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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 232/06
vom
21. Februar 2008
in dem Insolvenzverfahren
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Prof.
Dr. Gehrlein
am 21. Februar 2008
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer
des Landgerichts Itzehoe vom 13. November 2006 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
auf 5.468,12 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzte Rechtsbeschwerdeführer wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Pinneberg vom
21. Juli 2004 zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Schuldnerin bestellt. Die Schuldnerin betrieb den "S.
" und beschäftigte - unter Einschluss von Teilzeitkräften einschließlich
Schüleraushilfen - zuletzt 14 Angestellte. Der Rechtsbeschwerdeführer hat im
Rahmen des Insolvenzverfahrens das wertausfüllend belastete Einfamilienhaus
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der Schuldnerin veräußert; in vier Fällen hat er jeweils gegenüber gesetzlichen
Krankenkassen im Wege der Anfechtung Mittel zur Insolvenzmasse gezogen.
2
Das Amtsgericht hat die Vergütung des Rechtsbeschwerdeführers mit
Beschluss vom 16. Juni 2006 auf 15.189,21 € festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen
wendet sich der Rechtsbeschwerdeführer, der die Festsetzung eines Zuschlags
in Höhe von 5.468,12 € beansprucht.
II.
3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 64
Abs. 3, § 6 Abs. 1, § 7 InsO), jedoch unzulässig, weil die geltend gemachten
Zulässigkeitsgründe nicht durchgreifen.
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1. Das Landgericht hat ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für die begehrten Zuschläge in Höhe von insgesamt 45 % seien nicht erfüllt. Der mit dem Verkauf des Hausgrundstücks verbundene Arbeitsaufwand,
der bei jeder freihändigen Veräußerung anfalle, gehöre auch unter Berücksichtigung der dabei geführten Verhandlungen und der Bemühungen um die Suche
eines Käufers zu den Regeltätigkeiten eines Insolvenzverwalters in einem Verfahren der vorliegenden Art. Ebenso gehöre die Anfechtung von Rechtshandlungen zu den Regelaufgaben eines Insolvenzverwalters, die eine Erhöhung der
Gebühren nur rechtfertige, wenn nachweislich Besonderheiten aufgetreten seien. Besondere Schwierigkeiten könnten nicht allein aus dem Hinweis hergeleitet
werden, dass sich der Insolvenzverwalter mit den Akten eines Altverfahrens
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befasst habe und im Betrieb der Schuldnerin eine geordnete Buchhaltung nicht
vorhanden gewesen sei.
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2. Die dagegen geltend gemachten Zulässigkeitsgründe verhelfen der
Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Soweit die Rechtsbeschwerde gegen die
Versagung eines Zuschlags sowohl hinsichtlich der Grundstücksveräußerung
als auch hinsichtlich der Anfechtung von Rechtshandlungen unter dem Aspekt
der grundsätzlichen Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) jeweils eigenständig
eine Zulässigkeitsfrage formuliert, ist bereits den Darlegungsanforderungen
nicht genügt, weil keine Ausführungen gemacht werden, aus welchen Gründen,
in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfragen umstritten sind
(BGHZ 152, 182, 191). Davon abgesehen ist ein Eingreifen des Rechtsbeschwerdegerichts im Blick auf die konkrete Bemessung der Vergütung weder
unter dem Gesichtspunkt einer Divergenz noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) angezeigt. Die Vordergerichte
haben die Anforderungen an die Verwirklichung von Zuschlagstatbeständen
entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht überspannt.
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a) Nach § 3 Abs. 1 Buchstabe a InsVV ist für den Insolvenzverwalter ein
Zuschlag zur Regelvergütung wegen der Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten nur festzusetzen, wenn diese einen erheblichen Teil seiner Tätigkeit ausgemacht hat. Für eine nur nennenswerte Befassung, die nicht zu einem
Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsO geführt hat, erhält er nichts (BGH,
Beschl. v. 11. Oktober 2007 - IX ZB 15/07, WM 2007, 2303, 2304 f). Eine erhebliche Beschäftigung des Insolvenzverwalters mit Aus- und Absonderungsgegenständen liegt vor, wenn ihn die darauf entfallende Tätigkeit über das gewöhnliche Maß hinaus in Anspruch genommen hat (BGH, Beschl. v. 13. Juli
2006 - IX ZB 104/05, WM 2006, 1687, 1692; BGH, Beschl. v. 14. Dezember
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2005 - IX ZB 256/04, WM 2006, 530, 532 f). Ausschlaggebend ist der real gestiegene Arbeitsaufwand in diesem Bereich (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Juli 2006
aaO; BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, NZI 2003, 603 f).
7
Eine nicht nur nennenswerte, sondern erhebliche Befassung des
Rechtsbeschwerdeführers ist bei der Bearbeitung von Ab- und Aussonderungsrechten nicht ersichtlich. Nahezu wortgleich mit seinem Beschwerdevorbringen
macht der Rechtsbeschwerdeführer geltend, seine Tätigkeit habe sich auf "die
Bewertung des Grundvermögens, die Klärung, welche Grundpfandrechte in
welcher Höhe valutierten, die Beauftragung eines Maklers und dessen Kontrolle, die Verhandlung mit der Grundpfandrechtsgläubigerin und die Wahrnehmung eines Notartermins zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages" erstreckt. Dieses rein wertende Vorbringen lässt eine konkrete Schilderung von
Tatsachen, welche die behaupteten "besonderen Schwierigkeiten" hervorgerufen haben sollen, vermissen. Zu den Belastungen und dem Wert des Grundstücks hatte sich bereits die Schuldnerin in dem Insolvenzantrag geäußert. Sichere Kenntnis der Belastungen hat der Rechtsbeschwerdeführer nach Einblick
in das Grundbuch gewonnen; über den Marktwert des Grundstücks wurde der
Rechtsbeschwerdeführer durch den von ihm beauftragten Makler unterrichtet,
dessen Einschaltung zudem eigene Verkaufsbemühungen erspart hat. Nicht
zuletzt ist die Wahrnehmung eines Notartermins notwendigerweise mit jeder
Grundstücksveräußerung verbunden. Schließlich ist auch nicht vorgetragen,
dass sich die Verhandlungen mit der H.
AG als Grundpfandrechts-
gläubigerin besonders kontrovers und langwierig gestalteten, so dass eine Einigung etwa erst nach wiederholten Gesprächen zu erzielen war. Da sich die Verkaufsbemühungen bei dieser Sachlage innerhalb des üblichen Rahmens bewegten, kann von einer erheblichen Befassung keine Rede sein.
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b) Die Bearbeitung weniger, einfacher Anfechtungsfälle ist durch die Regelvergütung abgegolten (Eickmann/Prasser in Kübler/Prütting, InsO § 3 InsVV
Rn 25). Da sich die Rechtsbeschwerde zu dem tatsächlichen und rechtlichen
Hintergrund der lediglich vier Anfechtungsfälle nicht näher äußert, können eine
Erhöhung der Vergütung rechtfertigende Besonderheiten nicht festgestellt werden. Die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines
Rechtsanwalts zur Führung eines Insolvenzanfechtungsprozesses entwickelten
Maßstäbe (BGH, Beschl. v. 23. März 2006 - IX ZB 130/05, ZIP 2006, 825 f) sind
entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde im Streitfall nicht einschlägig,
weil davon auszugehen ist, dass es sich um einfach gelagerte Sachverhalte
handelt.
Fischer
Ganter
Kayser
Raebel
Gehrlein
Vorinstanzen:
AG Pinneberg, Entscheidung vom 16.06.2006 - 71 IN 316/04 LG Itzehoe, Entscheidung vom 13.11.2006 - 4 T 321/06 -