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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 254/09
vom
7. April 2011
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill, Raebel,
Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin Möhring
am 7. April 2011
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der
14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 2. Oktober 2009
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 300 € festgesetzt.
Gründe:
I.
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Der Schuldner beantragte am 9. April 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Restschuldbefreiung und die Stundung der
Verfahrenskosten. Nach dem beigefügten Gläubiger- und Forderungsverzeichnis war seine einzige Gläubigerin eine Bank, bei der er Verbindlichkeiten in Höhe von 30.986,08 € aus einem Darlehen, 645,06 € aus der Nutzung eines Girokontos und 3.195,40 € aus der Nutzung einer Kreditkarte hatte. Mit Verfügung
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vom 21. April 2009 gab ihm das Insolvenzgericht auf, folgende Fragen zu beantworten: "Was ist der Grund der Verschuldung? Welches Geschehen liegt der
Forderung Nr. 1 zugrunde? Wofür wurden die unter Ziffer 6 enthaltenen Kredite
verwendet?" Zugleich wurde der Schuldner darauf hingewiesen, dass bei Verletzung von Mitwirkungspflichten die Stundung versagt werden könne. Das den
Schuldner vertretende Sozialreferat der Stadt München teilte nachfolgend mit,
man sei der Meinung, dass der Schuldner die gestellten Fragen nicht beantworten müsse, er habe bereits hinreichend Auskunft über seine wirtschaftlichen
Verhältnisse gemacht, so dass die Eröffnungsvoraussetzungen beurteilt werden
könnten.
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Daraufhin hat das Amtsgericht den Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten mit der Begründung zurückgewiesen, der Schuldner habe Mitwirkungspflichten nach § 20 Abs. 1 InsO verletzt; dies rechtfertige die Versagung der
Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO und damit auch die Zurückweisung des Stundungsantrags nach § 4a InsO. Die sofortige Beschwerde des
Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der
Schuldner sein Stundungsbegehren weiter.
II.
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Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 4d Abs. 1 InsO)
und auch im Übrigen zulässige (§§ 575, 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.
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1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Schuldner sei aufgrund
der Zulässigkeit seines Eröffnungsantrags umfassend zur Auskunftserteilung
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verpflichtet. Die Frage nach der Verwendung des Kredits habe auch darauf abgezielt, ob für den Kredit Vermögenswerte geschaffen worden seien, die zur
Masse gezogen werden könnten. Jedenfalls wenn es sich um die einzige
Schuldposition handle, stelle sich die Frage, ob der Darlehensschuld Vermögenswerte gegenüber stünden. Eine solche, vorrangig der Klärung der Begründetheit des Insolvenzantrags dienende Frage müsse vom Schuldner beantwortet werden. Die bewusste Weigerung rechtfertige eine Abweisung des Insolvenzantrags und die Versagung der Restschuldbefreiung.
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2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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a) Die Vorinstanzen haben ihre Entscheidungen zu Unrecht auf § 290
Abs. 1 Nr. 5 InsO gestützt. Zwar ist ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten abzulehnen, wenn bereits zweifelsfrei feststeht, dass ein Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO vorliegt (BGH,
Beschluss vom 16. Dezember 2004 - IX ZB 72/03, ZVI 2005, 124). Auf diese
Vorschrift kommt es jedoch nicht an, soweit es allein darum geht, ob der
Schuldner zu seinem Antrag nach § 4a InsO hinreichende Angaben über seine
wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat (BGH, Beschluss vom 27. Januar
2005 - IX ZB 270/03, ZVI 2005, 120, 121; vom 3. Februar 2005 - IX ZB 37/04,
ZVI 2005, 119). So liegt der Fall hier. Das Insolvenzgericht hat den Schuldner
nach Zurückweisung seiner sofortigen Beschwerde aufgefordert, einen Vorschuss zur Deckung der Verfahrenskosten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO zu
leisten, und angekündigt, den Eröffnungsantrag nach § 26 Abs. 1 InsO mangels
Masse abzuweisen, wenn der Vorschuss nicht fristgerecht gezahlt wird. Eine
Abweisung des Eröffnungsantrags nach § 26 InsO darf nur erfolgen, wenn der
Antrag zulässig und - von der fehlenden Massekostendeckung abgesehen begründet ist (BGH, Beschluss vom 13. April 2006 - IX ZB 118/04, ZIP 2006,
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1056 Rn. 5; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl., § 26 Rn. 18; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl.,
§ 26 Rn. 33; Jaeger/Schilken, InsO, § 26 Rn. 36; HmbKomm-InsO/Schröder,
3. Aufl., § 26 Rn. 56). Die Ankündigung der Abweisung des Eröffnungsantrags
mangels Masse belegt daher, dass das Insolvenzgericht die Eröffnungsvoraussetzungen mit Ausnahme der Kostendeckung als erfüllt angesehen hat. Es hat
die Beantwortung der an den Schuldner gestellten Fragen nicht für erforderlich
gehalten, um diese Eröffnungsvoraussetzungen beurteilen zu können. Dann
können die Fragen nur die Klärung der Deckung der Verfahrenskosten und damit der Stundungsvoraussetzungen bezweckt haben (vgl. BGH, Beschluss vom
3. Februar 2005, aaO S. 120).
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b) Der Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten ist nach dem bisherigen Sachstand weder unzulässig noch unbegründet.
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aa) Mit Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, der Schuldner
sei infolge der Zulässigkeit seines Antrags umfassend zur Auskunft verpflichtet.
Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten
schuldet er Auskunft jedoch nur insoweit, als diese benötigt wird, um zu beurteilen, ob das Vermögen des Schuldners zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht. Die Prüfung erfolgt in diesem Verfahrensstadium summarisch, die Stundung der Kosten darf nicht durch übersteigerte Informationsauflagen erschwert
werden. Das Insolvenzgericht hat bei der Frage, ob vor der Entscheidung über
das Stundungsgesuch weitere Umstände aufzuklären sind, zwar einen nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Dessen Grenzen sind hier jedoch
überschritten.
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bb) Der Schuldner hat unter Bezugnahme auf seine mit dem Eröffnungsantrag eingereichten Unterlagen erklärt, er könne die Verfahrenskosten aus
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seinem Vermögen nicht aufbringen. Mangels gegenteiliger konkreter Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Schuldner redlich ist und seine Angaben wahrheitsgemäß und vollständig gemacht hat. Bestehen aufgrund eines in
sich
stimmigen
Stundungsantrags
objektiv
keine
Zweifel,
dass
der
Antragsteller voraussichtlich nicht in der Lage ist, die anfallenden Kosten zu
decken, ist in der Regel Stundung zu gewähren. Weist der Antrag hingegen
Lücken oder Widersprüche auf, ist das Insolvenzgericht berechtigt und im Falle
eines zulässigen Antrags auch verpflichtet, beim Schuldner nachzufragen. Die
Angabe des Schuldners, Darlehensverbindlichkeiten bei einer Bank zu haben,
ließ den Stundungsantrag weder als widersprüchlich noch als unvollständig
oder sonst ergänzungsbedürftig erscheinen. Gibt ein Schuldner Darlehensschulden an, drängt sich allein deshalb noch nicht der Eindruck auf, seine weitere Angabe, kein die Verfahrenskosten deckendes Vermögen zu haben, könnte unzutreffend sein. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner - wie hier - ausschließlich Bankverbindlichkeiten hat. Es war deshalb nicht gerechtfertigt, ihm
die Erklärung abzuverlangen, wofür das Darlehen verwendet worden ist, und
die Stundung der Verfahrenskosten von dieser Erklärung abhängig zu machen.
Entsprechendes gilt für die Fragen nach dem Grund der Verschuldung und
nach dem Geschehen, welches der Darlehensforderung zugrunde lag. All dies
hat der Senat bereits mit den Beschlüssen vom 27. Januar 2005 (IX ZB 270/03,
aaO S. 122 unter II.2.c) und vom 3. Februar 2005 (IX ZB 37/04, aaO S. 120)
entschieden.
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cc) Die damals dargelegten Grundsätze gelten nach wie vor (vgl. BGH,
Beschluss vom 12. Juni 2008 - IX ZB 205/07, ZVI 2008, 515 Rn. 5 f). Entgegen
der Ansicht des Beschwerdegerichts führt die Rechtsprechung des Senats,
nach der im Falle eines zulässigen Eröffnungsantrags bereits ab Antragstellung
eine umfassende Auskunftspflicht besteht (Beschluss vom 9. Oktober 2008
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- IX ZB 212/07, ZVI 2009, 38 Rn. 9), nicht zu einer anderen Beurteilung. Die
Beschlüsse vom 27. Januar 2005 und vom 3. Februar 2005 beruhen nicht auf
einer hiervon abweichenden Ansicht über den Beginn und den Umfang der
Auskunftspflicht nach § 20 Abs. 1 InsO, sondern auf der Erwägung, dass das
Auskunftsverlangen die Deckung der Verfahrenskosten und nicht die sonstigen
Eröffnungsvoraussetzungen betraf.
3. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit
11
unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen erneut über den Stundungsantrag entschieden wird (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Vill
Raebel
Grupp
Gehrlein
Möhring
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 18.05.2009 - 1506 IN 1264/09 LG München I, Entscheidung vom 02.10.2009 - 14 T 12739/09 -