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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 105/03
Verkündet am:
2. April 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
DDR-KommVerf § 44 Abs. 6
Der Umstand allein, daß eine Gemeinde durch einen Vertrag eine Verpflichtung eingeht, die teilweise oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu erfüllen ist, führt
nicht zur Genehmigungsbedürftigkeit nach § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf. Dasselbe
gilt für eine Stundung, die dem Zweck dient, die Zug-um-Zug-Abwicklung der gegenseitigen Pflichten eines Grundstückskaufvertrages sicher zu stellen.
BGB § 271 Abs. 1
Eine Stundungsabrede liegt nicht vor, wenn die Vertragsparteien den Zahlungszeitpunkt so festlegen, daß eine Zug-um-Zug-Abwicklung der beiderseitigen Pflichten
gewährleistet ist.
BGH, Urt. v. 2. April 2004 - V ZR 105/03 - KG Berlin
LG Berlin
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats
des Kammergerichts in Berlin vom 17. Februar 2003 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 9
des Landgerichts Berlin vom 5. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 24. Juni 1993 kaufte die Beklagte von der
Namensvorgängerin der Klägerin mehrere Grundstücke zu einem Kaufpreis
von 492.752 DM. Besitz, Nutzen und Lasten gingen mit Vertragsschluß auf die
Beklagte über. Der Kaufpreis sollte binnen zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Notars gezahlt werden, daß eine Auflassungsvormerkung eingetra-
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gen sei und die Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung vorlägen.
Bis zur Fälligkeit war der Kaufpreis mit 8 % zu verzinsen.
Die Beklagte verpflichtete sich, auf den Kaufgrundstücken durch eine
Wohnbebauung insgesamt 5.386.210 DM zu investieren. Diese Zusage ist
durch eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 % der nicht aufgewendeten Investitionssumme gesichert.
Mit Schreiben vom 8. Juni 1995 teilte der Notar mit, daß die Fälligkeitsvoraussetzungen gegeben seien. Die Beklagte zahlte Anfang 1996 lediglich
einen Teilbetrag von 29.000 DM und blieb den Restkaufpreis ebenso schuldig
wie die versprochenen Investitionen.
Die Klägerin verlangt im Wege der Teilklage 200.000 DM nebst Zinsen
als Kaufpreis und 100.000 DM nebst Zinsen als Vertragsstrafe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Kammergericht hat sie abgewiesen. Mit
der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält den notariellen Kaufvertrag, auf den die Klage
gestützt wird, für schwebend unwirksam, da es an der erforderlichen Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde fehle. Der Vertrag sei nach § 44 Abs. 6
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DDR-KommVerf genehmigungsbedürftig, da er wirtschaftlich der Eingehung
einer Kreditverpflichtung gleichkomme. Das zeige sich daran, daß der Beklagten der Kaufpreis über einen längeren Zeitraum gestundet worden sei. Sie habe daher im laufenden Haushaltsjahr eine Leistung erhalten, während sie die
von ihr geschuldete Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt habe erbringen
müssen. Darin liege eine Kreditierung.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt der Kaufvertrag der
Parteien nicht dem Genehmigungserfordernis des § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus und sieht den Zweck des Genehmigungserfordernisses darin, die Gemeinde vor der Eingehung einer langfristigen Leistungsverpflichtung mit erheblichen Belastungen für künftige Haushaltsjahre zu
schützen (vgl. auch Schneider/Dreßler/Lüll, Hess. Gemeindeordnung, Stand:
Dezember 2003, § 103 Anm. 15; Grundlach, LKV 2001, 203, 205, für § 100
Abs. 5
SachsAnhGO). Daraus darf indes, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts, nicht gefolgert werden, daß jede Verpflichtung, die eine Gemeinde zur
Erlangung einer Leistung im laufenden Haushaltsjahr eingeht und die teilweise
oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu erfüllen ist, einer genehmigungsbedürftigen Kreditverpflichtung gleichkommt. Dies kann so sein (wie
Grundlach aaO zutreffend anmerkt), muß aber nicht so sein. Das zeigt schon,
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daß Gemeinden Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten späterer Haushaltsjahre im Haushalt veranschlagen können, die die Grundlage für die Eingehung
von Verpflichtungen bieten, die nicht in demselben Haushaltsjahr zu erfüllen
sind (§ 43 DDR-KommVerf). Solche Fälle werden von § 44 Abs. 6 DDRKommVerf nicht generell erfaßt. Entscheidend ist vielmehr die vertragliche Gestaltung im Einzelfall.
2. Nicht tragfähig ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe der Beklagten den Kaufpreis gestundet und ihr damit einen Kredit
gewährt. Auch insoweit gilt, daß die Vereinbarung einer Stundung geschuldeter
Beträge, etwa aus Kaufverträgen, wie auch die Vereinbarung von Ratenzahlungen den Tatbestand eines einer Kreditaufnahme gleichkommenden Rechtsgeschäfts erfüllen kann. Entscheidend sind jedoch die Umstände des Einzelfalls (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden Württemberg, Stand:
Januar 1987, § 87 Rdn. 80). Danach fehlt es hier an den für eine Kreditierung
charakteristischen Merkmalen.
a) Unzutreffend ist schon, daß die Zahlungsvereinbarung in dem Kaufvertrag eine Stundung des Kaufpreises, also ein Hinausschieben der Fälligkeit
(BGH, Beschl. v. 25. März 1998, VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061
m.w.N.), zum Inhalt hat. Das Berufungsgericht schließt dies aus dem Umstand,
daß die Fälligkeit abweichend von § 271 Abs. 1 BGB nicht sofort, d.h. mit Vertragsschluß, sondern nach Vorliegen bestimmter zur Umschreibung des Eigentums erforderlicher Voraussetzungen eintreten sollte. Dies verkennt jedoch den
Regelungsgehalt des § 271 BGB. Die Norm enthält subsidiäre Regelungen. Sie
greift nur ein, wenn eine Leistungszeit nicht in anderer Weise bestimmt ist
(MünchKomm-BGB/Krüger, 4. Aufl., Band 2 a, § 271 Rdn. 5, 31). Hier haben
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die Parteien eine Fälligkeitsbestimmung vorgenommen. Sie schiebt den Leistungszeitpunkt nicht hinaus, sondern regelt ihn.
Zwar kann eine Stundungsabrede auch sogleich bei Vertragsschluß getroffen werden (Esser/Schmidt, Schuldrecht Band 1, Teilband 1, 8. Aufl.,
§ 15 II 2). Sie muß aber ein Hinausschieben der Fälligkeit über den nach dem
Vertrag an sich naheliegenden und üblichen Zeitpunkt hinaus zum Inhalt haben, etwa wenn die Vertragsparteien die Fälligkeit abweichend von dem
Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung regeln (vgl. MünchKomm-BGB/Krüger,
§ 271 Rdn. 21). Das ist hier gerade nicht der Fall. Vielmehr dient die Bestimmung des Zahlungszeitpunkts der Abwicklung der beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Grundstückskaufvertrag, dessen Besonderheit darin besteht,
daß die Erfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht regelmäßig nicht sogleich
möglich ist, sondern, schon wegen der notwendigen Mitwirkung des Grundbuchamts, Zeit benötigt.
b) Selbst wenn man aber von einer Stundungsabrede ausgeht, liegt darin keine Kreditierung des Kaufpreises, die die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag, wirtschaftlich betrachtet, in die Nähe einer Kreditverpflichtung rücken.
Dagegen spricht zum einen der Zweck der Fälligkeitsbestimmung, die
Zug-um-Zug-Abwicklung der gegenseitigen Verpflichtungen den Eigentümlichkeiten eines Grundstückskaufvertrages anzupassen und den beiderseitigen
Risiken Rechnung zu tragen. Sie weicht inhaltlich im Ergebnis nicht wesentlich
von dem ab, was auch bei sofortiger Fälligkeit des Kaufpreises, dann aufgrund
von § 320 Abs. 1 BGB, gelten würde. Die Beklagte könnte die Zahlung bis zur
Eigentumsübertragung verweigern. Das Bestehen der Einrede hinderte den
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Verzugseintritt (MünchKomm-BGB/Emmerich, § 320 Rdn. 46 m.w.N.). Zinsen
sind weder nach §§ 291, 641 BGB (vgl. BGHZ 55, 198; 61, 42, 46) noch nach
§ 353 HGB geschuldet (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 320 Rdn. 12). Die
Beklagte hat daher durch die Vertragsgestaltung keine Kreditmittel erhalten,
die ihr anderenfalls nicht zugestanden hätten. Zudem blieb die Beklagte nach
der gewählten Vertragsgestaltung ohnehin noch vorleistungspflichtig, da die
Auflassung erst nach nachgewiesener Zahlung vorzunehmen war.
3. Einen kreditähnlichen Charakter hat auch nicht die Vereinbarung über
den vorgezogenen Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten. Darin liegt zwar
an sich eine Vorleistung der Klägerin, für die als Gegenleistung und als Ausgleich für die der Beklagten schon überlassenen Nutzungsmöglichkeit eine
Verzinsung - Nutzungszins (vgl. Senat, Urt. v. 26. Mai 2000, V ZR 49/99,
NJW-RR 2001, 195) - vereinbart war. Obwohl diese Gegenleistung erst zusammen mit dem Kaufpreis, also erhebliche Zeit nach dem Übergang von Besitz und Nutzen, zu erbringen war, liegt darin keine Kreditierung des Nutzungszinses. Dies belegt ein Vergleich mit der gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit des Mietzinses. Sowohl nach der im vorliegenden Fall noch geltenden
(Art. 229 § 3 Nr. 7 EGBGB) Regelung in § 551 Abs. 1 BGB a.F. wie auch nach
der Neuregelung des § 579 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Miete für ein Grundstück,
wenn nicht Zeitabschnitte vereinbart sind, am Ende der Mietzeit zu entrichten.
Wenn die Parteien die Fälligkeit des Nutzungszinses, der wirtschaftlich einem
Mietzins gleicht, in ähnlicher Weise, nämlich auf das Ende der Nutzungszeit,
die nicht durch den Kaufpreis abgedeckt ist, gelegt haben, so haben sie damit
eine dem Gesetz entsprechende Fälligkeitsbestimmung vorgenommen. Eine
Kreditierung des Nutzungsentgelts kann darin nicht erblickt werden.
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Soweit die Revisionserwiderung die Zinsvereinbarung als Hinweis für
ein kreditähnliches Geschäft wertet (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz aaO, § 87
Rdn. 77), verkennt sie, daß die Zinsen nicht die Gegenleistung für eine vom
dispositiven Recht abweichende Stundung darstellen (was für ein Kreditgeschäft sprechen könnte), sondern ein Entgelt für die gewährte Nutzungsmöglichkeit sind.
4. Daß die mit dem Kaufvertrag übernommenen Investitionsverpflichtungen möglicherweise die Leistungsfähigkeit der Beklagten überschreiten, führt
entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht zur Genehmigungsbedürftigkeit nach § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf. Die Norm schützt die Gemeinden nicht generell vor der Eingehung von Geschäften, die sie finanziell überfordern. Sie schützt sie nur vor einer unüberlegten Kreditaufnahme und vor
dem Abschluß kreditähnlicher Verträge. Bei großen Investitionen sind sie allein
durch das Haushaltsrecht, insbesondere durch die Bestimmungen über die
Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen gebunden. Genehmigungserfordernisse für vertragliche Bindungen bestehen indes nicht. Auch der
Umstand, daß die Beklagte zur Erfüllung der in dem Vertrag übernommenen
Verpflichtungen möglicherweise einen Kredit aufnehmen muß, macht das
Rechtsgeschäft selbst, wie das Berufungsgericht auch nicht verkannt hat, nicht
zu einem kreditähnlichen und damit genehmigungsbedürftigen Geschäft. Die
Genehmigungserfordernisse in den Gemeindeordnungen der Länder sind auf
bestimmte, im einzelnen festgelegte Geschäfte begrenzt. Sie stellen einen besonders starken Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar (BGH, Urt. v.
10. Juni 1999, IX ZR 409/97, NJW 1999, 3335, 3336). Sie bedürfen deswegen
und wegen ihrer Auswirkungen auf das Privatrecht, die Belange des Verkehrsschutzes und der Rechtssicherheit berühren, einer Rechtsgrundlage, aus der
die Fälle der Genehmigungsbedürftigkeit deutlich erkennbar sind (BGH aaO,
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3337). Damit ist ein Genehmigungserfordernis, das darauf abstellt, ob die Gemeinde im konkreten Fall zur Erfüllung der eingegangenen Vertragspflichten
einen Kredit aufnehmen muß, nicht vereinbar (zutreffend OLG Thüringen,
OLGR 2001, 539; aA, ohne Begründung, OLG Rostock, NJW-RR 1994, 661,
662). Denn es müßte in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die jeweilige Haushaltslage die Erfüllung des Vertrages erlaubt oder die nachträgliche - selbst
auch genehmigungspflichtige - Kreditaufnahme erfordert. Für den Vertragspartner läge darin eine Ungewißheit, die verläßliche Planungen ausschließt
und ihm nicht zugemutet werden kann. Entscheidend kann daher nur der Charakter des Rechtsgeschäfts selbst sein, nicht die Frage nach der Notwendigkeit
einer Finanzierung im Einzelfall.
5. Die Berechtigung der geltend gemachten Forderungen selbst, einen
wirksamen Vertrag vorausgesetzt, stellt die Revisionserwiderung nicht in Frage. Rechtsfehler sind in dem zusprechenden Urteil des Landgerichts, das sich
bezüglich der Ausführungen zur Vertragsstrafe auf dem Boden der Senatsrechtsprechung (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600) bewegt,
insoweit auch nicht ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel
Krüger
Gaier
Klein
Stresemann