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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 26/14
vom
17. September 2014
in dem Insolvenzplanverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2
Weist das Landgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters die Beschwerde gegen die
Bestätigung eines Insolvenzplans unverzüglich zurück, ist gegen die Entscheidung
eine Rechtsbeschwerde nicht statthaft.
BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - IX ZB 26/14 - LG Berlin
AG Berlin-Charlottenburg
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 17. September 2014
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss
der Zivilkammer 51 des Landgerichts Berlin vom 14. April 2014
wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu
1 zu tragen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Auf den Eigenantrag vom 27. Mai 2013 wurde über das Vermögen der
S.
GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin), die einen deut-
schen Literaturverlag betreibt, am 6. August 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzgericht ordnete Eigenverwaltung durch die Schuldnerin an
und bestellte den Beteiligten zu 2 zum Sachwalter.
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2
An der Schuldnerin sind als Kommanditisten die S.
und U.
U.
Familienstiftung (nachfolgend: Stiftung) mit 61 v.H. und die Beteiligte zu 1,
eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, mit 39 v.H. beteiligt. Komplementär-GmbH der Schuldnerin ist die S.
-Gesellschaft
mit beschränkter Haftung, an der - jeweils mittelbar - die Stiftung Geschäftsanteile von 55 v.H. und die Beteiligte zu 1 Geschäftsanteile von 45 v.H. halten. Die
Schuldnerin legte am 6. August 2013 einen - durch Nachtrag vom 21. Oktober
2013 modifizierten - Insolvenzplan vor, der insbesondere ihre Umwandlung in
eine Aktiengesellschaft vorsieht. Im Erörterungs- und Abstimmungstermin vom
22. Oktober 2013 fand der Insolvenzplan in allen Gläubigergruppen die Mehrheit. Die Beteiligte zu 1 stimmte gegen den Plan, dem sie zuvor widersprochen
hatte.
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Das Insolvenzgericht bestätigte den Insolvenzplan. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Beschwerdegericht mit
Beschluss vom 21./24. Februar 2014 als unzulässig verworfen und durch weiteren Beschluss vom 14. April 2014 gemäß § 253 Abs. 4 InsO zurückgewiesen.
Aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht hat die Beteiligte zu 1
gegen beide Beschlüsse Rechtsbeschwerde eingelegt. Auf die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 21./24. Februar 2014 hat der Senat mit
Beschluss vom 17. Juli 2014 (IX ZB 13/14, WM 2014, 1494) diese Entscheidung und den Beschluss vom 14. April 2014 aufgehoben und die Sache an das
Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Beteiligte zu 1 und die Schuldnerin
haben das vorliegende, die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 14.
April 2014 betreffende Verfahren gemäß § 4 InsO, § 91a ZPO für erledigt erklärt
und wechselseitige Kostenanträge gestellt.
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II.
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Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 ist ungeachtet der Zulassung
durch das Beschwerdegericht unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 577 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO). Die Erledigungserklärungen der Beteiligten (§ 91a ZPO) sind infolge der Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht zu berücksichtigen (vgl. nachfolgend III).
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1. Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist gegen einen Beschluss des
Beschwerdegerichts die Rechtsbeschwerde statthaft, falls das Beschwerdegericht sie in dem Beschluss zugelassen hat. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - VII
ZB 36/08, NJW-RR 2010, 1318 Rn. 8). Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur zugänglich gemacht, wenn sie nach
dem Gesetz grundsätzlich statthaft ist. Sie wird aber nicht in den Fällen eröffnet,
in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung des Beschwerdegerichts kann nicht durch
dessen Ausspruch der Anfechtung unterworfen werden (BGH, Beschluss vom
21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 15). Die Bindungswirkung des
§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht
vorgesehenes Rechtsmittel (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2010, aaO). Der Ausschluss der Rechtsbeschwerde erfordert keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, sondern kann sich aus der Natur der Sache ergeben (BGH, Beschluss
vom 29. Mai 2006 - II ZB 5/06, BGHZ 168, 48 Rn. 6).
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2. Die Rechtsbeschwerde gegen die auf der Grundlage des § 253 Abs. 4
Satz 1 und 2 InsO ergangene angefochtene Entscheidung ist unstatthaft. Dies
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ergibt sich kraft Natur der Sache aufgrund der Auslegung des § 253 Abs. 4
InsO.
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a) Der Gesetzgeber hat durch die Neufassung des § 253 InsO im Rahmen des am 1. März 2012 in Kraft getretenen Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7. Dezember 2011 (ESUG; BGBl.
2011 I, S. 2582) die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans verschärft (BT-Drucks.
17/5712 S. 35).
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aa) Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber die Kritik aufgegriffen,
dass einzelnen Beschwerdeberechtigten ein erhebliches Störpotential zukommt, weil sich mit einer sofortigen Beschwerde gegen die Bestätigung des
Plans der Eintritt der Wirkungen des Insolvenzplans wesentlich, zum Teil sogar
über viele Monate, verzögern kann. Dies ist für die Beteiligten nach Einschätzung des Gesetzgebers meist schwer erträglich und verringert die Chance nicht
unerheblich, das Unternehmen mittels eines Insolvenzplans zu sanieren. Der
Gesetzgeber erachtet es deshalb als geboten, die Rechtsschutzmöglichkeiten
moderat zu beschränken, ohne berechtigten Anliegen den gebotenen Rechtsschutz zu verwehren (BT-Drucks. 17/5712, aaO). Vor diesem Hintergrund führt
insbesondere § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO als Verschärfung der materiellen Beschwer eine Erheblichkeitsschwelle für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ein, weil der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen hat, dass er
durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 17. Juli 2014 - IX ZB 13/14, WM
2014, 1494 Rn. 6 ff). Allerdings wurde ausdrücklich davon abgesehen, zur Verhinderung von Blockaden Einzelner gegen einen wirtschaftlich sinnvollen Plan
den Suspensiveffekt einer Beschwerde aufzuheben, weil nichts gewonnen wä-
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re, wenn der Plan zunächst wirksam, dann aber durch eine Beschwerdeentscheidung wieder beseitigt würde (BT-Drucks. 17/5712, aaO).
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bb) Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die vorgesehenen Beschränkungen der Rechtsmittelbefugnis alleine nicht geeignet sind, missbräuchlichen Rechtsschutzbegehren
wirksam zu begegnen. Entfaltet der gestaltende Teil des Insolvenzplans aufgrund des Suspensiveffekts erst mit der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses Rechtskraft, kann der Vollzug des Insolvenzplans und damit auch die Umsetzung des dem Plan zugrunde liegenden Sanierungskonzepts durch die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Bestätigungsbeschluss verzögert und mitunter auch gefährdet werden. Deshalb hat der Gesetzgeber das Bedürfnis anerkannt, das Rechtsschutzinteresse der Rechtsmittelführer gegen das Vollzugsinteresse der übrigen Beteiligten in einen Ausgleich zu bringen (BT-Drucks.
17/7511 S. 36). Aus diesem Grund wurde zum Zwecke eines beschleunigten
Planvollzugs mit der Einführung von § 253 Abs. 4 InsO die Möglichkeit geschaffen, dass das Landgericht die Beschwerde auf Antrag des Insolvenzverwalters
zurückweist, sofern das Vollzugsinteresse der Beteiligten das Aufschubinteresse des Beschwerdeführers überwiegt. Eine weitere Beschleunigung wird
dadurch erreicht, dass die Abhilfebefugnis des Insolvenzgerichts nach § 572
Abs. 1 Satz 1 ZPO ausgeschlossen wird (BT-Drucks. 17/7511, aaO). Die Regelung folgt dem Vorbild des aktienrechtlichen Freigabeverfahrens (§ 246a AktG),
in dessen Rahmen ausgesprochen werden kann, dass angefochtene Beschlüsse ungeachtet der Anhängigkeit von Anfechtungsklagen in das Handelsregister
eingetragen und damit vollzogen werden können (BT-Drucks. 17/7511, aaO).
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b) Dem Inhalt des § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO ist im Zusammenhang
mit der Gesetzesbegründung und der Gesetzessystematik zu entnehmen, dass
eine Rechtsbeschwerde gegen einen auf dieser Grundlage erlassenen Be-
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schluss unstatthaft ist (vgl. G. Fischer, NZI 2013, 513, 520; MünchKomm-InsO/
Sinz, 3. Aufl., § 253 Rn. 87; aA Schmidt/Spliedt, InsO, 18. Aufl., § 253 Rn. 26;
Pleister in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 253 Rn. 43; Flitsch/Proske in
Cranshaw/Paulus/Michel, Bankenkommentar zum Insolvenzrecht, 2. Aufl.,
§ 253 Rn. 29).
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aa) Schon nach der Eigenart des durch § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO
eingeführten summarischen Eilverfahrens ist für eine Rechtsbeschwerde kein
Raum.
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(1) Der Gesetzgeber hat mehrfach auf die Gefahr hingewiesen, dass die
Verwirklichung eines wirtschaftlich sinnvollen Insolvenzplans durch mit der Einlegung von Rechtsmitteln verbundene zeitliche Blockaden vereitelt werden kann
(BT-Drucks. 17/5712 S. 35; BT-Drucks. 17/7511 S. 36). Zur Lösung dieses
Problemkreises hat er erwogen, im Interesse des Vollzugs eines Insolvenzplans
den Suspensiveffekt einer Beschwerde (vgl. § 254 Abs. 1 InsO) zu beseitigen.
Da für die Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage des Insolvenzplans Klarheit bestehen muss, wurde auf eine solche Regelung verzichtet, weil
nie ausgeschlossen werden kann, dass ein Bestätigungsbeschluss im Beschwerdeverfahren aufgehoben wird (BT-Drucks. 17/5712, aaO). Bei dieser
Sachlage entschied sich der Gesetzgeber für die Regelungsalternative, dass
das Landgericht die Beschwerde in einem beschleunigten Verfahren auf Antrag
des Insolvenzverwalters zurückweist, sofern das Vollzugsinteresse der Beteiligten das Aufschubinteresse des Beschwerdeführers überwiegt (BT-Drucks.
17/7511, aaO).
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(2) Im Lichte dieser gesetzgeberischen Abwägung ist die zum Zwecke
der beschleunigten Plandurchsetzung eingeführte Bestimmung des § 253
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Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO dahin auszulegen, dass ein Rechtsmittel gegen eine
auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung unstatthaft ist.
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Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kann das Beschwerdegericht auf
Antrag des Insolvenzverwalters die Beschwerde gegen die Bestätigung des
Insolvenzplans unverzüglich zurückweisen, wenn kein besonders schwerer
Rechtsverstoß vorliegt und das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans
vorrangig erscheint, weil die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs
nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Beschwerdeführer
überwiegen. Den Schwerpunkt der Gesetzesanwendung bildet die Prüfung, ob
dem Vollzugsinteresse der übrigen Beteiligten gegenüber dem Aufschubinteresse des Beschwerdeführers Vorrang zukommt (BT-Drucks. 17/7511, aaO).
Da nur ein besonders schwerer Gesetzesverstoß eine solche Entscheidung
verbietet (§ 253 Abs. 4 Satz 2 InsO), handelt es sich insgesamt um eine summarische Prüfung, wie sie in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes typisch ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154,
102, 104). In solchen Eilverfahren sind von Gesetzes wegen Revision (§ 542
Abs. 2 ZPO) und Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 2 ZPO) unstatthaft. Der
Rechtsmittelausschluss folgt unabhängig von einer gesetzlichen Regelung vor
dem Hintergrund des summarischen Charakters von Eilentscheidungen, die
einer revisionsrechtlichen Prüfung schwer zugänglich sind (BGH, Beschluss
vom 29. Mai 2006 - II ZB 5/06, BGHZ 168, 48 Rn. 13), aus der Natur der Sache
(vgl. G. Fischer, NZI 2013, 513, 520; MünchKomm-InsO/Sinz, 3. Aufl., § 253
Rn. 87; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003, aaO S. 103 f).
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Wird ein Antrag nach § 253 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 InsO gestellt, schließt
§ 253 Abs. 4 Satz 1, Halbs. 2 InsO aus Beschleunigungsgründen ein Abhilfeverfahren aus (BT-Drucks. 17/7511, aaO). Es liegt auf der Hand, dass der Zeitbedarf eines Abhilfeverfahrens deutlich geringer als der eines Rechtsbeschwer-
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deverfahrens zu veranschlagen ist. Bei dieser Sachlage versteht es sich von
selbst, dass gegen eine gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO getroffene Eilentscheidung des Landgerichts nach der Konzeption des Gesetzgebers eine
Rechtsbeschwerde nicht zulässig ist.
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bb) Die Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde folgt ferner aus dem Verweis des Gesetzgebers auf das aktienrechtliche Freigabeverfahren des § 246a
AktG, dem für die Regelung des § 253 Abs. 4 InsO Vorbildfunktion zukommt
(BT-Drucks. 17/7511, aaO). Da im Freigabeverfahren eine Rechtsbeschwerde
unstatthaft ist (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2006, aaO Rn. 3 ff), gilt dies auch
für das Verfahren nach § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO (vgl. G. Fischer, NZI
2013, 513, 520; MünchKomm-InsO/Sinz, 3. Aufl., § 253 Rn. 87).
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(1) Die Vorschrift des § 246a Abs. 3 AktG über die Möglichkeit der Eintragung eines Hauptversammlungsbeschlusses in das Handelsregister vor Abschluss eines Klageverfahrens sah (vgl. Gesetz zur Unternehmensintegrität und
Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. September 2005 UMAG, BGBl.
2005 I S. 2802, 2806) ebenso wie der dem gleichen Regelungszweck dienende
§ 16 Abs. 3 UmwG (vgl. Umwandlungsgesetz vom 28. Oktober 1994, BGBl.
1994 I S. 3210; 1995 I S. 428) keine Rechtsmittelbeschränkung vor. Gleichwohl
rechtfertigte das Schweigen des Gesetzgebers mit Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit der Verfahren nicht den Schluss, dass in diesen Sachen die Rechtsbeschwerdeinstanz eröffnet werden sollte (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2006,
aaO Rn. 15). Zur Begründung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass
der Gesetzgeber das Freigabeverfahren ähnlich ausgestaltet habe wie das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrestes (BGH, aaO
Rn. 8). Hinzu komme, dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das
Beschwerdegericht bei einer von diesem als "offensichtlich" unbegründet angesehenen Klage schon im Ansatz ausscheide. Denn eine offensichtliche Unbe-
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gründetheit könne nur dann angenommen werden, wenn es dazu keiner Klärung durch den Bundesgerichtshof im Rahmen des revisionsähnlich ausgestalteten Rechtsbeschwerdeverfahrens bedürfe (BGH, aaO Rn. 13). Im Anschluss
an die vorbezeichnete Entscheidung wurden die betroffenen Vorschriften dahin
klarstellend ergänzt, dass auf ihrer Grundlage ergangene Beschlüsse unanfechtbar sind (vgl. Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes
vom 19. April 2007, BGBl. 2007 I S. 542, 547; aktuelle Fassung der § 246a
Abs. 3 Satz 3, § 16 Abs. 3 Satz 8 UmwG aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie vom 30. Juli 2009, ARUG, BGBl. 2009 I S. 2479,
2487, 2489).
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(2) Diese Erwägungen können auf das Verfahren nach § 253 Abs. 4
Satz 1 und 2 InsO übertragen werden, wo das Schweigen zum Ausschluss einer Rechtsbeschwerde schon mit Rücksicht auf die Einführung der Regelung
erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens ebenfalls auf ein Redaktionsversehen hindeutet. Das Verfahren des § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO ist gleich
dem Freigabeverfahren durch eine besondere Eilbedürftigkeit gekennzeichnet,
um einem Missbrauch von Beschwerdebefugnissen entgegenzuwirken. Die von
dem Beschwerdegericht vorzunehmende Abwägung des Vollzugsinteresses der
Beteiligten gegen das Aufschubinteresse des Beschwerdeführers entspricht
den allgemeinen Grundsätzen eines Eilverfahrens, die auch im Rahmen von
§ 246a AktG gelten. Da der Antrag bei einem überwiegenden Vollzugsinteresse
gemäß § 253 Abs. 4 Satz 2 InsO nur in Fällen eines besonders schweren
Rechtsverstoßes abzulehnen ist, besteht kein Anlass für die Zulassung einer
Rechtsbeschwerde. Ein solcher Rechtsverstoß kann nur angenommen werden,
wenn es hierfür keiner Klärung durch den Bundesgerichtshof bedarf. Mithin
scheidet im Verfahren nach § 253 Abs. 4 InsO ebenso wie im Freigabeverfahren eine Rechtsbeschwerde aus.
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cc) Schließlich unterstreicht der in § 253 Abs. 4 Satz 3 und 4 InsO geschaffene Schadensersatzanspruch, dass gegen eine gemäß § 254 Abs. 4 Satz
1 und 2 InsO ergangene Entscheidung des Landgerichts eine Rechtsbeschwerde nicht statthaft ist.
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(1) Weist das Landgericht die Beschwerde nach Maßgabe von § 253
Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO zurück, kann der Beschwerdeführer nach § 253
Abs. 4 Satz 3 und 4 InsO Schadensersatz verlangen, wenn die von ihm eingelegte Beschwerde zulässig und begründet war (BT-Drucks. 17/7511 S. 36;
MünchKomm-InsO/Sinz, 3. Aufl., § 253 Rn. 74; HmbKomm-InsO/Thies, 4. Aufl.,
§ 253 Rn. 28). Diese Regelung ist § 945 ZPO nachgebildet, der eine Schadensersatzpflicht anordnet, sofern sich ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung als von Anfang an unbegründet darstellt. Die Vorschrift des § 945 ZPO
beruht auf dem Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem unanfechtbaren, aber im Blick auf das Hauptsacheverfahren noch nicht endgültigen Titel
auf Gefahr des Gläubigers erfolgt (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 94/03,
BGHZ 168, 352 Rn. 40; Prütting/Gehrlein/D. Fischer, ZPO, 6. Aufl., § 945
Rn. 1).
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(2) Die Bestimmung des § 253 Abs. 4 Satz 3 und 4 InsO begründet
ebenso wie § 945 ZPO einen Schadensersatzanspruch, weil gegen die im Eilverfahren ergangene Beschlusszurückweisung nach § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2
InsO ein Rechtsmittel nicht statthaft ist. Hier findet, weil der Insolvenzplan durch
die Entscheidung nach § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 InsO endgültig wirksam geworden ist, ein Hauptsacheverfahren zwar nicht mehr statt. Gleichwohl besteht
ein Bedürfnis für eine schadensrechtliche Kompensation, falls die Eilentscheidung zu Unrecht ergangen ist. Darum gewährt § 253 Abs. 4 Satz 3 und 4 InsO
dem Beschwerdeführer, sofern sein Rechtsmittel begründet war, einen im all-
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gemeinen Streitverfahren zu verfolgenden Schadensausgleich, der nur auf
Geldersatz und nicht auf Rückgängigmachung der Wirkungen des Insolvenzplans gerichtet sein kann. Nach diesem Regelungsmodell soll die fehlende
Rechtsmittelbefugnis ersichtlich durch die Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs kompensiert werden. Daraus folgt zugleich,
dass für eine Rechtsbeschwerde kein Raum ist (vgl. Gehrlein, BB 2006, 1587).
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3. Verfassungsrechtliche Gründe zwingen nicht dazu, in dem Verfahren
nach § 253 Abs. 4 InsO einen Rechtsweg zum Bundesgerichtshof zu eröffnen.
Ein Instanzenzug ist von Verfassungs wegen nicht garantiert. Dem Gesetzgeber steht es vielmehr frei zu entscheiden, ob gegen eine gerichtliche Entscheidung überhaupt ein Rechtsmittel statthaft sein soll, unter welchen Voraussetzungen es eingelegt werden kann und ob gegen die Rechtsmittelentscheidung
ein weiteres Rechtsmittel möglich sein soll (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2006,
aaO Rn. 16).
III.
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Der Senat kann nicht auf der Grundlage der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten gemäß § 91a ZPO über die Verfahrenskosten
entscheiden.
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Erledigungserklärungen der Verfahrensbeteiligten können im Insolvenzverfahren entsprechend § 91a ZPO in Verbindung mit § 4 InsO rechtswirksam
sein (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2004 - IX ZB 188/03, ZInsO 2004, 201).
Die übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten im Rechtsmittelzug
setzt zu ihrer Wirksamkeit die Zulässigkeit des Rechtsmittels voraus (BGH, Beschluss vom 27. Mai 1968 - AnwZ (B) 9/67, BGHZ 50, 197, 198; vom 15. Ja-
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nuar 2004, aaO). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, weil sich die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung als unstatthaft erweist.
Kayser
Gehrlein
Fischer
Vill
Grupp
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 15.01.2014 - 36s IN 2196/13 LG Berlin, Entscheidung vom 14.04.2014 - 51 T 107/14 -