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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 10/01
vom
23. August 2001
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHR
ja
BGHZ:
ja
WEG §§ 23 Abs. 1, 23 Abs. 4 Satz 1, 24 Abs. 6 Satz 1; ZPO § 265
a) Die Veräußerung des Wohnungseigentums während eines rechtshängigen Wohnungseigentumsverfahrens
läßt
die
Verfahrensführungsbefugnis
des
Veräußerers unberührt. Einer formellen Beteiligung des Erwerbers durch das Gericht bedarf es nicht.
b) Der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung kommt grundsätzlich konstitutive
Bedeutung zu. Es handelt sich im Regelfall um eine Voraussetzung für das
rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses.
c) Die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrages
durch die Wohnungseigentümer hat Beschlußqualität. Ein solcher Negativbeschluß ist kein Nichtbeschluß.
BGH, Beschluß vom 23. August 2001 - V ZB 10/01 - OLG Köln
LG Aachen
AG Eschweiler
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. August 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragsgegner werden die Beschlüsse
des Amtsgerichts Eschweiler vom 4. Februar 2000 und der
2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 30. November 2000
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der zu Tagesordnungspunkt 13 gefaßte Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997
für ungültig erklärt worden ist.
Der Antrag, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären,
wird abgewiesen.
Von den Gerichtskosten der ersten Instanz tragen die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3. Die Gerichtskosten der Beschwerdeinstanz werden den Antragstellern zu 17/20 und den
Antragsgegnern zu 3/20 auferlegt. Die Gerichtskosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird für die erste Instanz, unter Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluß, auf
60.782,53 DM und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf
35.000 DM festgesetzt.
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Gründe:
I.
Die Antragsteller waren Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Sie haben, wie auch die Beteiligten zu 2, im Laufe des vorliegenden Verfahrens ihre Miteigentumsanteile veräußert.
Am 9. Juli 1996 stimmte die Wohnungseigentümerversammlung zu Tagesordnungspunkt 8 über die von den Antragstellern eingebrachten Beschlußanträge zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen Baumängeln am Gemeinschaftseigentum ab. In der vom damaligen Verwalter erstellten Versammlungsniederschrift ist als Abstimmungsergebnis zu dem als
"Hilfsantrag" bezeichneten Antrag, Wohnungseigentümer, die bestimmte Mängel am Gemeinschaftseigentum als vorhanden ansähen und hiervon betroffen
seien, sollten den Bauträger auf eigene Kosten in Anspruch nehmen, "85/430
Ja-Stimmen und 245/430 (richtig: 345/430) Enthaltungen" sowie die weitere
Feststellung vermerkt: "Über den Hilfsantrag konnte kein gültiger Beschluß
gefaßt werden".
Die Antragsteller beantragten daraufhin beim zuständigen Amtsgericht
die Feststellung, daß ihr Hilfsantrag von der Eigentümerversammlung angenommen worden sei, sowie hilfsweise die Aufhebung des Beschlusses der Eigentümerversammlung und ihre Ermächtigung zur Geltendmachung von Minderungsansprüchen gegenüber dem Bauträger. Im April 1997 erklärten die Antragsteller diesen Antrag für erledigt, worauf das Amtsgericht durch rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 28. August 1998 die Erledigung der Hauptsache
feststellte.
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Am 21. August 1997 beschloß die Versammlung der Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt 13 gegen die Stimmen der Antragsteller:
"Niemand soll ... ermächtigt werden, eventuelle Mängel des Gemeinschaftseigentums alleine und im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Eigentümergemeinschaft beabsichtigt auch zum jetzigen Zeitpunkt
nicht, ein Wahlrecht hinsichtlich event. in Betracht kommender Gewährleistungsansprüche auszuüben (Nachbesserung und Mängelbeseitigung, Minderung oder Schadenersatz)... Auf dieser Grundlage stellt die
Gemeinschaft nochmals klar, daß in der Versammlung vom 9. Juli 1996
zu dem insoweitigen Hilfsantrag der Eheleute M. (scil. der Antragsteller)
kein Beschluß gefaßt worden ist."
Das Amtsgericht hat unter anderem diesen Beschluß antragsgemäß für
ungültig erklärt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Köln möchte die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde zurückweisen. Es sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Juni
1979 (OLGZ 1979, 296) und vom 28. Dezember 1989 (OLGZ 1990, 180) gehindert und hat deshalb die Sache mit Beschluß vom 16. Februar 2001 (ZMR
2001, 387 = ZWE 2001, 280) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
-5-
II.
Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2
FGG).
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, wegen des klaren positiven Abstimmungsergebnisses zum Beschlußantrag vom 9. Juli 1996 bestehe für die in
dem angefochtenen Beschluß enthaltene Klarstellung, daß seinerzeit kein Beschluß über den Hilfsantrag zustande gekommen sei, kein begründeter Anlaß.
Der fehlerhaften Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter komme keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Bedeutung
zu. Sie ändere nichts an der Annahme des Hilfsantrags, wie sich aus der im
Wege objektiver Auslegung anhand der Versammlungsniederschrift zu ermittelnden Stimmenmehrheit ergebe. Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Hamm in auf weitere Beschwerden ergangenen Entscheidungen (OLGZ
1979, 296 und OLGZ 1990, 180) die Auffassung, die Entscheidung des Versammlungsleiters, der die Annahme oder Ablehnung eines gestellten Antrags
verkündet habe, stelle die Beschlußfassung vorläufig verbindlich fest und könne nur in einem Beschlußanfechtungsverfahren nach § 23 Abs. 4 WEG beseitigt werden. Eine Ausnahme - auf die das Oberlandesgericht Hamm seine Entscheidungen allerdings nicht stützt - bestehe nur dann, wenn die Sachlage so
eindeutig sei, daß auch ohne Verkündung durch den Vorsitzenden eine eindeutig protokollarisch festgelegte Willensäußerung der Eigentümerversammlung vorliege. Die Divergenz beider Auffassungen rechtfertigt die Vorlage.
Hierbei ist der Senat an die Auffassung des vorlegenden Gerichts, es könne
ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden, bei Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage gebun-
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den (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 99, 90, 92; 109, 396, 398; 113, 374, 376; 116,
392, 394).
III.
Die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) ist zulässig
(§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG; §§ 27, 29 FGG) und hat in der Sache Erfolg. Soweit der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. August
1997 zu Tagesordnungspunkt 13 gefaßte Beschluß für ungültig erklärt wurde,
können die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht aufrecht erhalten bleiben.
1. Im Ergebnis zu Recht sind das Beschwerdegericht und das vorlegende Gericht davon ausgegangen, daß die Veräußerung des Wohnungseigentums nach Einleitung des Anfechtungsverfahrens weder die aktive noch die
passive Verfahrensführungsbefugnis entfallen läßt. Ob dies aus dem Fortbestehen der materiell-rechtlichen Sachlegitimation oder aus der entsprechenden
Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist, bedarf hierbei keiner Entscheidung.
a) Zu den Folgen eines Eigentümerwechsels während eines rechtshängigen Verfahrens kann weder dem Wohnungseigentumsgesetz noch dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 43 Abs. 1
WEG) eine ausdrückliche Regelung entnommen werden. Die Bestimmungen
der Zivilprozeßordnung sind jedoch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - soweit eine entsprechende Anwendung nicht ohnehin ausdrücklich vorgesehen ist - dann entsprechend heranzuziehen, wenn eine Regelungslücke
besteht, die eine Anwendung von Normen der Zivilprozeßordnung ungeachtet
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der Besonderheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gebietet (vgl. BGH, Beschl.
v. 14. Dezember 1989, IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795). Danach kommt
eine analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO in Betracht, wenn Wohnungseigentum während der Rechtshängigkeit eines Wohnungseigentumsverfahrens
veräußert wird (vgl. BayObLGZ 1983, 73, 76; BayObLG, WE 1995, 279, 280;
Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 113; Staudinger/Wenzel, BGB,
12. Aufl., vor § 43 WEG Rdn. 39; Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Aufl., Anh. § 43
Rdn. 8; Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., vor § 43 Rdn. 104).
b) Die für eine analoge Anwendung erforderliche Vergleichbarkeit des
zur Beurteilung stehenden Sachverhalts mit dem, den der Gesetzgeber geregelt hat (vgl. BGHZ 105, 140, 143), ist zu bejahen. § 265 Abs. 2 ZPO dient
- zumindest auch - der Prozeßökonomie (vgl. MünchKomm-ZPO/Lüke, 2. Aufl.,
§ 265 Rdn. 3; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 265 Rdn. 9; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 265 Rdn. 1), indem nach Veräußerung der im
Streit befangenen Sache der bisherige Rechtsstreit trotz Verlusts der Sachlegitimation fortgeführt werden kann, falls das abschließende Urteil nach § 325
ZPO auch gegen den Rechtsnachfolger wirkt. Der Veräußerer verliert seine
Stellung als Partei nicht und führt den Rechtsstreit als gesetzlicher Prozeßstandschafter im eigenen Namen für den Rechtsnachfolger weiter (vgl.
MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 69; Stein/Jonas/Schumann, aaO,
§ 265 Rdn. 39). Eine Erstreckung der Rechtskraft kennt nach § 45 Abs. 2
Satz 2 WEG auch das Wohnungseigentumsverfahren (vgl. Staudinger/Wenzel,
aaO, § 45 WEG Rdn. 59). Ist der Erwerber des Wohnungseigentums von dem
Verfahren materiell betroffen, so kann danach die materielle Rechtskraft der
richterlichen Entscheidung auch gegen ihn wirken (vgl. Staudinger/Wenzel,
aaO, § 45 WEG Rdn. 59; Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 37). Vergleichbar
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der Interessenlage im Zivilprozeß besteht ferner auch im Wohnungseigentumsverfahren ein Interesse aller Beteiligten an einer ökonomischen Verfahrensgestaltung. Der Gesetzgeber wäre daher bei einer Interessenabwägung,
bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei Erlaß
des § 265 Abs. 2 ZPO, auch für das Wohnungseigentumsverfahren zu dem
gleichen Abwägungsergebnis gekommen und hätte die Vorteile der durch § 45
Abs. 2 Satz 2 WEG eröffneten Rechtskrafterstreckung im Wege der Verfahrensstandschaft bei einem Eigentümerwechsel im Wohnungseigentumsverfahren ebenfalls genutzt.
c) Zur Begründung der fortbestehenden Verfahrensführungsbefugnis
bedarf es allerdings dann keiner entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2
ZPO, wenn der Verlust des Eigentums die Sachlegitimation und damit auch das
Rechtsschutzinteresse eines Beteiligten nicht entfallen läßt (Staudinger/Wenzel, aaO, vor § 43 WEG Rdn. 39, 64). Bleibt etwa der Antragsteller, wie im Regelfall, an den angefochtenen Eigentümerbeschluß gebunden, so ist er aus
materiell-rechtlichen Gründen anfechtungsbefugt und damit auch berechtigt,
das Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (weiter) zu betreiben (vgl. Suilmann, Das Beschlußmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, 1994
[künftig: Beschlußmängelverfahren], S. 148; a.A. Weitnauer/Hauger, aaO, § 43
Rdn. 39; Müller, Festschrift für Merle, 2000, S. 235, 241). Ob dies vorliegend
für die Antragsteller gilt, die sich etwa durch den angefochtenen Beschluß
weiterhin daran gehindert sehen können, ihre von der Veräußerung des Wohnungseigentums nicht berührten Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen, bedarf keiner Entscheidung.
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Wie die analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO zwingt nämlich auch
das unveränderte Anfechtungsrecht des Veräußerers das Gericht nicht zu einer förmlichen Beteiligung des Sondernachfolgers am Verfahren (a.A. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 148 f). Ist der Sondernachfolger von dem
Verfahren materiell nicht betroffen, erübrigt sich seine formelle Beteiligung
schon aus diesem Grund (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 43 Rdn. 118). Ist
der Sondernachfolger dagegen materiell betroffen, so erstreckt sich - wie ausgeführt - die materielle Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung nach § 45
Abs. 2 Satz 2 WEG auch auf ihn. Danach ist die entsprechende Anwendung
des § 265 Abs. 2 ZPO zwar nicht zur Begründung der Verfahrensführungsbefugnis des Veräußerers, wohl aber insoweit gerechtfertigt, als dort ein Fall der
gesetzlichen Prozeßstandschaft geregelt ist.
In Fällen, in denen sowohl der Veräußerer als auch sein Rechtsnachfolger materiell betroffen sind, hat dies zur Folge, daß der bisherige Wohnungseigentümer das Verfahren einerseits für sich selbst, zum anderen aber auch für
den Erwerber als dessen Verfahrensstandschafter führt. Diese Situation steht
der Vergleichbarkeit und damit der Heranziehung des § 265 Abs. 2 ZPO nicht
entgegen. Sie ist nämlich auch im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift möglich, wenn etwa die im Streit befangene Sache nur teilweise veräußert wird (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 266 Rdn. 3b für den vergleichbaren Fall
bei § 266 ZPO). Ebensowenig kann eingewandt werden, die materielle Rechtskraft nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG erstrecke sich nur auf die auch formell am
Verfahren Beteiligten (so Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 45 Rdn. 116; a.A.
Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 37; Niedenführ/Schulze, aaO, § 45
Rdn. 62) oder setze voraus, daß ihnen die Entscheidung förmlich zugestellt
wurde und sie Gelegenheit hatten, Rechtsmittel einzulegen (so Staudin-
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ger/Wenzel, aaO, § 45 Rdn. 59). Selbst wenn dies zutreffen sollte, wäre in
Fällen wie hier eine formelle Beteiligung des Sondernachfolgers oder eine Zustellung an ihn wegen der gesetzlichen Verfahrensstandschaft - selbst unter
dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. MünchKommZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 70) - nicht erforderlich. Dem Erwerber bleibt zudem auch im Wohnungseigentumsverfahren die Möglichkeit, dem Verfahren
als Nebenintervenient entsprechend §§ 66 ff ZPO beizutreten (vgl. Staudinger/Wenzel, aaO, vor §§ 43 ff WEG Rdn. 52).
d) Hiernach macht es für das weitere Verfahren im Regelfall keinen Unterschied, ob die Verfahrensführungsbefugnis nach einem Eigentümerwechsel
aus dem Fortbestehen materiell-rechtlicher Bindungen oder der entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist. Im vorliegenden Fall
bedarf diese Frage daher auch für die Antragsgegner, die ihr Wohnungseigentum veräußert haben, keiner Entscheidung.
2. Der Antrag auf Ungültigerklärung ist jedoch nicht zulässig. Den Antragstellern fehlt für die Anfechtung des (Zweit-)Beschlusses vom 21. August
1997 das Rechtsschutzinteresse; denn er ist inhaltsgleich zu der Willensbildung der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 9. Juli 1996 zum damaligen Tagesordnungspunkt 8, die entgegen der Ansicht der Vorinstanzen als
- inzwischen bestandskräftiger - (Erst-)Beschluß anzusehen ist.
3. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist der Hilfsantrag
der Antragsteller in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 1996 nicht angenommen, sondern abgelehnt worden. Allerdings kommt auch dieser Ablehnung
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eines Antrags Beschlußqualität zu, es handelt sich um einen Negativbeschluß
und nicht um einen "Nichtbeschluß".
a) Der unter anderem von dem vorlegenden Gericht vertretenen Ansicht,
maßgeblich für den Beschlußinhalt sei das tatsächliche (hier positive) Abstimmungsergebnis, während der Ergebnisfeststellung durch den Versammlungsleiter mangels gesetzlicher Regelung eine rechtliche Bedeutung nicht zukomme und daher nur deklaratorischen Charakter habe (ebenso BayObLGZ 1984,
213, 216; 1995, 407, 411; BayObLG, NZM 1998, 866, 867; 917, 918; 1999,
712; ZWE 2001, 267; ZMR 2001, 365; KG, OLGZ 1979, 28, 30; 1989, 423,
424; differenzierend dagegen in OLGZ 1993, 52, 56; OLG Schleswig, DWE
1987, 31; Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 174; Soergel/Stürner, BGB,
12. Aufl., WEG § 23 Rdn. 6 a; Wangemann, WuM 1989, 53, 55; ders., Die Eigentümerversammlung nach WEG, 1994 [künftig: Eigentümerversammlung],
Rdn. A 68; Patermann, ZMR 1991, 361, 363; Huff, WE 1999, 210, 211; Ormanschick, WE 2000, 223; Drabek, ZWE 2000, 395, 400; Rinke, ZMR 2001, 389 f),
vermag der Senat nicht zu folgen. Ebensowenig kann die Auffassung überzeugen, die eine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Verwalter zwar
nicht für erforderlich hält, einer gleichwohl getroffenen Feststellung aber (lediglich) inhaltsfixierende Wirkung beilegt und sie daher für vorläufig verbindlich
erachtet (so im Grundsatz KG, OLGZ 1990, 421, 423; NJW-RR 1991, 213, 214;
WE 1992, 283; MünchKomm-BGB/Röll, 3. Aufl., § 23 WEG Rdn. 16; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 WEG Rdn. 36; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 13;
Niedenführ/Schulze, aaO, § 23 Rdn. 7; Suilmann, Beschlußmängelverfahren,
S. 10 f; Becker/Gregor, ZWE 2001, 245, 250). Vielmehr kommt der Feststellung
und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter
darüber hinaus grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu. Es handelt sich im
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Regelfall um eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen
eines Eigentümerbeschlusses (ebenso Merle, Bestellung und Abberufung des
Verwalters nach § 26 WEG, 1977, S. 41 ff; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23
Rdn. 34; Sauren, WEG, 3. Aufl., § 23 Rdn. 3; Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 4. Aufl., 1997, Rdn. 267; Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, 2001, S. 55 f; Deckert, Festschrift für Seuß,
1987, S. 101, 105; Merle, PiG 6, 65, 72; ders., PiG 17, 267, 270; ders. PiG 18,
125, 132; ders. PiG 25, 119, 127 = WE 1987, 138, 141; Bub, ZWE 2000, 194,
202; Wenzel, Festschrift für Merle, 2000, S. 353, 357 = [aktualisiert] ZWE
2000, 382, 384; Hadding, ZWE 2001, 179, 184 f; wohl auch OLG Hamm, OLGZ
1979, 296, 297; 1990, 180, 183; RGRK-Augustin, BGB, 12. Aufl., § 23 WEG
Rdn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 23 WEG Rdn. 13; Rau, ZMR
2000, 119, 120).
aa) Diese Auffassung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 24 Abs. 6
WEG, wonach über die in der Versammlung "gefaßten Beschlüsse" eine Niederschrift aufzunehmen ist. Der Vorsitzende der Eigentümerversammlung hat
mithin dafür zu sorgen, daß neben dem Abstimmungsergebnis auch das hieraus nach den maßgeblichen rechtlichen Regeln hergeleitete Beschlußergebnis
zutreffend in die Niederschrift aufgenommen wird, und dies gemäß § 24 Abs. 6
Satz 2 WEG durch seine Unterschrift zu bestätigen. Das setzt die Feststellung
voraus, daß eine gemeinschaftsinterne Willensbildung stattgefunden und zu
einem bestimmten Ergebnis geführt hat. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen
und durch die Nichtigkeitsfolge sanktionierten gesetzlichen Anordnung zur Beschlußfeststellung wie etwa in §§ 130 Abs. 2, 241 Nr. 2 AktG kann deshalb
nicht geschlossen werden, die Wohnungseigentümerversammlung bedürfe
keines Vorsitzenden und das Beschlußergebnis keiner Feststellung durch ihn
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(Wenzel, ZWE 2000, 382, 384; Hadding, ZWE 2001, 179, 185; a.A. Suilmann,
Beschlußmängelverfahren, S. 9 f). Fehlt bei einer Eigentümerversammlung
entgegen § 24 Abs. 5 WEG ausnahmsweise ein Vorsitzender, was nur bei
kleinsten Wohnanlagen vorstellbar ist, kommt es darauf an, ob sich die Wohnungseigentümer über ein aus dem Abstimmungsergebnis gefolgertes Beschlußergebnis einig sind. Die Einigung hat dann die Wirkung einer Feststellung durch einen Versammlungsleiter (vgl. Zöllner, Festschrift für Lutter, 2000,
S. 821, 828 zum GmbH-Recht).
bb) Da § 24 Abs. 6 WEG die Feststellung des Beschlußergebnisses
voraussetzt, kann dieser nicht lediglich der Charakter eines Rechtsscheintatbestandes zukommen, der nur aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes
eine Anfechtung ermöglicht. Vielmehr findet hierin die gesetzgeberische Wertung Ausdruck, daß sowohl die mit der Feststellung der Zahl gültiger Ja- und
Nein-Stimmen abschließende Prüfung der Gültigkeit der abgegebenen Stimmen als auch die rechtliche Beurteilung des Abstimmungsergebnisses nicht bei
den Wohnungseigentümern verbleiben soll, sondern dem Versammlungsleiter
obliegt und seine Einschätzung aus Gründen der Rechtssicherheit für die
Wohnungseigentümer (vorläufig) verbindlich ist. Da nach § 23 Abs. 4 Satz 2
WEG die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen nur innerhalb der kurzen
Frist von einem Monat seit der Beschlußfassung möglich ist, sind die Anfechtungsberechtigten darauf angewiesen, von einem bestimmten Beschlußergebnis als maßgebend ausgehen zu können. Das dient der notwendigen Rechtssicherheit der Wohnungseigentümer, insbesondere derjenigen, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben (Bub, ZWE 2000, 194, 202; Wenzel,
ZWE 2000, 382, 385), wie auch der Sondernachfolger. Wäre nämlich eine
förmliche Feststellung nicht erforderlich, müßten die Wohnungseigentümer auf
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eigenes Risiko zunächst eine Interpretation und Bewertung des Abstimmungsergebnisses innerhalb laufender Anfechtungsfrist vornehmen. Mit der danach
notwendigen Ermittlung des objektivierten Beschlußwillens sind die Wohnungseigentümer jedoch regelmäßig überfordert. Sowohl die Ermittlung des
richtigen Abstimmungsergebnisses als auch seine Beurteilung anhand der
rechtlichen Mehrheitserfordernisse setzen Rechtskenntnisse voraus, die von
den Eigentümern weder erwartet werden können noch verlangt werden dürfen.
So hinge die Gewährung von Rechtsschutz in Fällen des Stimmrechtsmißbrauchs (vgl. dazu BayObLG, NZM 1999, 712) von einer Kenntnis der einschlägigen Grundsätze oder in Fällen wie dem vorliegenden davon ab, ob einem Wohnungseigentümer bekannt ist, in welcher Weise Stimmenthaltungen
rechtlich zu werten sind. Das läßt sich mit dem berechtigten Interesse aller
Beteiligter an Rechtssicherheit nicht vereinbaren (Bärmann/Pick/Merle, aaO,
§ 23 Rdn. 36; Merle, PiG 18, 125, 139; ders., PiG 25, 119, 129; Suilmann, WE
1998, 512; Bub, aaO; Wenzel, ZWE 2000, 382, 386). Die Beschlußfeststellung
hat daher nicht nur inhaltsfixierende, sondern auch konstitutive Wirkung (a.A.
Becker/Gregor, ZWE 2001, 245, 251).
cc) Ein Vergleich mit der Rechtslage bei Personenvereinigungen bestätigt die Richtigkeit dieser Ansicht. Der Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter kommt überall dort konstitutive und inhaltsfixierende Bedeutung zu, wo ein fehlerhafter Beschluß nur im
Wege eines fristgebundenen Beschlußanfechtungsverfahrens beseitigt werden
kann. So wird für Beschlüsse der Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften die konstitutive und das Ergebnis fixierende Wirkung nicht aus § 130
Abs. 2 AktG, sondern aus der kurzen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG
hergeleitet. Wegen der Frist von lediglich einem Monat müssen die Anfech-
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tungsberechtigten von einem bestimmten Beschlußergebnis als maßgebend
ausgehen können (BGH, Urt. v. 26. Mai 1975, II ZR 34/74, NJW 1975, 2101;
vgl. auch BGHZ 76, 191, 197). In gleicher Weise regelt § 51 Abs. 1 GenG die
Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung, weshalb der Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter auch im Genossenschaftsrecht konstitutive und verbindliche Wirkung beigelegt wird (BGH,
Urt. v. 23. September 1996, II ZR 126/95, NJW 1997, 318, 320). Ferner kann,
weil die §§ 130 Abs. 2, 246 Abs. 1 AktG nach § 36 VAG auch für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Anwendung finden, für diese Personenvereinigung nichts anderes gelten (Merle, PiG 18, 125, 129). Wenn im GmbHRecht für Gesellschafterbeschlüsse nach überwiegender Ansicht eine Beschlußfeststellung und -verkündung nicht gefordert wird (vgl. BGHZ 76, 154;
88, 320, 329; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rdn. 18
m.w.N.), einer gleichwohl erfolgten Feststellung aber inhaltsfixierende Wirkung
zukommen soll (BGHZ 104, 66, 69; BGH, Urt. v. 3. Mai 1999, II ZR 119/98,
NJW 1999, 2115, 2116), so ist die Rechtslage deswegen nicht vergleichbar,
weil es für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen keine strikte Frist
von einem Monat gibt, die Klage vielmehr mit aller dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden muß (BGHZ
111, 224, 225 f m.w.N.). Zudem fehlt eine dem § 24 Abs. 6 WEG korrespondierende Vorschrift. Auch im Vereinsrecht, das eine besondere Anfechtungsklage
nicht kennt, besteht kein Anlaß für die sofortige maßgebliche Feststellung des
Inhalts eines Vereinsbeschlusses (BGH, Urt. v. 26. Mai 1975, aaO). Hieraus
läßt sich als allgemeiner Rechtsgedanke herleiten, daß - um den Rechtsschutz
der Beteiligten nicht zu gefährden - immer dann eine konstitutive und verbindliche Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter erforderlich ist, wenn ein mangelhafter Beschluß nur durch
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fristgebundene Beschlußanfechtung beseitigt werden kann (Merle, PiG 18,
125, 131). Es gibt keine sachliche Rechtfertigung dafür, diesen Grundsatz nicht
auch im Wohnungseigentumsrecht mit seinem ebenfalls an eine Frist gebundenen Verfahren der Beschlußanfechtung anzuwenden (Merle, PiG 25, 119,
127; Wenzel, aaO).
dd) Gegen die hier vertretene Auffassung können Bedenken wegen unzuträglicher Folgen nicht eingewandt werden.
(1) Die für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses erforderliche
Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses muß nicht in das Versammlungsprotokoll (§ 24 Abs. 6 WEG) aufgenommen werden (vgl. Bärmann/
Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 41) und kann auch in konkludenter Weise geschehen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 35). Allerdings ist zu beachten,
daß - zumindest dann, wenn der Beschluß auch für Sondernachfolger gelten
soll (§ 10 Abs. 3 WEG) - für die Auslegung nur solche Umstände Berücksichtigung finden können, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben (vgl. Senat, BGHZ 139, 288, 292). Daher wird für die Annahme einer konkludenten Feststellung in der Regel die bloße Wiedergabe des für sich genommen eindeutigen Abstimmungsergebnisses
im Versammlungsprotokoll genügen, es sei denn, daß sich das hieraus folgende Beschlußergebnis nach den zu berücksichtigenden Umständen, insbesondere aufgrund der protokollierten Erörterungen in der Eigentümerversammlung,
vernünftigerweise in Frage stellen läßt. Allein aus dem Fehlen einer Beschlußfeststellung im Protokoll läßt sich hiernach regelmäßig noch nicht
schließen, daß ein Beschluß nicht zustande gekommen ist, im Zweifel wird
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vielmehr bei einem protokollierten klaren Abstimmungsergebnis von einer konkludenten Beschlußfeststellung auszugehen sein.
(2) Obwohl das Anfechtungsrecht der Wohnungseigentümer - abweichend von §§ 245 Nr. 1 AktG; 51 Abs. 2 Satz 1 GenG - nicht von einem schon
in der Versammlung erklärten Widerspruch abhängt, müssen Feststellung und
Verkündung des Beschlußergebnisses in der Eigentümerversammlung erfolgen
(a.A. Merle, PiG 18, 125, 132 f; einschränkend aber Bärmann/Pick/Merle, aaO,
§ 23 Rdn. 41). Bereits der Wortlaut des § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG spricht dafür,
daß - soweit nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 WEG erfüllt sind - die
Eigentümerbeschlüsse "in der Versammlung" gefaßt werden, also der gesamte
Entstehungstatbestand von den Beteiligten schon in der Eigentümerversammlung zu verwirklichen ist. Vor allem ist aber nur bei diesem Verständnis die
Rechtssicherheit gewährleistet, auf die die Wohnungseigentümer insbesondere
wegen der nur einmonatigen Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) angewiesen sind. Ist eine Feststellung oder Bekanntgabe des Beschlußergebnisses
in der Eigentümerversammlung unterblieben, so steht für die Wohnungseigentümer außer Frage, daß sie eine möglicherweise konkludente Feststellung und
Bekanntgabe des Beschlußergebnisses in Betracht ziehen und, wenn dies zu
bejahen ist, den damit zustande gekommenen Beschluß rechtzeitig anfechten
müssen. Sie brauchen weder abzuwarten, bis eine Beschlußfeststellung oder verkündung nachgeholt wird (wofür sich eine bestimmte Frist nicht herleiten
läßt), noch müssen sie befürchten, daß für diesen Fall ein Beschlußergebnis
Verbindlichkeit erlangt, das mit ihrer eigenen Auslegung nicht übereinstimmt.
Ist dagegen eine konkludente Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses nicht gegeben, so können die Wohnungseigentümer, wie im Fall
einer vom Versammlungsleiter ausdrücklich verweigerten Beschlußfeststellung
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und -verkündung, um eine gerichtliche Entscheidung nachsuchen, ohne daß
ein Nachholen des Versäumten zur Unzulässigkeit des anhängig gemachten
Verfahrens führt.
(3) Lehnt es der Versammlungsleiter - pflichtwidrig oder auch, weil er
sich hierzu wegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten bei der Bewertung des Abstimmungsergebnisses außer Stande sieht - ab, ein Beschlußergebnis festzustellen, so besteht die Möglichkeit eines nicht fristgebundenen (Beschlußfeststellungs-)Antrags nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 23; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 WEG
Rdn. 37). Die rechtskräftige Feststellung des Beschlußergebnisses durch das
Gericht ersetzt die unterbliebene Feststellung des Versammlungsleiters und
komplettiert so den Tatbestand für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 35; Merle, PiG 18, 125, 135,
Wenzel, ZWE 2000, 382, 385; gegen eine nicht heilbare Unwirksamkeit mangels Beschlußfeststellung durch den Versammlungsleiter auch Zöllner, aaO,
S. 829 f, für das Aktienrecht).
(4) Der Gefahr einer Manipulation des Beschlußergebnisses bei der
Feststellung durch den Versammlungsleiter (so OLG Schleswig, DWE 1987,
133; Staudinger/Bub, aaO, § 23 WEG Rdn. 174) können die Wohnungseigentümer in der Versammlung durch Austausch des Versammlungsleiters gemäß
§ 24 Abs. 5 WEG und später im Wege der gerichtlichen Anfechtung begegnen
(Suilmann, WE 1998, 512; Wenzel, aaO; Becker/Gregor, aaO).
(5) Wegen der auch hier zu beachtenden konstitutiven Wirkung kommt
im schriftlichen Verfahren (§ 23 Abs. 3 WEG) ein Beschluß erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Be-
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schlußergebnisses zustande (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 93; Prüfer,
aaO, S. 51 ff; so auch bereits KG, OLGZ 1974, 399, 403; a.A. Staudinger/Bub,
aaO, § 23 WEG Rdn. 218; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 11; Niedenführ/
Schulze, aaO, § 23 Rdn. 13). Da es nur um eine entsprechende Anwendung
der Regeln zur Beschlußfeststellung und -bekanntgabe in der Wohnungseigentümerversammlung gehen kann, ist dies nicht im Sinne des Zugangs der
Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen. Es genügt jede Form
der Unterrichtung (etwa durch einen Aushang oder ein Rundschreiben), die
den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der
den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann (vgl. Merle, PiG 18, 125, 134; Bärmann/ Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 93; a.A. Prüfer, aaO, S. 56 f). Bereits zu dem
Zeitpunkt, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein Beschluß im
schriftlichen Verfahren existent geworden.
ee) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist danach unerheblich, ob das Ergebnis der Abstimmung der Wohnungseigentümer vom
9. Juli 1996 zu Tagesordnungspunkt 8 rechtlich zutreffend als Annahme des
Hilfsantrags der Antragsteller zu werten ist (vgl. dazu Senat, BGHZ 106, 179,
183). Maßgeblich ist vielmehr die verlautbarte Feststellung des Vorsitzenden
der Eigentümerversammlung, wonach über den Hilfsantrag "kein gültiger Beschluß gefaßt" werden konnte. Die Auslegung des festgestellten und verkündeten Beschlußergebnisses hat "aus sich selbst heraus" - objektiv und normativ - zu erfolgen und kann vom Rechtsbeschwerdegericht selbst vorgenommen
werden (Senat, BGHZ 139, 288, 291 ff). Aus dem Zusammenhang mit dem
ebenfalls protokollierten und daher zu berücksichtigenden (vgl. Senat, BGHZ
139, 288, 292) Abstimmungsergebnis unter Angabe der Ja-Stimmen und der
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Stimmenthaltungen folgt, daß mit der - nicht seltenen, ungenauen - Formulierung des Protokolls (vgl. Zöllner, aaO, S. 823) die Ablehnung des (hilfsweisen)
Beschlußantrags der Antragsteller festgestellt worden ist. Soweit die Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. August 2001 erstmals vortragen, entgegen dem
Protokollinhalt sei eine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Verwalter in der Versammlung nicht erfolgt, handelt es sich um eine neue Tatsachenbehauptung, die im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Berücksichtigung
finden kann (§ 43 Abs. 1 WEG; § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG; § 561 ZPO).
b) Bei der hiernach maßgeblichen Ablehnung des Antrags durch die
Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 9. Juli 1996 handelt es sich um
einen - in Bestandskraft erwachsenen - Beschluß der Wohnungseigentümer.
aa) Allerdings vertritt insbesondere das Bayerische Oberste Landesgericht die Auffassung, ein Beschluß im Sinne von § 23 Abs. 4 WEG liege nur
dann vor, wenn sich die Mehrheit für einen Antrag ausgesprochen und dadurch
eine Regelung getroffen habe (anders noch BayObLGZ 1972, 150, 153). Werde ein Antrag abgelehnt, bleibe im Unterschied zum positiven Beschluß die
Rechtslage unverändert; ein Eigentümerbeschluß, der angefochten werden
könne, sei deshalb mangels sachlicher Regelung nicht vorhanden (BayObLGZ
1984, 213, 215; BayObLG, ZMR 1986, 319; NJW-RR 1992, 83, 84; 1994, 658,
659; WuM 1997, 57; 344; NZM 1998, 866, 867; 917; 1999, 712; 713, 714; ZMR
2000, 115, 116; ebenso OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 783; OLG Hamm,
NJW-RR 1995, 465; OLG Zweibrücken, NZM 1999, 849; OLG Düsseldorf, ZMR
2000, 118, 119; ähnlich OLG Köln, NZM 2001, 293, 294; Staudinger/Bub, aaO,
§ 23 WEG Rdn. 147 f; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 17; MünchKommBGB/Röll, aaO, § 23 WEG Rdn. 28; Niedenführ/Schulze, aaO, § 23 Rdn. 6;
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Sauren, aaO, § 23 Rdn. 26, 42; Deckert, Festschrift für Seuß, 1987, S. 101,
111; Patermann, ZMR 1991, 361, 362; Buck, WE 1998, 90, 92).
bb) Dem folgt der Senat nicht. Auch einem negativen Abstimmungsergebnis kommt Beschlußqualität zu (ebenso Bärmann/Pick/Merle, § 23 Rdn. 40,
103; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 Rdn. 36; Soergel/Stürner, aaO, WEG § 23
Rdn. 6; Wangemann, Eigentümerversammlung, Rdn. A 42; Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 14; Bub, ZWE 2000, 194, 196; Wenzel, ZWE 2000,
382, 383; Schmidt, ZfIR 2001, 212, 214; Hadding, ZWE 2001, 179, 182; auch
bereits AG Kerpen, NJW-RR 1991, 1236, 1237). Zwar trifft es zu, daß die Ablehnung eines Antrags die Rechtslage unverändert läßt, insbesondere kann
aus der Ablehnung nicht auf den Willen der Wohnungseigentümer geschlossen
werden, das Gegenteil des Beschlußantrags zu wollen (Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 13). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Entsprechend der Funktion des Beschlusses, den gemeinschaftsinternen Willen
verbindlich festzulegen (vgl. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 13;
Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 12), kann einem kollektiven Willensakt, der
diese Aufgabe erfüllt, Beschlußqualität nicht abgesprochen werden. Nicht anders als ein positiver Beschluß kommt auch ein negatives Abstimmungsergebnis in Verwirklichung der Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümerversammlung zustande und ist daher das Resultat einer verbindlichen Willensbildung der Gemeinschaft aus mehreren Einzelwillen (Bub, aaO; Wenzel, aaO).
Es wird der Gemeinschaftswille festgelegt, daß die beantragte Änderung oder
Ergänzung des Gemeinschaftsverhältnisses nicht eintreten soll (Hadding,
aaO). Insoweit unterscheidet sich die Ablehnung eines Antrags in nichts von
der - unzweifelhaft als Beschluß anzusehenden - Annahme des "negativen"
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Antrags, eine bestimmte Handlung nicht vorzunehmen oder zu unterlassen (AG
Kerpen, aaO; Bub, aaO; Wenzel aaO; Hadding, aaO).
Damit gilt auch hier im Ergebnis nichts anderes als nach nahezu einhelliger Ansicht im Gesellschaftsrecht (vgl. Hadding, aaO, in Fn. 11). Der Bundesgerichtshof geht in neuerer, inzwischen ständiger Rechtsprechung davon aus,
daß auch die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrags mit Mehrheit oder infolge Stimmengleichheit ein Beschluß ist,
der aus sachlichen Gründen nichtig oder anfechtbar sein kann, weil nur so für
den antragstellenden Gesellschafter ein in allen Fällen ausreichender Rechtsschutz gewährleistet ist (BGHZ 76, 191, 198; 88, 320, 328; 97, 28, 30; 104, 66,
69 m.w.N.). Wiederum ist eine Rechtfertigung dafür, daß dies im Wohnungseigentumsrecht anders sein müßte, nicht erkennbar (Wenzel aaO; Hadding,
ZWE 2001, 179, 183).
4. Dieser in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 1996 gefaßte Negativbeschluß wurde durch den nunmehr angefochtenen, inhaltsgleichen Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997 bestätigt.
a) Beide Beschlüsse haben die Ermächtigung der Wohnungseigentümer
zur Geltendmachung von Baumängeln am Gemeinschaftseigentum zum Gegenstand. Mit dem früheren Beschluß wurde ein Antrag auf Erteilung der Ermächtigung abgelehnt, mit dem nachfolgenden Mehrheitsbeschluß ein negativ
formulierter Antrag angenommen, nach dem keiner der Eigentümer ermächtigt
sein sollte, Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen. Da der
spätere Beschluß ausdrücklich an den Inhalt des früheren anknüpft und diesen
"klarstellen" soll, betreffen beide - entgegen der Ansicht der Antragsteller - die-
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selben Mängel. Dem späteren Beschluß kommt damit ein über den früheren
Beschluß hinausgehender Inhalt nicht zu. Es handelt sich, wie der Hinweis auf
die Klarstellung des Beschlusses vom 9. Juli 1996 zeigt, nicht um einen Zweitbeschluß, durch den der inhaltsgleiche Erstbeschluß aufgehoben und novatorisch ersetzt worden ist, sondern um einen bestätigenden Zweitbeschluß mit
dem Ziel, etwaige Mängel des Erstbeschlusses auszuräumen.
b) Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über
eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen.
Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlußzuständigkeit der
Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinschaft
eine erneute Beschlußfassung für angebracht hält. Von Bedeutung ist nur, ob
der neue Beschluß aus sich heraus einwandfrei ist (Senat, BGHZ 113, 197,
200; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 51 f; Merle, DWE 1995, 146; Lüke,
ZWE 2000, 98, 100). Gleichwohl erlangt die vom vorlegenden Gericht erörterte
Frage, ob der Zweitbeschluß schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkungen
des Erstbeschlusses mißachtet (vgl. dazu Senat, BGHZ 113, 197, 200), hier
keine Entscheidungserheblichkeit.
5. Für die Anfechtung des Zweitbeschlusses vom 21. August 1997 fehlt
den Antragstellern nämlich das Rechtsschutzinteresse, nachdem der inhaltsgleiche Eigentümerbeschluß vom 9. Juli 1996 infolge rechtskräftig festgestellter
Erledigung des zunächst anhängigen Anfechtungsverfahrens Bestandskraft
erlangt hat. Eine Aufhebung des Zweitbeschlusses, der allein Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens ist, wäre ohne Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis
zwischen den Wohnungseigentümern, weil es bei der Wirksamkeit des bestandskräftigen Erstbeschlusses vom 9. Juli 1996 mit identischem Beschlußin-
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halt verbliebe (vgl. Senat, BGHZ 127, 99, 106; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23
Rdn. 62, § 43 Rdn. 59; Merle, DWE 1995, 146, 153; Müller, ZWE 2000, 557,
559).
Damit wäre, weil dann die Unwirksamkeit ohnehin jederzeit geltend gemacht werden könnte, nur im Falle der Nichtigkeit des Erstbeschlusses ein
Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Zweitbeschlusses gegeben (vgl.
Senat, BGHZ 127, 99, 102). Der Beschluß vom 9. Juli 1996 ist jedoch nicht
nichtig. Insbesondere stellt die unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses keinen Nichtigkeits-, sondern lediglich einen Anfechtungsgrund dar (vgl.
BGHZ 104, 66, 69 zum GmbH-Recht), der nach Erledigung des Anfechtungsverfahrens nicht mehr berücksichtigungsfähig ist.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Entscheidung über
den Geschäftswert auf § 48 Abs. 3 WEG. Grundlage ist jeweils die Festsetzung
der Einzelwerte für den Geschäftswert im Beschluß des Landgerichts. Der Senat hat für den Geschäftswert der ersten Instanz von der durch § 31 Abs. 1
Satz 2 KostO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Wenzel
Schneider
Klein
Krüger
Gaier