Ansprüche auf Ersatz
restlicher Mietwagenkosten geltend, die der Unfallgeschädigte an sie abgetreten hat. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.
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Bei einem Verkehrsunfall vom 12. März 1999 beschädigte der Versicherungsnehmer der Beklagten eines von zwei Fahrzeugen des Taxiunternehmers
S.; dieses fiel reparaturbedingt bis 26. März 1999 aus. S. mietete bei der Klägerin vom 12. bis 17. März und vom 18. bis 26. März 1999 jeweils ein Ersatzfahrzeug entsprechend dem Unfallersatztarif der Klägerin zu einem Tagesgrundpreis von 170 DM, einem Kilometerpreis von 1,40 DM und einem Preis für die
Zusatzausstattung eines Taxis von 27 DM/Tag, jeweils netto. Unstreitig bietet
die Klägerin die Vermietung von Ersatzfahrzeugen im Rahmen einer "Mobilitätsgarantie" von Automobilherstellern bzw. KFZ–Händlern deutlich günstiger
an.
Der Geschädigte trat am 12. März 1999 in einer weiteren Vereinbarung
seine Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten an Erfüllungs Statt an die
Klägerin ab. Die Klägerin war hierbei mit dem Geschädigten einig darüber, daß
dieser keine Zahlungen zu leisten habe, gleichgültig welchen Betrag die Klägerin werde beitreiben können.
Die Klägerin stellte der Beklagten für die Vermietung der Ersatzfahrzeuge 4/5 aus 8.920 DM ohne Mehrwertsteuer abzüglich 10 % Eigenersparnis,
nämlich
6.313,20 DM
in Rechnung.
Die Beklagte zahlte hierauf lediglich
4.419,24 DM;
nur dieser Betrag sei angemessen.
Die restlichen
macht die Klägerin im Rechtsstreit geltend.
1.893,96 DM = 968,37 €
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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen, aber die Revision zugelassen, mit der die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung zu. Ein
Mietpreis in Geld sei nicht vereinbart gewesen. Eine Gesamtschau der Vereinbarungen ergebe vielmehr, daß der Geschädigte keine Mietzinsen habe zahlen
sollen. Die völlige Freistellung des Geschädigten von jeder Zuzahlung führe
dazu, daß die "Preisvereinbarung" diesen nicht betroffen und ihm insoweit ein
Rechtsbindungswille gefehlt habe. Seine Gegenleistung für die Anmietung der
Fahrzeuge sei allein die Abtretung des Schadensersatzanspruchs gewesen,
ohne daß ein Nachforderungsrecht bestanden habe. Der Anspruch der Klägerin
aus abgetretenem Recht des Geschädigten beschränke sich deshalb auf den
Betrag, der gemäß § 249 Satz 2 BGB zur Schadloshaltung "erforderlich" gewesen sei. Unter Berücksichtigung einer subjektbezogenen Schadensbetrachtung
komme der Unfallersatztarif der Klägerin als Maßstab nicht in Betracht. Der Geschädigte habe sich mit der konkreten Vertragsgestaltung deutlich mehr erkauft
als nur die Schadloshaltung. So habe er sich keine Eigenersparnis bei Anmietung eines Fahrzeugs derselben Klasse anrechnen lassen müssen; auch habe
er weder vorfinanzieren noch sich mit der Beklagten wegen eines Vorschusses
in Verbindung setzen müssen. Vor allem habe die Klägerin das Risiko übernommen, daß der Ersatzanspruch nicht in vollem Umfang durchsetzbar sei. Auf
diese geldwerten Vorteile bestehe kein Anspruch des Geschädigten. Dieser sei
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bei der vorliegenden Vertragsgestaltung in keiner Weise schutzwürdig. Weil er
die Preisgestaltung faktisch der Klägerin überlassen habe, müsse er sich deren
Marktüberblick zurechnen lassen. Angemessen sei somit ein geringerer Mietpreis. Dieser liege nicht über dem von der Beklagten bereits bezahlten Betrag.
Das zeige schon der Preis, den die Klägerin im Rahmen der Mobilitätsgarantie
mit (pauschal) 329 DM/Tag berechne. Auch unter Berücksichtigung anderer
Anbieter mit erheblich günstigeren Preisen sei nicht erkennbar, daß der Geschädigte mehr als 360 DM/Tag an Taximiete habe aufbringen müssen.
II.
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Geschädigte mit
der Klägerin den in den Mietverträgen festgehaltenen Preis als Mietzins für die
Anmietung der Ersatzfahrzeuge vereinbart. Die gegenteilige Auslegung der von
den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung durch das Berufungsgericht verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) und ist daher für
das Revisionsgericht nicht bindend (st. Rspr., z.B. BGHZ 131, 136, 138
m.w.N.). Die Auslegung von Willenserklärungen und Individualvereinbarungen
ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und unterliegt der revisionsrechtlichen Prüfung lediglich darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze verletzt sind oder ob
sie auf Verfahrensfehlern beruht, etwa indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen wurde (vgl.
BGH, Urteile vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - BGHR ZPO § 549 Abs. 1
Vertragsauslegung 1; vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 308/00 - NJW 2004,
848, demnächst BGHZ 157, 233). Das ist hier indes der Fall, weil das Beru-
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fungsgericht den Wortlaut des Vertrages und die Interessenlage der Parteien
nicht hinreichend berücksichtigt hat.
a) Nach dem Wortlaut der zwischen der Klägerin und dem Geschädigten
geschlossenen Mietverträge war der Geschädigte verpflichtet, als Miete für die
Fahrzeuge einen Tagesgrundpreis von 170 DM, einen Kilometer-Preis von
1,40 DM und einen Preis für die Taxi-Ausstattung in Höhe von 27 DM/Tag (jeweils netto) zu entrichten. Das ergibt bei einer Mietzeit von 12 Tagen unter Abzug ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % den von der Klägerin geforderten Gesamtbetrag.
Das Berufungsgericht verkennt dies nicht. Es hält den Wortlaut des geschlossenen Vertrages jedoch nicht für maßgeblich, weil den Willenserklärungen der Vertragsparteien vor dem Hintergrund der von ihnen vereinbarten Abtretung der Schadensersatzforderung des Geschädigten an die Beklagte ein
abweichender Sinn beizulegen sei. Dem ist nicht zu folgen.
b) Der Wortlaut einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist allerdings, selbst wenn er eindeutig ist, dann nicht maßgeblich, wenn die Vertragsparteien die Erklärung übereinstimmend in einem vom Wortlaut abweichenden
Sinn
verstehen
(st. Rspr.,
z.B.
BGH,
Urteil
vom
22. Oktober
2003
- VIII ZR 361/02 – NJW-RR 2004, 628, 629 m.w.N.). Ein solcher übereinstimmender, vom Wortlaut des Mietvertrages abweichender Geschäftswille der Klägerin und des Geschädigten ist hier jedoch nicht festzustellen. Bei seiner abweichenden Ansicht berücksichtigt das Berufungsgericht den wesentlichen Auslegungsstoff nicht hinreichend und läßt den Grundsatz einer nach beiden Seiten
hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 131, 136, 138 m.w.N.) außer
Acht.
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Die Vertragsparteien haben in den Mietverträgen konkrete Preise festgehalten. Daß die Klägerin nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten
diese Preise nicht gegen den Geschädigten, sondern gegen die Beklagte
durchsetzen sollte, ist kein hinreichendes Indiz dafür, daß der Mietzins entgegen dem Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung in der Abtretung des Ersatzanspruchs des Geschädigten bestehen sollte. Anderes ist auch dem Umstand,
daß die Klägerin mit dem Abzug einer Eigenersparnis rechnen mußte, nicht zu
entnehmen. Dagegen entsprach es den Interessen der Klägerin, mit dem Geschädigten eine feste Preisvereinbarung zu treffen, da nur so die Möglichkeit
bestand, Ersatz in Höhe des vereinbarten Mietpreises zu erhalten. Den Interessen des Geschädigten als Mieter entsprach es, durch Vereinbarung eines Mietzinses Einfluß auf den Preis zu nehmen, um diesen im Rahmen des nach § 249
Satz 2 BGB a.F. (vgl. Art. 2 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 – BGBl. I 2674) zu erstattenden Betrages zu halten. Eine Vereinbarung, die als "Mietzins" lediglich eine
Abtretung des Schadensersatzanspruches vorsah, lag hiernach weder im Interesse der Klägerin noch des Geschädigten und kann daher nicht als vom Willen
der Beteiligten umfaßt angesehen werden.
c) Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, es sei zu unterscheiden zwischen dem Mietvertrag und einem Forderungskauf ("Factoring-Vertrag"). Die
Schadensersatzforderung sei zu einem Preis angekauft worden, der der Höhe
des vereinbarten Mietpreises entspreche; sodann sei eine Erfüllung durch Verrechnung durchgeführt worden. Dies ist bereits im Ansatz unzutreffend.
Die Vereinbarung über die Miete des Ersatzfahrzeuges und die Forderungsabtretung sind als Einheit zu betrachten. Die Vertragsparteien waren nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits bei Abschluß des Mietvertrages einig, daß der Geschädigte keine Zahlungen erbringen, sondern die Abtre-
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tung an Erfüllungs Statt erfolgen solle. In einem solchen Fall liegt ein einheitlicher Mietvertrag vor, bei dem der Mieter das Recht erhält, den vereinbarten
Mietpreis durch Abtretung der Schadensersatzforderung zu tilgen (vgl.
BGHZ 89, 126, 128 ff.; allgemein zur Vereinbarung einer Leistung an Erfüllungs
Statt: MüKo-BGB/Wenzel, 4. Auflage, § 364 Rdnr. 1). Das Berufungsgericht
durfte daher nicht von einem selbständigen Forderungskauf ausgehen. Ob die
Vereinbarung hier – wie die Revision meint – als "Factoring" gewertet werden
könnte, obwohl sie lediglich die Übertragung einer einzigen fälligen Forderung
gegen einen solventen Schuldner betrifft (vgl. Staudinger/Busche, BGB,
13. Bearbeitung, Einl. zu §§ 398 ff., Rdnr. 136; Soergel/Zeiss, BGB, 12. Auflage, § 398 Rdnr. 18; Martinek, Moderne Vertragstypen, Band 1, Kapitel III
§ 9 I. 1.), ist nach allem nicht abschließend zu entscheiden.
2. Ist mithin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts von der
Vereinbarung des Unfallersatztarifs auszugehen, bedeutet das nicht ohne weiteres, daß die Klägerin Ersatz der Mietwagenkosten nach diesem Tarif von der
Beklagten verlangen kann.
a) Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im Sinne des § 249 Satz 2 BGB (vgl. Senatsurteile vom 6. November
1974 – VI ZR 27/73 – VersR 1974, 90 – insoweit nicht in BGHZ 61, 346 ff.; vom
4. Dezember 1984 – VI ZR 225/82 – VersR 1985, 283, 284; vom 2. Juli 1985
- VI ZR 177/84 - VersR 1985, 1092). Der Schädiger hat sie jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. So ist der Anspruch auf Schadensersatz bei Beschädigung
eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs durch § 251 Abs. 2 BGB begrenzt
(vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 1984 – VI ZR 225/82 – aaO und vom
19. Oktober 1993 – VI ZR 20/93 – VersR 1994, 64, 65).
Auch sind Mietwagenkosten grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als
dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, der ohne die
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Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des
Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. Senatsurteile
BGHZ 61, 346, 349 f.; 132, 373, 375 f.; 154, 395, 398; 155, 1, 4 f.; Senatsurteil
vom 4. Dezember 1984 – VI ZR 225/82 – aaO). Der Geschädigte ist dabei unter
dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des
ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der
Schadensbeseitigung zu wählen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile BGHZ 132, aaO.;
155, aaO.; vom 2. Juli 1985 – VI ZR 86/84 – VersR 1985, 1090 und
- VI ZR 177/84 - aaO, jeweils m.w.N.).
b) Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er
ein Kraftfahrzeug zu einem „Unfallersatztarif“ anmietet, der gegenüber einem
Normaltarif teurer ist, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 373, 378 f.).
Dieser Grundsatz, an dem der Senat festhält, kann jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen in den Fällen, in denen sich ein besonderer
Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Dies wird etwa dann anzunehmen sein, wenn die Preise für Ersatzmietwagen durch weitgehend gleichförmiges Verhalten der Anbieter geprägt sind. Für die hier zu beurteilende Konstellation ist es typisch, daß die Kraftfahrzeugmieter kein eigenes Interesse an der
Wahl eines bestimmten Tarifs haben, während die am Mietvertrag nicht beteiligten Dritten wie Schädiger oder Haftpflichtversicherer zwar die Verpflichtungen
aus diesem Vertrag wirtschaftlich zu tragen haben, auf die Tarifwahl aber keinen Einfluß nehmen können. Das kann – wie im Schrifttum geltend gemacht
wird und inzwischen auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte anklingt
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(vgl. OLG München NZV 1994, 359; OLG Naumburg NZV 1996, 233; OLG Jena
OLGR 2003, 316 f.) – zur Folge haben, daß die Preise der dem Unfallgeschädigten angebotenen "Unfallersatztarife" erheblich über den für Selbstzahler angebotenen "Normaltarifen" liegen (vgl. Albrecht NZV 1996, 49 ff.; Cavada, Die
Unfallersatztarife, S. 3 ff.; a.A. Göhringer ZfS 2004, 437 ff.). Wenn das so ist,
kann aus schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung "erforderliche" Geldbetrag nicht ohne weiteres mit dem "Unfallersatztarif" gleichgesetzt werden. Deshalb ist zu prüfen, ob und inwieweit ein solcher Tarif nach seiner Struktur als
"erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann.
Dies kann nur insoweit der Fall sein, als die Besonderheiten dieses Tarifs mit
Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines
Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Kfz-Vermieter u.ä.) einen gegenüber
dem "Normaltarif" höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen,
weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die zu dem von § 249 BGB
erfaßten, für die Schadenbeseitigung erforderlichen Aufwand gehören.
c) Im hier zu entscheidenden Fall hatte die Beklagte darauf hingewiesen,
daß die Preise nach dem "Unfallersatztarif" der Klägerin deutlich über den Preisen anderer Tarife lägen. Sie hat vor dem Tatrichter geltend gemacht, es seien
nur die Kosten zu ersetzen, die bei "Selbstzahlermiete" anfielen und damit
bestritten, daß der vom Geschädigten mit der Klägerin vereinbarte Mietzins zur
Herstellung "erforderlich" (§ 249 Satz 2 BGB) war. Nach Aufhebung und Zurückverweisung wird das Berufungsgericht daher – gegebenenfalls nach weiterem Sachvortrag der Parteien – mit sachverständiger Hilfe zu prüfen haben, ob
der von der Klägerin mit dem Geschädigten vereinbarte Tarif nach den oben
dargelegten Grundsätzen in seiner Struktur als "erforderlicher" Aufwand zur
Schadensbeseitigung zu werten und deshalb im Rahmen des § 249 BGB erstattungsfähig ist.
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Soweit das nicht der Fall ist, wird es darauf ankommen, ob dem Geschädigten im hier zu entscheidenden Fall ein günstigerer "Normaltarif" zugänglich
war. Die von der Klägerin im Rahmen einer "Mobilitätsgarantie" verlangten Preise können allerdings zu diesem Vergleich nicht herangezogen werden, weil das
Fahrzeug des Klägers nicht unter eine solche Mobilitätsgarantie fiel. Es handelte sich auch nicht um ein Fahrschulfahrzeug; die von der Schwesterfirma der
Klägerin für Fahrschulfahrzeuge verlangten Tarife konnte der Geschädigte daher ebenfalls nicht erlangen. Er kann auch nicht auf die Preise der M. TaxiVertragswerkstatt in D. vom November 2001 verwiesen werden; das Ersatzfahrzeug wurde weder im Jahr 2001 angemietet noch wurde das Unfallfahrzeug
in dieser Vertragswerkstatt repariert.
Anknüpfungspunkt kann vielmehr nur ein "Normaltarif" sein, also regelmäßig ein Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet und daher unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Eine Erhöhung dieses Betrags
ist nur gerechtfertigt, soweit sie nach den vorstehenden Ausführungen unfallbedingt ist. Inwieweit dies der Fall ist, wird der Tatrichter auf Grund des Vortrags
der Klägerin gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen ge-
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mäß § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen haben. Die Beweislast für die Berechtigung
einer Erhöhung des Tarifs obliegt dem Geschädigten bzw. seinem Rechtsnachfolger.
Müller
Greiner
Stöhr
Pauge
Zoll