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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 76/00
Verkündet am:
27. November 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ:
ja
nein
BGB §§ 675, 567 Satz 1 a.F. (544 Satz 1 n.F.); ApothG § 8 Satz 2
Zur haftungsausfüllenden Kausalität, wenn ein Rechtsanwalt bei Verhandlungen zur
Änderung eines langfristigen Mietvertrages über Apothekenbetriebsräume die rechtlichen Grenzen mißachtet, die sich aus dem apothekenrechtlichen Verbot der Umsatzmiete und dem unabdingbaren Kündigungsrecht der Mietvertragsparteien bei
einseitiger Verlängerung der Mietdauer durch Ausübung entsprechender Optionen
über die Zeitgrenze von 30 Jahren hinaus ergeben.
BRAO § 51 a.F., § 51b n.F. 1. Fall
Verhandeln Mietvertragsparteien über einen Baukostenzuschuß des Mieters, so entsteht bei anwaltlich verschuldetem Einigungsmangel der Schadensersatzanspruch
des Vermieters gegen seinen Rechtsanwalt erst, wenn sich das Risiko des vertragslosen Zustandes verwirklicht.
BGH, Urteil vom 27. November 2003 - IX ZR 76/00 - OLG Hamm
LG Münster
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Bergmann und
 
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 28. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Dezember 1999 im Umfang der Annahme einschließlich des Kostenpunktes aufgehoben
und der Rechtsstreit insoweit zur anderweiten Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die klagende BGB-Gesellschaft ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in G.
. Sie nimmt die beklagten Rechtsanwälte auf Scha-
densersatz in Anspruch, weil ein Kostenzuschuß für den Umbau zweier Wohnungen in Arztpraxen mit der Mieterin der im Erdgeschoß des Hauses belegenen Apothekenbetriebsräume nicht wirksam vereinbart worden ist.
Wegen des Umbaus schwebten seit dem Mai 1991 Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Mieterin der Apothekenbetriebsräume über eine
Beteiligung an den entstehenden Kosten. Die Mieterin äußerte in Schreiben
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vom 12. und 19. Juli 1991 ihre Bereitschaft, auf den Wunsch der Vermieterseite einzugehen, stellte dafür jedoch Bedingungen, die sich auf die Wirtschaftlichkeit der Apotheke, die Dauer des Rechtsverhältnisses und Kaufoptionen bezogen. In der Folgezeit wurde mit dem Umbau begonnen. Im Oktober
beauftragte die Klägerin die Beklagten, sie bei den Vertragsverhandlungen mit
der Mieterin zu beraten. Der Beklagte zu 2 unterbreitete der Mieterin für seine
Partei mit Schreiben vom 30. Oktober 1991 einen Vertragsentwurf und einen
weiteren Vertragsentwurf unter dem Datum des 12. November 1991.
Mit Schreiben vom 13. und 24. November 1991 verlangte die Mieterin im
Gegenzug für die erörterten Zuschüsse eine von der Vermieterseite wahlweise
zu erfüllende weitere Mietoption über das Jahr 2022 hinaus oder eine Kaufoption ohne Überschreitung des ortsüblichen Preises. Mit Schreiben vom
6. Dezember 1991, dessen Zugang die Klägerin bestreitet, "widerrief" die Mieterin ihre früheren Erklärungen, einen Umbaukostenzuschuß zu leisten, weil
die Klägerin keines ihrer "Angebote rechtsverbindlich angenommen" habe. Sie
kündigte jedoch Zahlungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an.
Am 17. Dezember 1991 fand eine Besprechung im Büro der Beklagten
statt, bei der die Parteien dieses Rechtsstreits übereinkamen, "die Angelegenheit wegen möglicher Rückfragen auf zwei Jahre zu verfristen". Die Mieterin
zahlte nach Fertigstellung des Umbaus ab April 1992 bis einschließlich Februar 1995 Aufstockungen zur Miete entsprechend ihrer letzten Bereitschaftserklärung, stellte ihre Zuschußzahlungen ab März 1995 jedoch ein.
Die von der Klägerin, vertreten durch die Beklagten, daraufhin im Februar 1996 erhobene Klage auf Fortentrichtung des Umbaukostenzuschusses ge-
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gen die Mieterin blieb in erster Instanz erfolglos. Das Landgericht war der Auffassung, die Vereinbarung mit der Mieterin habe der nach § 313 BGB a.F. (jetzt
§ 311b BGB) vorgeschriebenen Form ermangelt. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin wurde zurückgenommen.
Die Klägerin verlangt im gegenwärtigen Rechtsstreit Ersatz der in den
Monaten März 1995 bis März 1997 entgangenen Mietaufstockungen sowie Ersatz der im Vorprozeß gegen die Mieterin entstandenen Kosten. Zusätzlich beantragt sie festzustellen, daß ihr die Beklagten hinsichtlich des ab April 1997
entstehenden weiteren Schadens gleichfalls ersatzpflichtig sind.
Das Landgericht hat der Klage wegen des Kostenschadens aus dem
erfolglosen Vorprozeß in Höhe von 8.464,05 DM nebst Zinsen stattgegeben
und sie im übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zur
Zahlung weiterer 78.000 DM wegen des entgangenen Umbaukostenzuschusses verurteilt, die von den Klägern beantragte Feststellung ausgesprochen und
die gegen einen Teil der erstinstanzlichen Verurteilung gerichtete Anschlußberufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der
Beklagten, die der Senat mit Ausnahme ihrer weiterverfolgten Anschlußberufung angenommen hat.
Entscheidungsgründe:
Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet.
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I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte zu 2 habe die ihm
obliegenden anwaltlichen Beratungspflichten gegenüber der Klägerin verletzt.
Bei zutreffender rechtlicher Würdigung des Schreibens der Mieterin vom
19. Juli 1991 hätte er erkennen müssen, daß bislang eine rechtsverbindliche
Zahlungszusage für den Baukostenzuschuß nicht vorlag. Der Beklagte zu 2
hätte der Klägerin infolgedessen anraten müssen, sich im Sinne des Schreibens vom 19. Juli 1991 formwirksam mit der Mieterin zu verständigen. Es stehe
mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, daß auch die inzwischen
verstorbene weitere Gesellschafterin der Klägerin sich im Falle einer ordnungsgemäßen Beratung durch den Beklagten zu 2 entschlossen hätte, der
Mieterin im Wege eines notariell beurkundeten Vertrages neben einer weiteren
Mietoption über das Jahr 2022 hinaus für den Fall, daß das Teileigentum an
den Apothekenbetriebsräumen verkauft würde, ein Vorkaufsrecht zu gewähren
und dieses im Grundbuch sichern zu lassen. Die Schadensersatzforderung der
Klägerin sei auch nicht verjährt; denn das Mandatsverhältnis der Parteien habe
erst im Dezember 1993 geendet und die Beklagten treffe die verjährungsrechtliche Sekundärhaftung aufgrund des ihnen im Herbst 1995 erteilten Anschlußmandates.
II.
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
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1. Die mit Schreiben der rechtsunkundigen Mieterin vom 19. Juli 1991
erklärte Bereitschaft, der Klägerin einen "Investitionskostenzuschuß" für den
Ausbau einer internistischen Doppelpraxis im selben Hause zu zahlen, beruhte
auf der ausgesprochenen Erwartung eines mit dem Betrieb dieser Praxis verbundenen Umsatzzuwachses der Apotheke. Die in den Verhandlungen erörterte staffelweise Mietaufstockung als Zuschuß zu den Umbaukosten sollte
dementsprechend auch in zehn Jahren nach Maßgabe einer "Wirtschaftlichkeitsprüfung" bei einem Mißverhältnis des Kostenzuschusses zu den Umsatzverbesserungen der Apotheke einer Herabsetzung unterliegen. Später war eine zusätzliche Überprüfung nach Maßgabe der Mehrumsätze schon in Fristen
von drei bzw. einem Jahr Verhandlungsgegenstand, hätte sich insoweit nach
dem Unterschreiten einer Mehrumsatzschwelle von 500.000 DM aus Kassenrezepten der neuen Doppelpraxis aber nur für einen weiteren Aufstockungszuschlag von 6.000 DM jährlich ausgewirkt. An diesem Ziel der Leistungsbestimmung nach Umsatzentwicklung hat die Mieterin mit zunehmender Deutlichkeit,
zuletzt im Schreiben vom 24. November 1991, festgehalten. Bereits eine solche
Vereinbarung der Mietvertragsparteien hätte entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung und des Berufungsgerichts das gesetzliche Verbot von § 8
Satz 2, § 12 ApothG verletzt. Die Mieterin hat sich damit gegen die erfolglose
Klage auf Fortentrichtung der freiwilligen Umbaukostenzuschüsse auch verteidigt.
Nach § 8 Satz 2 ApothG sind Vereinbarungen, bei denen die Vergütung
für die dem Erlaubnisinhaber überlassenen Vermögenswerte am Umsatz oder
Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, darunter auch am Umsatz oder Gewinn
ausgerichtete Mietverträge, unzulässig. Das Verbot der Umsatzmiete gilt dabei
insbesondere für die Anmietung der Apothekenbetriebsräume. Eine umsatzab-
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hängige Miete für Apothekenbetriebsräume hatte die Rechtsprechung früher
gebilligt (vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1979 - VIII ZR 118/78, NJW 1979, 2351,
2352). Dem ist der Gesetzgeber jedoch mit Schaffung von § 8 Satz 2 ApothG in
der Fassung des Gesetzes vom 4. August 1980 (BGBl. I S. 1142) entgegengetreten (BGH, Urt. v. 6. Juni 1997 - V ZR 322/95, NJW 1997, 3091 f m. Anm.
Taupitz LM ApothG Nr. 7). Mit der Regelung des § 8 Satz 2 ApothG sollen sogenannte partiarische Rechtsverhältnisse, in denen sich der Gläubiger die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten des Betriebsinhabers der Apotheke
zunutze macht und an den Früchten der Apotheke partizipiert, vermieden werden. Für die Annahme eines partiarischen Rechtsverhältnisses muß sich aus
dem Gesamtgefüge der Vereinbarungen ergeben, daß die Parteien die Miete
am Umsatz oder Gewinn ausgerichtet haben und der Vermieter dadurch an den
Erträgnissen der Apotheke teil hat. Das kann auch der Fall sein, wenn ein
Mietsockel umsatzunabhängig vereinbart, ein wesentlicher Aufstockungsbetrag
der Gesamtmiete indessen am Umsatz oder Gewinn der Apotheke "ausgerichtet" ist. Diese Formulierung des Gesetzes weist auf die Zielsetzung hin, Geschäfte zur Umgehung des Verbotes einer Umsatzmiete zu verhindern. Für den
Tatbestand des § 8 Satz 2 ApothG genügt es, daß die Parteien in ihren Vorstellungen von einem Zusammenhang zwischen der Miethöhe und dem Umsatz
oder Gewinn ausgegangen sind und daß diese Verknüpfung in den Vereinbarungen ihren Niederschlag gefunden hat (BGH, Urt. v. 22. Oktober 1997 - XII
ZR 142/95, WM 1998, 609, 612). Das sollte nach den erklärten Verhandlungspositionen der Mietparteien auch hier der Fall sein.
Die staffelweise Mietaufstockung bezweckte, die Klägerin zur Finanzierung ihrer Umbaukosten an den infolge der neugeschaffenen Arztpraxen erwarteten Umsatzsteigerungen teilhaben zu lassen. Dieser Umsatzbezug war im
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Rahmen der Gesamtmiete für die Apothekenbetriebsräume wesentlich. Die
Mieterin wollte außerdem mit der nach zehn Jahren oder später vorgesehenen
"Wirtschaftlichkeitsprüfung" und den bereits kurzfristig - nach drei bzw. einem
Jahr - stattfindenden Zwischenprüfungen, ob ein Mehrumsatz von 500.000 DM
aus Kassenrezepten der Doppelpraxis unterschritten sei, ein Instrument in der
Hand behalten, um die Umsatzbezogenheit der Mieterhöhungsstaffel und des
Sonderzuschlags von bis zu 6.000 DM jährlich auch dann zu sichern, wenn die
ursprünglichen Erwartungen eines erweiterten Kundenzustroms aufgrund der
neugeschaffenen Arztpraxen nicht voll in Erfüllung gingen.
Diese Vereinbarungen hätten nur dann wirksam sein können, wenn § 8
Satz 2, § 12 ApothG mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig wären (an
der Verfassungsmäßigkeit zweifelnd z.B. Taupitz aaO). Es hätte daher im
Streitfall einer rechtlichen Beratung der Klägerin bedurft, die dieses mietrechtliche Wirksamkeitsrisiko verdeutlichte. Allerdings konnte in eine solche Beratung im Jahre 1991 noch nicht die spätere Klärung einfließen, die erst durch
das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Oktober 1997 (aaO) erreicht worden ist. Jedoch war schon vor dieser Entscheidung aufgrund des Gesetzeswortlauts erkennbar, daß das apothekenrechtliche Verbot der Umsatzmiete
dem Verhandlungsspielraum der Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall enge Grenzen setzen könnte. Welche Folgen insoweit aus einer pflichtgemäßen
Rechtsbelehrung der Klägerin erwachsen wären, ergeben die Feststellungen
des Berufungsgerichtes und der bisherige Sachvortrag der Parteien nicht. Die
Parteien müssen jedoch Gelegenheit erhalten, auf diesen veränderten rechtlichen Gesichtspunkt hin ihren bisherigen Vortrag zu ergänzen.
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2. Die Klägerin konnte ihrerseits eine entscheidende "Bedingung", welche die Mieterin für ihre in Aussicht gestellten Leistungen erhoben hatte, nach
§ 567 Satz 1 BGB (jetzt § 544 Satz 1 BGB) nicht erfüllen. Erst die Revision hat
auf die mit § 567 Satz 1 BGB a.F. im Streitfall verbundenen Schwierigkeiten im
Ansatz zutreffend hingewiesen.
Nach den genannten Bestimmungen kann ein Mietvertrag, der für längere Zeit als dreißig Jahre geschlossen ist, von jedem Teil unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist gekündigt werden. Kündbar sind nach § 567 Satz 1 BGB
a.F., § 544 Satz 1 BGB n.F. nicht nur Mietverträge, die von vornherein für eine
längere Zeit als dreißig Jahre abgeschlossen worden sind, sondern nach Ablauf der Dreißigjahresfrist auch solche Mietverhältnisse, die der Mieter durch
vor Beginn der Frist eingeräumte Optionen über diese Zeitgrenze hinaus einseitig verlängert hat (RGZ 130, 143, 146; Mittelstein, Die Miete 4. Aufl. S. 483
zu Fn. 6; Roquette, Mietrecht des BGB § 567 Rn. 2; BGB-RGRK/Gelhaar,
12. Aufl. § 567 Rn. 2; MünchKomm-BGB/Voelskow, 3. Aufl. § 567 Rn. 2 erster
Spiegelstrich; Soergel/Heintzmann, BGB 12. Aufl. § 567 Rn. 3; Staudinger/Emmerich, BGB 13. Bearb. 1997 § 567 Rn. 8; Palandt/Weidenkaff, BGB
63. Aufl. § 544 Rn. 4 f).
Das gesetzliche Kündigungsrecht nach § 567 Satz 1 BGB a.F., § 544
Satz 1 BGB n.F. ist in Fällen der Geschäftsraummiete - wie hier - auch nicht
zum Teil durch den sozialen Schutz des Wohnraummieters überlagert. Dieses
gesetzliche Kündigungsrecht bei Langzeitvermietung kann nicht abbedungen
werden (RGZ 66, 216, 218; 130, 143, 146; BGH, Urt. v. 27. September 1951 - I
ZR 85/50, LM BGB § 581 Nr. 2 unter I. 2. a; v. 20. November 1967 - VIII ZR
92/65, LM BGB § 581 Nr. 31 unter II. 2 b; OLG Hamburg ZMR 1998, 28, 29;
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Mittelstein, aaO; BGB-RGRK/Gelhaar, aaO Rn. 1; Staudinger/Emmerich, aaO
Rn. 4; Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht 8. Aufl. § 544 BGB Rn. 3; krit.
Roquette, aaO Rn. 1 und 6; Sternel, Mietrecht 3. Aufl. Teil IV Rn. 535). Der
Normzweck der genannten Bestimmung besteht trotz Weiterentwicklung des
Sachenrechts fort (MünchKomm-BGB/Voelskow, aaO Rn. 1). Das zwingende
Kündigungsrecht soll die Entstehung einer "Erbmiete" verhindern (vgl. RGZ 73,
341, 342 m.w.N.), mit der außerhalb des numerus clausus der Sachenrechte
und des Buchungszwangs der Grundstücksrechte die Verkehrsfähigkeit des
Grundeigentums gefährdet würde. Gerade auf eine "Erbmiete" an den Apothekenbetriebsräumen zielte die Verhandlungsposition der Mieterin ab, und zwar
nach ihren Schreiben vom 13. und 24. November 1991 noch klarer als zuvor.
Schon der Mietvertrag vom 14. Oktober 1987 konnte für das danach einseitig
bis 2022 verlängerbare Mietverhältnis das Kündigungsrecht der Klägerin im
letzten Optionszeitraum von 2017 bis 2022 nicht mehr ausschließen. Der vorausgegangene Zeitraum seit erster Anmietung der Apothekenbetriebsräume im
Jahre 1981 zählt zwar für die Berechnung der Dreißigjahresfrist nicht mit, sofern das Mietverhältnis 1987 freiwillig erneuert worden ist (vgl. BGH, Urt. v.
17. April 1996 - XII ZR 168/94, NJW 1996, 2028, 2029). Die von der Mieterin
gewünschte Rechtsposition für eine Verlängerung des Mietverhältnisses über
das Jahr 2022 hinaus konnte ihr in dem hier interessierenden Verhandlungszeitraum 1991/92 jedoch auch durch eine abermalige freiwillige Erneuerung
des Mietverhältnisses auf schuldrechtlichem Wege nicht verschafft werden.
Dasselbe galt teilweise für die von der Mieterin erstrebte rechtlich gesicherte Möglichkeit, das Teileigentum an den Apothekenbetriebsräumen zum
Verkehrswert ankaufen zu können, und zwar mindestens dann, wenn die Klägerin von dem unabdingbaren Mietkündigungsrecht Gebrauch machte. Bisher
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ist schon nicht festgestellt, daß die Klägerin mit einem solchen Ankaufsrecht
einverstanden gewesen wäre. Sie hat vorgetragen, daß von ihrer Seite eine
Bereitschaft, der Mieterin eine grundbuchlich (durch Vormerkung) gesicherte
unbedingte Kaufoption einzuräumen, nicht bestand (Berufungsbegründung
vom 30. Dezember 1998, S. 11 a.E. f, GA II 326 f). Andererseits wäre der Mieterin mit einem Vorkaufsrecht für den Fall einer Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht gedient gewesen. Selbst wenn indes die Klägerin bei einer
entsprechenden Belehrung bereit gewesen wäre, der Mieterin ein Ankaufsrecht
einzuräumen, stellt sich die Frage nach dessen Wirksamkeit. Denn das Ankaufsrecht hätte die Ausübung des der Klägerin zustehenden Kündigungsrechts nach Ablauf der Dreißigjahresfrist unverhältnismäßig erschwert. Schon
das Reichsgericht hat im nicht tragenden Teil der Entscheidung RGZ 73, 341,
343 Verpflichtungen für unwirksam gehalten, welche die nach § 567 Satz 1
BGB unabdingbare Kündigung so erschweren, daß auf diese Weise tatsächlich
eine Gebundenheit eintritt, die dem Gesetz widerspricht.
3. Inwieweit nach diesen Ausgangspunkten die Interessengegensätze
der Mietvertragsparteien in richtiger Erkenntnis der rechtlichen Schwierigkeiten
überhaupt hätten überwunden und von dem Beklagten zu 2 das Ergebnis in
eine rechtlich haltbare Vertragsform hätte gebracht werden können, läßt der
bisherige Sachvortrag nicht erkennen.
Wäre es danach, was das Berufungsgericht nach Zurückverweisung erneut zu prüfen haben wird, bei pflichtgemäßer Verhandlungsführung des Beklagten zu 2 zu einer anderen vertraglichen Einigung mit der Mieterin gekommen (vgl. zu den Möglichkeiten einer Mietverdinglichung etwa Maaß/Oprée,
ZNotP 1997, 8, 89; dagegen teilweise kritisch Wolfsteiner, ZNotP 1997, 88),
- 12 -
wird eine etwaige Belastung des Teileigentums mit der Vormerkung (oder einem dinglichen Recht) bei der Höhe des entstehenden Schadens zu berücksichtigen sein.
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III.
Die Klage ist gegenwärtig nicht zur Abweisung reif. Entgegen dem Angriff der Revision ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus unterbliebenem Vertragsschluß mit der Mieterin nicht verjährt. Verhandeln Mietvertragsparteien über einen Baukostenzuschuß des Mieters, so entsteht bei anwaltlich verschuldetem Einigungsmangel der Schadensersatzanspruch des
Vermieters gegen seinen Rechtsanwalt (§ 51 BRAO a.F., § 51b BRAO n.F.
1. Fall) erst, wenn sich das Risiko des vertragslosen Zustandes verwirklicht.
Dieser Schaden ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, im
Rechtssinne frühestens eingetreten, als die Mieterin ihre bis zum März 1995
freiwillig geleisteten Zahlungen einstellte. Noch zu diesem Zeitpunkt war eine
vertragliche Einigung der Mietparteien, wenn es überhaupt dafür einen Weg
gab, nicht verbaut. Das Schreiben der Mieterin vom 6. Dezember 1991, auf
welches die Revision abstellen möchte, zog nur die vorläufige Schlußfolgerung
aus den in Verkennung des rechtlichen Spielraums geführten, einstweilen
steckengebliebenen Verhandlungen.
Auch der vom Berufungsgericht angenommene Zeitpunkt der Mandatsbeendigung (§ 51 BRAO a.F., § 51b BRAO n.F. 2. Fall) ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Die Behauptung der Beklagten, daß ab Dezember 1991 Tätigkeiten ihrerseits weder gewünscht noch abgefordert wurden (Schriftsatz vom
13. Dezember 1997 S. 10 unter Nr. 8, GA I 151), steht den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht entgegen. Nach diesen Feststellungen sind die Parteien am 17. Dezember 1991 nur übereingekommen, die Angelegenheit wegen
möglicher Rückfragen der Klägerin auf zwei Jahre zu "verfristen". Eine Kündigung der Klägerin brauchte das Berufungsgericht hierin nach den §§ 133, 157
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BGB noch nicht zu sehen. Erst als sich innerhalb des genannten Zeitraums
Rückfragen nicht ergaben und infolgedessen weitere Tätigkeiten der Beklagten
nicht abgefordert wurden, haben die Parteien das Mandat im Dezember 1993
einvernehmlich beendet und die Kostenberechnung übersandt. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum verjährungsrechtlichen Sekundäranspruch gegen die Beklagten im Rahmen des Folgemandates werden von der Revision
nicht angegriffen und sind rechtlich bedenkenfrei.
Kreft
Ganter

Raebel