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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
III ZR 28/05
vom
15. September 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 288 Abs. 1, § 667, 2. Alt.
§ 288 Abs. 1 BGB ist auch auf einen auf die Herausgabe von Geld gerichteten Anspruch aus § 667, 2. Alt. BGB anzuwenden.
BGH, Beschluss vom 15. September 2005 - III ZR 28/05 - OLG Koblenz
LG Mainz
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Koblenz vom 30. Dezember 2004 - 6 U 156/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen
(§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 36.564,73 €
Gründe
I.
Der Beklagte war Sequester eines Unternehmens, das mehrere Tankstellen betrieb, die von der Klägerin mit Treibstoffen und anderen Waren beliefert wurden. Die Parteien vereinbarten, dass der Beklagte die in den Tankstellen eingenommenen Gelder vereinnahmen und auf Anderkonten einzahlen sollte. Die Einzelheiten der Voraussetzungen, unter denen der Beklagte die Gelder
an die Klägerin auszukehren hatte, waren zwischen den Parteien strittig. Das
Berufungsgericht hat den Beklagten unter Anwendung von § 288 Abs. 1 BGB
zur Zahlung von 183.355,38 € nebst 5 v.H. Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz
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seit dem 8. September 2000 verurteilt. Die Hauptforderung ist zwischenzeitlich
beglichen worden. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Beklagte
die Abweisung der Klage, soweit er zur Zahlung von mehr als 183.355,38 €
nebst Zinsen in Höhe von 13.109,15 € verurteilt wurde.
II.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des
Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur
Rechtsfortbildung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
1.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Ansicht, der Fall werfe die
rechtsgrundsätzliche Frage auf, ob § 288 Abs. 1 BGB auf den Anspruch des
Geschäftsherrn gegen den Beauftragten auf Herausgabe von Geld (§ 667,
2. Alt. BGB) anzuwenden ist.
2.
Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie offenkundig zum
Nachteil des Beklagten zu beantworten ist.
a) Die Verpflichtung des Beauftragten zur Auskehr von Geld gemäß
§ 667, 2. Alt. BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine
gewöhnliche Geldschuld (Senatsurteil vom 16. Mai 2002 - III ZR 330/00 - NJW
2002, 2316 f; BGHZ 28, 123, 128; 143, 373, 378; BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - X ZR 193/99 - NJW 2003, 743, 744 f). Gegenstand der Herausgabeverpflichtung ist (nur) dasjenige, das der Geschäftsführer in Ausführung
des Auftrags erlangt hat. Der Beauftragte hat, anders als bei der normalen
Geldschuld, zur Erfüllung seiner Verpflichtung die erforderlichen Mittel (wirtschaftlich) nicht aus seinem unabhängig von dem Auftrag bestehenden Vermögen aufzubringen (BGHZ aaO; Beuthien/Hieke JZ 2001, 257). Er ist vielmehr
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lediglich Durchgangsstelle für eine zwar zu seinen Händen geleistete, aber für
Rechnung des Geschäftsherrn entgegen genommene Zahlung, die er ohne Inanspruchnahme seines eigenen Vermögens weiterzuleiten hat (BGHZ 28 aaO).
Der entsprechende Betrag ist im Innenverhältnis zwischen den Parteien des
Auftragsvertrags, wie auch § 668 BGB zeigt, bereits der Vermögens- und Risikosphäre des Auftraggebers zuzurechnen (BGHZ 28 aaO; Beuthien/Hieke
aaO).
b) Hieraus sind folgende Schlüsse gezogen worden:
aa) § 270 Abs. 1 BGB ist auf den Geldherausgabeanspruch aus § 667,
2. Alt. BGB nicht anzuwenden, da die Gefahr des vom Geschäftsführer nicht
verschuldeten Untergangs des Leistungsgegenstandes von Anbeginn an der
Geschäftsherr trägt (BGHZ 28 aaO). Zudem wurde überwiegend vertreten, dass
§ 279 BGB a.F. für den Geldherausgabeanspruch des Geschäftsherrn nicht
gelte (vgl. Nachweise in BGHZ 143 aaO, dort offen gelassen; sowie
Beuthien/Hieke aaO, S. 258; siehe zur jetzigen Rechtslage z.B.: MünchKommBGB/Seiler, aaO; Palandt/Sprau, aaO: keine Geltung der allgemeinen
Einstandspflicht für Geldschulden).
bb) Wie eine "normale" Geldschuld wird der Geldherausgabeanspruch
nach § 667, 2. Alt. BGB jedoch bei der Aufrechung behandelt. Ein solcher Anspruch und die ihm entgegen gestellte Geldforderung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleichartig im Sinne von § 387 BGB (BGHZ 71,
380, 382; BGH, Urteile vom 23. Februar 1995 - IX ZR 29/94 - NJW 1995, 1425,
1426 und vom 4. März 1993 - IX ZR 151/92 - NJW 1993, 2041, 2042). Dies gilt
insbesondere dann, wenn - wie hier - der erlangte Betrag auf einem Konto eingezahlt ist. Der Auftraggeber kann nicht nur die Abtretung der Ansprüche gegen
das Kreditinstitut verlangen. Der Herausgabeanspruch ist vielmehr auf Zahlung
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eines der eingegangenen Summe entsprechenden Betrages gerichtet (BGH
aaO).
c) Zur Frage, ob der Geldherausgabeanspruch nach § 667, 2. Alt. BGB
eine Geldforderung im Sinne des § 288 Abs. 1 BGB ist oder wie eine solche zu
behandeln ist, gibt es zwar, soweit ersichtlich, fast noch keine veröffentlichte
Rechtsprechung. Lediglich das OLG Bremen (WM 1994, 153, 155) hat § 288
Abs. 1 BGB auf den Herausgabeanspruch nach § 667, 2. Alt. BGB angewandt,
ohne dies jedoch näher zu begründen. In der Kommentarliteratur ist diese Problematik bislang gleichfalls nicht erörtert worden. Gleichwohl ist eine Klärung
dieser Frage durch ein Revisionsurteil nicht erforderlich, da sich die Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 BGB bereits aus der vorliegenden Rechtsprechung zu
§ 667, 2. Alt. BGB ohne weiteres herleiten lässt.
Die Eigentümlichkeiten des Geldherausgabeanspruchs gemäß § 667,
2. Alt. BGB liegen nach der unter a) zitierten Rechtsprechung in der im Innenverhältnis zwischen den Parteien des Auftragsverhältnisses bestehenden Sonderung des erlangten Geldbetrags von dem Eigenvermögen des Beauftragten
und der daraus folgenden, von der gewöhnlichen Geldforderung abweichenden
Risikozuweisung im Fall des Untergangs des vereinnahmten Betrags. Die Frage, ob der Beauftragte die geschuldete Summe ohne weiteres gemäß § 288
Abs. 1 BGB zu verzinsen hat, wenn er mit ihrer Leistung in Verzug kommt, oder
ob der Auftraggeber seinen Schaden konkret zu darzulegen hat (§ 280 Abs. 1,
2, § 286 BGB), hat zu diesen Besonderheiten, wie auch die Situation bei der
Aufrechnung, keinen Bezug. § 288 Abs. 1 BGB erleichtert dem Gläubiger die
Berechnung seines Schadens, den er infolge der verspäteten Leistung eines
ihm geschuldeten Geldbetrags erleidet. Die Höhe dieses Schadens und damit
das Bedürfnis nach dessen pauschalierter Berechnung hängt nicht davon ab,
ob der Schuldner die Mittel wirtschaftlich aus seinem eigenen Vermögen aufzu-
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bringen hat oder, wie im Fall des § 667, 2. Alt. BGB, aus dem im Innenverhältnis zwischen Beauftragtem und Auftraggeber bereits dem Letzteren zuzurechnenden Vermögen.
3.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 S. 2 Halbs. 2
ZPO abgesehen.
Schlick
Streck
Galke
Kapsa
Herrmann