|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|
BESCHLUSS
|
|
V ZB 229/09
|
|
vom
|
|
23. April 2010
|
|
in dem Rechtsstreit
|
|
|
|
-2-
|
|
|
|
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
|
|
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
|
|
beschlossen:
|
|
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der
|
|
4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 27. Oktober 2009
|
|
(4 S 195/09) wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
|
|
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
|
|
710,73 €.
|
|
|
|
Gründe:
|
|
I.
|
|
1
|
|
|
|
Das Amtsgericht hat die Beklagte durch ein ihren Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 25. Mai 2009 zugestelltes Urteil verurteilt, an die Klägerin
|
|
710,73 € rückständiges Hausgeld nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Urteil
|
|
hat die Beklagte zunächst mit einem am 25. Juni 2009 eingegangenen Schriftsatz bei dem unzuständigen Landgericht Oldenburg und sodann mit einem am
|
|
10. Juli 2009 eingegangenen Schriftsatz bei dem zuständigen Landgericht Aurich Berufung eingelegt. Sie hat die zweite Berufung mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist
|
|
verbunden und dazu vorgetragen, ihre Prozessbevollmächtigten hätten von der
|
|
|
|
-3-
|
|
|
|
abweichenden Regelung der Berufungszuständigkeit in den Wohnungseigentumssachen für den Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg nichts gewusst und
|
|
auch nichts wissen müssen. Das Landgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig
|
|
verworfen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
|
|
|
|
II.
|
|
2
|
|
|
|
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
|
|
|
|
3
|
|
|
|
1. Sie ist zwar nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO
|
|
von Gesetzes wegen statthaft. Zulässig ist sie aber nach § 574 Abs. 2 ZPO nur,
|
|
wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das
|
|
ist nicht der Fall.
|
|
|
|
4
|
|
|
|
2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1
|
|
ZPO). Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), und zwar auch nicht deshalb (dazu: Senat,
|
|
BGHZ 151, 221, 227; Beschl. v. 23. Oktober 2003, V ZB 28/03, NJW 2004, 367,
|
|
368; Beschl. v. 13. Mai 2004, V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217), weil die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, überzogen wären und der Beklagten
|
|
den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwerten (vgl.
|
|
dazu: BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG NJW 1996, 2857; 2000,
|
|
1636; 2001, 1566; FamRZ 2002, 533; Senat, Beschl. v. 23. Oktober 2003, V ZB
|
|
28/03, NJW 2004, 367, 368).
|
|
|
|
-4-
|
|
|
|
5
|
|
|
|
a) Die Beklagte hat die Berufungsfrist versäumt, weil ihre Prozessbevollmächtigten die Berufungsschrift am Abend des letzten Tags der Frist und
|
|
damit zu einem Zeitpunkt bei dem unzuständigen Landgericht Oldenburg eingereicht haben, zu dem mit einer fristgerechten Weiterleitung an das zuständige
|
|
Landgericht Aurich im normalen Geschäftsgang (zu diesem Erfordernis: BGH,
|
|
Beschl. v. 27. Juli 2000, III ZB 28/00, NJW-RR 2000, 1730, 1731) nicht mehr zu
|
|
rechnen war. Die Zulässigkeit der Berufung hing deshalb entscheidend davon
|
|
ab, ob die Berufungsfrist durch fristgerechte Einreichung bei dem unzuständigen Landgericht Oldenburg gewahrt werden konnte und verneinendenfalls, ob
|
|
der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
|
|
der Berufungsfrist zu gewähren war. Beides hat das Berufungsgericht verneint.
|
|
|
|
6
|
|
|
|
b) Das entspricht in der Sache der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist und auch die Anforderungen
|
|
an die Einlegung von Rechtsmitteln nicht überspannt.
|
|
|
|
7
|
|
|
|
aa) Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält zwar keine Darstellung des Sachverhalts, die sie allerdings, was der Rechtsbeschwerde zuzugeben ist, enthalten muss. Hier hindert das Fehlen einer Sachdarstellung
|
|
aber eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde (nur deshalb) nicht, weil
|
|
den Gründen der angefochtenen Entscheidung mit gerade noch ausreichender
|
|
Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass es sich um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit handelt und die Beklagte die Berufung innerhalb der Frist nicht
|
|
bei dem nach § 2a nds. ZustVO-Justiz 1998 (jetzt: § 10 nds. ZustVO-Justiz
|
|
2009) zuständigen Landgericht Aurich eingereicht hat.
|
|
|
|
8
|
|
|
|
bb) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats nimmt das
|
|
Berufungsgericht an, dass die Berufung der Beklagten fristwahrend nur durch
|
|
rechtzeitige Einreichung der Berufungsschrift bei dem sachlich zuständigen
|
|
Landgericht Aurich eingelegt werden konnte. Rechtsfehlerfrei hat das Beru-
|
|
|
|
-5-
|
|
|
|
fungsgericht der Beklagten auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen
|
|
die Versäumung der Berufungsfrist versagt. An der Einhaltung dieser Frist war
|
|
die Beklagte nämlich nicht, wie es § 233 ZPO verlangt, ohne ihr Verschulden
|
|
gehindert. Die Nichteinhaltung der Frist beruht vielmehr auf einem Versäumnis
|
|
ihrer Prozessbevollmächtigten, das sich die Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO
|
|
zurechnen lassen muss. Beides hat der Senat in dem inhaltsgleichen Parallelverfahren V ZB 224/09 im Einzelnen erläutert; hierauf wird Bezug genommen.
|
|
|
|
III.
|
|
9
|
|
|
|
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
|
|
|
|
Krüger
|
|
Schmidt-Räntsch
|
|
|
|
Klein
|
|
|
|
Lemke
|
|
Roth
|
|
|
|
Vorinstanzen:
|
|
AG Delmenhorst, Entscheidung vom 05.05.2009 - 5a C 6074/08 (VIII) LG Aurich, Entscheidung vom 27.10.2009 - 4 S 195/09 -
|
|
|
|
|