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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZR 214/04
vom
30. November 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
_____________________
EGZPO § 26 Nr. 8
Soll mit der beabsichtigten Revision ein einheitlicher vertraglicher Anspruch
weiter verfolgt werden (hier: Anspruch auf Versicherungsleistungen aus der
Hausratversicherung nach Brand), kommt es für den nach § 26 Nr. 8 EGZPO
maßgeblichen Wert des Beschwerdegegenstandes auf die Höhe des Gesamtbetrages an, der im beabsichtigten Revisionsverfahren weiter verfolgt werden
soll; auf die mögliche Selbständigkeit von einzelnen Entschädigungspositionen kommt es nur für eine Teilzulassung der Revision, nicht aber für den Wert
des Beschwerdegegenstandes an.
BGH, Beschluss vom 30. November 2005 - IV ZR 214/04 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
-2-
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke
am 30. November 2005
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird die
Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. August 2004 zugelassen, soweit der Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen für die Schadensposition 676 (Sauna
und Zubehör) abgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens,
soweit es ohne Erfolg geblieben ist. Insoweit beträgt der
Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 25.635,27 € und für die außergerichtlichen Kosten
38.118,97 € mit der Maßgabe, dass diese im Verhältnis
zur Beklagten nur in Höhe von 67% anzusetzen sind.
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Gründe:
1
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer bei ihr gehaltenen
Hausratversicherung auf Entschädigung in Anspruch, nachdem der ihr
und ihrem Ehemann gehörende Hausrat bei einem Brand ihres Wohnhauses vollständig zerstört wurde. Dem Versicherungsvertrag liegen die
Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen 1992 (VHB 92) zugrunde. Vorgerichtlich zahlte die Beklagte eine Entschädigung in Höhe von
76.793,16 €.
2
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung weiterer 74.037,95 €
nebst Zinsen abgewiesen, da die Klägerin eine Versicherung des Hausrats zum Neuwert nicht nachgewiesen habe. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht weitere 35.919,98 € zugesprochen, das weitergehende Rechtsmittel jedoch zurückgewiesen und die Revision nicht
zugelassen. Mit der beabsichtigten Revision will die Klägerin das Klagebegehren im Umfang der Abweisung durch das Berufungsgericht weiterverfolgen.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig (§ 544
ZPO). Die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO ist überschritten. Dem
steht nicht entgegen, dass sich der von der Klägerin mit der beabsichtigten Revision weiterverfolgte Anspruch auf Entschädigungsleistung aus
Einzelpositionen entsprechend den durch den Brand vernichteten Hausratgegenständen zusammensetzt, die jede für sich genommen die Wertgrenze von 20.000 € nicht übersteigen.
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1. a) Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach
§ 26 Nr. 8 EGZPO ist nicht die Beschwer aus dem Berufungsurteil, sondern der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten
Revisionsverfahren maßgebend. Dabei ist die Wertberechnung nach den
allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (BGH, Beschlüsse vom 29. September 2004 - IV ZR 145/03 - NJW 2005, 224 unter
II 1; vom 25. November 2003 - VI ZR 418/02 - NJW-RR 2004, 638 unter
II und vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02 - NJW 2002, 2720 unter II 2). Die
Nichtzulassungsbeschwerde ist demnach zulässig, wenn das Begehren
wenigstens in Höhe von 20.000,01 € weiter verfolgt wird (Musielak/Ball,
ZPO, 4. Aufl. § 544 Rdn. 6). Umgekehrt ist das Rechtsmittel unzulässig,
wenn das Berufungsurteil den Beschwerdeführer zwar mit mehr als
20.000 € beschwert, dieser sein Rechtsschutzbegehren mit der Revision
aber nur zu einem geringeren, unter der Wertgrenze bleibenden Teil weiter verfolgen will (Musielak/Ball, aaO). Dabei wirkt die Wertgrenze als
Zugangsbeschränkung allein für die Nichtzulassungsbeschwerde. Wird
diese bei einer Beschwer von mehr als 20.000 € unbeschränkt eingelegt,
ist eine Teilzulassung der Revision ebenso zulässig wie - nach Zulassung - eine Beschränkung, auch wenn die Wertgrenze des § 26 Nr. 8
EGZPO insoweit nicht erreicht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni
2002 aaO unter II 3 c; Musielak/Ball, aaO; Piekenbrock/Schulze, JZ
2002, 911, 912). Aus dem Wortlaut von § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ergibt
sich, dass der Wert "der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer" dabei durch den vom Rechtsmittelführer beabsichtigten Revisionsantrag festgelegt wird (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2002 aaO unter
II 2; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 26 EGZPO Rdn. 12 f.).
Maßgeblich ist das ursprünglich geltend gemachte Klagebegehren, also
der prozessuale Anspruch, soweit er mit der beabsichtigten Revision
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noch weiter verfolgt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 22. November
1990 - IX ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1279 unter 2 b für das Rechtsmittel
der Berufung). Dieser den Streitgegenstand bildende Anspruch wird vom
Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung nicht nur durch den Klageantrag bestimmt, sondern auch durch den Klagegrund, also den tatsächlichen Lebensvorgang, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BGH, Urteil vom 22. November 1990 aaO; vgl. auch BGHZ 7,
268, 271).
5
b) Der von der Klägerin in diesem Rechtsstreit geltend gemachte
Entschädigungsanspruch ist ein einheitlicher prozessualer Anspruch. In
beiden Tatsacheninstanzen hat sie die Zahlung einer Geldsumme begehrt, deren rechtliche Grundlage der dem Grunde nach einheitliche,
nicht teilbare vertragliche Entschädigungsanspruch aus einem Versicherungsfall in der Hausratversicherung ist. Die Beklagte hat danach bedingungsgemäß für den bei der Klägerin eingetretenen Versicherungsfall
Ersatz zu leisten. Für den Wert der Beschwer ist demnach auf den Gesamtbetrag abzustellen, mit dem das Klagebegehren gerichtlich geltend
gemacht worden ist und nun noch mit der Revision weiter verfolgt werden soll. Dieser beträgt hier 38.118,97 €. Auf die mögliche Selbständigkeit der Einzelpositionen, die sich aus ihrer hinreichenden Individualisierbarkeit infolge ziffernmäßiger Bestimmtheit ergeben mag (zur daraus
folgenden Teilurteilsfähigkeit vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 1989 - VI
ZR 43/88 - NJW-RR 1989, 1149 unter II 2 und vom 21. Februar 1992 - V
ZR 253/90 - NJW 1992, 1769 unter II 3), und darauf, dass diese Positionen, soweit Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden, jede für
sich genommen die Wertgrenze von 20.000 € nicht übersteigt, kommt es
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nur für eine Teilzulassung der Revision, nicht aber für den Wert des Beschwerdegegenstandes an.
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2. Dem stehen die bisherigen Entscheidungen des Senats nicht
entgegen
(Beschlüsse
vom
29. September
2004
aaO
und
vom
23. Oktober 2002 - IV ZR 154/02 - VersR 2002, 1578 unter 1). In der Unfallversicherung,
die
Gegenstand
des
Senatsbeschlusses
vom
23. Oktober 2002 ist, handelt es sich bei den Ansprüchen auf Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld und Invaliditätsentschädigung um jeweils
selbständige Leistungen, die gesondert zu vereinbaren sind und dem
Grunde nach auch von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängen.
Gegenstand des Beschlusses vom 29. September 2004 sind Ansprüche
aus der Rechtsschutzversicherung. Dabei erreichen die auf Deckungsschutz gerichteten Klageanträge zu 3 bis 5 - selbst wenn es sich insoweit
um die Verfolgung eines einheitlichen, selbständigen Anspruchs gehandelt haben sollte - nicht die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO. Der auf
Schadensersatz gerichtete Klageantrag zu 7 betrifft einen weiteren,
selbständigen Anspruch.
7
Diese Entscheidungen betreffen somit Fälle, in denen hinsichtlich
mehrerer geltend gemachter selbständiger Ansprüche (objektive Klagehäufung, § 260 ZPO) zwar Zulassungsgründe dargelegt werden, aber
erst die Addition der jeweiligen Beschwerdegegenstände aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu einer Überschreitung der Wertgrenze
des § 26 Nr. 8 EGZPO führen würde. Eine solche Wertaddition bei selbständigen Ansprüchen müsste zu einem Unterlaufen der Wertgrenze führen, die vom Gesetzgeber gerade mit dem Ziel der Begrenzung des Anfalls von Rechtsmitteln für eine Übergangszeit geschaffen wurde (BGH,
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Beschluss vom 27. Juni 2002 aaO unter II 2 b). Sie scheidet deshalb
aus.
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Soweit der Senat bei der Bestimmung der Wertgrenze des § 26
Nr. 8 EGZPO bisher auch auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Teilurteilsfähigkeit abgestellt hat, war das - wie vorstehend dargelegt - nicht
entscheidend.
9
III. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang auch Erfolg. Im Übrigen war sie zurückzuweisen, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
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einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§§ 544 Abs. 2 Satz 3, 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer
weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. ZPO abgesehen.
Seiffert
Dr. Schlichting
Felsch
Wendt
Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 12.12.2002 - 3 O 229/02 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.08.2004 - 12 U 11/03 -