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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 244/04
Verkündet am:
16. September 2005
Kanik,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 162 Abs. 1
Ist die Wirksamkeit eines Vertrages durch die Entscheidung eines Dritten aufschiebend bedingt und ist die Vertragspartei, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt
gereichte, nach Treu und Glauben gehalten, dem Dritten einen für dessen Entscheidung wesentlichen Umstand mitzuteilen, stellt sich die damit verbundene Einflussnahme auf die Entschließung des Dritten auch dann nicht als treuwidrig dar, wenn
die Mitteilung in der Absicht erfolgte, den Eintritt der Bedingung zu verhindern.
BGH, Urteil vom 16. September 2005 - V ZR 244/04 - OLG Hamm
LG Münster
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub
für Recht erkannt:
Die Revision und die Anschlussrevision gegen das Urteil des
22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. November
2004 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 93 %
und die Beklagten 7 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten beabsichtigten, von den Klägern das Parkhotel B.
in T.
zu erwerben und als solches fortzuführen. Dabei wollten sie ein
zinsgünstiges Darlehen, das die Klägerin zu 1 im Jahr 1964 als Investitionshilfe
für die Errichtung des Hotels von dem Rechtsvorgänger des Landkreises
S.
erhalten hatte, unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen.
Der Landrat stellte die Zustimmung des Landkreises hierzu in Aussicht.
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Am 21. Dezember 2001 schlossen die Parteien unter Vereinbarung mehrerer aufschiebender Bedingungen, deren Eintritt bis zum 15. Januar 2002
nachgewiesen sein musste, und unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung einen notariellen Kaufvertrag über das Hotelgrundstück. Zu den Bedingungen zählte unter anderem die Genehmigung der vereinbarten Darlehensübernahme durch den Landkreis.
Nach der Übergabe des Hotels am 23. Dezember 2001 gelangten die
Beklagten zu der Einschätzung, dass die Fortführung des Betriebs angesichts
des ermittelten Sanierungsbedarfs unwirtschaftlich sei. Sie werfen den Klägern
insoweit vor, erhebliche Mängel des Hotels arglistig verschwiegen zu haben.
Anfang Januar 2002 teilte der Vater der Beklagten, der Zeuge K.
,
dem Landrat mit, dass seine Söhne wegen des unerwartet hohen Sanierungsbedarfs nicht beabsichtigten, das Hotel zu renovieren und fortzuführen; sie
wollten deshalb den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht
übernommen werde. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 verweigerte der
Landkreis seine Zustimmung zur Übernahme des Darlehens. Mit entscheidungserheblich sei, so die Begründung, dass die Käufer den Kaufvertrag nicht
erfüllen wollten und damit die Geschäftsgrundlage für die Fortsetzung des Darlehensvertrages mit ihnen entfallen sei. Diese Begründung ergänzte der Landrat in einem Schreiben vom 15. Januar 2002 wie folgt: "Die Formulierung, den
Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen, bittet Herr K.
so zu verstehen, dass
er nach fachmännischer Beratung wegen Abgängigkeit der Bausubstanz nicht
bereit ist, das Hotel umzubauen und es als solches weiterzuführen. Da damit
die….Objektbezogenheit des seinerzeit gewährten Darlehens entfiele, ist eine
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Geschäftsgrundlage für die Darlehensübernahme nicht mehr gegeben. Deshalb muss es bei meiner Entscheidung bleiben".
Die Beklagten stellten den Hotelbetrieb am 16. Januar 2002 ein und
reichten die Schlüssel an den Notar zurück. Gegenüber den Klägern machten
sie Schadensersatz in Höhe von 27.000 € geltend, weil sie im Vertrauen auf
die Wirksamkeit des Vertrags eine Betriebsgesellschaft gegründet und das erforderliche Stammkapital von 27.000 € eingezahlt hätten, welches zur Erfüllung
von Verbindlichkeiten verbraucht worden sei.
Mit der Klage verlangen die Kläger neben einer Zahlung von 4.151,69 €
für den nach dem Kaufvertrag zu übernehmenden Warenbestand die Feststellung, dass die Beklagten den Klägern zu 1 bis 3 wegen Nichterfüllung des
Kaufvertrags zu Schadensersatz verpflichtet sind. Ferner beantragen sie die
Feststellung, dass den Beklagten der geltend gemachte Anspruch in Höhe von
27.000 € nicht zusteht.
Das Landgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben und die
Klage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger
und die Anschlussberufung der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die
Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit ihnen nicht entsprochen worden
ist, weiter. Die Beklagten treten der Revision entgegen und wollen im Wege
der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erreichen,
dass das Berufungsurteil aufgehoben und die negative Feststellungsklage ab-
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gewiesen wird, soweit über sie auch bezogen auf einen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. entschieden worden ist.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, den Klägern stünden keine Ansprüche wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu, da dieser mangels Eintritts der vereinbarten aufschiebenden Bedingungen nicht wirksam geworden sei. Die Genehmigung der Darlehensübernahme durch den Landkreis sei von den Beklagten
auch nicht treuwidrig vereitelt worden. Sie hätten ihre Absicht, den Kaufvertrag
nicht zu erfüllen und den Hotelbetrieb nicht fortzuführen, dem Landrat zwar
mitgeteilt, um ihn von der Zustimmung zur Darlehensübernahme abzuhalten.
Da sie hierfür jedoch wirtschaftlich vernünftige Gründe gehabt hätten und sich
ein beeinflussendes Verhalten in der Regel nicht als treuwidrig darstelle, wenn
es auf solchen Gründen beruhe, sei der Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt worden. Bei einer Übernahme des Darlehens hätten die Beklagten gegenüber dem Landkreis die Verpflichtung zur Weiterführung des Hotels übernehmen müssen und wären daher gegenüber dem Landkreis vertragsbrüchig
geworden, wenn sie den Hotelbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt
hätten. In diesem Zusammenhang stelle auch das erst nachträglich erkannte
Ausmaß der Mängel einen wirtschaftlich vernünftigen Grund dar, der das Verhalten der Beklagten nicht als treuwidrig erscheinen lasse.
Die Anschlussberufung sei unbegründet, weil den Beklagten der Schadensersatzanspruch, dessen sie sich wegen der Aufwendungen für die Betriebsgesellschaft berühmt hätten, nicht zustehe. Auf § 463 BGB a.F. lasse er
sich mangels wirksamen Kaufvertrags nicht stützen. Ob das behauptete arglistige Verhalten der Kläger einen Anspruch wegen Verschuldens bei Vertrags-
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schluss begründe, könne offen bleiben, weil die Beklagten einen Schaden in
der geltend gemachten Höhe nicht konkretisiert hätten.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Kläger im Ergebnis stand.
Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der Kaufvertrag im Hinblick auf die erforderliche Genehmigung der Darlehensübernahme
durch den Landkreis aufschiebend bedingt geschlossen wurde (§ 158 Abs. 1
BGB) und Ansprüche der Kläger wegen Nichterfüllung des Vertrags deshalb
nur in Betracht kommen, wenn die Erteilung der Genehmigung von den Beklagten treuwidrig vereitelt worden ist (§ 162 BGB). Nicht zu beanstanden ist ferner
seine Feststellung, der als Verhandlungsführer aufgetretene Vater der Beklagten habe die Willensbildung des Landrats beeinflusst und dadurch die Versagung der Genehmigung provoziert. Entgegen der Auffassung der Revision erweist sich auch die Annahme, der Eintritt der Bedingung sei nicht wider Treu
und Glauben vereitelt worden, im Ergebnis als zutreffend.
1. Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr
Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und
Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs
treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall
beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1984, VIII ZR 286/82,
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NJW 1984, 2568, 2569). Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des
Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach
Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (vgl.
Staudinger/Bork,
BGB
[2003],
§ 162
Rdn.
7;
MünchKomm-
BGB/H.P.Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 9; Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl.,
§ 162 Rdn. 7). Bei der Würdigung kann auch von Bedeutung sein, ob die Partei
vernünftige wirtschaftliche Gründe hatte, auf den Eintritt oder das Ausbleiben
der Bedingung Einfluss zu nehmen (z.B. BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR
177/62, WM 1964, 921, 922).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich ein allgemeiner Grundsatz, wonach eine Einflussnahme auf den Bedingungseintritt in der
Regel nicht treuwidrig ist, wenn sie auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht, allerdings nicht aufstellen. Ein solcher Grundsatz liegt auch den Entscheidungen, die von der Kommentarliteratur unter diesem Stichwort
zusammengestellt sind (vgl. Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 9; Bamberger/Roth/Rövekamp, BGB, § 162 Rdn. 6), nicht zugrunde. Die jeweilige Annahme, der Bedingungseintritt habe ohne Verstoß gegen Treu und Glauben
aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen beeinflusst werden können, stellt sich
vielmehr auch dort als Ergebnis der gebotenen Würdigung des Einzelfalls dar,
wobei vielfach der Inhalt des bedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts ausschlaggebend war.
Zum einen betreffen die Entscheidungen nämlich Sachverhalte, in denen
es im pflichtgemäßen Ermessen einer Vertragspartei stand, die den Bedingungseintritt auslösende Handlung vorzunehmen. In einem solchen Fall wird
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ein auf vernünftige wirtschaftliche Gründe gestützter, den Bedingungseintritt
beeinflussender Entschluss dieser Partei in der Regel auch im Verhältnis zu
ihrem Vertragspartner sachlich gerechtfertigt und damit nicht treuwidrig sein
(zur Anwendbarkeit von § 162 BGB auf Wollensbedingungen, vgl. BGH, Urt. v.
25. September 1996, VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338, 3340 sowie Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 4). Demgemäß wurde die Entscheidung eines Vermieters, sein Grundstück zu verkaufen, im Verhältnis zu seinem Vertragspartner, mit dem er einen durch den Wiederaufbau des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes bedingten Mietvertrag geschlossen hatte, als in seinem Ermessen stehend und deshalb als nicht treuwidrig bewertet (BGH, Urt. v. 11.
Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922), das Verhalten eines Käufers,
der die Ratenzahlung einstellte, im Hinblick auf die vereinbarten Verzugsfolgen
als eine vertraglich eingeräumte und damit nicht gegen Treu und Glauben verstoßende Möglichkeit der Lösung vom Kaufvertrag angesehen (BGH, Urt. v.
21. März 1984, VIII ZR 286/82, NJW 1984, 2568, 2569) oder der Entschluss
eines Händlers, von einem zur Bedingung erhobenen Verkauf abzusehen, weil
sich dieser wirtschaftlich nicht lohnte, als nicht treuwidrig gewürdigt, da der
Händler nur die ihm von seinem Vertragspartner zugestandene Freiheit ausgeübt habe (KG, DAR 1980, 118, 119). In anderen Fällen erschienen die mit der
Wirksamkeit des Vertrages oder dem fortbestehenden Schwebezustand einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen für eine Partei bei Würdigung der
von ihr durch den Abschluss des bedingten Rechtsgeschäfts übernommen Risiken nicht zumutbar und die Einflussnahme auf den Geschehensablauf aus
diesem Grund nicht treuwidrig (z.B. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1366: die zur
Bedingung gemachte Finanzierung scheitert an den Einkommensverhältnissen
des Schuldners; OLG Köln, OLGZ 1974, 8, 10: Partei verzichtet auf den Ver-
- 10 -
such, die zur Bedingung erhobene behördliche Genehmigung durch ein langwieriges Rechtsmittelverfahren zu erhalten).
2. Die im Rahmen von § 162 BGB gebotene Würdigung aller Umstände
des Einzelfalls erfordert hier die Feststellung, ob von den Beklagten erwartet
werden konnte, dem Landkreis vor dessen Entscheidung über die Zustimmung
zur Darlehensübernahme keine Mitteilung davon zu machen, dass sie das Hotel entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht fortführen und den Kaufvertrag
nicht erfüllen wollten.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagten nach
Treu und Glauben von dieser Mitteilung hätten absehen müssen, wenn sie allein dazu diente, ihnen eine sonst nicht bestehende Möglichkeit zu eröffnen,
sich von einem als wirtschaftlich nachteilig erkannten Vertrag zu lösen. So liegt
der Fall indessen nicht. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann nämlich
nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zwischen den Parteien vereinbarte
Schuldübernahme (§ 415 Abs. 1 BGB) auch rechtliche Beziehungen der Beklagten zu dem Landkreis als ihrem künftigen Vertragspartner begründete und
sich hieraus sachliche Gründe für die Mitteilung ergeben, das Hotel nicht fortführen zu wollen.
a) Diese Gründe lassen sich allerdings nicht auf die Annahme des Berufungsgerichts stützen, die Beklagten hätten sich gegenüber dem Landkreis verpflichten müssen, den Hotelbetrieb fortzusetzen. Die Revision rügt zu Recht,
dass tatsächliche Feststellungen zu einer möglichen Absicht des Landkreises,
die Genehmigung der Darlehensübernahme von einer Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung des Hotelbetriebs abhängig zu machen, nicht getroffen
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worden sind. Die von dem Berufungsgericht statt dessen herangezogenen Umstände – das Darlehen sei objektbezogen gewesen und die Parteien seien bei
Abschluss des Kaufvertrags übereinstimmend von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs durch die Beklagten ausgegangen – rechtfertigen einen solchen
Schluss nicht.
b) Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561
ZPO). Die Unterrichtung des Landrats über die veränderte Sachlage war auch
unabhängig von einer Verpflichtung der Beklagten, das Hotel fortzuführen,
sachlich geboten und deshalb nicht treuwidrig.
aa) Nach den getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Absicht der Beklagten, das Hotel fortzuführen, jedenfalls um einen für die Willensbildung des Landrats nicht unwesentlichen Umstand. Demgemäß entsprach es dem Gebot der Fairness, wenn nicht gar einer aus den Verhandlungen mit dem Landrat erwachsenen Aufklärungspflicht der Beklagten, ihn über
eine unerwartete Änderung dieser Absicht rechtzeitig zu informieren.
(1) Die Parteien hatten bei dem Landrat die berechtigte Erwartung geweckt, die Beklagten würden das Hotel der Kläger fortführen. Das ergibt sich
zum einen aus dem Schreiben der Kläger vom 19. November 2001, in dem sie
dem Landrat ihre Absicht mitteilten, die Anlage an einen neuen Hotelbetreiber
zu veräußern, dessen Konzeption sich aber nur bei Übernahme des Darlehens
rechne. Es folgt auch daraus, dass die Beklagten ernsthaft an der Fortführung
des Hotels interessiert erschienen – sie hatten eine Hotelbetriebsgesellschaft
gegründet, planten nach dem Vortrag der Revision eine Vollsanierung des Hotels und hatten im Kaufvertrag die Belegschaft, das Inventar sowie die Waren-
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vorräte des Hotels übernommen – und bei lebensnaher Betrachtung angenommen werden kann, dass diese Absicht in den Vorgesprächen mit dem
Landrat zum Ausdruck gekommen ist. Ferner belegt die im Schreiben vom 15.
Januar 2002 enthaltene Erklärung des Landrats, angesichts der fehlenden Bereitschaft der Käufer, das Hotel fortzuführen, sei für den Landkreis die Geschäftsgrundlage der Darlehensübernahme entfallen, dass er von einer Fortführung des Hotels durch die Beklagten ausgegangen ist.
(2) Diese Erwartung hatte erkennbar Einfluss auf die Entscheidung des
Landrats, die Darlehensübernahme zu genehmigen. Nach den dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte der
Landkreis zum damaligen Zeitpunkt, das in der Nähe des Hotels gelegene
Kreisheimathaus an die Stadt T.
zu veräußern, und war deshalb be-
sonders daran interessiert, dass das zum Verkauf stehende Hotel gut geführt
und für Veranstaltungen von Kongressen und Tagungen geeignet sein würde.
Bei dieser Sachlage erscheint es gänzlich unwahrscheinlich, dass die Beklagten angenommen hätten, dem Landrat sei alleine an der weiteren Bedienung
des Darlehens, nicht aber auch an der Fortführung des Hotels gelegen gewesen. Entgegenstehenden Vortrag der für die Voraussetzungen des § 162 Abs.
1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Kläger zeigt die Revision auch nicht
auf.
bb) War die Absicht der Beklagten, das Hotel zu übernehmen, somit erkennbar geeignet, die Willensbildung des Landrats zu beeinflussen, hätte sich
dieser zu Recht in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt, wenn nicht gar
hintergangen gefühlt, wenn ihm die Information über die veränderte Sachlage
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vorenthalten worden wäre. In dieser Situation konnten die Kläger nicht erwarten, dass die Beklagten die Unterrichtung des Landrats unterlassen würden.
Die Beklagten waren insbesondere nicht gehalten, die Interessen der
Kläger an der Durchführung des Vertrags über die berechtigten Interessen des
Landkreises zu stellen. Das folgt bereits daraus, dass sich eine unterlassene
Aufklärung des Landrats bei Wirksamwerden des Kaufvertrags voraussichtlich
auch zu ihrem Nachteil ausgewirkt hätte. Hätte der Landrat später erfahren,
dass ihm wesentliche Informationen vorenthalten worden waren, hätten die Beklagten damit rechnen müssen, dass der Landkreis die Genehmigung der Darlehensübernahme anfechten oder den Darlehensvertrag wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage oder bewusst unrichtiger Angaben aus wichtigem Grund
kündigen würde. Selbst wenn eine Auseinandersetzung hierüber im Ergebnis
zu ihren Gunsten ausgegangen wäre – sei es, dass die Bedingung nach einer
erfolgreichen Anfechtung der Genehmigung als nicht eingetreten gegolten hätte (§ 142 Abs. 1 BGB), sei es, dass sich eine Kündigung als unberechtigt herausgestellt hätte –, mussten sie nicht um des Interesses der Kläger an der Vertragsdurchführung Willen einen solchen Konflikt auf sich nehmen. Die Kläger
können auch nicht einwenden, dass der Konflikt vermieden worden wäre, wenn
die Beklagten das Hotel fortgeführt hätten. Da sich die Beklagten nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber den Klägern weder zur Renovierung noch zur Fortführung des Hotels verpflichtet hatten, stand es ihnen
nämlich frei, aus wirtschaftlichen Erwägungen von einer Fortsetzung des Hotelbetriebs abzusehen.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision war das Verhalten des Zeugen K.
auch nicht deshalb treuwidrig, weil er sich nach den Feststellun-
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gen des Berufungsgerichts nicht auf die Mitteilung beschränkt hat, dass von
einer Renovierung und von dem Betrieb des Hotels Abstand genommen werde,
sondern auch erklärt hat, die Beklagten wollten den Kaufvertrag anfechten bzw.
alles tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Dies folgt schon daraus,
dass beide Äußerungen in einem untrennbaren tatsächlichen Zusammenhang
stehen. Da der Sinneswandel der Beklagten erklärungsbedürftig war, konnte
nicht erwartet werden, dass sie dessen Hintergrund verschwiegen, dem Landrat also nicht erläuterten, dass sie sich von den Klägern arglistig getäuscht
fühlten und deshalb beabsichtigten, den Vertrag nicht zu erfüllen. Im Übrigen
kann auch nicht angenommen werden, dass die nach Auffassung der Revision
"überschießende" Mitteilung für den Nichteintritt der Bedingung ursächlich geworden ist (zum Erfordernis der Kausalität: BGH, Urt. v. 8. Januar 1958, VII ZR
126/57, JZ 1958, 211; MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, 4. Aufl., § 162
Rdn. 11). Nach den Äußerungen des Landrats in seinem Schreiben vom 15.
Januar 2002 ist vielmehr davon auszugehen, dass er die Darlehensübernahme
auch dann nicht genehmigt hätte, wenn die Beklagten ihm ausschließlich mitgeteilt hätten, das Hotel nicht fortführen zu wollen.
dd) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich
die Beklagten im Ergebnis wegen Mängeln der Kaufsache und ohne den Nachweis, dass die Kläger diese arglistig verschwiegen haben, von dem – einen
Ausschluss der Sachmängelhaftung enthaltenden – Kaufvertrag lösen können.
Bei der Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 BGB steht nämlich nicht in Frage, ob
der bedingt Verpflichtete sich einer vertraglichen Verpflichtung entzogen hat;
entscheidend ist vielmehr nur, ob er wider Treu und Glauben den Eintritt des
zur Bedingung erhobenen Ereignisses verhindert hat (RGZ 79, 96, 97 f.). Bei
dieser Beurteilung ist zwar auch das Interesse der Gegenseite an der Durch-
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führung des Vertrages zu berücksichtigen. Führt die Würdigung aber, wie hier,
zu dem Ergebnis, dass der den Bedingungseintritt beeinflussenden Partei nicht
zuzumuten war, ihre Handlung zu unterlassen, muss die Gegenseite die damit
verbundene Rechtsfolge – den Wegfall der durch das bedingte Rechtsgeschäft
begründeten Bindungen – hinnehmen.
Das gilt auch dann, wenn die Einwirkung auf den Bedingungseintritt in
der Absicht erfolgte, das Wirksamwerden des Vertrages zu vereiteln. Da § 162
BGB den regelwidrigen Eingriff in den Geschehensablauf, nicht aber die innere
Einstellung des Handelnden sanktioniert (vgl. MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, aaO, § 162 Rdn. 11), begründet allein der Umstand, dass der Bedingungseintritt gezielt vereitelt wurde, nicht den Vorwurf der Treuwidrigkeit. Die
subjektive Einstellung des Handelnden ist vielmehr im Rahmen der Gesamtwertung zu berücksichtigten. Folglich kann sich im Einzelfall sowohl fahrlässiges Handeln als treuwidrig als auch – wie hier – absichtliches Handeln als
nicht treuwidrig darstellen (vgl. Soergel/M.Wolf, BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 8).
III.
Die Anschlussrevision ist zulässig (§ 554 ZPO), aber unbegründet. Das
Berufungsgericht hat die von den Klägern beantragte Feststellung, den Beklagten stünde kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gründung der Hotelbetriebsgesellschaft in Höhe von 27.000 € zu, rechtsfehlerfrei auch im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB a.F.
geprüft. Das folgt bereits daraus, dass die Beklagten sich - entgegen der Darstellung der Anschlussrevision - ausweislich des Schreibens ihres erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 12. November 2002 ausdrücklich eines
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Schadenersatzanspruchs aus § 463 BGB a.F. berühmt haben, ein diesbezügliches Feststellungsinteresse der Kläger also nicht zweifelhaft sein kann.
Aber auch dann, wenn sich die Beklagten stets nur eines Anspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluss berühmt hätten, war das Berufungsgericht nicht gehindert, § 463 BGB a.F. als Anspruchsgrundlage zu erwägen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision betrifft diese Vorschrift nicht einen von dem Antrag der Kläger nicht erfassten Streitgegenstand. Die dazu angestellte Überlegung, bei einer auf § 463 BGB a.F. gestützten Erstattung der
27.000 € handele es sich einen anderen Streitgegenstand als die Geltendmachung desselben Betrags unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss, weil das eine Mal der Ersatz des positiven, das andere Mal der
Ersatz des negativen Interesses in Rede stehe, gehen fehl. Wäre eine Klage
der Beklagten auf Erstattung der für die Gründung der Betriebsgesellschaft
aufgewendeten 27.000 € rechtskräftig abgewiesen worden, stünde damit fest,
dass sie diese Rechtsfolge aus dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt
nicht herleiten können, und zwar unabhängig davon, auf welche Anspruchsgrundlage die Klage gestützt war und welche Anspruchsgrundlagen das Gericht erkannt und geprüft hat (vgl. BGHZ 157, 47, 53; Senat, Urt. v. 17. März
1995, V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, 1758). Ob die in Betracht kommenden
Anspruchsgrundlagen auf Ersatz des positiven oder des negativen Interesses
gerichtet sind, ist ebenfalls unerheblich. Entsprechendes gilt für das Gegenteil
eines die Klage auf Erstattung der 27.000 € abweisenden Urteils (vgl. Senat,
Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, aaO), also für das das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs feststellende Berufungsurteil.
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Etwas anderes folgt nicht aus dem von der Anschlussrevision zitierten
Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem es an einer Stelle heißt, ein derartiger,
auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch sei nicht Streitgegenstand der Klage (BGH, Urt. v. 5. November 2002, X ZR 232/00, WM
2003, 1379, 1380 r.Sp.). Im dortigen Verfahren war nämlich kein Schaden geltend gemacht worden, der sowohl unter dem Aspekt des positiven als auch des
negativen Interesses ersetzt verlangt werden konnte; vielmehr war entgangener Gewinn (positives Interesse) beansprucht worden, obwohl nur ein Anspruch auf Ersatz – nicht eingeklagter – nutzloser Aufwendungen (negatives
Interesse) bestand.
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IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Lemke
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Czub