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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 73/11
Verkündet am:
22. Juni 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Urteile der
29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10. März 2011 und
des Amtsgerichts Brühl vom 26. Juli 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben bzw. geändert, als hinsichtlich des Stellplatzes
Nr. 13, in der Anlage 2 zum Kaufvertrag vom 16. Januar 2009
(Notar Dr. F.
, URNr.
F) mit M-.
be-
zeichnet, zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist; die
weitergehenden Rechtmittel werden zurückgewiesen.
Der Beklagte wird verurteilt, die auf der genannten Fläche aufgebrachte Terrasse nebst Aufbauten zu beseitigen und die Fläche
als Stellplatz mit Rasengittersteinen wiederherzustellen.
Die Kosten des Rechtstreits sämtlicher Instanzen tragen der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
1
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Da sich die teilende Eigentümerin die Möglichkeit erhalten wollte, über die Verwendung und Zuteilung der zunächst als Außenstellplätze bezeichneten Flächen je nach Bedarf und Interesse zu entscheiden, wurden in die Teilungserklärung verschiedene Regelungen über die Ausgestaltung und Zuweisung von
Sondernutzungsrechten aufgenommen. Insbesondere behielt sich die teilende
Eigentümerin vor, durch Nachtragsurkunde dem jeweiligen Eigentümer einer
Sondereigentumseinheit das Sondernutzungsrecht an den in einer Anlage zur
Teilungserklärung bestimmten Außenstellplätzen einzuräumen; bis dahin waren
die Sondereigentümer - mit Ausnahme der teilenden Eigentümerin - von Gebrauch und Nutzen dieser Flächen ausgeschlossen. Darüber hinaus sollte die
teilende Eigentümerin ermächtigt und bevollmächtigt sein, die Ausgestaltung
der noch nicht verkauften Einheiten sowie auch die Teilungserklärung zu ändern.
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Der Beklagte erwarb seine Eigentumswohnung (Einheit Nr. 17) aufgrund
des mit der teilenden Eigentümerin am 16. Januar 2009 geschlossenen notariellen Kaufvertrags. Unter Änderung der Teilungserklärung wurden u.a. zugeteilt
die Fläche Nr. 13 zur Nutzung als Stellplatz und die Flächen Nr. 11 und 12 als
Garten- und Terrassenfläche mit den Befugnissen, diese durch eine Hecke in
Pflanzkästen aus Holz abzugrenzen. Der Beklagte errichtete auf den gesamten
von den genannten Sondernutzungsrechten umfassten Flächen eine Holzterrasse und grenzte diese durch einen Zaun und Begrenzungssteine mit Bepflanzungen ab. Das hält der Kläger für rechtswidrig und verlangt Beseitigung der
Terrassenanlage und Wiederherstellung des vorherigen Zustands.
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In den Tatsacheninstanzen ist seine Klage ohne Erfolg geblieben. Mit der
zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
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Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, die Nutzung des
Beklagten halte sich im Rahmen des wirksam begründeten Sondernutzungsrechts. Die Verkäuferin habe die Teilungserklärung im notariellen Kaufvertrag
geändert. Die in der Teilungserklärung der teilenden Eigentümerin erteilte Vollmacht sei wirksam. Nach dem klaren Wortlaut erfasse sie Änderungen “ohne
jede Einschränkung“ und sei daher hinreichend bestimmt. Einer Mitwirkung
sämtlicher Wohnungseigentümer habe es nicht bedurft, weil diese aufgrund der
im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung von der Mitwirkung bei der Einräumung und Veränderung von Sondernutzungsrechten bereits ausgeschlossen gewesen seien. Da sich die Gestaltung der Beklagten innerhalb des von
der geänderten Teilungserklärung vorgegebenen Rahmens halte, sei auch eine
Zustimmung unter dem Blickwinkel einer baulichen Veränderung entbehrlich
gewesen.
II.
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Die Revision hat nur teilweise Erfolg.
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1. Das Berufungsgericht hat Ansprüche des Klägers nach § 1004 BGB
i.V.m. § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1 WEG jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint,
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soweit dem Beklagten Flächen zur Terrassen- und Gartennutzung zugewiesen
worden sind.
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a) Die Terrasse mit der vorgenommenen Gestaltung hält sich innerhalb
des von der geänderten Teilungserklärung gesteckten Rahmens. Zwar bedürfen bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Der Senat hat jedoch bereits entschieden,
dass eine solche Zustimmung bereits in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts enthalten ist, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden
und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen
(Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 mwN). So verhält
es sich hier.
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aa) Die Gestaltung und Nutzung der dem Sondereigentum des Beklagten
zur Sondernutzung als Terrasse und Garten zugewiesenen Flächen ist schon
aufgrund der ursprünglichen Fassung der Teilungserklärung, die durch die Änderung der Teilungserklärung lediglich konkretisiert worden ist, nicht zu beanstanden. Auch das hat der Senat bereits mit Urteil vom 2. Dezember 2011
(aaO), dem insoweit eine zumindest vergleichbare - dieselbe Eigentumsanlage
betreffende - Fallgestaltung zugrunde liegt, im Einzelnen ausgeführt. Insbesondere hat er hervorgehoben, dass die in Rede stehenden und damals noch als
Außenstellplätze bezeichneten Flächen unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer allein der Verkäuferin als teilender Eigentümerin zugewiesen
worden sind und die Verkäuferin bei nächstliegender Auslegung der Teilungserklärung nicht darauf beschränkt war, die Flächen Erwerbern von Wohnungseigentum nur zur Nutzung als Außenstellplätze zuzuweisen (aaO S. 677).
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bb) Allerdings muss eine dahin gehende Ermächtigung - soll sie im Wege
der Grundbucheintragung nach § 10 Abs. 3 WEG verdinglicht werden - dem
sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen (Senat,
Urteil vom 2. Dezember 2011, aaO; Urteil vom 20. Januar 2012 - V ZR 125/11,
zur Veröffentlichung vorgesehen). Das ist hier jedoch der Fall, weil sich die Abänderungsbefugnis auf in einer Anlage gekennzeichnete Flächen bezieht und
die Befugnisse klar umrissen sind.
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cc) Dass die Ermächtigung einer Inhaltskontrolle standhält und sich die
Zuteilung des Sondernutzungsrechts mit dem hier in Rede stehenden Inhalt
innerhalb des der teilenden Eigentümerin nach § 315 BGB zustehenden Gestaltungsermessens hält, hat der Senat ebenfalls schon ausgesprochen. Auch insoweit wird auf das Senatsurteil vom 2. Dezember 2011 (aaO) Bezug genommen.
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dd) Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht darauf verweist, er habe
mit Nichtwissen bestritten, dass die nach der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen notwendige Zahl von Stellplätzen auch nach der vorgenommenen Änderung noch eingehalten werde, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach
§ 1004 BGB trägt der Kläger die Darlegungslast (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011, aaO).
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ee) Dass sich der Beklagte nicht an die gestalterischen Vorgaben des
zugewiesenen Sondernutzungsrechts gehalten hat, führt nicht zu einer zumindest teilweise rechtswidrigen Nutzung. Allerdings sieht die Nutzungszuweisung
durch die teilende Eigentümerin als Begrenzung der Terrassenfläche eine Hecke in Pflanzkästen aus Holz vor, während der Beklagte u.a. einen Stahlgitterzaun und Begrenzungssteine verwendet hat. Die Beseitigung einer solchen
baulichen Änderung kann der Kläger indes nur dann verlangen, wenn sie ihn
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über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt (§ 22 Abs. 1
WEG). Eine solche Beeinträchtigung haben die Tatgerichte - der Sache nach rechtsfehlerfrei verneint.
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b) Eine wirksame Zuweisung des Sondernutzungsrechts scheitert nicht
daran, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob
dingliche Gläubiger der Zuweisung zugestimmt haben. Da der Kläger auf kein
diesbezügliches Parteivorbringen verweist, kommt es nicht mehr darauf an,
dass eine Zustimmung nach § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG schon deshalb entbehrlich
sein dürfte, weil durch den Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer bereits die negative Komponente des Sondernutzungsrechts dinglicher Inhalt der
Wohnungs- und Teileigentumsrechte geworden ist und daher die Rechtstellung
dinglicher Gläubiger durch die nachfolgende Zuweisung eines Sondernutzungsrechts an Erwerber unter Konkretisierung oder Änderung des Nutzungszwecks
zumindest im Regelfall keine Verschlechterung mehr erfahren dürfte (Senat,
Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676, 677; vgl. auch
BayObLG, NJW 2005, 444, 445; KG, ZMR 2007, 384, 387; Riecke/Schmid/
Schneider, aaO, § 5 Rn. 100 mwN).
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2. Vor diesem Hintergrund scheidet auch ein Anspruch auf die Wiederherstellung eines ca. 1 m breiten plattierten Ganges zwischen der Fensterfront
der Einheit und den Einstellplätzen aus.
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3. Begründet ist die Klage dagegen, soweit der Beklagte die ihm nur als
Außenstellplatz zugewiesene Fläche ebenfalls mit einer Holzterrasse versehen
hat. Da diese bauliche Veränderung weder von der Beschreibung des zugewiesenen Sondernutzungsrechts (Nutzung als Stellplatz) gedeckt ist noch nach
dessen Inhalt üblicherweise vorgenommen wird, wäre nach § 22 Abs. 1 WEG
die Zustimmung auch des Klägers notwendig gewesen, weil dieser über das in
§ 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus in seinen Rechten beeinträchtigt wird.
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Dass Garten- und Terrassennutzungen üblicherweise mit einer stärkeren Belastung einhergehen als dies bei der typischen Nutzung einer Fläche als Stellplatz
der Fall ist (zum besonderen Störungspotential von Holzterrassen vgl. auch Senat, Urteil vom 14. Oktober 2011 - V ZR 56/11, NZM 2012, 27, 28), liegt auf der
Hand.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Schmidt-Räntsch
Brückner
Vorinstanzen:
AG Brühl, Entscheidung vom 26.07.2010 - 23 C 647/09 LG Köln, Entscheidung vom 10.03.2011 - 29 S 188/10 -
Roth
Weinland