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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 177/08
Verkündet am:
24. März 2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch und
Dr. Karczewski auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des
Landgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
I. Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
(VBL) hat die Aufgabe, den Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher
Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom
22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte
ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002
(ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf
einem Punktemodell nach versicherungsmathematischen Grundsätzen
beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
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II. In dem eingeführten Betriebsrentensystem beruht die Berechnung der monatlichen Betriebsrente auf der Summe der bis zum Beginn
der Betriebsrente erworbenen Versorgungspunkte, die sich unter anderem für das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, für soziale Komponenten und als Bonuspunkte ergeben können. In Versorgungspunkte umgerechnet wurden auch die bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften der Versicherten, die die Beklagte wertmäßig festgestellt
und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten
der Versicherten übertragen hat.
3
Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) lautet auszugsweise wie
folgt, wobei § 68 VBLS im Wesentlichen mit § 19 ATV übereinstimmt:
"§ 68 Überschussverteilung
(1) Die VBL stellt jährlich bis zum Jahresende für das vorangegangene Geschäftsjahr fest, ob und in welchem
Ausmaß aus verbleibenden Überschüssen (Absatz 3) Bonuspunkte vergeben werden können (…). Über die Zuteilung von Bonuspunkten entscheidet der Verwaltungsrat
auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars.
(2) Grundlage für die Feststellung und Entscheidung nach
Absatz 1 ist eine auf anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhende und durch den Verantwortlichen Aktuar erstellte fiktive versicherungstechnische
Bilanz (…).
(3) Ergibt die fiktive versicherungstechnische Bilanz einen
Überschuss, wird dieser Überschuss um den Aufwand für
soziale Komponenten nach § 37 und um die Verwaltungskosten der VBL (…) vermindert und nach Maßgabe des
Absatzes 1 verwendet (…). Einzelheiten werden in den
Ausführungsbestimmungen geregelt (…).
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§ 69 Rückstellung für Überschussverteilung
(1) Der Überschuss, der sich entsprechend der versicherungstechnischen Bilanz ergibt, wird (…) in die Rückstellung für Überschussverteilung eingestellt. Über die Zuführung des verteilungsfähigen Überschusses (…) zur Rückstellung für Überschussverteilung entscheidet der Verwaltungsrat.
(2) Diese Rückstellung dient der Verbesserung oder Erhöhung von Leistungen, insbesondere zur Gewährung von
Bonuspunkten (…). Über die Verwendung der Rückstellung entscheidet der Verwaltungsrat auf Vorschlag des
Verantwortlichen Aktuars.
X Ausführungsbestimmungen zu § 68 Abs. 3 Satz 3
- Überschussverteilung (…)
(6) Eine Verwendung der Rückstellung für Überschussbeteiligung zur Vergabe von Bonuspunkten oder sonstigen
Erhöhung von Leistungen nach § 69 Abs. 2 Satz 1 ist
höchstens so zu bemessen, dass die hierfür zu ermittelnde zusätzliche Nettodeckungsrückstellung (…) die Rückstellung für Überschussverteilung nicht übersteigt. Der
Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Verwendung
der Rückstellung nach § 69 Abs. 2 Satz 3 hat zudem die
Entstehung des Überschusses und künftige Risiken angemessen zu berücksichtigen."
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III. Die bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin hat so genannte Versicherungsnachweise erhalten, aus denen sich die Höhe der
von der Klägerin insgesamt erworbenen Anwartschaft auf Betriebsrente
wegen Alters einschließlich desjenigen Teils der Anwartschaft ergibt, der
von ihr bis zur Systemumstellung erworben und als Startgutschrift dem
Versorgungskonto gutgeschrieben wurde. Bonuspunkte sind in den Ver-
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sicherungsnachweisen nicht ausgewiesen. Der Verwaltungsrat der Beklagten hat für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 entschieden, dass dem
das Versorgungskonto I betreffenden Abrechnungsverband, dem die
Klägerin angehört, keine Bonuspunkte zugeteilt werden.
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Die Klägerin meint, ihr stehe ein Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten für die genannten Geschäftsjahre zu; im Wege
der Stufenklage (§ 254 ZPO) verlangt sie Auskunft über die von der Beklagten in den Kalender- bzw. Geschäftsjahren 2002 bis 2004 erzielten
Überschüsse durch Vorlage der (fiktiven) versicherungstechnischen Bilanzen.
6
Das Amtsgericht hat dem Auskunftsantrag durch Teilurteil stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Teilurteil
des Amtsgerichts geändert und die Stufenklage insgesamt abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
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Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die von
der Klägerin erhobene Stufenklage zu Recht insgesamt abgewiesen.
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I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Ein solcher ergebe sich aus
den Satzungsbestimmungen der Beklagten weder bei unmittelbarer noch
bei entsprechender Anwendung und folge auch nicht aus dem Gesetz zur
Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG; BGBl. I 2005,
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2722). Zudem könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf § 55 Abs. 3
oder § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes berufen. Im Übrigen
könne sie die begehrte Auskunft nicht aus den Grundsätzen von Treu
und Glauben gemäß § 242 BGB verlangen. Hierfür sei erforderlich, dass
ein dem Grunde nach feststehender Leistungsanspruch existiere. Ein
solcher Anspruch der Klägerin auf Bonuspunkte bestehe (derzeit) nicht.
Zivilrechtliche Ansprüche auf Bonuspunkte entstünden für die Versicherten erst, wenn ihnen von der Beklagten Bonuspunkte zugeteilt bzw. im
Versicherungsnachweis ausgewiesen werden. Die systematische Stellung der §§ 68 f. VBLS und die Bestimmung über das Ob und das Ausmaß der Gewährung von Bonuspunkten machten deutlich, dass sich ein
berechenbarer Anspruch des einzelnen Pflichtversicherten hieraus nicht
herleiten lasse. Nach den genannten Regelungen und den zugehörigen
Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS bleibe es den
zuständigen Gremien der Beklagten letztlich unbenommen, Rückstellungen zu bilden statt Bonuspunkte zu gewähren. Ein Anspruch auf Überschussbeteiligung könne sich (derzeit) auch nach § 153 VVG jedenfalls
aus dem Grunde nicht ergeben, dass die Regelung bei Altverträgen erst
ab dem 1. Januar 2008 gelte und daher für den hier maßgeblichen Zeitraum 2002 bis 2004 nicht anwendbar sei.
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Da damit nicht nur dem geltend gemachten Auskunftsanspruch,
sondern zugleich dem angekündigten Leistungsbegehren die Grundlage
fehle, sei auch das Berufungsgericht als Rechtsmittelgericht befugt, die
Stufenklage insgesamt abzuweisen.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten für die Geschäftsjahre 2002 bis
2004. Schon daraus folgt, dass ein zur Vorbereitung eines solchen Anspruchs geltend gemachter Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten in den genannten Jahren erzielten Überschüsse durch Vorlage
der (fiktiven) versicherungstechnischen Bilanzen entfällt (vgl. BGHZ 128,
54, 58; 87, 346, 352 f., 358).
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a) Für das genannte Leistungsbegehren der Klägerin besteht nach
der insoweit allein maßgeblichen Satzung der Beklagten keine rechtliche
Grundlage. Die Auslegung der Satzung ergibt, dass für die Versicherten,
die - wie die Klägerin als Pflichtversicherte - für die Zuteilung von Bonuspunkten in Betracht kommen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2-4 VBLS), ein
solcher Anspruch auf Überschussbeteiligung lediglich dem Grunde nach
besteht. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, wird dagegen
ein Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe nicht gewährt.
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aa) (1) Die Satzungsbestimmungen der Beklagten finden als Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (st. Rspr.; vgl. BGHZ 142, 103, 106 f.; Senatsurteil vom 14. Juni
2006 - IV ZR 55/05 - VersR 2006, 1248 Tz. 8). Für die Auslegung der
Satzungsbestimmungen kommt es auf das Verständnis und Interesse
des durchschnittlichen Versicherten an (vgl. Senatsurteile vom 3. De-
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zember 2008 - IV ZR 104/06 - VersR 2009, 201 Tz. 13; vom 14. Februar
2007 - IV ZR 267/04 - VersR 2007, 676 Tz. 10; vom 14. Juni 2006 aaO
m.w.N.).
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(2) Nach diesem Maßstab ist vom Wortlaut der Satzung auszugehen. Der Versicherte wird dabei zunächst die Regelung des § 36 Abs. 1
Satz 1 c VBLS in den Blick nehmen, die lediglich den Hinweis darauf
enthält, dass sich Versorgungspunkte, die nach § 35 Abs. 1 VBLS der
Betriebsrente zugrunde liegen, auch als Bonuspunkte ergeben können
und deren Feststellung und Gutschrift jeweils zum Ende des folgenden
Kalenderjahres erfolgt (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 VBLS). Für Weiteres nimmt die Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 1 c VBLS auf die mit
"Überschussverteilung" überschriebene Regelung des § 68 VBLS Bezug.
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Auch aus dieser Regelung lässt sich keine bestimmte Höhe der
Überschussbeteiligung entnehmen. Die Regelung stellt vielmehr einleitend in Absatz 1 Satz 1 klar, dass die Beklagte jährlich feststellt, "ob"
und "in welchem Ausmaß" Bonuspunkte vergeben werden können, wobei
die Entscheidung über die Zuteilung der Bonuspunkte durch den Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zu
treffen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 6 VBLS).
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Wie sich für den Versicherten im Weiteren aus § 69 VBLS und Absatz 6 der Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS ergibt, liegt der Überschussbeteiligung ein im Einzelnen geregeltes Verfahren zugrunde, für das indes keine konkreten Vorgaben zur Höhe der
Überschussbeteiligung vorgesehen sind, sondern im Grundsatz ein gewisser Spielraum belassen wird. So erschließt sich für den Versicherten
zunächst aus der Regelung des § 69 Abs. 1 Satz 1 VBLS, dass ein nach
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§ 68 Abs. 2 und 3 VBLS ermittelter verteilungsfähiger Überschuss in die
Rückstellung für Überschussverteilung einzustellen ist. Diese dient, worauf § 69 Abs. 2 Satz 1 VBLS hinweist, der Verbesserung und Erhöhung
von Leistungen, und zwar insbesondere, aber nicht ausschließlich zur
Gewährung von Bonuspunkten. Die Entscheidung darüber, wie die Rückstellung zu verwenden ist, hat nach § 69 Abs. 2 Satz 3 VBLS der Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zu
treffen. Aus Absatz 6 der Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3
Satz 3 VBLS lässt sich insoweit ergänzend entnehmen, dass die Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung zur Vergabe von
Bonuspunkten höchstens so zu bemessen ist, dass die hierfür zu ermittelnde zusätzliche Nettodeckungsrückstellung die Rückstellung für Überschussverteilung nicht übersteigt. Zudem hat der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars die Entstehung des Überschusses und künftige Risiken angemessen zu berücksichtigen.
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(3) Ist danach bereits nach dem Wortlaut der §§ 68 f. VBLS klar,
dass die Höhe der Überschussbeteiligung letztlich von der Entscheidung
der Beklagten durch ihren Verwaltungsrat abhängt, wird der Versicherte
in diesem Verständnis der Regelungen durch deren systematische Stellung in der Satzung der Beklagten bestätigt. Die Regelungen zur Überschussbeteiligung finden sich - worauf das Berufungsgericht zu Recht
hingewiesen hat - nicht in einem die Leistungsverpflichtung der Beklagten bestimmenden, sondern im mit "Finanzierung und Rechnungswesen"
überschriebenen Fünften Teil der Satzung bzw. in den Ausführungsbestimmungen X zu § 68 Abs. 3 Satz 3 VBLS. Das ist anders bei den Regelungen der §§ 36 Abs. 2 und 3, 37 und 82a Abs. 2 VBLS zur Bestimmung
der übrigen Versorgungspunkte i.S. des § 36 Abs. 1 Satz 1 VBLS, die
konkrete Berechnungsvorgaben enthalten und im Zweiten Teil, Abschnitt
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III der Satzung mit der Überschrift "Betriebsrente aufgrund einer Pflichtversicherung nach dem Punktemodell" bzw. im Sechsten Teil unter
"Sonderbestimmungen" enthalten sind.
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bb) Dass den Versicherten danach kein Anspruch auf Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe zusteht, ist hinzunehmen. Einen solchen
Anspruch konnte und musste die Beklagte nicht einräumen.
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(1) Als Allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegen die Satzungsbestimmungen der Beklagten regelmäßig der richterlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB, soweit dieser
nicht ihrerseits Schranken gesetzt sind (BGHZ aaO 109 f.; Senatsurteil
vom 14. Januar 2004 - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter I 2 a). Solche Schranken könnten sich hier bereits deshalb ergeben, weil es sich
bei den §§ 68 f. VBLS lediglich um eine Leistungsbeschreibung handeln
könnte, die nach dem Sinn und Zweck des § 307 BGB einer gerichtlichen
Kontrolle entzogen wäre (vgl. BGHZ 128, 54, 59; Senatsurteil vom
24. März 1999 - IV ZR 90/98 - VersR 1999, 710 unter A I 2 a m.w.N.). Ob
das zutrifft oder davon auszugehen ist, dass die Regelungen das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren mit der Folge, dass eine Inhaltskontrolle nicht ausgeschlossen
wäre (BGHZ aaO; Senatsurteil vom 24. März 1999 aaO), ist zweifelhaft.
Letztlich bedarf die Frage der Kontrollfähigkeit keiner Entscheidung.
Dass die §§ 68 f. VBLS keine bestimmte Höhe der Überschussbeteiligung vorsehen, hält einer Inhaltskontrolle stand. Anhaltspunkte für eine
unangemessene Benachteiligung der Versicherten i.S. des § 307 Abs. 1
Satz 1 VBLS, auf deren Interesse vorrangig abzustellen ist (BGHZ 103,
370, 383), sind nicht gegeben.
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(2) Eine unangemessene Benachteiligung der Versicherten kann
schon deshalb nicht gegeben sein, weil es der weitgehend unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen bleiben muss, in welcher Höhe er ermittelte Überschüsse in den jeweiligen Geschäftsjahren
zuteilt. Diese Notwendigkeit ergibt sich vor dem Hintergrund, dass der
Versicherer die spätere Erfüllbarkeit der Verbindlichkeiten aus der Überschussbeteiligung zu gewährleisten hat (vgl. zur Lebensversicherung
§ 11a Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 VAG). Diesem obersten, im Interesse aller Beteiligten liegenden Gebot widerspräche es, dem einzelnen Versicherten einen konkreten Anspruch auf Gutschrift von Bonuspunkten zuzubilligen, denn dies könnte zu Lasten der wirtschaftlichen Substanz der
Beklagten oder zu Lasten der Überschussbeteiligung anderer Versicherter gehen. Diese Grundgedanken liegen bereits den Urteilen des Senats
vom 8. Juni 1983 (BGHZ 87, 346, 354 f., 356 f.) und vom 9. Mai 2001
(BGHZ 147, 354, 371 f.) sowie den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 zur Bestandsübertragung und zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung zugrunde (VersR 2005, 1109 und
VersR 2005, 1127). Das Urteil zur Überschussbeteiligung stellt den
Grundsatz unternehmerischer Eigenverantwortung der Versicherungsunternehmen ausdrücklich nicht in Frage und betont den Vorrang der Interessen der Risikogemeinschaft vor Einzelinteressen von Versicherten
(aaO 1131 f; 1134). Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte ein anderer Ansatz gelten müsste, sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich. Insbesondere spielt es keine Rolle, dass der Überschussbeteiligung im Bereich der Pflichtversicherung ganz überwiegend keine tatsächlichen,
sondern rein fiktiv ermittelte Überschüsse zugrunde liegen. Entscheidend
ist, dass die Zuteilung bzw. Gutschrift von Bonuspunkten auf den Versorgungskonten der Versicherten nach § 36 Abs. 1 Satz 2 VBLS eine
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Leistungserhöhung und damit eine tatsächliche künftige Leistungsverpflichtung der Beklagten zur Folge hat.
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Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsrat der
Beklagten, der - wie ausgeführt - über die Verwendung der Rückstellung
für Überschussverteilung und die Zuteilung von Bonuspunkten zu entscheiden hat, paritätisch besetzt ist (vgl. § 11 Abs. 1 VBLS). Die Versicherten sind daher über ihre Vertreter an den genannten Entscheidungen
des Verwaltungsrats beteiligt, dem die für die Überschussbeteiligung
maßgebenden Informationen, insbesondere der Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Verwendung der Rückstellung für Überschussverteilung, zugänglich sind.
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(3) Eine unangemessene Benachteiligung der Versicherten folgt
schließlich nicht aus dem Hinweis der Revision darauf, dass die Zuteilung bzw. Gutschrift von Bonuspunkten, die eine Dynamisierung der Anwartschaften der Versicherten dadurch bewirkt, dass die jeweils erworbenen Versorgungspunkte einschließlich der Startgutschriften um einen
Prozentsatz erhöht werden (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese,
BAT Teil VII - ATV 179. ErgL Stand Oktober 2002 Erl. 19.1; 19.6), auch
eine nach dem früheren Gesamtversorgungssystem erdiente Dynamik
(verändert) aufrechterhalten soll. Wie der Senat zu den Übergangsregelungen für die so genannten rentenfernen und rentennahen Pflichtversicherten in den Urteilen vom 14. November 2007 (IV ZR 74/06 - BGHZ
174, 127 Tz. 81) und vom 24. September 2008 (IV ZR 134/07 - BGHZ
178, 101 Tz. 50) entschieden hat, ist die von den Tarifvertragsparteien
gewählte und von der Beklagten in ihre Satzung übernommene Form der
Dynamisierung der erteilten Startgutschriften i.S. des § 78 Abs. 1 Satz 2
VBLS durch die in den §§ 68 f. VBLS geregelte Überschussbeteiligung
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(vgl. §§ 33 Abs. 7 ATV, 79 Abs. 7 VBLS) nicht zu beanstanden. Im Übrigen enthalten die nach der Systemumstellung erworbenen entgeltbezogenen Versorgungspunkte - wie die Revision nicht verkennt - über den
Altersfaktor nach § 36 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 VBLS eine Verzinsung.
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b) Nach allem lässt sich aus der Satzung der Beklagten kein Anspruch der Versicherten auf Überschussbeteiligung durch Zuteilung und
Gutschrift von Bonuspunkten in bestimmter Höhe begründen. Anders als
die Revision meint, sind die Versicherten dadurch nicht rechtlos gestellt.
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Auch wenn die Versicherten von der Beklagten keine Überschussbeteiligung in bestimmter Höhe verlangen können, haben sie gleichwohl
den Anspruch darauf, entsprechend den satzungsgemäßen Vorgaben an
Überschüssen beteiligt zu werden. Soweit die Beklagte diesen Vorgaben
nicht nachgekommen sein sollte, bleibt es den Versicherten grundsätzlich unbenommen, die gerichtliche Feststellung zu begehren, dass die
ihnen erteilten Versicherungsnachweise in Bezug auf die (nicht) ausgewiesenen Bonuspunkte unverbindlich oder unwirksam sind. Darum geht
es hier jedoch nicht. Die Klägerin macht den genannten Anspruch auf
Beteiligung an Überschüssen entsprechend den satzungsgemäßen Vorgaben weder ausdrücklich geltend noch lässt es sich aus ihrem Vorbringen entnehmen. Ihr Tatsachenvortrag bietet auch keinen Anhaltspunkt
dafür, dass ein darauf bezogener Auskunftsanspruch (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache IV ZR 296/07) Gegenstand
des Rechtsstreits sein soll. Vielmehr macht sie auch im Revisionsverfahren unmissverständlich deutlich, mit Hilfe der beantragten Auskunft den
- nach Ansicht des Senats nicht gegebenen - Anspruch auf konkrete
Gutschrift von Bonuspunkten verfolgen zu wollen.
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2. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, durfte das
Berufungsgericht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf
Auskunft verneinen. Dabei war es in seiner Entscheidung nicht darauf
beschränkt, nur diesen auf der ersten Stufe geltend gemachten Anspruch
abzuweisen, sondern konnte gleichzeitig über den auf der zweiten Stufe
angekündigten Leistungsantrag entscheiden. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Rechtsmittelgericht befugt ist, die gesamte
Stufenklage durch einheitliches Endurteil abzuweisen, wenn dem Hauptanspruch - wie hier - die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. dazu
BGHZ 94, 268, 275; 30, 213, 215; BGH, Urteil vom 22. November 2000
- VIII ZR 40/00 - NJW 2001, 821 unter II 3; OLG Celle NJW-RR 1995,
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1021 f.;
Zöller/Greger,
ZPO
28. Aufl.
§ 254
Rdn. 9,
14;
a.A.
MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl. § 254 Rdn. 31; Musielak/
Foerste, ZPO 7. Aufl. § 254 Rdn. 8).
Seiffert
Wendt
Felsch
Dr. Kessal-Wulf
Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.12.2007 - 2 C 458/07 LG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.06.2008 - 6 S 1/08 -