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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IXa ZB 44/03
vom
25. Juni 2004
in dem Zwangsverwaltungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZwVerwVO § 25; ZwVwV § 18 Abs. 1 Satz 2 und 3
Dem Zwangsverwaltungsbeschlag unterliegende Miet- oder Pachtrückstände, die
von dem Zwangsverwalter nicht eingezogen werden, können wegen Mißverhältnisses zwischen der Mindestvergütung und der entfalteten außergerichtlichen Inkassotätigkeit eine Erhöhung der Zwangsverwaltervergütung gebieten, auch wenn die
Rückstände bereits vor Anordnung der Zwangsverwaltung aufgelaufen waren. Diese
Erhöhung ist schon für die Abrechnungszeiträume 2000 bis 2003 nach den in § 18
Abs. 1 Satz 2 und 3 ZwVwV geregelten Grundsätzen auf 20 v.H. der Einzugsvergütung zu bemessen.
BGH, Beschluß vom 25. Juni 2004 - IXa ZB 44/03 - LG Stuttgart
AG Ludwigsburg
-2-
Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Raebel, von
Lienen, die Richterinnen Dr. Kessal-Wulf, Roggenbuck und den Richter Zoll
am 25. Juni 2004
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom
25. November 2002 geändert:
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3) wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen die Vergütung des Beteiligten
zu 1) für das Jahr 2000 auf 489,47 € zuzüglich 8,24 € Erstattung
von Fahrauslagen sowie 79,63 € Ersatz von Umsatzsteuer, zusammen 577,34 € (= 1.129,18 DM), festgesetzt.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird als unzulässig verworfen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie die Festsetzung für das Jahr 2000 betrifft, im übrigen wird
sie als unzulässig verworfen.
Von den gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen
die Beteiligte zu 2) 79 v.H. und der Beteiligte zu 3) 21 v.H.
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Der Beteiligte zu 1) hat 58 v.H. der außergerichtlichen Kosten des
Beteiligten zu 3) im Beschwerdeverfahren zu tragen.
Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Beteiligten zu 1) 90 v.H. und den Beteiligten zu 2) und 3) jeweils
5 v.H. der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1) zur
Last.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
1.720,78 € (= 3.365,55 DM).
Gründe:
I.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2) ordnete das Amtsgericht Ludwigsburg
am 1. Dezember 2000 die Zwangsverwaltung des vorbezeichneten Grundbesitzes an, welcher aus Büroflächen im Teileigentum sowie vier Tiefgaragenstellplätzen besteht. Zum Zwangsverwalter wurde der Beteiligte zu 1) bestellt,
der das Objekt am 14. Dezember 2000 in Besitz nahm. Die Räumlichkeiten und
Stellplätze waren einer gewerblichen Mieterin überlassen, die monatlich eine
Grundmiete von 6.850 DM, Nebenkostenvorauszahlung von 370 DM und Umsatzsteuererstattung von 1.155,20 DM schuldete. Diese Zahlungen waren seit
Jahresmitte 2000 rückständig. Nachdem der Zwangsverwalter trotz schriftlicher
Aufforderung keine Zahlungen der Mieterin erlangte, wurde die Zwangsverwal-
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tung am 2. Februar 2002 infolge Antragsrücknahme der Beteiligten zu 2) aufgehoben.
Der Beteiligte zu 1) beantragte, seine Vergütung nach § 24 ZwVerwVO
nebst Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuer auf 4.168,69 DM für das Jahr
2000 und auf 1.285,43 DM für das Jahr 2001 festzusetzen. Die Beteiligte zu 2)
wendete gegen die Vergütungsforderung für das Jahr 2000 ein, daß in ihre
Bemessung Mietrückstände aus der Zeit vor Anordnung der Zwangsverwaltung
nicht einzubeziehen seien. Der Gesamtumfang der Verwaltertätigkeit rechtfertige auch keinesfalls die insgesamt beanspruchten 5.454,12 DM. Der Beteiligte
zu 3) meinte, die Vergütung bestimme sich nach § 24 Abs. 3 ZwVerwVO, weil
Mieten nicht eingezogen worden seien. Daraus ergebe sich ein Gesamtvergütungsanspruch des Zwangsverwalters für die Jahre 2000 und 2001 von nur
215,90 DM. Dieser Auffassung schloß sich die Beteiligte zu 2) an.
Das Amtsgericht setzte die Vergütung des Zwangsverwalters antragsgemäß fest. Das Landgericht ermäßigte auf die sofortigen Beschwerden der
Beteiligten zu 2) und 3) die Festsetzung für das Jahr 2000 einschließlich barer
Auslagen von 16,12 DM und Ersatz von Umsatzsteuer in Höhe von 110,78 DM
auf insgesamt 803,16 DM. Für das Jahr 2001 bestätigte es die Festsetzung
des Amtsgerichts unter Berichtigung eines Rechenfehlers von 0,01 DM.
Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) mit dem Ziel, die amtsgerichtliche Festsetzung wiederherzustellen.
II.
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Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde
ist nach § 575 ZPO auch im übrigen zulässig, soweit sie die Vergütungsfestsetzung für das Jahr 2000 angreift. Sie ist dagegen unzulässig, soweit sie sich
auch gegen die Vergütungsfestsetzung für das Jahr 2001 wendet; denn für diesen Gegenstand fehlt es dem Beteiligten zu 1) an einer Beschwer. Die Festsetzung der Vorinstanzen entspricht seinem Antrag.
Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde von Amts wegen zu prüfen. Da die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 28. Mai
2001 nach § 793 Abs. 1, § 577 Abs. 2 ZPO a.F. verfristet war, ist dieses
Rechtsmittel auf die insoweit begründete Rechtsbeschwerde des Beteiligten
zu 1) als unzulässig zu verwerfen. Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts wurde der Beteiligten zu 2) am 22. Mai 2001 zugestellt. Die hiergegen
gerichtete - als Erinnerung bezeichnete - sofortige Beschwerde vom 1. Juni
2001 ist erst am 6. Juni 2001, mithin um einen Tag verspätet, bei dem Amtsgericht Ludwigsburg eingegangen.
Gegenüber der Änderung der erstinstanzlichen Vergütungsfestsetzung
auf die zulässige sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3) ist die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) teilweise begründet und führt insoweit nach
§ 577 Abs. 5 ZPO zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
ausgeführt, der Zwangsverwalter könne keine Vergütung auf der Grundlage
von Mietrückständen fordern, die bereits vor Anordnung der Zwangsverwaltung
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aufgelaufen seien. Dagegen habe er nach diesem Zeitpunkt entstandene Mietforderungen auch dann im Sinne von § 24 Abs. 1 ZwVerwVO "eingezogen",
wenn sein Inkassoversuch mißlungen sei; denn es komme vergütungsrechtlich
nicht auf den Erfolg der Mühewaltung an.
2. In beiden Vorfragen hat das Beschwerdegericht die hier nach § 25 der
Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I
S. 2804) noch anwendbare Verordnung über die Geschäftsführung und die
Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970 (BGBl. I S. 185
- ZwVerwVO) rechtsfehlerhaft ausgelegt.
a) Die Rechtsverfolgung des Zwangsverwalters erstreckt sich nach § 8
ZwVwV auch auf die Rückstände an Mieten oder Pachten, die im Jahre vor der
Anordnung der Zwangsverwaltung fällig geworden und von der Beschlagnahmewirkung gemäß § 148 Abs. 1 Satz 1, §§ 21 ZVG, 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB
erfaßt sind. Die Verpflichtung des Verwalters zur Geltendmachung solcher Forderungen einschließlich der Nebenkosten folgt jedoch auch bereits unmittelbar
aus § 152 Abs. 1 Halbsatz 2 ZVG und war daher schon vor Inkrafttreten der
Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003 geltendes Recht (vgl.
BGH, Urt. v. 26. März 2003 - VIII ZR 333/02, ZfIR 2003, 528, 529). Erstreckt
sich die Rechtsverfolgung des Zwangsverwalters - wie hier - auf die Einforderung von Mietrückständen aus der Zeit vor dem Anordnungsbeschluß, die dem
Zwangsverwaltungsbeschlag unterliegen, kann bei der Berechnung der
Zwangsverwaltervergütung entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichtes
dieser Teil der Verwaltertätigkeit nicht außer Betracht gelassen werden. Er
muß vielmehr in gleicher Weise vergütungswirksam sein wie die (erfolglose)
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Einforderung von Rückständen, die nach Anordnung der Zwangsverwaltung
fällig geworden sind.
b) Bei Grundstücken, die durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, erhält der Verwalter von den im Kalenderjahr eingezogenen Beträgen
nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ZwVerwVO in der Auslegung des Bundesgerichtshofs
vom 12. September 2002 (BGHZ 152, 18) von den ersten 1.500 € 9 v.H., von
dem Mehrbetrag bis zu 3.000 € 8 v.H., von dem weiteren Mehrbetrag bis zu
4.500 € 7 v.H. und von dem darüber hinausgehenden Betrag 6 v.H. Die Mindestvergütung des Zwangsverwalters gemäß § 24 Abs. 3 ZwVerwVO beträgt
nach Inbesitznahme des Grundstücks für jedes angefangene Kalenderjahr
90 €.
Wie die Systematik der Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember
2003 bestätigt, sind nicht realisierte Mietforderungen im Einklang mit dem
Wortlaut von § 24 Abs. 1 ZwVerwVO nach dieser Bestimmung nicht vergütungswirksam. In den nunmehr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZwVwV eigenständig geregelten Fällen vertraglich geschuldeter, nicht eingezogener Mieten
oder Pachten kannte das hier noch anwendbare alte Vergütungsrecht außer
der Mindestvergütung des § 24 Abs. 3 ZwVerwVO nur eine Mißverhältnisvergütung gemäß § 25 ZwVerwVO (vgl. auch den Senatsbeschluß in der Sache IXa
ZB 30/03 vom heutigen Tage, z.V.b., unter II. 4.).
c) Nach § 24 Abs. 3 ZwVerwVO hätte der Beteiligte zu 1) für das Jahr
2000 nur einen Anspruch auf die Mindestvergütung von 90 €. Nach § 18 Abs. 1
Satz 2 und 3 ZwVwV stünden dem Rechtsbeschwerdeführer als Vergütung aufgrund der geschuldeten, aber nicht eingezogenen Mieten der Monate Juli bis
- 8 -
bis Dezember 2000 von zusammen 25.693,03 € insgesamt 20 v.H. der Vergütung zu, die er bei Einziehung dieser Mieten erhalten hätte.
Die neuen Vorschriften erhalten für die Vergütung des Zwangsverwalters
den direkten Bezug zur verwalteten Masse und setzen einen Anreiz, Außenstände möglichst effektiv beizutreiben. Der Sockel von 20 v.H. will zugleich sichern, daß auch erfolglose Maßnahmen des Verwalters für den Regelfall angemessen vergütet werden (vgl. BR-Drucks. 842/03, S. 16). Sie erreichen dieses Ziel jedenfalls für die Versendung von Mahnschreiben durch den Zwangsverwalter und andere außergerichtliche Inkassobemühungen. Zusätzliche Tätigkeit hat auch der Beteiligte zu 1) im Beschwerdefall zur Beitreibung der Mietrückstände nicht entfaltet. Nach dem gesetzlichen Regelungsauftrag des
§ 152a ZVG ist die Abstufung des § 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZwVwV in dieser
Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. Sie kann auf die Bemessung eines
Mißverhältniszuschlages nach § 25 ZwVerwVO für erfolglose Versuche des
Mietinkassos entsprechend übertragen werden.
Die Vorschriften des § 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZwVwV sind zwar für den
Abrechnungszeitraum 2000 noch nicht unmittelbar anzuwenden. Sie bezeichnen aber das Ausmaß des Mißverhältnisses, welches es gebietet, über die
Mindestvergütung des § 24 Abs. 3 ZwVerwVO hinaus nach § 25 ZwVerwVO
eine höhere Vergütung zuzubilligen. Der Senat hat bereits in seinem Beschluß
vom 27. Februar 2004 (IXa ZB 37/03, ZInsO 2004, 382 m.Anm. Haarmeyer)
ausgesprochen, daß die wirtschaftlichen und aufwandsbezogenen Bemessungsgrößen der Zwangsverwaltervergütung für Abrechnungszeiträume nach
dem 31. Dezember 2003 angesichts der in den letzten Jahren weitgehend konstant gebliebenen Verhältnisse auch schon für die Jahre 2000 bis 2003 Gel-
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tung beanspruchen können. Dieser Befund bezog sich seinerzeit zwar nur auf
die Stundensatzvergütung gemäß § 26 ZwVerwVO. Er liegt jedoch für die
mietertragsbezogene
Vergütung
nicht
anders
(vgl.
dazu
auch
den
Senatsbeschluß vom heutigen Tage - IXa ZB 30/03, z.V.b.) und muß gleichfalls
für
die
Beurteilung
eines
etwaigen
Mißverhältnisses
zwischen
dem
Mindesthonorar des Zwangsverwalters nach § 24 Abs. 3 ZwVerwVO und einer
angemessenen Abgeltung seiner Mühewaltung für den erfolglos gebliebenen
Mieteneinzug herangezogen werden.
Der Mißverhältniszuschlag gemäß § 25 ZwVerwVO für den Abrechnungszeitraum des Jahres 2000 hat danach bei erfolglos geltend gemachten
Forderungen in Höhe von 25.693,03 € auszugehen von einer Einzugsvergütung, die sich wie folgt errechnet:
1.500,00 € mit 9 v.H. =
135,00 €
1.500,00 € mit 8 v.H. =
120,00 €
1.500,00 € mit 7 v.H. =
105,00 €
21.193,03 € mit 6 v.H. =
1.271,58 €
Grundbetrag zusammen
1.631,58 €.
Multipliziert mit dem Steigerungsfaktor von 1,5 (vgl. heutiger Senatsbeschluß - IXa ZB 30/03, z.V.b.) ergibt sich daraus eine hypothetische Einzugsvergütung von 2.447,37 € im Abrechnungszeitraum 2000. Hiervon steht dem
Beteiligten zu 1) entsprechend § 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV als Mißverhältnisvergütung gemäß § 25 ZwVerwVO ein Anteil von 20 v.H. zu, in welchem das
Mindesthonorar gemäß § 24 Abs. 3 ZwVerwVO aufgeht.
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Zu der hiernach errechneten Vergütung von 489,47 € kommen hinzu die
Erstattung unstreitiger Fahrkosten von 8,24 € und der Ersatz der Umsatzsteuer
gemäß § 23 ZwVerwVO in Höhe von 79,63 €, welches einen Festsetzungsbetrag
für
den
Abrechnungszeitraum
2000
von
insgesamt
577,34 €
(= 1.129,18 DM) ergibt.
III.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde folgt aus dem für das Jahr
2000 geforderten und vom Amtsgericht festgesetzten Gesamtbetrag von
2.131,42 € abzüglich der dem Beteiligten zu 1) vom Landgericht zugebilligten
410,64 € mit 1.720,78 €. Für das Beschwerdeverfahren verbleibt es bei der
zutreffenden Wertfestsetzung des Landgerichts.
Raebel
v. Lienen
Roggenbuck
Kessal-Wulf
Zoll