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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
KZR 33/06
vom
25. September 2007
in dem Rechtsstreit
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 durch
den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bornkamm sowie die Richter Dr. Raum, Prof. Dr. Meier-Beck
und Dr. Kirchhoff
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Streitwert: 100.000 €.
Gründe:
1
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil kein Grund für
eine Zulassung der Revision besteht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts
(§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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Allerdings rügt die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht (OLG München, WuW/E DE-R 1887) den sachlich-relevanten
Markt unzutreffend abgegrenzt hat. Die Klägerin, die sogenanntes Wärmecontracting aus einer Hand anbietet, will von den beklagten Stadtwerken belie-
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fert werden, um ihrerseits die Endverbraucher – zusammen mit anderen Leistungen – mit Fernwärme zu versorgen. Von diesem Ausgangspunkt hätte deshalb der sachlich-relevante Markt bestimmt werden müssen. Das von der Klägerin nachgefragte Gut (Fernwärme) bestimmt die Marktabgrenzung. Die Fernwärme ist für die Klägerin nicht austauschbar, weil ihre Kunden Fernwärmeanschlüsse haben. Demnach hätte – wie der Senat in einem vergleichbaren Fall
bereits entschieden hat (BGH, Beschl. v. 13.12.2005 – KVR 13/05,
WuW/E DE-R 1726, 1728 Tz. 13 – Stadtwerke Dachau) – das Berufungsgericht
nicht auf den Markt der Endverbraucher und deren Ausweichmöglichkeiten abstellen dürfen.
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Dieser Mangel erfordert gleichwohl keine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil sich
das Urteil des Berufungsgerichts aufgrund der hilfsweise vorgenommenen zutreffenden Interessenabwägung als richtig erweist. Das Berufungsgericht hat
einen Belieferungsanspruch der Klägerin abgelehnt, weil die Beklagte bereits
hinsichtlich des identischen Grundstücks mit demselben Grundstückseigentümer, den die Klägerin ihrerseits beliefern will, einen Vertrag über die Belieferung
mit Fernwärme abgeschlossen hatte, an den der Grundstückseigentümer nach
§ 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV noch gebunden ist. Diese Erwägung ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation für die Interessenabwägung nicht vergleichbar
mit den vom Senat entschiedenen Fällen „Stadtwerke Dachau“ (WuW/E DE-R
1726) und „Arealnetz“ (BGHZ 163, 296). Das Belieferungsbegehren der Klägerin ist unter dem Gesichtspunkt der Zielsetzung des Kartellgesetzes, die Offenheit des Marktzugangs sicherzustellen, kaum förderlich, weil die Klägerin nicht
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selbst Fernwärme durchleiten will. Vielmehr will die Klägerin lediglich als Abnehmerin am Hausanschluss des Grundstückseigentümers zwischengeschaltet
werden. Eine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt für
Fernwärme ist hierdurch nicht erkennbar. Der Belieferungswunsch der Klägerin
dient allenfalls dazu, durch die Koppelung von Wärmebezug und Wärmedienstleistung die Bindung ihrer eigenen Kunden zu verstärken und damit die Offenheit des nachgelagerten Marktes für Wärmedienstleistungen zu beeinträchtigen.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt eine Zulassung der Revision auch nicht deshalb in Betracht, weil das Berufungsgericht
von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg (NJOZ 2005, 4115)
abgewichen wäre. Das Oberlandesgericht Naumburg bejaht in der genannten
Entscheidung eine Belieferungspflicht des Betreibers des Fernwärmenetzes an
ein Unternehmen, das – ähnlich wie die Klägerin – umfassende Wärmedienstleistungen anbietet. Dem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg lässt sich
allerdings nicht entnehmen, wie lange dort der Vertrag des Fernwärmelieferanten mit dem Grundstückseigentümer bestanden hatte und ob der Vertrag nach
§ 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV für den Abnehmer schon kündbar war. Zudem ist
die Interessenabwägung im Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg maßgeblich davon beeinflusst, dass nach dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt ein
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Anschluss- und Benutzungszwang bestanden hatte. Im Hinblick auf diese wesentliche Abweichung im Sachverhalt ist – wie das Berufungsgericht zutreffend
ausgeführt hat – eine Zulassung der Revision nicht geboten.
Hirsch
Bornkamm
Meier-Beck
Raum
Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 30.03.2006 - 4 HKO 18530/05 OLG München, Entscheidung vom 19.10.2006 - U (K) 3090/06 -