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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 9/05
Verkündet am:
7. Februar 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2006 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Ball, Prof. Dr. Bornkamm, Prof. Dr. Meier-Beck
und Dr. Strohn
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin beliefert Privat- und Gewerbekunden mit elektrischer Energie. Dazu nutzt sie seit dem 1. August 2002 im Netzgebiet der Beklagten, einer
Tochtergesellschaft
der
E. AG,
deren
regiona-
les Stromnetz. Zu einer Einigung der Parteien über das von der Klägerin zu
zahlende Durchleitungsentgelt kam es nicht; einen ihr von der Beklagten unterbreiteten Rahmenvertrag unterzeichnete die Klägerin nicht. Mit der Begründung, sie könne die Angemessenheit der verlangten Entgelte derzeit noch nicht
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abschließend beurteilen, zahlte die Klägerin zunächst nur 70 % der von der Beklagten geforderten Beträge (6,23, später 5,96 Cent/kWh sowie einen Messund Verrechnungspreis von 28 € p.a. für Eintarifzähler für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung), später unter Vorbehalt den vollen Betrag.
2
Die Klägerin hält beide geforderten Entgelte für überhöht und für den
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
3
Sie hat beantragt, das jeweilige billige Entgelt gerichtlich für die Zeit vom
1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 zu bestimmen, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Netznutzungsentgelt zusteht, das 50 % der bis
zum 31. Dezember 2003 berechneten 6,23 Cent/kWh und 50 % der 2004 berechneten 5,96 Cent/kWh übersteigt, und kein Mess- und Verrechnungspreis für
Eintarifzähler, der mehr als 15,33 € p.a. beträgt.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg
geblieben (OLG Stuttgart ZNER 2005, 71).
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
6
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
folgt begründet: Ein Anspruch nach § 315 Abs. 3 BGB stehe der Klägerin nicht
zu. Zwar möge der Klägerin darin beizutreten sein, dass die Unbilligkeit einer
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Leistungsbestimmung auch durch (Gestaltungs-)Klage geltend gemacht werden
könne. Die Parteien hätten jedoch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
der Beklagten vereinbart. Soweit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
Tarife eines Energieversorgungsunternehmens generell der Billigkeitskontrolle
nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen seien, sei diese für die Inanspruchnahme
von Leistungen der Daseinsvorsorge entwickelte Rechtsprechung nicht auf den
Streit zweier Handelsgesellschaften übertragbar. Auch § 6 Abs. 1 EnWG (a.F.)
helfe der Klägerin nicht. Denn in erster Instanz sei unstreitig gewesen, dass die
Beklagte bei der Tariferhebung dem Regelwerk der Verbändevereinbarung
Strom II plus folge; soweit die Klägerin dies in der Berufungsinstanz bestreite,
könne sie damit nicht gehört werden. Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. werde
damit vermutet, dass die Tarife der Beklagten guter fachlicher Praxis entsprächen. Unbeschadet der gesetzlichen Befristung dieser Vermutung auf die Zeit
bis zum 31. Dezember 2003 habe die gesetzliche Wertung an ihrem Aussagegehalt in der Sache nichts verloren, weshalb auch nach dem 31. Dezember
2003 davon auszugehen sei, dass der Verbändevereinbarung Strom II plus entsprechende Entgelte im Ansatz nicht beanstandungswürdig seien. Entspreche
aber das Tarifwerk der Beklagten guter fachlicher Praxis, könne es auch keine
Preisüberhöhung verkörpern, die Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung
einer marktbeherrschenden Stellung sei.
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II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung in
entscheidenden Punkten nicht stand.
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1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts findet auf die Bestimmung des Netznutzungsentgelts durch die Beklagte die Vorschrift des
§ 315 BGB Anwendung.
-5-
10
Zwar ist seine tatrichterliche Feststellung nicht zu beanstanden, dass
sich die Parteien nicht auf ein Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten geeinigt hätten. Das Berufungsgericht hat dies daraus hergeleitet, dass die Klägerin
den ihr unterbreiteten Lieferantenrahmenvertrag mit der Begründung nicht unterzeichnet hat, sie könne die Angemessenheit der verlangten Entgelte derzeit
nicht abschließend beurteilen. Dabei handelt es sich um ein mögliches und daher revisionsrechtlich hinzunehmendes Verständnis der Erklärungen und des
Verhaltens der Parteien bei Aufnahme der Netznutzung durch die Klägerin;
auch die Revision wendet sich hiergegen nicht.
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Das Berufungsgericht geht jedoch gleichwohl stillschweigend davon aus,
dass zwischen den Parteien ein Netznutzungsvertrag zustande gekommen ist,
aufgrund dessen die Beklagte ein Entgelt für die Netznutzung sowie für Messund Verrechnungsleistungen beanspruchen kann. Auch das lässt keinen
Rechtsfehler erkennen und entspricht der übereinstimmenden Auffassung der
Parteien.
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Zwar ist im Zweifel ein Vertrag über eine entgeltliche Leistung nicht geschlossen, solange sich die Parteien nicht über das Entgelt oder die Art und
Weise seiner Bestimmung geeinigt haben (§ 154 Abs. 1 BGB). Bei Netznutzungsverträgen entspricht es jedoch regelmäßiger Übung der Vertragsparteien,
die Netznutzung durch ein einseitig bestimmtes Entgelt abzugelten, das der
Netzbetreiber nach Art eines Tarifs zu bestimmten Zeitpunkten festlegt und das
- schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit
gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der
Vertrag geschlossen wird. Die Netzbetreiber haben dabei - wie auch die Beklagte - jedenfalls in dem hier in Rede stehenden Zeitraum für sich in Anspruch
genommen, bei der Ermittlung des Entgelts nach den Preisfindungsprinzipien
-6-
der Verbändevereinbarung Strom II plus zu verfahren und verfahren zu dürfen,
was voraussetzt, dass das Entgelt von ihnen als denjenigen festgesetzt wird,
denen die nach der Verbändevereinbarung maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Preisfindung zugänglich sind. Ein solches Preisbestimmungsrecht wird andererseits auch den Interessen des Netznutzers gerecht, da
die einseitige Preisbestimmung an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist.
Auch im Streitfall hat die Klägerin ein Preisbestimmungsrecht der Beklagten
nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich die Angemessenheit der konkret verlangten Entgelte in Zweifel gezogen. Bei dieser Sachlage ist die Lücke,
die der Vertrag hinsichtlich der Regelung des Netznutzungsentgelts aufweist,
durch die Anwendung des § 315 BGB zu schließen. Ein Preisbestimmungsrecht
der Beklagten nach dieser Vorschrift entspricht dem beiderseitigen Parteiinteresse und mutmaßlichen Willen und kann daher als das hierzu am besten
geeignete gesetzliche Regelungsmodell zur Ausfüllung der Lücke dienen, die
der Vertrag hinsichtlich der Regelung des Netznutzungsentgelts aufweist (vgl.
BGHZ 41, 271, 276 - Werkmilchabzug; BGH, Urt. v. 19.1.1983 - VIII ZR 81/82,
NJW 1983, 1777).
13
Der Anwendung der Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte wie jeder Netzbetreiber der Klägerin ihr Netz zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen hatte, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihr in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in
Rechnung gestellt werden (§ 6 Abs. 1 EnWG i.d.F. vom 26.8.1998) und seit
dem 24. Mai 2003 zudem von Gesetzes wegen guter fachlicher Praxis zu entsprechen hatten (§ 6 Abs. 1 EnWG i.d.F. vom 20.5.2003). Hierdurch wird der
allgemeine Maßstab des billigen Ermessens, den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht,
nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr konkretisiert (BGH, Urt. v. 18.10.2005
-7-
- KZR 36/04, WRP 2006, 253, Tz. 12 f. - Stromnetznutzungsentgelt I, für BGHZ
vorgesehen).
14
2. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die Entgeltbestimmung der Beklagten in diesem Sinne billigem Ermessen entspricht, da sie
nach § 315 Abs. 3 BGB nur dann für die Klägerin verbindlich ist. Die Annahme
des Berufungsgerichts, dieser Prüfung auch deshalb enthoben zu sein, weil in
erster Instanz unstreitig gewesen sei und in zweiter Instanz von der Klägerin
nicht mehr bestritten werden könne, dass die Beklagte das Netznutzungsentgelt
nach den Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur Verbändevereinbarung
Strom II plus ermittle, und damit vermutet werde, dass das Netznutzungsentgelt
guter fachlicher Praxis entspreche, ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern
beeinflusst.
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a) Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht an die tatbestandliche Feststellung des Landgerichts gebunden gesehen, die Beklagte habe ihre Preise
nach der Verbändevereinbarung Strom II plus gebildet. Eine solche bindende
Feststellung enthält das erstinstanzliche Urteil schon deshalb nicht, weil es insoweit widersprüchlich ist.
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Zwar heißt es im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, nach dem
Vorbringen der Klägerin berechne die Beklagte das Netznutzungsentgelt und
das Entgelt für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen unzulässig und
unzutreffend auf der Grundlage der Verbändevereinbarung. Bereits die Qualifikation dieser Berechnung als "unzutreffend" lässt jedoch das Verständnis zu,
die Verbändevereinbarung sei nicht richtig angewandt worden. Zudem enthalten die Entscheidungsgründe die materiell einen Teil des Tatbestands darstellende Bemerkung, von der Klägerin sei von Anfang an in Unkenntnis der Kalkulationsgrundlagen der Beklagten in Zweifel gezogen worden, ob die Preisfin-
-8-
dungsprinzipien der Verbändevereinbarung von der Beklagten richtig angewandt worden seien.
17
b) Auch aus den vom Berufungsgericht ausgewerteten erstinstanzlichen
Schriftsätzen der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie die Beachtung der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus durch die Beklagte
eingeräumt hätte. Wie im Berufungsurteil ausgeführt, hat die Klägerin dies vielmehr in Abrede gestellt, mag dies auch, wie das Berufungsgericht meint, "vereinzelt" geblieben sein.
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c) Im Übrigen konnte die (richtige) Anwendung der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus auch deshalb in erster Instanz
nicht "unstreitig" sein, weil es sich hierbei nicht um eine Tatsache, sondern um
eine - betriebswirtschaftliche Sachkunde erfordernde - rechtliche Wertung handelt (BGH WRP 2006, 253, Tz. 18 - Stromnetznutzungsentgelt I). Dass die Beklagte indessen Vortrag etwa zu den Einzelheiten der kalkulatorischen Kostenund Erlösrechnung gehalten hätte, den die Klägerin hätte unstreitig stellen können (und der sodann die Wertung hätte erlauben können, dass die Beklagte
das Netznutzungsentgelt in Übereinstimmung mit den Preisfindungsprinzipien
der Anlage 3 zur Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelt), ist dem
erstinstanzlichen Urteil - und auch dem Berufungsurteil - nicht zu entnehmen
und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.
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d) Das Berufungsgericht war der Überprüfung des Entgelts am - durch
§ 6 Abs. 1 EnWG konkretisierten - Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB auch nicht
deshalb enthoben, weil die Klägerin zur Unbilligkeit nicht hinreichend vorgetragen hätte. Denn nicht die andere Vertragspartei hat die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darzulegen; vielmehr hat derjenige, dem das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist und der typischerweise auch allein dazu in der
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Lage ist, die Billigkeit seiner Bestimmung darzutun (BGH, Urt. v. 30.4.2003
- VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131, 3132). Zahlt die andere Vertragspartei - wie
hier die Klägerin - nur unter Vorbehalt, gilt dies auch im Rückforderungsprozess
(BGH, Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2922; BGH WRP 2006,
253, Tz. 19 - Stromnetznutzungsentgelt I).
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III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da der Rechtsstreit nicht
zur Endentscheidung durch den Senat reif ist, ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das
weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung bestehen keine
Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit des Klageantrags (§ 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Entspricht die Leistungsbestimmung durch die Beklagte, wie
von der Klägerin geltend gemacht, nicht der Billigkeit, wird die Bestimmung
durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung fällig (BGH, Urt. v. 24.11.1995
- V ZR 174/94, NJW 1996, 1054, 1056; BGH NJW 2005, 2919, 2920). Da die
Darlegungslast für die Angemessenheit des Entgelts bei der Beklagten liegt,
kann von der Klägerin nicht erwartet werden, dass sie ein bestimmtes Ergebnis
der Leistungsbestimmung in ihrem Antrag vorwegnimmt.
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2. In der Sache muss zunächst die Beklagte Gelegenheit erhalten, zur
Angemessenheit ihrer Tarife vorzutragen. Denn die Vorinstanzen hatten nach
ihrem Rechtsstandpunkt keine Veranlassung, die Beklagte auf ihre Darlegungslast hinzuweisen.
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3. Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass die Beklagte der Ermittlung der von ihr verlangten Preise die Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur
Verbändevereinbarung Strom II plus zugrunde gelegt hat, wird es zu beachten
- 10 -
haben, dass die Preisfindungsprinzipien, die die Erfordernisse guter fachlicher
Praxis im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG a.F. konkretisieren sollen, ihrerseits im Lichte der Zielsetzung des § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG a.F. auszulegen
und anzuwenden sind, und sich bei der Anwendung erforderlichenfalls sachverständiger Hilfe bedienen müssen. Da nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. die
Vermutungswirkung zugunsten guter fachlicher Praxis entfällt, wenn die Anwendung der Verbändevereinbarung insgesamt oder die Anwendung einzelner
Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet ist, wirksamen Wettbewerb zu
gewährleisten, kann ferner keine Rede davon sein, dass der Gesetzgeber, wie
das Berufungsgericht meint, der Verbändevereinbarung ein "Richtigkeitstestat"
ausgestellt hätte. Vielmehr wird sich das Berufungsgericht mit den von der Klägerin vorgetragenen Einwendungen gegen die Eignung bestimmter Bestandteile der Preisfindungsprinzipien zur Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs
auseinandersetzen müssen. Schließlich wird das Berufungsgericht zu beachten
haben, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. nur bis zum 31. Dezember
2003 bei Einhaltung der Verbändevereinbarung die Erfüllung der Bedingungen
guter fachlicher Praxis vermutet wurde (BGH WRP 2006, 253, Tz. 25 ff.
- Stromnetznutzungsentgelt I).
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4. Soweit in die Prüfung am Maßstab des § 6 Abs. 1 EnWG a.F. nicht bereits alle kartellrechtlich relevanten Gesichtspunkte einfließen sollten, wird
schließlich der Einwand der Klägerin zu erörtern sein, die Beklagte habe die
marktbeherrschende Stellung missbraucht, die sie als Netzbetreiber innehat.
Denn nach § 6 Abs. 1 Satz 6 EnWG a.F. bleiben § 19 Abs. 4 und § 20 Abs. 1
und 2 GWB unberührt; die kartellrechtliche Prüfung ist daher von der energiewirtschaftsrechtlichen grundsätzlich unabhängig (BGHZ 156, 379, 387 - Strom
und Telefon I; BGH, Beschl. v. 28.6.2005 - KVR 17/04, WuW/E DE-R 1513,
1514 - Stadtwerke Mainz). Erst recht bleibt - entgegen der Auffassung des
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Berufungsgerichts - Art. 82 EG unberührt, dessen Anwendungsbereich nicht zur
Disposition des nationalen Gesetzgebers steht.
Hirsch
Ball
Meier-Beck
Bornkamm
Strohn
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 10.02.2004 - 41 O 38/03 KfH OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.02.2005 - 2 U 83/04 -