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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 319/10
vom
9. Juni 2011
Nachschlagewerk:
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZVG § 100, ZPO § 765a
a) Hat sich die zuständige Behörde des suizidgefährdeten Schuldners angenommen
und Maßnahmen ergriffen, kann das Vollstreckungsgericht davon ausgehen, dass
diese ausreichen.
b) Flankierende Maßnahmen hat das Vollstreckungsgericht nur zu erwägen, wenn es
konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die von der Behörde ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, oder wenn sich konkrete neue Gesichtspunkte ergeben, die
die Lage entscheidend verändern.
BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 - V ZB 319/10 - LG Würzburg
AG Würzburg
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 2011 durch den Vorsitzenden
Richter
Prof.
Dr.
Krüger,
die
Richter
Dr.
Lemke
und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der
3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 22. November
2010 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
für:
1.
2.
3.
4.
5.
die Gerichtskosten 139.680 €,
die Vertretung des Schuldners 161.801 €,
die Vertretung der Gläubigerin 250.533,04 €,
die Vertretung des Erstehers W. 65.001 €,
die Vertretung des Erstehers U.
96.800 €.
Gründe:
I.
1
Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom
10. Juli 2007 die Zwangsversteigerung des eingangs bezeichneten, von dem
Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners
freigegebenen Grundbesitzes an. Grundlage der Zwangsversteigerung sind fünf
vollstreckbare Briefgrundschulden, von denen vier ursprünglich der F.
-3-
C.
Bank bestellt und eine dieser Bank abgetreten worden waren.
Diese wurden zunächst der späteren B.
H.
und von
dieser der Gläubigerin abgetreten. Ob es sich dabei um Sicherungsgrundschulden handelte, ist zwischen den Beteiligten streitig. Mit Beschluss vom 23. Oktober 2009 stellte das Amtsgericht sachverständig beraten das Verfahren auf Antrag des Schuldners für die Dauer von fünf Monaten ein, weil der Verdacht bestand, er werde sich im Fall der Versteigerung seines Grundbesitzes das Leben
nehmen. Die Einstellung verband es mit den Auflagen an den Schuldner, sich
deswegen stationär behandeln, danach durch den Landgerichtsarzt untersuchen und eine Betreuung einrichten zu lassen. Der Schuldner ließ sich nach
dem Gutachten des Landgerichtsarztes zunächst stationär behandeln, brach
die Behandlung aber ab, war mit der Einrichtung einer Betreuung nicht einverstanden und beantwortete auch die Fragen des Landgerichtsarztes zu seinem
Vorbringen, sich das Leben nehmen zu wollen, nicht. Daraufhin ordnete das
Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Juli 2010 die Fortsetzung des Verfahrens
an und bestimmte einen Versteigerungstermin auf den 13. Oktober 2010. Am
4. Oktober 2010 beantragte der Schuldner erneut die Einstellung des Verfahrens wegen Suizidgefahr. Am 12. Oktober 2010 erfuhr das Amtsgericht von der
örtlichen Polizei, dass der Schuldner wegen Suizidgefährdung auf Anordnung
des Gesundheitsamts in einem Krankenhaus untergebracht worden war. Gestützt auf einen im Termin behaupteten Suizidversuch beantragte der Vertreter
des Schuldners im Versteigerungstermin am 13. Oktober 2010 erneut die Einstellung des Verfahrens.
2
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, die Versteigerung
durchgeführt und nach Ablauf der Bietstunde den Grundbesitz zu a) dem Ersteher W.
und den Grundbesitz zu b) dem Ersteher U.
zugeschlagen. We-
gen des Grundstücks zu c) hat es mangels Geboten auf Antrag der Gläubigerin
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die Fortsetzung der Versteigerung angeordnet. Die Beschwerde des Schuldners gegen die Zurückweisung des Einstellungsantrags und gegen die Zuschlagsbeschlüsse hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich
der Schuldner mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt.
II.
3
Das Beschwerdegericht meint, die Grundschulden seien der Gläubigerin
mit der Vollstreckungsunterwerfung abgetreten worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setze das zwar bei Sicherungsgrundschulden
auch den Eintritt in die Sicherungsabrede voraus. Die Vollstreckungsklauseln
der Grundschulden, auf welche die Anordnung der Zwangsversteigerung gestützt sei, enthielten selbst aber keinerlei Hinweise auf eine treuhänderische
Bindung. Ein etwa bestehender Sicherungszweck habe in den urkundlichen
Erklärungen der Parteien keinen Niederschlag gefunden.
4
Die Zwangsversteigerung sei auch nicht wegen Suizidgefährdung des
Schuldners einzustellen. Eine solche sei zwar weder nach dem vorgelegten
ärztlichen Attest noch nach dem Gutachten des Landgerichtsarztes auszuschließen. Das führe aber nicht zwangsläufig zu einer (einstweiligen) Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Vielmehr sei eine umfassende Abwägung erforderlich, in der auch die Mitwirkung des Schuldners selbst an der
Bewältigung seiner Gefährdung und anderweitige Möglichkeiten zu berücksichtigen seien, dieses Problem zu lösen. Danach sei die Zwangsversteigerung hier
nicht einzustellen. Der Schuldner habe die ihm erteilten Auflagen in wesentlichen Teilen nicht erfüllt, sich bei seiner Untersuchung durch den Landgerichts-
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arzt sehr bedeckt gehalten und diesem die Ergebnisse anderweitiger Untersuchungen nicht zugänglich gemacht.
III.
5
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
Die nach § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und
nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
6
1. Der Erteilung der Zuschläge stand nicht entgegen, dass die
Zwangsversteigerung auf Grund mehrerer an die Gläubigerin abgetretener nach
§ 800 ZPO vollstreckbarer Grundschulden angeordnet worden war. Die von
dem Schuldner im Verfahren vor dem Senat vorgelegten Unterlagen bieten
zwar Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei diesen Grundschulden um Sicherungsgrundschulden im Sinne von § 1192a BGB handelt. Der Zessionar einer
solchen Sicherungsgrundschuld kann auch aus der Unterwerfungserklärung nur
vorgehen, wenn er in den Sicherungsvertrag eintritt (BGH, Urteil vom 30. März
2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133, 148 Rn. 35 f.). Diesen Fragen ist aber
nicht im Zwangsversteigerungsverfahren, sondern im Klauselerteilungsverfahren und mit den dort nach §§ 723, 768 ZPO gegebenen Rechtsbehelfen nachzugehen (BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, aaO S. 150 f.
Rn. 39 f.). Solange ein solches Verfahren nicht eingeleitet und die (einstweilige)
Einstellung der Zwangsversteigerung nicht angeordnet wird, darf der Zuschlag
erteilt werden.
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2. Die Vollstreckungsschutzanträge des Schuldners standen der Erteilung des Zuschlags nicht entgegen, weil sie unbegründet waren.
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8
a) Die Gefährdung des unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG
stehenden Lebens des Schuldners durch die Versteigerung ist ein im Zuschlagsbeschwerdeverfahren nach § 100 Abs. 1, 3 i.V.m. § 83 Nr. 6 ZVG von
Amts wegen zu berücksichtigender Umstand (Senat, Beschluss vom 7. Oktober
2010 - V ZB 82/10, NJW-RR 2011, 421 Rn. 16). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2005 - I ZB
10/05, BGHZ 163, 66, 73; Senat, Beschlüsse vom 24. November 2005 - V ZB
99/05, NJW 2006, 505, 506 f. und vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007,
3719, 3720) ist die Zwangsversteigerung selbst dann nicht ohne weiteres
(einstweilen) einzustellen, wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist. Vielmehr ist stets
eine Abwägung des Lebensinteresses des Betroffenen mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers geboten. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben,
dass sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Unterbleibt die
Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens wegen der Annahme einer
Suizidgefahr, die auch bei sorgfältiger fachlicher Prüfung nur auf der Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten beruhen kann, wird in das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) eingegriffen. Die Aufgabe des Staates, das Recht zu wahren, umfasst die Pflicht, titulierte Ansprüche notfalls mit Zwang durchzusetzen und dem Gläubiger zu seinem Recht zu
verhelfen (BVerfGE 49, 220, 231). Der Gläubiger hat gemäß Art. 19 Abs. 4 GG
einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz
(vgl. BVerfGE 49, 220, 225). Ihm dürfen nicht die Aufgaben überbürdet werden,
die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit
obliegen. Mit Blick auf die Interessen des Erstehers gilt nichts anderes (Senat,
Beschluss vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649, 1650).
-7-
9
b) Deshalb ist auch dann, wenn bei dem Abschluss eines Versteigerungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlags die konkrete Gefahr einer
Selbsttötung des Schuldners besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr
nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam
begegnet werden kann. Hierzu gehören zum einen zumutbare Anstrengungen
des Suizidgefährdeten selbst (vgl. etwa BVerfG NJW 1992, 1155; 2004, 49 f.;
NJW-RR 1993, 463, 464), etwa die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, ggf. unter
Einbeziehung eines stationären Klinikaufenthaltes. Darüber hinaus kommen als
mögliche Maßnahmen die Ingewahrsamnahme des Gefährdeten insbesondere
nach polizeirechtlichen Vorschriften oder die Unterbringung nach den landesrechtlichen Vorschriften in Betracht (Senat, Beschluss vom 24. November 2005
- V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506). Da die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann, sind die Vollstreckungsorgane ggf. gehalten, bei den
zuständigen Behörden eine Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht eine Betreuung anzuregen und dabei darauf hinzuweisen,
dass die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz
primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum
Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten. Wird danach
eine Unterbringung zum Schutz des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich gehalten und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine
Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der
Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall gestattet, die
Zwangsvollstreckung fortzusetzen (Senat, Beschlüsse vom 14. Juni 2007
- V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721 Rn. 15 und vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10,
NJW-RR 2010, 1649, 1650 Rn. 11).
10
c) Ein solcher Fall liegt hier vor.
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aa) Dafür kommt es entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht
entscheidend darauf an, ob der Schuldner vor dem Beschluss vom 27. Juli
2010, mit dem das Amtsgericht die Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens
angeordnet hat, die ihm zumutbaren eigenen Anstrengungen unternommen hat,
seiner psychischen Probleme Herr zu werden. Es muss auch nicht entschieden
werden, ob das Vollstreckungsgericht angesichts der Weigerung des Schuldners, die Fragen des Landgerichtsarztes zu seinen Suizidgedanken zu beantworten und ihm das vorliegende Ergebnis anderweitiger Untersuchungen zugänglich zu machen, von der an sich gebotenen (dazu Senat, Beschluss vom
30. September 2010 - V ZB 199/09, ZfIR 2011, 29, 30 Rn. 8) Prüfung der Suizidgefahr absehen durfte. Diese Vorgänge waren bei der Durchführung des
Versteigerungstermins am 13. Oktober 2010 prozessual überholt. Zu diesem
Zeitpunkt hatte die Suizidgefährdung des Schuldners mit dem Vorfall vom
12. Oktober 2010 eine akute Zuspitzung erfahren, die unabhängig von der Beurteilung der bisherigen Verfassung des Schuldners eine neue Prüfung der Lage erforderlich machte. Diese Zuspitzung liegt unabhängig davon vor, ob es
sich, wie der Schuldner meint, um einen Suizidversuch oder „nur“ um die Äußerung von Suizidabsichten gehandelt hat. Das Verhalten des Schuldners war
jedenfalls so auffällig, dass es Anlass zu Anzeigen bei dem Gesundheitsamt
gab. Von der gebotenen Prüfung durfte das Amtsgericht auch nicht, wie es bis
dahin gemeint hatte, deshalb absehen, weil der Landgerichtsarzt keinen Zugang zu den Untersuchungsergebnissen hatte. Vielmehr hätte es, von dem hier
allerdings eingetretenen Ausnahmefall abgesehen, versuchen müssen, sich
notfalls durch eine Anhörung des Schuldners in Anwesenheit des Landgerichtsarztes Aufschluss zu verschaffen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010
- V ZB 82/10, NJW-RR 2011, 421, 423 f. Rn. 31).
-9-
12
bb) Das Amtsgericht musste dem Vorfall vom 12. Oktober 2010 aber
deshalb nicht nachgehen, weil sich das für seine Bewältigung in erster Linie
zuständige Gesundheitsamt des Schuldners angenommen und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatte.
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(1) Das Amtsgericht war ausweislich eines Aktenvermerks des Rechtspflegers vom 12. Oktober 2010 durch die zuständige Polizeidienststelle darüber
unterrichtet worden, dass der Schuldner Suizidabsichten geäußert hatte, deshalb auf Anzeige Dritter hin durch die Amtsärztin des Gesundheitsamts untersucht und auf Grund des Untersuchungsergebnisses in ein Krankenhaus eingewiesen worden war. Diese Nachricht zeigte dem Amtsgericht einerseits eine
Zuspitzung der Situation, andererseits aber auch auf, dass die zuständige Stelle
die notwendigen Maßnahmen ergriffen hatte.
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(2) Das Tätigwerden der zuständigen Behörde hat zur Folge, dass das
Vollstreckungsgericht keine zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz des Lebens
des Betroffenen ergreifen muss, sondern das Versteigerungsverfahren fortsetzen kann. Der Lebensschutz ist, wie der Senat stets betont hat, weder Aufgabe
des Gläubigers noch des Vollstreckungsgerichts. Er ist vielmehr Aufgabe der
zuständigen Ordnungsbehörden der Länder und, wenn eine Betreuung Abhilfe
schaffen oder die staatlichen Maßnahmen unterstützen kann, auch des Vormundschaftsgerichts. Das Vollstreckungsgericht muss den Lebensschutz des
Schuldners oder anderer Betroffener nur gewährleisten, wenn er durch die Versteigerung (oder den Vollzug des Zuschlagsbeschlusses) gefährdet ist und die
zuständigen Behörden nicht tätig werden. Werden die zuständigen Behörden
hingegen tätig, muss das Vollstreckungsgericht keine zusätzlichen Maßnahmen
zum Lebensschutz ergreifen. Es kann sich vielmehr darauf verlassen, dass die
Behörden alles Notwendige veranlassen und das Verfahren ohne weiteres fort-
- 10 -
setzen. Das hat der Senat für den Fall ausgesprochen, dass die zuständige Behörden von Schutzmaßnahmen absehen, weil sie solche nicht für erforderlich
halten (Beschlüsse vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721
Rn. 16 und vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649, 1650 Rn. 11).
Nichts anderes gilt, wenn die zuständigen Behörden - wie hier - tätig werden
und die aus ihrer Sicht gebotenen Schutzmaßnahmen ergreifen.
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(3) Das Amtsgericht war auch nicht gehalten, begleitende Maßnahmen
zum Schutz des Lebens des Schuldners zu ergreifen. Zu einer entsprechenden
Prüfung war es allerdings verpflichtet. Eine solche Prüfung ist in erster Linie
geboten, wenn die zuständigen Behörden nichts weiter unternehmen (Senat,
Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721 Rn. 16 aE),
kann aber auch bei einem Tätigwerden nicht von vornherein ausgeschlossen
werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Vollstreckungsgericht
konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die ergriffenen Maßnahmen etwa wegen einer weiteren Zuspitzung der Lage unzureichend sein könnten. Solche
Anzeichen hatte das Amtsgericht nicht. Nach der Auskunft der Polizeidienststelle war der Schuldner wegen Suizidabsichten durch das Gesundheitsamt untersucht und als Ergebnis der Untersuchung in ein Krankenhaus eingewiesen
worden. Diese Maßnahme versprach eine nach den Umständen gebotene Betreuung und Überwachung des Schuldners. Einen greifbaren Anhaltspunkt, zusätzliche Maßnahmen zu erwägen, hatte das Amtsgericht nicht. Einen Anlass
dazu bot auch der Verlauf des Versteigerungstermins nicht. In dem Termin hatte der Sohn des Schuldners zwar behauptet, sein Vater habe versucht, sich das
Leben zu nehmen. Er hatte aber auch vorgetragen, sein Vater lasse vom Krankenbett aus ausrichten, es gehe ihm wieder besser. Daraus konnte das Amtsgericht nur den Schluss ziehen, dass die veranlassten Maßnahmen sachge-
- 11 -
recht und ausreichend waren. Das bestätigte auch die Rückfrage, die das
Amtsgericht am Schluss des Termins bei der Polizeibehörde gehalten hat.
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cc) Auch das Beschwerdegericht durfte davon ausgehen, dass die von
dem Gesundheitsamt als der fachlich zuständigen Behörde ergriffenen Maßnahmen sachgerecht waren und ausreichten. Flankierende Maßnahmen hat es
nur zu erwägen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die von der
Behörde ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen oder wenn sich konkrete
neue Gesichtspunkte ergeben, die die Lage entscheidend verändern. An beidem fehlt es hier. Der Schuldner ist bis zum 2. November 2010 in stationärer
Behandlung in der Klinik verblieben. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass
sich die Situation nach der Entlassung aus dem Krankenhaus verändert haben
könnte, hatte das Beschwerdegericht nicht. Solche Anhaltspunkte hat der
Schuldner nicht vorgetragen. Er hat sich allein auf die mit dem Einstellungsantrag vom 4. Oktober 2010 vorgelegten Unterlagen und auf die Feststellungen
des Arztes des Gesundheitsamts gestützt, der die Einweisung des Schuldners
in das Krankenhaus angeordnet hatte. Vortrag dazu, dass und aus welchen
Gründen seine Einweisung in das Krankenhaus und sein Verbleib dort bis zum
2. November 2010 nicht ausgereicht haben, die Situation zu beherrschen, hat
der Schuldner nicht gehalten. Das Beschwerdegericht konnte daher davon ausgehen, dass die behandelnden Ärzte das Gesundheitsamt, das die Einweisung
angeordnet hatte, unterrichtet hätten, wenn ernstlich zu befürchten gewesen
wäre, dass sich der Schuldner nach der Entlassung aus dem Krankenhaus das
Leben nehmen würde. Den Entlassungsbericht des Krankenhauses hat der
Schuldner dem Beschwerdegericht trotz entsprechender Aufforderung hierzu
nicht zugänglich gemacht. Deshalb ist auch nicht festzustellen, ob sich aus diesem Bericht Anhaltspunkte für eine Veränderung der Lage ergeben. Das geht
zu Lasten des Schuldners, der diesen Bericht vorlegen oder freigeben konnte.
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dd) Nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Gutachten
hat der Schuldner die Versteigerung seines Grundbesitzes zwar noch nicht verarbeitet. Eine Gefährdung des Schuldners ist danach aber nicht mehr von der
Versteigerung, sondern von der bevorstehenden Räumung zu erwarten. Dieser
Gefährdung kann und muss nicht im Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde,
sondern nur im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Beschlusses über
den Zuschlag des Grundbesitzes zu a) Rechnung getragen werden (vgl. Senat,
Beschlüsse vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 und vom
19. Juni 2008 - V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742 Rn. 15).
IV.
18
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten in
einem durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren nicht kontradiktorisch
gegenüber stehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05,
BGHZ 170, 378, 381 Rn. 7). Die Festsetzung der Gegenstandswerte beruht auf
§ 54 Abs. 2 GKG und § 26 RVG. Dabei war dem Bargebot des Erstehers U.
der Wert der bestehenden Rechte hinzuzurechnen. Die Zurückweisung der
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Einstellungsanträge hat keinen über den Wert der Zuschlagsbeschwerden hinausgehenden Wert.
Krüger
Brückner
RiBGH Dr. Lemke ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 10. Juni 2011
Der Vorsitzende
Krüger
Schmidt-Räntsch
Weinland
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 13.10.2010 - 3 K 95/07 LG Würzburg, Entscheidung vom 22.11.2010 - 3 T 2286/10, 2423/10, 2424/10