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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 105/04
Verkündet am:
25. Februar 2005
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InVorG § 21b Abs. 1
Die Rückübertragung eines Grundstücks auf einen berechtigten Anmelder gemäß
§ 21b Abs. 1 InVorG führt in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2
VermG zu einem Anspruch auf Herausgabe der von dem Verfügungsberechtigten
seit dem 1. Juli 1994 gezogenen Nutzungen des Grundstücks.
Der Anspruch entsteht mit der bestandskräftigen Feststellung der Berechtigung des
Anmelders in dem Verfahren nach dem Vermögensgesetz.
BGH, Urt. v. 25. Februar 2005 - V ZR 105/04 - Kammergericht
LG Berlin
-2-
-3-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Februar 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Lemke und die Richterin
Dr. Stresemann
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. April 2004 wird auf Kosten der
Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Nutzungen eines Grundstücks im früheren
Ostteil von B.
.
Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück wurde 1934 für A.
K.
ersteigert. A.
K.
Grundstück im Oktober 1936 an P.
war jüdischer Herkunft. Er veräußerte das
H.
. 1985 wurde es in Volkseigen-
tum überführt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands erhielt es die Beklagte zugeordnet. Sie nutzte das Haus durch Vermietung bzw. Verpachtung.
Die Klägerin meldete als Berechtigte nach A.
K.
ansprüche an. Entsprechend verfuhren die Erben nach P.
RückübertragungsH.
. Mit Be-
scheid vom 6. Oktober 1998 verfügte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen die Rückübertragung des Grundstücks an die Klägerin.
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Auf Antrag der Beklagten erließ die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von B.
am 17. Januar 2000 einen Bescheid, durch den das Grund-
stück gemäß § 21b InVorG zu jeweils hälftigem Miteigentum auf die Klägerin
und die Erben nach P.
H.
übertragen wurde. Der Bescheid wurde am
4. Februar 2000 vollziehbar. Die Beklagte übergab das Grundstück am 8. März
2000. Am 20. Juli 2001 wurde der Bescheid vom 6. Oktober 1998 bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2001 verlangte die Klägerin Abrechnung der Erträge und Aufwendungen der Beklagten gemäß § 7 Abs. 7 VermG.
Mit der Klage hat sie im Wege der Stufenklage Auskunft über die von der Beklagten zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 8. März 2000 aufgrund der Vermietung bzw. Verpachtung des Hauses gezogenen und ausstehenden Entgelte
und deren Auskehrung bzw. die Abtretung offener Entgeltforderungen beantragt. Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren stattgegeben. Die Berufung
der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung des Auskunftsanspruchs.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Beklagte sei der Klägerin in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG zahlungs- bzw. abtretungs-
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pflichtig. Da die Klägerin die zur genauen Darlegung ihrer Ansprüche notwendige Kenntnis nicht habe und die Beklagte hierüber ohne weiteres Auskunft
erteilen könne, sei sie zu der verlangten Auskunft verpflichtet. Zwar sei das
(Mit)Eigentum an dem Grundstück der Klägerin nicht durch einen Rückübertragungsbescheid nach § 3 VermG, sondern durch einen Bescheid nach § 21b
InVorG übertragen worden. Eine Übertragung nach dieser Bestimmung sei jedoch zumindest dann, wenn der Übertragungsempfänger restitutionsberechtigt
sei, einer Rückübertragung nach § 3 VermG gleichzusetzen. Der Anspruch auf
Herausgabe der Entgelte sei von der Klägerin rechtzeitig im Sinne von § 7
Abs. 8 Satz 2 VermG geltend gemacht worden. Für den Fristbeginn komme es
nicht auf die Bestandskraft des Bescheids nach dem Investitionsvorranggesetz,
sondern auf die Bestandskraft des Bescheids vom 6. Oktober 1998 an.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
II.
Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Herausgabe der
von der Beklagten zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 8. März 2000 durch die
Vermietung bzw. Verpachtung des Hauses begründeten Entgelte. Da die Entgelte der Klägerin im Gegensatz zu der Beklagten nicht bekannt sind, kann sie
von der Beklagten gem. § 242 BGB Auskunft verlangen.
Der Herausgabeanspruch der Klägerin folgt aus der entsprechenden
Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG. Der Anspruch ist gem. § 7 Abs. 7
Satz 3 VermG mit der Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids vom
6. Oktober 1998 entstanden. Daß der Klägerin an dem Grundstück schon zuvor
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Miteigentum übertragen worden ist, läßt die Verpflichtung der Beklagten nicht
entfallen. Durch das Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 2001 ist die in
§ 7 Abs. 8 VermG bestimmte Frist gewahrt.
1. Nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG kann der Berechtigte, auf den ein
Grundstück restituiert worden ist, von dem Verfügungsberechtigten die Erstattung der seit dem 1. Juli 1994 von dem Verfügungsberechtigten aus der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks erhaltenen Entgelte verlangen.
Eine entsprechende Regelung enthält § 21b InVorG nicht. Insoweit besteht eine planwidrige Lücke, weil die vereinfachte Rückübertragung den Berechtigten
hinsichtlich der Entgelte nicht anders stellen wollte als die Rückübertragung
nach dem Vermögensgesetz. Die Lücke ist durch entsprechende Anwendung
von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG zu schließen, soweit die Restitution nach § 21b
InVorG durch Übertragung des Eigentums auf den Berechtigten erfolgt.
a) Ziel des Vermögensgesetzes ist es, rechtsstaatswidrig entzogenes
Vermögen dem Berechtigten zurückzugewähren. Die Rückgewähr geschieht
gem. § 3 Abs. 1 VermG durch Rückübertragung. Das Ziel des Vermögensgesetzes entspricht in vollem Umfang dem Ziel von § 21b InVorG, soweit die
Rückübertragung nach dieser Vorschrift auf einen Berechtigten erfolgt. Ein Unterschied besteht allein in dem von der Behörde einzuhaltenden Verfahren. Im
Gegensatz zur Rückübertragung nach § 3 Abs. 1 VermG setzt die Rückübertragung nach § 21b Abs. 1 die Prüfung der Berechtigung des angemeldeten
Anspruchs nicht voraus. Insoweit ist das Verfahren nach § 21b InVorG vereinfacht, wie die amtliche Überschrift der Vorschrift zum Ausdruck bringt. Eine Investitionsabsicht des Anmelders ist nicht Voraussetzung des vereinfachten
Verfahrens. Die Rückübertragung erfolgt nach § 21b Abs. 1 InVorG vielmehr
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"durch einen Investitionsvorrangbescheid, der eine Verpflichtung zu Investitionen nicht enthält".
b) Die Restitution nach dem Vermögensgesetz wirkt nicht zurück. Die bis
zur Übertragung des Eigentums aus der Nutzung des restituierten Grundstücks
gezogenen Entgelte stehen daher gem. § 7 Abs. 7 Satz 1 VermG grundsätzlich
dem Verfügungsberechtigen zu. Dieser Grundsatz ist durch das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz vom 27. September 1994 durchbrochen
worden. Nach der durch dieses Gesetz vorgenommenen Ergänzung des Vermögensgesetzes um § 7 Abs. 7 Satz 2 ff stehen die Entgelte ab dem 1. Juli
1994 nunmehr dem Berechtigten zu. Hierdurch sollte einem Mißstand abgeholfen werden, der sich ausgebreitet hatte. Das Restitutionsverfahren war nämlich
durch den Verfügungsberechtigten vielfach verzögert worden, um länger in den
Genuß der Einnahmen aus der Vermietung des zurückzuübertragenden Grundstücks zu kommen. Die oft erheblichen Mieteinnahmen wurden nicht für notwendige Erhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden, sondern für andere, eigene
Zwecke verwendet. Dem hat § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG abgeholfen (Senat,
BGHZ 141, 231, 235).
c) Dem Mißstand wird durch die eingeschränkte Prüfung im Verfahren
nach § 21b InVorG nicht begegnet. Auch das Verfahren der "vereinfachten
Rückübertragung" kann sich im Einzelfall über einen längeren Zeitraum hinziehen (BT-Drucks. 14/7228, S. 20). Die Gefahr mißbräuchlicher Gestaltungsmöglichkeiten, die eröffnet wären, wenn das Verfahren nach § 21b InVorG Ansprüche nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG ausschlösse, wäre für den Berechtigten sogar noch vergrößert. Für den Verfügungsberechtigten würde erheblicher Anreiz
geschaffen, das Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz zu verzö-
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gern und zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich ein Verfahren nach § 21b InVorG einzuleiten, um sich so von der Verpflichtung zur Auskehr der Mieteinnahmen zu befreien (vgl. die schriftliche Äußerung des Sachverständigen Krüger in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zum Entwurf des
Zweiten Vermögensrechtsergänzungsgesetzes in der Sitzung vom 17. April
2002, Protokoll 14/123 S. 84 f).
Dem kann der Berechtigte nicht mit Erfolg dadurch entgegenwirken, daß
er sich weigert, das Grundstück zu übernehmen, wie es § 21b Abs. 3 Satz 4
InVorG ermöglicht. Macht der Berechtigte von dieser Möglichkeit Gebrauch,
läuft er Gefahr, daß das Grundstück einem anderen Anmelder übertragen wird
und ihm endgültig verloren geht. Das ist kein Ausweg. Die Lücke der Regelung
des Investitionsvorranggesetzes ist vielmehr durch die entsprechende Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG auf die Rückübertragung nach
§ 21b Abs. 1 InVorG zu schließen.
d) Das Ergebnis wird durch den Regierungsentwurf des Zweiten Vermögensrechtsergänzungsgesetzes vom 17. August 2001 entgegen der Annahme
der Revision bestätigt. Der Entwurf sah nämlich die entsprechende Anwendung
des Vermögensgesetzes auf die Rückübertragung nach § 21b Abs. 1 InVorG
vor. § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG sollte nach dem Vorschlag der Bundesregierung
den Wortlaut erhalten: "Der Herausgabenanspruch nach Satz 2 entsteht mit
Bestandskraft des Bescheids über die Rückübertragung des Eigentums oder,
wenn der Berechtigte das Eigentum an dem Vermögenswert aufgrund eines
Bescheids nach §§ 21 oder 21b des Investitionsvorranggesetzes erworben hat,
mit der Bestandskraft des Bescheids über die Feststellung der Berechtigung."
Damit sollte "klargestellt" (BR-Drucks. 641/01, S. 12 der Gesetzesvorlage) werden, daß der Herausgabeanspruch aus § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG auch dann
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besteht, wenn der Berechtigte das Eigentum an dem Vermögenswert aufgrund
eines Bescheides nach § 21b InVorG erworben hat, und zwar mit Bestandskraft
des Bescheids über die Feststellung der Berechtigung (BR-Drucks. 641/01,
S. 2 der Gesetzesvorlage). Die Begründung des Gesetzentwurfs führt hierzu
aus, die Rückübertragung durch einen Investitionsvorrangbescheid mit anschließender Berechtigungsfeststellung könne nicht anders behandelt werden
als die Restitution nach dem Vermögensgesetz (BR-Drucks. 641/01, S. 12 der
Gesetzesvorlage).
Dem ist der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 27. September
2001 zwar entgegen getreten (BR-Drucks. 641/01, S. 6). Der ablehnenden Auffassung des Bundesrats kann aber nicht entnommen werden, daß bei einem
Eigentumsübergang nach § 21b InVorG kein Anspruch auf Nutzungsherausgabe besteht. Die Beklagte verkennt, daß die Stellungnahme des Bundesrats zu
dem Entwurf des Zweiten Vermögensrechtsergänzungsgesetzes keine Rückschlüsse auf das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz und das
Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz erlaubt, und übersieht, daß die
Bundesregierung ungeachtet der Ablehnung des Bundesrats ihren Gesetzentwurf weiter verfolgt und diesen ergänzt um eine Gegenäußerung am
24. Oktober 2001 in den Bundestag eingebracht hat (BT-Drucks. 14/7228). Der
Bundestag hat die Einwände des Bundesrats nicht geteilt. Das Gesetz wurde
entsprechend dem Vorschlag der Bundesregierung vom Bundestag am
26. April 2002 beschlossen. Letztlich verblieb es jedoch bei den divergierenden
Meinungsäußerungen beider Gesetzgebungsorgane, da der Bundesrat am
31. Mai 2002 den Vermittlungsausschuß anrief (BR-Drucks. 362/02) und der
Gesetzentwurf mit Ablauf der 14. Legislaturperiode des Bundestags der Diskontinuität anheim fiel.
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e) § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG kann ebenfalls nichts Gegenteiliges entnommen werden. Die Anknüpfung der Anspruchsentstehung an die Rückübertragung in § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG ergibt sich daraus, daß die Eigentumsübertragung und die Feststellung der Berechtigung durch einen Bescheid nach § 3
Abs. 1 VermG gleichzeitig erfolgen. Das führt nicht dazu, daß bei einem Auseinanderfallen von Rückübertragung und Feststellung der Berechtigung des Anmelders die Verpflichtung zur Nutzungserstattung zu entfallen hätte.
Die Gleichzeitigkeit von Rückübertragung und Feststellung der Berechtigung sind für die Frage der Entstehung des Anspruchs auf Nutzungserstattung
vielmehr
Voraussetzungen
ohne
Bedeutung.
eingetreten
Entscheidend
sind.
So
verhält
ist
es
allein,
sich
daß
hier.
beide
Die
Rückübertragung durch den Bescheid vom 17. Januar 2000 führte nicht zur
Feststellung der Berechtigung der Klägerin. Dies geschah erst durch den
Eintritt der Bestandskraft des Bescheids vom 6. Oktober 1998 am 20. Juli 2001.
2. Auch die in § 7 Abs. 8 Satz 2 VermG genannte weitere Voraussetzung, wonach der Herausgabeanspruch binnen eines Jahres seit dem Eintritt
der Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids schriftlich geltend gemacht
werden muß, ist erfüllt. Der Herausgabeanspruch in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG entsteht wie der Anspruch in unmittelbarer
Anwendung der Vorschrift gem. § 7 Abs. 2 Satz 3 VermG mit dem Eintritt der
Bestandskraft des Restitutionsbescheids. Das war hier am 20. Juli 2001. Durch
das Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 2001 ist er rechtzeitig geltend
gemacht worden.
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3. Die Einrede der Verjährung, die die Beklagte in den Tatsacheninstanzen noch erhoben hatte, ist, wie das Berufungsgericht mit zutreffender Begründung festgestellt hat, unbegründet und wird von der Revision auch nicht weiter
verfolgt.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel
Krüger
Lemke
Klein
Stresemann