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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 45/13
Verkündet am:
24. Oktober 2014
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1157 Satz 2
Bei einem auf konkrete Tatsachen gestützten Verdacht, der Zessionar habe bei dem
Erwerb einer Grundschuld gewusst, dass der Zedent sich diese durch Betrug verschafft hat oder sie treuwidrig verwendet, trifft den Zessionar eine sekundäre Darlegungslast über die Umstände seines Erwerbs und über den mit diesem verfolgten
Zweck (Fortführung von Senat, Urteil vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ
103, 72, 82).
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2014 - V ZR 45/13 - OLG Dresden
LG Leipzig
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Mai 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger zeichnete Anfang März 2000 eine atypische stille Beteiligung
an der S.
AG, einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, in Höhe von
60.000 DM, für die die S.
AG eine Verzinsung in Aussicht stellte. Der Einla-
gebetrag sollte zu 100 % finanziert werden. Zur Sicherung der von der S.
AG zu vermittelnden Finanzierung sollte der Kläger u.a. eine Grundschuld
an einem Grundstück bestellen, dessen Miteigentümer er und sein Bruder zu
je ½ waren. Seinen Gesellschaftsanteil sollte der Kläger bis zur Höhe von
-3-
30.000 DM beleihen können, um auf diese Weise liquide Geldmittel zu erhalten.
2
Mit notarieller Urkunde vom 14. März 2000 bestellten der Kläger und
sein Bruder eine mit 10 % p.a. zu verzinsende Buchgrundschuld in Höhe von
60.000 DM zugunsten der S.
AG und unterwarfen sich hinsichtlich der
Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung. Die S.
AG (im Folgenden:
Zedentin) trat die Grundschuld am 18. Mai 2000 an die Beklagte ab, um damit
eigene Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Beklagten abzusichern.
3
Die Beklagte betreibt die Zwangsversteigerung aus der Grundschuld.
Der Kläger will diese verhindern. Er trägt vor, dass die Zedentin die Grundschuld von vorneherein nicht zu den von ihr erklärten Zwecken, sondern allein
zur Geldbeschaffung für sich habe verwenden wollen. Die Zedentin habe zahlreiche Grundschulden von Grundstückseigentümern durch betrügerische Machenschaften erworben. Die Beklagte, welche die meisten der von der Zedentin
erlangten Grundschulden durch Abtretung erworben habe, habe hiervon gewusst. Die Beklagte erwidert, sie sei ebenfalls von der Zedentin betrogen worden und habe noch erhebliche Forderungen gegen diese.
4
Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung „aus der … erteilten
vollstreckbaren Ausfertigung“ der notariellen Urkunde vom 14. März 2000 für
unzulässig zu erklären und die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren
Ausfertigung zu verurteilen. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
5
Das Berufungsgericht meint, die Beklagte habe die Grundschuld gutgläubig einredefrei erworben. Selbst wenn die Zedentin - etwa wegen betrugsbedingter Unwirksamkeit der Grundschuldbestellung - zur Übertragung der
Grundschuld nicht berechtigt gewesen sei, liege jedenfalls ein wirksamer
Zweiterwerb der Beklagten vor. Der Kläger habe die Kenntnis der Beklagten
von der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bewiesen. Eine grob fahrlässige
Unkenntnis genüge nicht; den Erwerber treffe auch keine Erkundigungspflicht.
II.
6
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
1. Die angefochtene Entscheidung ist schon deshalb fehlerhaft, weil das
Berufungsgericht unter Verletzung seiner materiellen Prozessleitungspflicht
nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Klage nur nach den für die Vollstreckungsabwehrklage geltenden Grundsätzen geprüft hat.
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Dass der Kläger eine Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO erheben wollte, liegt nahe, weil er Einwendungen gegen den titulierten Anspruch
aus der Grundschuld nach § 1192 Abs. 1, § 1147 BGB vorgetragen hat. Sein
Klageantrag bezieht sich allerdings auf die von dem Notar der Beklagten erteilte Vollstreckungsklausel. Der Antrag, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung für unzulässig zu erklären, ist bei einer Klauselgegenklage
nach
§ 768
ZPO
zu
stellen
(vgl.
MünchKomm-
ZPO/K. Schmidt/Beckmann, 4. Aufl., § 768 ZPO Rn. 6; Musielak/Lackmann,
ZPO, 10. Aufl., § 768 Rn. 9). Mit dieser Klage macht ein Schuldner geltend,
dass die Zwangsvollstreckung aus einer von dem Notar nach §§ 726 ff. ZPO
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erteilten qualifizierten Vollstreckungsklausel unzulässig ist (vgl. Senat, Urteil
vom 27. Januar 2012 - V ZR 92/11, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 14. Mai 1992
- VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 234).
9
Unter Anwendung des Auslegungsgrundsatzes, dass eine Partei mit ihren Prozesshandlungen im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben
der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage
entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, NJW-RR 2005,
371, 372 mwN), ist davon auszugehen, dass der Kläger beide Rechtsschutzziele verfolgt. Ein solches Vorgehen ist möglich; die Klagen nach § 767 ZPO und
nach § 768 ZPO haben zwar unterschiedliche Streitgegenstände, sie können
aber miteinander verbunden werden (KG, MDR 2008, 591, 592; Zöller/Herget,
ZPO, 30. Aufl., § 768 Rn. 2). Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist
sich für beide Rechtsbehelfe als rechtsfehlerhaft.
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2. Die Begründung für die Abweisung der Vollstreckungsabwehrklage
(§ 767 ZPO) ist nicht tragfähig.
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a) Das Berufungsgericht geht allerdings im Ausgangspunkt zutreffend
davon aus, dass sich der Kläger gegen den Anspruch aus der abgetretenen
Grundschuld nach § 1192 Abs. 2, § 1147 BGB nur dann auf die ihm aus dem
Rechtsverhältnis mit der Zedentin zustehenden Einreden berufen kann, wenn
die Beklagte bei dem Erwerb der Grundschuld in Ansehung dieser Einreden
bösgläubig war. Das folgt aus der Verweisung in § 1157 Satz 2 BGB auf § 892
Abs. 1 BGB. Danach kann der Grundstückseigentümer die nicht im Grundbuch
eingetragenen Einreden aus dem Rechtsverhältnis zum Zedenten dem Zessionar nur entgegensetzen, wenn dieser die Einrede bei dem Erwerb der Grundschuld kannte.
-6-
12
aa) Anders verhielte es sich auch dann nicht, wenn die Grundschuld zur
Sicherung eines Anspruchs der Zedentin gegen den Kläger bestellt worden
sein sollte, es sich also um eine Sicherungsgrundschuld im Sinne der jetzigen
Begriffsbestimmung in § 1192 Abs. 1a BGB (zu dieser: Olbrich, ZfIR 2013,
405 f.; Nietsch, NJW 2009, 3606) handelte. Die Vorschrift des § 1192 Abs. 1a
BGB, nach der ein gutgläubiger Erwerb bei Sicherungsgrundschulden ausgeschlossen ist, findet nämlich hier keine Anwendung, weil die Abtretung der
Grundschuld vor dem 19. August 2008 erfolgte (vgl. Art. 229 § 18 Abs. 2
EGBGB).
13
(1) Für die vor diesem Zeitpunkt erfolgten Abtretungen von Sicherungsgrundschulden entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Zessionar in Bezug auf die sich aus dem Sicherungsvertrag ergebenden Einreden nur dann als bösgläubig anzusehen ist, wenn er im Zeitpunkt des Erwerbs nicht nur den Sicherungszweck der Grundschuld gekannt,
sondern auch gewusst hat, dass die gesicherte Forderung nicht besteht oder
einredebehaftet ist (vgl. Senat, Urteil vom 21. April 1972 - V ZR 52/70, BGHZ
59, 1, 2 und vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ 103, 72, 82 und BGH,
Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 36).
14
(2) Daran ist für Altfälle auch vor dem Hintergrund der Neuregelung in
§ 1192 Abs. 1a BGB festzuhalten. Der von der Revision unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Rostock (Urteil vom 6. April 2004 - 7 U 127/05, Seite
6, unveröffentlicht) und Stimmen in der Literatur (Fridgen, WM 2008, 1862,
1867 mwN; ähnlich Neef, JR 2006, 353, 356 f.) vertretenen Ansicht, der Zessionar müsse in Ansehung der Einreden gegenüber einer Sicherungsgrundschuld bereits dann als bösgläubig angesehen werden, wenn er - obwohl er von
dem Sicherungscharakter der Grundschuld wisse - sich nicht darum kümmere,
-7-
ob einer Geltendmachung des Anspruchs aus der Grundschuld Einreden aus
dem Sicherungsvertrag entgegenstünden, kann nicht beigetreten werden.
15
Die Vorschriften über den gutgläubig einredefreien Erwerb von Grundschulden (§ 1157 Satz 2, § 892 Abs. 1 BGB) sind nicht anders als bisher auszulegen. Die Bestimmung des § 1192 Abs. 1a BGB, nach der der Eigentümer
des haftenden Grundstücks seine Einreden aus dem Sicherungsvertrag stets
gegenüber dem Zessionar (unabhängig von dessen guten Glauben) entgegensetzen kann, findet - wie bereits ausgeführt - nur auf die nach dem Inkrafttreten
der Gesetzesänderung erfolgten Abtretungen Anwendung. Die für die Annahme
einer Bösgläubigkeit des Grundschuldzessionars maßgeblichen Rechtsvorschriften sind demgegenüber unverändert geblieben. Ein Vorschlag, die
§§ 1157, 892 BGB um eine Regelung zu ergänzen, nach der der Zessionar
dann nicht als gutgläubig anzusehen sein sollte, wenn ihm die Einrede infolge
grober Fahrlässigkeit unbekannt war (Stürner, Festschrift Medicus [2009], 513,
517; ders., JZ 2010, 774, 778), wurde im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz (vom 18. August 2009, BGBl. I S. 1666) nicht aufgegriffen.
Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, aus Anlass der Einführung von
§ 1192 Abs. 1a BGB, die Anforderungen an einen gutgläubig einredefreien Erwerb von Grundschulden nach den unverändert gebliebenen § 1157 Satz 2,
§ 892 Abs. 1 BGB (rückwirkend) zu verschärfen.
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bb) Eine Möglichkeit, der Beklagten die Einreden aus dem Sicherungsvertrag entgegenzuhalten, ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften zum
Schutz des Verbrauchers.
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(1) Die Revision beruft sich insoweit ohne Erfolg auf ein Urteil des Senats (vom 26. März 1976 - V ZR 247/74, BGHZ 66, 165) zum früheren (durch
Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes über Verbraucherkredite vom 17. Dezember 1990
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- BGBl. I, S. 2840, 2846 aufgehobenen) Abzahlungsgesetz. Danach konnte ein
Käufer, der eine Sache unter Gewährung eines Ratenkredits gekauft hatte, seine Einwendungen auch gegenüber dem Grundschuldzessionar geltend machen, wenn das Grundpfandrecht zur Sicherung von Forderungen aus dem Abzahlungsgeschäft bestellt worden war und der an dem finanzierten Geschäft in
enger Weise wirtschaftlich beteiligte Zessionar das wusste (Senat, Urteil vom
26. März 1976 - V ZR 247/74, aaO, 172 f.) Im Schrifttum wird vertreten, diese
Entscheidung beruhe auf dem verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken,
dass der Zessionar, der an einem durch ein grundpfandrechtlich gesichertes
Verbraucherdarlehen finanzierten Geschäft wirtschaftlich eng beteiligt sei, weniger schutzwürdig und deshalb seine Kenntnis von dem Sicherungscharakter
der Grundschuld ausreichend sei (Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 1192
Rn. 154; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 45 III Rn. 67 Fn. 2).
18
(2) Auch dem kann nicht beigetreten werden. Dagegen spricht bereits,
dass auf die im Jahr 2000 von dem Kläger abgeschlossenen Verträge das Verbraucherkreditgesetz anzuwenden wäre. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG fanden die Bestimmungen über den Einwendungsdurchgriff bei den sog. verbundenen Geschäften (§ 9 Abs. 3, 4 VerbrKG) aber gerade keine Anwendung auf
die Realkreditverträge (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05,
BGHZ 167, 223 Rn. 20; Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 340/05, NJW 2007,
2404 Rn. 25 für die kreditfinanzierten Fondsbeteiligungen).
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b) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die Beklagte auf
Grund des nach dem Vortrag des Klägers begründeten Verdachts eines vorsätzlich unredlichen Erwerbs der Grundschuld eine sekundäre Darlegungslast
über die näheren Umstände des Abtretungsgeschäfts und über den mit diesem
verfolgten Zweck trifft.
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20
aa) Grundsätzlich braucht der Zessionar bei der Geltendmachung des
Anspruchs aus dem Grundpfandrecht (§ 1147 BGB) allerdings nur den Erwerb
des dinglichen Rechts darzulegen und zu beweisen. Der Zessionar wird durch
die Verweisung in § 1157 Satz 2 BGB auf die Vorschrift in § 892 Abs. 1 Satz 1
BGB geschützt, nach der nur die positive Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs einem gutgläubigen Erwerb des gebuchten Rechts
von dem eingetragenen Berechtigten entgegensteht. Die Anwendung des § 892
Abs. 1 BGB auf die aus dem Rechtsverhältnis des Eigentümers zum Zedenten
begründeten Einreden bedeutet, dass der Zessionar - wenn nichts anderes im
Grundbuch verlautbart ist - von dem Bestehen der Grundschuld und des sich
aus dieser ergebenden Anspruchs (§ 1192 Abs. 1, § 1147 BGB) ausgehen
darf. Der mit diesen Vorschriften einhergehende Verkehrsschutz würde unterlaufen, wenn man dem aus der Grundschuld vorgehenden Zessionar zur Widerlegung des von dem Grundstückseigentümer erhobenen Einwands eines
bösgläubigen Erwerbs stets auferlegte, die Umstände und den Zweck des Erwerbs der Grundschuld darzulegen.
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bb) Anders verhält es sich jedoch, wenn vom Gegner konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die den Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Zedenten und dem Zessionar zum Schaden des haftenden
Eigentümers oder eines Erwerbs der Grundschuld unter bewusster Hinwegsetzung über die dem Zessionar bekannten Einreden begründen. Durch § 1157
Satz 2 BGB soll zwar der Verkehr im Vertrauen auf das Bestehen der eingetragenen Grundschuld geschützt, nicht aber die Durchsetzung eines bösgläubig
erworbenen Rechts gefördert werden. Diese Wirkung hätte die Vorschrift jedoch, wenn der Zessionar auch angesichts gegen ihn sprechender Verdachtsgründe zu den Umständen des Erwerbs der Grundschuld und des damit verfolgten Zwecks schweigen dürfte und es damit allein dem haftenden Grunds-
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tückseigentümer überlassen bliebe, anhand ihm nicht bekannter Vorgänge die
Bösgläubigkeit des Zessionars nachzuweisen.
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(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass
die nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des darzulegenden
Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr nähere Angaben zuzumuten
sind (BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395, 2397
mwN). Das trifft auch auf die von dem Eigentümer auf Grund der Vermutung in
§ 1157 Satz 2 i.V.m. § 892 Abs. 1 BGB zu beweisende Kenntnis des Zessionars von den Einreden gegen die Grundschuld zu. Der für die Bösgläubigkeit
des Zessionars darlegungs- und beweispflichtige Eigentümer ist an dem Geschäft über die Abtretung der Grundschuld nicht beteiligt und kennt daher weder die zwischen dem alten und dem neuen Gläubiger getroffenen Absprachen
noch die dem Zessionar von dem Zedenten in Bezug auf mögliche Einreden
erteilten Informationen.
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(2) Vor diesem Hintergrund kann der aus dem dinglichen Recht vorgehende Zessionar verpflichtet sein, zu den Umständen des Erwerbs der Grundschuld und den mit diesem verfolgten Zweck vorzutragen. Der Senat hat bereits
entschieden, dass der Zessionar ein Wort der Erklärung finden muss, dass mit
der Abtretung ein anderer Zweck als derjenige verfolgt wurde, dem Eigentümer
die Einreden gegen die Grundschuld nach § 1157 Satz 2 BGB abzuschneiden,
wenn auffällige Umstände (wie mehrfache, schnell hintereinander erfolgte Abtretungen der Grundschuld unter Einschaltung eines Zwischenerwerbers) einen
solchen Verdacht nahelegen (Senat, Urteil vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86,
BGHZ 103, 72, 82). Eine solche Obliegenheit des Zessionars besteht jedoch
nicht nur bei dem Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Ze-
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dent und Zessionar. Die sekundäre Darlegungslast trifft den Zessionar vielmehr
auch dann, wenn von dem Eigentümer vorgetragene konkrete Tatsachen den
Verdacht begründen, dass der Zessionar in Kenntnis eines betrügerischen Erwerbs oder einer treuwidrigen Verwendung der Grundschulden durch die Zedentin die Grundschulden erworben hat. Die Erklärungsobliegenheit des Zessionars entfällt nicht deswegen, weil dieser mit dem Erwerb eigene wirtschaftliche
Interessen verfolgt hat und möglicherweise selbst - etwa bezüglich der Werthaltigkeit der Grundstücke - von dem Zedenten getäuscht worden ist. Die sekundäre Darlegungslast beruht nämlich auf dem konkreten Verdacht der Bösgläubigkeit des Zessionars im Hinblick auf die sich aus dem Rechtsverhältnis des
Eigentümers mit dem Zedenten ergebenden Einreden gegen die Grundschuld.
Unter diesen Umständen darf der Zessionar seine Verteidigung nicht - wie
hier - auf das bloße Bestreiten des Vorbringens des Eigentümers und den Hinweis beschränken, dass dieser nach der Bestimmung über den gutgläubig einredefreien Erwerb der Grundschuld in § 1157 Satz 2 BGB die Risiken einer
treuwidrigen Verfügung des Zedenten tragen müsse (vgl. Clemente, Recht der
Sicherungsgrundschuld, 4. Auflage, Rn. 1081).
24
cc) Nach dem von der Revision aufgezeigten Vortrag des Klägers, von
dem mangels anderer Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz auszugehen ist, liegen konkrete Tatsachen vor, die den Verdacht begründen, dass die Beklagte die Grundschuld in Kenntnis des betrügerischen
Vorgehens der Zedentin erworben hat oder jedenfalls wusste, dass diese mit
der Abtretung ihre treuhänderischen Bindungen verletzte. Die Grundschulden,
die die Beklagte im Fall des Klägers und in weiteren Parallelfällen von der Zedentin übertragen erhielt, waren an Grundstücken Dritter, nämlich der Kunden
der Zedentin, bestellt worden. Schon dass sich die Zedentin in zahlreichen Fällen abtretbare Grundschulden zu ihren Gunsten bestellen ließ, liegt bei einem
nicht als Kreditinstitut nach §§ 1, 32 KWG zugelassenen Unternehmen außer-
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halb des üblichen Geschäftsverkehrs (vgl. Clemente, ZfIR 2007, 737, 741 mit
Fn. 29). Die Grundschulden wurden dabei gegenüber der Beklagten jeweils zur
Sicherung eigener Kredite der Zedentin, nicht für von der Zedentin lediglich
vermittelte Kundendarlehen eingesetzt. Damit lag der Verdacht einer unerlaubten Verwendung fremder Sicherheiten zum Zwecke der eigenen Geldbeschaffung der Zedentin nahe.
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Auffällig ist zudem, dass die Grundschulden sehr kurze Zeit nach der Bewilligung, noch vor ihrer Eintragung in das Grundbuch an die Beklagte abgetreten wurden. Das schließt zwar einen gutgläubig einredefreien Erwerb nach
§ 1157 Satz 2 i.V.m. § 892 BGB nicht aus, weil es dafür allein auf den Buchstand im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs (hier durch die Eintragungen
der Abtretung der Buchgrundschulden in das Grundbuch) ankommt und weil für
einen gutgläubigen Erwerb eine Kenntnis des Erwerbers vom Buchstand ebensowenig erforderlich ist wie ein Vertrauen auf den Buchstand oder eine Kausalität zwischen dem Buchstand und dem Erwerb (vgl. Senat, Urteil vom 16. Mai
1980 - V ZR 27/79, NJW 1980, 2413, 2414). Für die Abtretung bewilligter, aber
noch nicht eingetragener Grundschulden besteht aber in der Regel kein Anlass,
da diese dem Zessionar noch keine Sicherheit für etwaige Zahlungen an den
Zedenten verschaffen. Wenn das dennoch immer wieder geschieht, ist der
Verdacht begründet, dass es den an dem Abtretungsgeschäft beteiligten Personen vor allem darum ging, möglichst schnell die Voraussetzungen für ein
Vorgehen des Zessionars aus den Grundschulden herbeizuführen, ohne auf
Einreden der Grundstückseigentümer aus den der Bestellung der Grundschulden zugrunde liegenden Rechtsgeschäften Rücksicht nehmen zu müssen.
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dd) Der ihr nach dem Vorstehenden obliegenden sekundären Darlegungslast ist die Beklagte - wie die Revision zu Recht geltend macht - bislang
nicht nachgekommen. Sie hat lediglich pauschal ihre Bösgläubigkeit bestritten.
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3. Mit der von dem Kläger nach seinem Antrag ebenfalls erhobenen
Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) hat sich das Berufungsgericht bislang rechtsfehlerhaft nicht befasst. Diese Klage hätte auf der Grundlage des unter anderem auf den Inhalt des notariellen Schuldanerkenntnisses gestützten Vorbringens des Klägers Erfolg, nach dem die Grundschuld eine Forderung der Zedentin gegen ihn und seinen Bruder absicherte und damit Sicherungsgrundschuld war.
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a) Die Klage nach § 768 ZPO ist begründet, wenn die als bewiesen angenommenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht vorlagen (BeckOK-ZPO/Preuß, 11. Edition, § 768
Rn. 5: Hk-ZPO/Kindl, 5. Aufl., § 768 Rn. 1; Musielak/Lackmann, aaO, 7;
PG/Scheuch, ZPO, 5. Aufl. § 768 Rn. 8). Bei der Umschreibung des Titels, der
auf einer notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung (§ 794 Abs. 1 Nr. 5
ZPO) zur Sicherung des Anspruchs aus einer Grundschuld beruht, gehört hierzu die Erklärung des neuen Gläubigers, die sich aus der Sicherungsabrede
zwischen dem Schuldner und dem Zedenten ergebenden treuhänderischen
Bindungen zu übernehmen (Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 237/11,
NJW 2012, 2354 Rn. 5; BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ
185, 133 Rn. 36 ff.). Der Eintritt des Zessionars in den Sicherungsvertrag ist
eine Vollstreckungsbedingung (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juni 2013
- V ZR 148/12, MittBayNot 2014, 268, 270; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011
- VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172 Rn. 17), deren Vorliegen in einem Verfahren
nach § 768 ZPO zu klären ist (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011
- VII ZR 89/10, aaO Rn. 18).
29
b) Danach könnte die Beklagte aus der zur Sicherung der Forderungen
der Zedentin abgegebenen Unterwerfungserklärung nur dann die Vollstreckung
betreiben, wenn sie in die Sicherungsabrede eingetreten wäre. Hierfür ist nichts
- 14 -
ersichtlich. Die Abtretung der Grundschuld enthält nicht ohne weiteres zugleich
eine stillschweigende Vereinbarung über die Übernahme der Verbindlichkeiten
aus der Sicherungsabrede (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 237/11,
NJW 2012, 2354 Rn. 5 mwN). Gegen eine solche Vereinbarung spricht zudem,
dass die Beklagte mit den zwischen der Zedentin und den Grundstückseigentümern getroffenen Abreden nichts zu tun haben will.
III.
30
Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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1. a) Hinsichtlich der Vollstreckungsabwehrklage ist der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihrer sekundären Darlegungslast nachzukommen.
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b) Für den Fall, dass die Beklagte ihr Vorbringen zu den Umständen des
Erwerbs und dessen Zweck noch ergänzt, weist der Senat für die dann weiter
zu prüfende Bösgläubigkeit (§ 1157 Satz 2 i.V.m. § 892 Abs. 1 BGB) auf Folgendes hin:
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aa) Hinsichtlich der auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützten
Einrede setzt eine Bösgläubigkeit der Beklagten voraus, dass sie das betrügerische Handeln der Zedentin kannte. Kenntnis von den kriminellen Handlungen
der Zedentin hätte die Beklagte erlangt, wenn der sie bei dem Erwerb der
Grundschulden vertretende director, dessen Kenntnis nach § 166 Abs. 1 BGB
maßgeblich ist, entweder von den betrügerischen Machenschaften der Zedentin wusste oder sich der Erlangung dieser Kenntnis bewusst verschlossen hatte.
Letzteres wäre der Fall, wenn sich der Verdacht eines kriminellen Erwerbs der
Grundschulden durch die Zedentin für ihn aufdrängte, er jedoch die Möglichkeiten, sich Klarheit zu verschaffen, bewusst nicht wahrgenommen hätte, um zu
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vermeiden, dass aus einem begründeten Verdacht Gewissheit wird (vgl. BGH,
Urteil vom 27. Januar 1994 - I ZR 326/91, NJW 1994, 2289, 2291).
34
Dazu bedarf es einer tatrichterlichen Würdigung der von dem Kläger
vorgetragen Indiztatsachen. Dass die Grundschulden durch betrügerisches
Handeln der Zedentin erworben wurden, hat der Kläger durch Vorlage des Urteils in dem Strafverfahren gegen den für die Zedentin handelnden W.
S.
dargelegt, in dem dieser wegen Betruges zu seinem Nachteil und
zum Nachteil weiterer Eigentümer verurteilt worden ist die der Zedentin Grundschulden bestellt haben. Indizien dafür, dass das Geschäftsgebaren der Zedentin der Beklagten nicht unbekannt ist, ergeben sich neben den bereits erwähnten Auffälligkeiten bei den Abtretungen (siehe oben II.2.b)cc)) auch daraus,
dass nach der von dem Kläger vorgelegten Auswertung der Handelsregistereintragungen durch das Landeskriminalamt der director der Beklagten zugleich
Geschäftsführer eines Unternehmens war, das als Kommanditistin an dem Unternehmen der mehrfach umfirmierten Zedentin beteiligt war.
35
bb) Ebenso verhält es sich bezüglich der Einreden des Klägers aus den
schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Zedentin. Kenntnis von der Einrede
hat der Zessionar nämlich nicht nur, wenn er die Einrede bei dem Erwerb positiv kennt, sondern auch dann, wenn er bewusst die Augen davor verschließt,
dass solche Einreden bestehen (ähnlich im Rahmen des § 826 BGB: Senat,
Urteil vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ 103, 72, 82; Clemente, Recht
der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 751; vgl. zur Einschränkung des Gutglaubensschutzes
im
Fall
vorsätzlicher
sittenwidriger
Schädigung:
OLG Stuttgart, OLGZ 1969, 477, 481; RGZ 117, 180, 189; Soergel/Stürner,
BGB, 13. Aufl., § 892 Rn. 31).
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2. Die Klauselgegenklage nach § 768 ZPO ist ebenfalls nicht entscheidungsreif. Sie betrifft einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt, zu dem sich die
Beklagte bislang nicht hat äußern können. Die Zurückverweisung gibt hierzu
Gelegenheit.
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3. Soweit darüber hinaus die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels analog § 371 BGB verlangt, hängt der Erfolg dieses Antrags im
Wesentlichen vom Schicksal der Vollstreckungsabwehrklage ab (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512, 1513).
Stresemann
Czub
Weinland
Brückner
Kazele
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 12.10.2011 - 5 O 1350/10 OLG Dresden, Entscheidung vom 08.05.2012 - 14 U 1748/11 -