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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 161/01
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ:
Verkündet am:
18. April 2002
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
ja
ja
GesO § 11, KO § 3 Abs. 1, InsO § 38; SachenRBerG § 82; ZPO § 887 Abs. 2, § 894
Der Anspruch des Eigentümers gegen den Nutzer auf Beseitigung eines von diesem
auf fremdem Grundstück errichteten Gebäudes oder auf Erwerb der überbauten Fläche stellt ein Vermögensrecht dar, das zur Gesamtvollstreckungs-(Insolvenz-)tabelle
angemeldet werden kann.
GesO § 8 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Nr. 1; KO § 58 Nr. 2, § 59 Abs. 1 Nr. 1; InsO § 55
Abs. 1 Nr. 1, § 148 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1; SachenRBerG § 82
Der Umstand allein, daß der Gesamtvollstreckungs-(Insolvenz-)verwalter eine Sache
des Schuldners in Besitz nimmt, die sich auf einem fremden Grundstück in einem störenden Zustand befindet, begründet keine Haftung der Gesamtvollstreckungsmasse
für die Beseitigungskosten.
GesO § 13 Abs. 1 Nr. 1; KO § 3 Abs. 1, § 58 Nr. 2, § 59 Abs. 1 Nr. 1; InsO §§ 38, 55
Abs. 1 Nr. 1
Zivilrechtliche Ansprüche auf Beseitigung eines störenden Zustandes, der bei Eröffnung der Gesamtvollstreckung bereits eingetreten ist, verpflichten nicht dadurch die
Gesamtvollstreckungsmasse, daß sie erst nach der Verfahrenseröffnung geltend gemacht werden.
BGH, Urteil vom 18. April 2002 - IX ZR 161/01 -
OLG Brandenburg
LG Neuruppin
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Kayser
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 31. Mai 2001 wird auf Kosten
der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks in Brandenburg, auf dem die LPG "T. K." (nachfolgend: LPG) gemäß
Baugenehmigung aus dem Jahre 1964 eine Scheune errichtete. Wegen unterlassener Instandhaltungsmaßnahmen ist diese nicht mehr nutzbar, sondern
abrißreif. Am 1. November 1995 wurde über das Vermögen der LPG die Gesamtvollstreckung eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt. Nachdem
die Klägerin von ihm 1998 den Ankauf der zur Scheune gehörenden Fläche
oder die Beseitigung des Gebäudes verlangt hatte, erklärte der Beklagte die
Freigabe der Scheune aus der Gesamtvollstreckungsmasse mit der Begründung, sie sei nicht verwertbar.
-3-
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung eines Andienungsrechts gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG gegen die Masse, hilfsweise die
Verurteilung des Beklagten, die Klägerin von den "Abrißkosten im Zusammenhang mit dem ... Gebäude ... freizustellen", und äußerst hilfsweise die Feststellung eines Andienungsrechts nach § 82 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG. Die
Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Gegen das die Berufung zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichts (abgedruckt in ZInsO 2001, 558 f)
richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
I.
Das
Berufungsgericht
hat
ausgeführt:
Ansprüche
aus
§ 82
SachenRBerG stünden der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu, weil er die
Scheune wirksam freigegeben habe. Eine solche Freigabe sei auch in der Insolvenz juristischer Personen zulässig. Vorschriften des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes stünden der Freigabe unabhängig davon nicht entgegen, daß
die Ansprüche aus dem Eigentum herzuleiten seien. Der Anspruch der Klägerin
sei ferner weder gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 GesO durch eine Vormerkung sicherbar, noch begründe er ein Aus- oder Absonderungsrecht.
-4-
II.
Demgegenüber rügt die Revision: Die Klageansprüche seien auf die Berichtigung von Masseverbindlichkeiten gerichtet. Sie trügen dinglichen Charakter und hätten gegen jedermann absolute Geltung.
Eine Freigabe sei in der Insolvenz einer juristischen Person nicht zulässig. Im übrigen könnten nur Vermögensgegenstände der Gesamtvollstrekkungsmasse freigegeben werden, nicht aber Verpflichtungen. Die Stellung des
bereinigungsrechtlichen Anspruchstellers entspreche derjenigen einer Polizeibehörde, die vom jeweiligen Eigentümer die Beseitigung eines störenden Zustandes verlangen könne, ohne hieran durch eine Freigabe gehindert zu werden. Auf der Seite des Anspruchsgegners dagegen stelle der Ankauf des
Grundstücks zum Bodenwert keinen wirtschaftlichen Nachteil dar. Eine Freigabe benachteilige die Klägerin in einer gegen Art. 3 und Art. 14 GG verstoßenden Weise.
III.
Die eingeklagten Ansprüche stellen lediglich Gesamtvollstreckungsforderungen dar, die in der Gesamtvollstreckung nur nach Maßgabe der § 5 Nr. 3,
§§ 11, 14 GesO verfolgt werden können (vgl. § 12 KO, § 87 InsO). Eine Leistung aus der Gesamtvollstreckungsmasse - insbesondere gemäß § 13 Abs. 1
Nr. 1 GesO - kann die Klägerin nicht verlangen, ohne daß es insoweit entscheidend auf die vom Beklagten erklärte Freigabe ankäme.
-5-
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SachenRBerG regelt dieses Gesetz
unter anderem die Rechtsverhältnisse an Grundstücken im Beitrittsgebiet, auf
denen vom Eigentum am Grundstück getrenntes selbständiges Eigentum an
Gebäuden oder baulichen Anlagen entstanden ist. Im vorliegenden Falle gehen die Parteien davon aus, daß die Scheune auf dem Grundstück der Klägerin im Eigentum der LPG steht.
Als regelmäßige Folge sieht § 15 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 SachenRBerG
ein Wahlrecht des Nutzers - hier der LPG - dahingehend vor, ob er die Bestellung eines Erbbaurechts verlangen oder das Grundstück ankaufen will. Ist dagegen das Interesse des Grundstückseigentümers an der Bewirtschaftung seines Grundstücks höher zu bewerten als das Interesse des Nutzers an der Sicherung seiner früheren Investition, so ist der Eigentümer nach § 81
SachenRBerG berechtigt, das Gebäude oder die bauliche Anlage anzukaufen.
Demgegenüber regelt § 82 SachenRBerG den Fall, daß das Gebäude
oder die bauliche Anlage des Nutzers nicht mehr nutzbar ist oder benutzt wird,
sondern alsbald abzubrechen ist.
a) Unter dieser Voraussetzung hat der Eigentümer dem Nutzer gemäß
§ 82 Abs. 3 SachenRBerG befristet die Gelegenheit zu geben, das Gebäude
oder die bauliche Anlage auf seine - des Nutzers - Kosten zu beseitigen. Auch
insoweit steht dem Eigentümer, je nach der Wahl des Nutzers, ein - verjährbarer (vgl. § 82 Abs. 3 Satz 3 SachenRBerG) - Anspruch zu (vgl. MünchKommBGB/Grüneberg, 3. Aufl. SachenRBerG § 82 Rn. 2, 4). Diesen Anspruch verfolgt die Klägerin hier mit ihrem ersten Hilfsantrag.
-6-
b) Wird die Anlage nicht fristgerecht beseitigt, kann der Grundstückseigentümer gemäß § 82 Abs. 1 SachenRBerG vom Nutzer entweder den Ersatz
der Aufwendungen für die Beseitigung der vorhandenen Bausubstanz (Nr. 1)
oder den Erwerb der Fläche verlangen, auf der das Gebäude oder die bauliche
Anlage errichtet wurde (Nr. 2). Beide zur Wahl gestellten Ansprüche setzen
voraus, daß die Unbenutzbarkeit oder Abbruchreife auf unterlassener Instandhaltung durch den Nutzer beruht. Das macht die Klägerin im vorliegenden Fall
mit ihrem Hauptantrag geltend.
c) Nur äußerst hilfsweise stützt die Klägerin sich darauf, daß die Aufg abe der Nutzung und die Erforderlichkeit des Abbruchs auf anderen Gründen als
unterlassener Instandhaltung beruhen, insbesondere auf Veränderungen, die
nach 1990 eingetreten sind. Unter dieser Voraussetzung kann der Grundstückseigentümer nach § 82 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG den Erwerb der Fläche
lediglich gegen eine Entschädigung verlangen.
2. Alle hier eingeklagten Ansprüche stellen Vermögensrechte dar, die in
der Gesamtvollstreckung mindestens mit ihrem Geldwert (vgl. § 69 KO, § 45
InsO) zur Gesamtvollstreckungstabelle angemeldet werden könnten.
a) Forderungen, die auf Befreiung von einer vermögensrechtlichen Verbindlichkeit gerichtet sind, können nach allgemeiner Ansicht in der Insolvenz
berücksichtigt werden, weil sie auf Leistung eines Vermögenswerts aus der
Insolvenzmasse abzielen (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 3 Rn. 23; Hess/Weis,
InsO 2. Aufl. § 38 Rn. 23 f; MünchKomm-InsO/Ehricke § 38 Rn. 63; vgl. BAG
WM 1975, 1190, 1191). Allerdings ist es zweifelhaft, ob der von der Klägerin
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hier hilfsweise erhobene "Freistellungsanspruch" (s.o. 1 a) im Kern auf die Befreiung von einer eigenen Zahlungspflicht gegenüber einem Dritten gerichtet
ist. Denn die Klägerin legt nicht dar, daß sie eine solche Verpflichtung gegenüber einem bestimmten Dritten bereits eingegangen ist oder einzugehen beabsichtigt. Statt dessen kommt in Betracht, daß die Klägerin sinngemäß unmitte lbar auf Abbruch des Gebäudes durch den Beklagten oder auf die Feststellung
seiner Pflicht zur Kostentragung für den Fall anträgt, daß die Klägerin aus eigenen Mitteln den Abbruch bewerkstelligt (vgl. § 82 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG). Solche Ansprüche wären aber ebenfalls darauf gerichtet, Vermögenslasten von der Klägerin auf die Gesamtvollstreckungsmasse abzuwälzen.
Sofern der Beklagte zum Abbruch des Gebäudes verurteilt werden sollte, handelte es sich um eine vertretbare Handlung, die gemäß § 887 Abs. 2 ZPO in
eine Geldschuld umgewandelt werden kann; derartige Ansprüche stellen - da
sie bereits vor Insolvenzeröffnung bestanden - Insolvenzforderungen dar (Heidelberger
Kommentar/Eickmann,
InsO
2. Aufl.
§ 38
Rn. 6;
Ner-
lich/Römermann/Andres, InsO § 38 Rn. 11; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 22;
Hess/Weis aaO Rn. 22; Petersen NJW 1992, 1202, 1205; T. Stoll ZIP 1992,
1437, 1441; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 38 Rn. 34). Soweit endlich eine
Pflicht des Beklagten festgestellt werden sollte, die - noch nicht bezifferbaren Abbruchkosten aus der Masse zu erstatten, hätte dies unmittelbar einen Zahlungsanspruch der Klägerin zum Inhalt.
b) Die von der Klägerin mit ihrem Haupt- und dem zweiten Hilfsantrag
verfolgten Andienungsrechte (s.o. 1 b und c) stellen ebenfalls Vermögensansprüche dar. Die Klägerin verfolgt damit das einseitige gesetzliche Recht auf
Abschluß eines Grundstückskaufvertrages zu einem bestimmbaren Preis mit
dem
Beklagten,
das
zunächst
durch
notarielle
Vermittlung
(§§ 87 ff
-8-
SachenRBerG) durchgesetzt werden kann. Der Vermögenswert eines solchen
Anspruchs liegt - wie bei einem Vorvertrag - in dem erstrebten Leistungsaustausch, auch wenn die Klägerin hier wirtschaftlich weniger an dem vom Beklagten zu zahlenden Kaufpreis interessiert sein mag als an der Abwälzung der
Abbruchkosten auf den Beklagten. Ein solcher Anspruch kann auf der Grundlage des § 894 ZPO zu dem begehrten Vertragsschluß mit dem Beklagten führen. Damit geht es nicht etwa um eine unvertretbare Handlung i.S.v. § 888
ZPO, die nicht in der Insolvenz des Schuldners zu berücksichtigen wäre, sondern um ein Vermögensrecht, das zugleich die Insolvenzmasse des Schuldners
betreffen kann. Denn im Falle der Nichterfüllung des erzwungenen Vertragsschlusses könnte die Klägerin Schadensersatz gemäß § 326 oder § 283 BGB
a.F. verlangen.
3. Gegen die Gesamtvollstreckungsmasse wären die von der Klägerin
erhobenen Vermögensansprüche nur unter den Voraussetzungen des § 13
Abs. 1 Nr. 1 GesO geltend zu machen. Diese sind aber durchgehend nicht erfüllt.
a) Insbesondere fordert die Klägerin nicht die Erstattung notwendiger
Ausgaben, "die durch den Abschluß oder die Erfüllung von Verträgen" entstanden sind. Darunter sind - wie in § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO und § 55 Abs. 1 Nr. 2
InsO - die in § 9 GesO genannten gegenseitigen Verträge zu verstehen, die zur
Zeit der Eröffnung der Gesamtvollstreckung beiderseits noch nicht voll erfüllt
waren und die Verfahrenseröffnung entweder ohne weiteres überdauern (§ 9
Abs. 2 und 3 GesO), oder deren Erfüllung der Verwalter wählt (§ 9 Abs. 1
Satz 1 GesO).
-9-
Darum geht es bei den von der Klägerin geltend gemachten "Andienungsrechten" nicht. Beide beruhen auf einseitigen gesetzlichen Ansprüchen
gegen den Gesamtvollstreckungsschuldner. Diese mögen zwar inhaltlich auf
den Abschluß eines Vertrages gerichtet sein, sind aber selbst nicht vertraglicher Natur. Nicht einmal im Falle eines mit dem Schuldner zustande gekommenen Vorvertrages wäre irgendein Verwalter verpflichtet, Erfüllung zu wählen.
Der Beklagte hat zudem eine Erfüllung abgelehnt.
b) Die eingeklagten Ansprüche betreffen ferner nicht notwendige Ausgaben, "die durch die Verwaltung" entstanden sind (vgl. zu diesem Begriff § 58
Nr. 2 und § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO sowie § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Beklagte hat
die Ansprüche nicht durch eigene Handlungen begründet. Es ist auch nicht
dargetan, daß er sie durch pflichtwidrige Unterlassungen ausgelöst hätte: Soweit vorgetragen, befand sich die Scheune schon bei Eröffnung der Gesamtvollstreckung in einem abbruchreifen Zustand. Die Klägerin - welche die Darlegungslast für die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Gesamtvollstrekkungsmasse trägt - hat insoweit nur behauptet, die Gesamtvollstreckungsschuldnerin habe die Scheune "noch nach der Wende ... genutzt". Hingegen
hat sie nicht vorgetragen, daß sich die Scheune bei Eröffnung der Gesamtvollstreckung am 1. November 1995 nicht schon in einem abbruchreifen Zustand
befunden hätte. Der Senat hat deshalb davon auszugehen, daß der Beklagte
nicht während der Zeit seiner Verwaltung diesen Zustand durch unterlassene
Instandhaltung wesentlich mitverursacht hat.
aa) Der Umstand allein, daß der Insolvenzverwalter eine Sache des Gesamtvollstreckungsschuldners in Besitz nimmt, die sich auf einem fremden
Grundstück in einem störenden Zustand befindet, begründet gemäß § 13 GesO
- 10 -
keine Haftung der Gesamtvollstreckungsmasse für die Beseitigungskosten. Die
Besitzergreifung i.S.v. § 8 Abs. 2 GesO dient zunächst nur - im allseitigen Interesse - der Sicherstellung (vgl. BGHZ 130, 38, 49). Der Verwalter hat sodann
die Zugehörigkeit der vorgefundenen Gegenstände zur Gesamtvollstrekkungsmasse und deren Tauglichkeit zur Gläubigerbefriedigung zu prüfen. Damit integriert er die Gegenstände ebenfalls noch nicht ohne weiteres endgültig
in die Masse. Eine umfassende insolvenzrechtliche Verantwortlichkeit für den
Zustand derartiger Sachen - über insolvenzbeständige vertragliche Erhaltungspflichten der Masse oder die allgemeine Verkehrssicherungspflicht (vgl.
dazu Senatsurt. v. 17. September 1987 - IX ZR 156/86, ZIP 1987, 1398, 1399 f)
hinaus - begründet ein solches vorbereitendes Verhalten nicht: Der Verwalter
hat zwar möglicherweise künftige Gefahren für oder durch die in seinem Besitz
befindlichen Sachen abzuwenden, nicht aber allein kraft seines Besitzes entsprechende Pflichtverletzungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung für die
von ihm verwaltete Masse auszugleichen. Allenfalls wenn der Verwalter als
Ergebnis seiner Prüfung die fraglichen Sachen für die Masse nutzt oder verwertet, könnte er durch sein Verhalten möglicherweise eine Haftung gem. § 13
Abs. 1 Nr. 1 GesO auslösen. Dazu ist es hier, soweit dargetan, nicht gekommen. Daß der Beklagte vor der Freigabe eine Verkaufsmöglichkeit geprüft haben mag, genügt nicht.
Für den störenden Zustand, den ein Mieter auf dem Grundstück eines
Vermieters herbeigeführt und pflichtwidrig nicht wieder beseitigt hat, hat der
Senat bereits entschieden, daß die Kosten zur Herstellung des ordnungsmäß igen Zustands jedenfalls dann keine Masseschuld begründen, wenn der Mietvertrag vor der Konkurseröffnung beendet war (Senatsurt. v. 5. Juli 2001
- IX ZR 327/99, WM 2001, 1574, 1576, z.V.b. in BGHZ). Der im Mietvertrag
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vereinbarte Anspruch des Vermieters auf Erstattung der durch die Abholung
der Mietsache entstandenen Kosten bleibt auch dann eine einfache Konkursforderung, wenn der Mietvertrag erst nach der Konkurseröffnung durch Kündigung beendet und die Mietsache in der Folgezeit abgeholt worden ist; denn
derartige Kosten waren - aufschiebend bedingt - schon von Anfang an im Mietvertrag enthalten und hätten den Gemeinschuldner in gleicher Weise getroffen
(BGHZ 72, 263, 265 f). Für die Verunreinigung eines Pachtgrundstücks hat der
erkennende Senat weitergehend entschieden, daß der vertragliche Wiederherstellungsanspruch des Verpächters nur eine Vergleichsforderung gemäß § 36
Abs. 2 VerglO - hier also entsprechend der Gesamtvollstreckungsforderung begründet, soweit die nachteilige Veränderung der Pachtsache bei der Eröffnung des Vergleichsverfahrens bereits vorhanden war. Für den Fall, daß danach der Vergleichsverwalter den Pachtvertrag fortsetzt, ist die vertragliche
Herstellungspflicht bei Ende des Pachtvertrages aufzuteilen; vergleichsrechtlich bevorzugt ist nur die Wiederherstellung derjenigen nachteiligen Veränderungen, die nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens eingetreten sind
(BGHZ 125, 270, 272 ff). Auch im Konkurs eines Wohnungseigentümers stellen
vor Konkurseröffnung begründete und fällig gewordene Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen regelmäßig bloße Konkursforderungen dar (Senatsurt. v. 10. März 1994 - IX ZR
98/93, WM 1994, 1183, 1184 f).
bb) Endlich begründet der Umstand keine Masseschuld, daß der Verwalter den auf Vornahme einer vertretbaren Handlung des Schuldners gerichteten Anspruch nicht erfüllt, der als solcher lediglich eine Insolvenzforderung
darstellt (vgl. Jaeger/Henckel, aaO Rn. 22 a.E.).
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c) An dieser Rechtslage ändert es nichts, daß die dem Eigentümer durch
§ 82 SachenRBerG eingeräumten Ansprüche - im Hinblick auf § 14 Abs. 2 dieses Gesetzes - dinglichen Ursprungs sein mögen. Die Gegenmeinung
(Purps/Schumann NotBZ 2000, 219, 222 f) verkennt, daß über die insolvenzrechtliche Wirkung eines Rechts vorwiegend nicht dessen Rechtsgrund, sondern dessen Inhalt entscheidet.
aa) Insbesondere wurzeln Zahlungsansprüche nach § 987 ff oder § 904
Satz 2 BGB zwar im Eigentum; dennoch werden sie in der Insolvenz des
Schuldners wie gewöhnliche Geldforderungen behandelt, wenn sie schon vor
der Verfahrenseröffnung erwachsen sind (Jaeger/Henckel aaO Rn. 16 Abs. 1;
MünchKomm-InsO/Ehricke, § 38 Rn. 73; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 38
Rn. 32).
Soweit das Verlangen der Klägerin auf die Beeinträchtigung ihres Eigentums am bebauten Grundstück gestützt werden könnte, soll hier nicht eine
künftige Gefahr vorbeugend abgewehrt werden. Vielmehr soll die Eigentumsstörung darin liegen, daß die LPG auf dem jetzt der Klägerin gehörenden
Grundstück bauliche Anlagen errichtet und in rechtswidriger Weise dort belassen hat. Dadurch mag die LPG persönlich Störerin geworden sein. Wenn der
Klägerin deswegen durch § 82 SachenRBerG ein Wiederherstellungsanspruch
zuerkannt und vorliegend eingeklagt wird, entspricht dieser im Ergebnis der
aus § 1004 Abs. 1 BGB abgeleiteten Pflicht zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen, störenden Zustandes (vgl. hierzu BGHZ 40, 18, 20 f; 110, 313,
315; 135, 235, 238 f m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 17. September 1954 - V ZR
35/54, LM § 1004 BGB Nr. 14 Bl. 3). Ein solcher Anspruch ist - insoweit vergleichbar einem Schadensersatzanspruch (§ 249 BGB) - auf Vornahme einer
- 13 -
vertretbaren Handlung oder auf Ersatz der Herstellungskosten in Geld gerichtet
(s.o. 2 a). Er stellt eine Gesamtvollstreckungsforderung dar (vgl. Jaeger/Henckel aaO Rn. 16 Abs. 2; MünchKomm-InsO/Hefermehl § 55 Rn. 63;
differenzierend auch Stürner, in Festschrift für Merz, 1992, S. 563, 571 ff). Dafür gilt nichts anderes als für die mietrechtliche Räumungspflicht (s.o. b aa).
Soweit demgegenüber pauschal die Ansicht vertreten wird, ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB könne nie eine Insolvenzforderung sein
(MünchKomm-InsO/Ehricke, aaO Rn. 45; Kübler/Prütting/Holzer aaO Rn. 17;
Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 3 KO Anm. 2 d; Baur/Stürner,
Zwangsvollstreckung und Konkurs 12. Aufl. Bd. II Rn. 11.5; nur im Begründungsansatz, nicht aber im Ergebnis auch VGH Baden-Württemberg ZIP 1991,
393, 394 f), beruht dies auf einer zu engen Sicht der möglichen Rechtsfolgen
dieser Vorschrift. Ferner ist die von der Klägerin verfolgte Andienung des
Grundstücks (s.o. 2 b) nur ein anderes vermögensrechtliches Mittel zur Beseitigung der Störung.
bb) § 82 SachenRBerG verdinglicht die durch diese Vorschrift eingeräumten Rechte nicht in weitergehendem Maße. Die sich daraus ergebenden,
hier fraglichen Ansprüche richten sich gegen den Nutzer als solchen, also ohne
dinglichen Bezug zu seinem privaten Vermögen. Der Gesetzgeber hat die dem
Nutzer auferlegte Beseitigung der von ihm geschaffenen Bauruine zutreffend
mit "den Rechtsfolgen nach Beendigung eines Miet- oder Pachtvertrages (vgl.
BGHZ 104, 6, 11)" verglichen (amtliche Begründung der Bundesregierung zum
Entwurf des Sachenrechtsänderungsgesetzes, BT-Drucks. 12/5912 S. 162). In
dessen Insolvenz genießt ein solcher Beseitigungsanspruch keine Besserstellung (s.o. b). Soweit der Gesetzgeber (aaO) alternativ einen Vergleich mit dem
- vertragslosen - Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erwogen hat, stellen auch
- 14 -
daraus etwa abzuleitende Ansprüche gemäß § 987 ff BGB unter den vorliegenden Umständen nur Gesamtvollstreckungsforderungen dar (s.o. aa).
Insbesondere kommt den Ansprüchen aus § 82 SachenRBerG inhaltlich
keine Aus- oder Absonderungskraft i.S.v. § 12 GesO in der Gesamtvollstrekkung des Nutzers zu (a.M. LG Dessau NotBZ 2000, 29, 30 im Anschluß an
Vossius, SachenRBerG 2. Aufl. § 14 Rn. 34; Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz/
Hügel, Kommentar zum SachenRBerG § 14 Rn. 5). Die Aussonderung ist darauf gerichtet, einen dem Gesamtvollstreckungsschuldner nicht gehörenden Gegenstand aus dessen Gesamtvollstreckungsmasse auszuscheiden (vgl. § 43
Abs. 1 KO, § 47 Satz 1 InsO). Darum geht es hier nicht. Vielmehr sind Hauptund zweiter Hilfsantrag der Klägerin rechtlich darauf gerichtet, ein eigenes
Grundstück der Klägerin - gegen Bezahlung - in die Gesamtvollstreckungsmasse zu übertragen. Ihr erster Hilfsantrag führt zum wirtschaftlichen Kern ihres
Begehrens, nämlich ganz oder wenigstens teilweise von den Kosten des Abbruchs der Bauruine entlastet zu werden. Vom Beklagten verlangt sie im Ergebnis die Bezahlung von Geld. Ein Anspruch auf Herausgabe einzelner, bestimmter Vermögensgegenstände als der Masse nicht gehörend wird damit
nicht geltend gemacht.
Aus gleichartigen Gründen scheidet ein Absonderungsrecht aus. Dieses
ist darauf gerichtet, die vorzugsweise Befriedigung aus bestimmten Vermögensgegenständen des Schuldners zu erlangen (vgl. §§ 47, 48 KO, §§ 49, 50
InsO). Die Klägerin will sich hier aber gerade nicht aus der von der Beklagten
errichteten Scheune befriedigen. Andere Vermögensgegenstände der Masse
sind ihr nicht konkret verhaftet.
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cc) Endlich kann sich die Klägerin nicht auf einen "vormerkungsähnlichen" Schutz i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 2 GesO berufen (a.M. Purps/Schumann
VIZ 1999, 385, 390). Die eingeklagten Ansprüche sind nicht in einem Grundbuch vorgemerkt. Es ist auch weder ersichtlich noch dargetan, welche Forderung der Klägerin auf ein Grundstück gerade der LPG (vgl. § 883 Abs. 1 BGB)
gesichert werden könnte. Im Gegenteil will die Klägerin der Masse ein Grundstück übertragen, nicht ein solches von ihr erhalten. Allein der Umstand, daß
§ 111 Abs. 1 SachenRBerG einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb am betroffenen Grundstück der Klägerin in begrenztem Umfange einschränkt, verstärkt die Ansprüche des Eigentümers in der Insolvenz des Nutzers nicht in
weitergehendem Umfange.
d) Die Gesamtvollstreckungsforderung der Klägerin wurde ferner nicht
dadurch zu einem Anspruch gegen die Gesamtvollstreckungsmasse verstärkt,
daß die Klägerin sie erst 1998 - und damit nach der Verfahrenseröffnung geltend gemacht hat. Vielmehr entscheidet über die Frage, ob die Ansprüche
aus § 82 SachenRBerG die Gesamtvollstreckungsmasse verpflichten oder nur
Gesamtvollstreckungsforderungen darstellen, der Zeitpunkt, in dem sich die
Anspruchsvoraussetzungen erstmals vollständig verwirklicht haben. Dieser allgemeine Grundsatz (vgl. BFH NJW 1978, 559 f; ZIP 1983, 1120; 1987, 119,
120; 1994, 1286 f; NJW 1995, S. 80 Nr. 29 Leitsatz 2; Jaeger/Henckel, aaO
Rn. 30, 31; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 3 Rn. 11; Kilger/K. Schmidt, aaO
Anm. 4;
Heidelberger
Kommentar/Eickmann,
aaO
§ 38
Rn. 10;
Ner-
lich/Römermann/
Andres, aaO § 38 Rn. 13; Hess/Weis, aaO § 38 Rn. 10; Breutigam in Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 38 Rn. 15 und § 55 Rn. 18, 20; Kilger, in Festschrift für Merz, 1992, S. 253, 272 f) gilt auch für zivilrechtliche Ansprüche auf
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Beseitigung in sich abgeschlossener Störungen (s.o. c). Zwar mag die Eigentumsstörung bis zu ihrer Beseitigung fortdauern und Unterlassungsansprüche
- insbesondere hinsichtlich künftiger Nutzung - auslösen (vgl. BGH, Urt. v.
22. Juni 1990 - V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556 a.E., insoweit nicht in BGHZ
112, 1 abgedr.). Der Insolvenzverwalter, der lediglich nach Maßgabe des § 8
Abs. 2 GesO das gesamte pfändbare Schuldnervermögen in Besitz nimmt, hält
allein damit aber nicht den von der Scheune der LPG auf dem Grundstück der
Klägerin ausgehenden störenden Zustand aufrecht; er wird auch noch nicht
zum Handlungsstörer (s.o. b aa).
Im vorliegenden Falle war die Bauruine, soweit dargetan (s.o. 2 b),
schon vor der Eröffnung der Gesamtvollstreckung abbruchreif. Die Forderungen der Klägerin aus § 82 SachenRBerG konnten mit Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, also am 1. Oktober 1994, entstehen (vgl. § 82
Abs. 3 Satz 3 SachenRBerG in der Fassung des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes vom 17. Juli 1997, BGBl. I S. 1823; so zuvor schon
MünchKomm-BGB/Grüneberg, aaO Rn. 12). Auf den Verjährungsbeginn, der
früher streitig war (vgl. Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz/Tropf, aaO § 82 Rn. 19;
Vossius, aaO § 82 Rn. 20 einerseits; Eickmann, Sachenrechtsbereinigungsgesetz § 82 Rn. 11 andererseits), kommt es insoweit nicht entscheidend an.
Wann der Gläubiger einen zivilrechtlichen Anspruch geltend macht, ist
für dessen insolvenzrechtliche Wirkungen grundsätzlich unerheblich. Verschärft sich der störende Zustand nach der Verfahrenseröffnung nicht aufgrund
von Handlungen oder pflichtwidrigen Unterlassungen des Verwalters, bleibt der
Beseitigungsanspruch eine bloße Gesamtvollstreckungsforderung (s.o. b aa
und bb).
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aa) Zwar hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, daß
die anteilmäßige Verpflichtung eines Gemeinschuldners zur Zahlung einer
Umlage auf alle Wohnungseigentümer, die zur Deckung des gerade durch diesen Gemeinschuldner eingetretenen konkursbedingten Ausfalls erhoben wird,
dann Massekosten i.S.v. § 58 Nr. 2 KO begründen soll, wenn die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft dies nach der Konkurseröffnung beschließt (BGHZ
108, 44, 49 f). Ob dieser Ansicht zu folgen ist, die es in das Ermessen einzelner Konkursgläubiger stellt, ihre Forderungen wirtschaftlich wenigstens teilweise gegenüber allen anderen gleichartigen Gläubigern nachträglich zu verstärken, braucht hier ebensowenig entschieden zu werden wie die weitere Frage,
ob die §§ 54, 55 InsO dafür noch eine Grundlage böten. Denn die freie Entscheidung eines einzelnen Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsgläubigers,
seinen Anspruch geltend zu machen oder nicht, ist nicht mit einem gesetzlich
geregelten Umlageverfahren (vgl. §§ 28, 16 Abs. 2 WEG) zu vergleichen, das
formal neue Ansprüche schaffen soll.
bb) Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht (ZIP 1999, 538, 540; zustimmend Hess/Weis, aaO § 38 Rn. 50) die Ansicht vertreten, allein der Zeitpunkt des Erlasses einer Ordnungsverfügung entscheide über die Einstufung
einer Ordnungspflicht als Gesamtvollstreckungs- oder Masseverbindlichkeit.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Gesamtvollstreckungsverwalter sei wegen seines Besitzes an der störenden Sache richtiger Empfänger einer Ordnungsverfügung. Die Befugnis zum Erlaß der Beseitigungsverfügung bestehe
"mithin unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Gefahr entstand, ob die
Gemeinschuldnerin bereits in Anspruch genommen wurde oder genommen
werden konnte und zu welchem Zweck der [Verwalter] den Besitz ausübt"; sie
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unterliege "daher nicht den für Gesamtvollstreckungsforderungen geltenden
Anforderungen der Gesamtvollstreckungsordnung". Für die hier maßgebliche
Anwendung des Gesamtvollstreckungsrechts gibt das allein auf öffentlichrechtliche Erwägungen gestützte Urteil nichts her. Auf die aus insolvenzrechtlicher Sicht zutreffenden Bedenken von W. Lüke (in Kölner Schrift für Insolvenzrecht, 2. Aufl., S. 859, 875 f), Henckel (in Aktuelle Probleme des Insolvenzrechts, Köln 2000, S. 97, 109 f) und Häsemeyer (in Festschrift für Uhlenbruck,
2000, S. 97, 101 f und 108 ff) gegen das Urteil kommt es somit nicht an.
e) An der dargestellten Rechtslage ändert - entgegen der Ansicht der
Klägerin - der Umstand nichts, daß der Beklagte das Vermögen einer juristischen Person zu verwalten hat. Inwieweit er deswegen auch Liquidationsaufgaben auszuüben hat, kann offenbleiben. Jedenfalls rechtfertigt eine solche
zusätzliche Obliegenheit es nicht, eine nach allgemeinen Grundsätzen bestehende Gesamtvollstreckungsforderung zum Anspruch gegen die Gesamtvollstreckungsmasse zu verstärken (vgl. Senatsurt. v. 28. März 1996 - IX ZR
72/95, ZIP 1996, 842, 844; v. 5. Juli 2001 - IX ZR 327/99, aaO S. 1576). Die
gegenteilige Ansicht würde das Prinzip der Gleichbehandlung aller Gläubiger
in der Insolvenz ungerechtfertigt durchbrechen.
f) Auf die vom Beklagten erklärte Freigabe der Scheune aus dem Gesamtvollstreckungsbeschlag (vgl. dazu auch OLG Naumburg ZIP 2000, 976 f
m. zust. Anm. v. Mitlehner; OLG Rostock ZInsO 2000, 604 ff; LG Neubrandenburg NotBZ 1999, 221) kommt es nach alledem nicht entscheidend an. Rechtlich hatte sie im vorliegenden Zusammenhang nur die Bedeutung, den gemäß
§ 8 Abs. 2 GesO allgemein begründeten, sichernden Besitz (s.o. b aa) aufzugeben, ohne daß dies unmittelbare Einwirkung auf die eingeklagten Ansprüche
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gehabt hätte. Deshalb ist die von den Parteien vor allem problematisierte
Rechtsfrage unerheblich, inwieweit Verwalter eine zuvor etwa wirksam begründete Masseverbindlichkeit durch eine Freigabe beseitigen oder einschränken
könnten. Ebenso kann es offenbleiben, ob die Freigabe möglicherweise auf
den Bestand einer Gesamtvollstreckungsforderung der Klägerin einwirken
könnte; denn eine solche ist hier nicht Streitgegenstand.
4. Die dargestellte Rechtsfolge verstößt - entgegen der Auffassung der
Klägerin - weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen Art. 14 Abs. 1 oder 3 GG. Die
Klägerin hat in der Gesamtvollstreckung dieselben Rechte wie alle anderen
Gläubiger mit gleichartigen Forderungen (s.o. 2). Wenn sie dabei allenfalls mit
einer Quote befriedigt werden kann, liegt das allein an der Unzulänglichkeit
des
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Vermögens ihrer Schuldnerin. Die Verfassung gewährleistet der Klägerin keinen Vorrang gegenüber anderen Gläubigern wie z.B. Arbeitnehmern, Sozialversicherungsträgern oder dem Steuerfiskus (vgl. § 17 GesO).
Kreft
Kirchhof
Fischer
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ganter
ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen
Kreft
Kayser